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Gender-Resistenz

Mal wieder blöd gelaufen: Schweizer sprechen nicht politisch korrekt.

Man merkt das Naserümpfen dem Artikel im «Tages-Anzeiger» deutlich an. Ein Drittel aller befragten Schweizer sagen in einer Meinungsumfrage, dass sie das Wort Zigeuner gerne und häufig verwenden. Obwohl der abgewirtschaftete Duden es als «diskriminierend» brandmarkt. Dabei musste schon die inzwischen entsorgte Tagi-Mitarbeiterin Aleksandra Hiltmann erschüttert festhalten, dass sich der Sohn von Django Reinhard selbst und gerne als «Zigeuner» bezeichnet: «ist das richtige Wort für mich». Das störte etwas beim Aufregen über das Z*-Schnitzel (Sie wissen, was gemeint ist).

Schlimmer noch, auch das M-Wort, das der Tagi nie mehr ausschreiben will, sei im Schwange; Schweizer sagen immer noch (sensible Leser, Augen zu und durch) Mohrenkopf. Sie sagen auch Asylant, obwohl doch angeblich «Asylbewerber» richtig sei. Was aber auch wieder falsch ist, Ihr Tagi-Pfeifen. DER Asylbewerber, merkt Ihr was? Asylbewerbender* muss das heissen. Und wann schafft Ihr endlich DER «Tages-Anzeiger» ab, womit Ihr mehr als die Hälfte Eurer Lesenden diskriminiert, hä?

Aber es ist alles noch schlimmer, «Nur 18 Prozent geben an, dass die «Gleichstellung der Geschlechter» ein drängendes Problem» sei. Deshalb antworten 75 Prozent der Befragten mit einem knallharten, männlichen, diskriminierenden Nein auf die Frage, ob sie auf «eine gendergerechte Sprache» achten würden.

Raphaela Birrer, Ihr Rat ist gefragt. Eigentlich nicht, aber sie gibt ihn doch in Form eines «Leitartikels». DER Leitartikel? Aber gut, sie fängt gleich rätselhaft an: «Die gendergerechte Sprache ist in der Schweiz nicht mehrheitsfähig. Trotzdem wird sie immer breiter verwendet. Darüber sollten wir reden – statt das Feld der SVP zu überlassen.»

Natürlich tappt ZACKBUM hier in die Falle, Frau und Logik zu schreiben. Immerhin ist Logik weiblich. Aber wieso die gendergerechte Sprache nicht mehrheitsfähig sei, gleichzeitig «breiter» verwendet würde, wobei dieses Feld nicht der SVP überlassen werden dürfe (verwendet ausgerechnet die denn gendergerechte Sprache)?

Offenbar nein, denn zunächst bekommt der Provokateur «Glarner und Konsorten» eins in die Fresse: «Extremisten wie er vergiften das gesellschaftliche Klima.» Aha, die SVP bewirtschafte eben dieses Thema: «Denn es geht der Partei um viel mehr als um ein paar Gendersterne. Es geht ihr um Macht und kulturelle Dominanz. Die geänderten gesellschaftlichen Verhältnisse – die Gleichberechtigung der Frauen, die Akzeptanz nonbinärer Geschlechter – widerspiegeln sich heute in der Sprache. Frauen und transsexuelle Menschen sind dadurch sichtbarer geworden.»

Ach, die eigentlich nur in den Medien und an verpeilten Lehrstühlen für Genderfragen geführte Debatte über «inkludierende» Sprache, über Vergewaltigungen wie Gender-Stern, Binnen-I und ähnlichen Unfug, dem auch und gerade der Tagi frönt (gab es da nicht mal eine drei Seiten lange Abhandlung des Kampffeministen Andreas Tobler, sekundiert von Hiltmann, wie man richtig zu gendern habe?), sei eine versteckte Machtfrage? Was für ein Unsinn, obwohl das Wort maskulin ist.

Abgedriftete Professoren, Kultur- und Erblinke, selbsternannte Genderforscherinnen sorgen dafür, dass sich viele Leitmedien immer weiter von ihrem Publikum entfernen. Damit Leser (ja, auch Leserinnen) verlieren, die sich weder durch solche Unsinnstexte, noch durch Sprachverhunzungen quälen wollen und auch allergisch darauf reagieren, erzogen und belehrt zu werden, dass sie nicht mehr Mohr sagen dürfen, sondern nur noch «M-Wort». Auch nicht mehr Neger, sondern angewidert N-Wort. Nicht einmal mehr Schwarzer, sondern nur noch PoC.

Die Mehrheit der Bevölkerung hat eben ein feines Gespür dafür, dass solche Sprachzensur, solche Erziehungsmassnahmen, solche Listen von Unwörtern zutiefst faschistisch sind. Ausgrenzend im Namen des Kampfs gegen Ausgrenzung. Ungut im Sinne des Guten.

Was fällt nun der Chefredaktorin des meinungsstarken und bedeutenden Tamedia-Konzerns ein, der täglich weit über eine Million  Leser beschallt? «Dass sich die Sprache entwickelt, dass das Männliche nicht mehr als Norm gilt, ist grundsätzlich richtig.»

Galt das Männliche vorher als Norm? Interessant. Also, wie weiter?

«Die Deutungshoheit sollte weder bei (linken) Aktivisten noch bei einer (rechten) Partei liegen. Sondern in der Mitte der Gesellschaft. Führen wir also diese Diskussion – aber bitte mit Stil, Anstand und ohne ideologische Scheuklappen

Mit Anstand, aber ohne Scheuklappen? So vielleicht: SVP-«Programmchefin Esther Friedli hat das Thema als wilden Mix kulturkämpferischer, teilweise aus den USA importierter Parolen ins neue Parteiprogramm gehievt». Oder so: «Wenn Aufwiegler wie Glarner die Debatte pervertieren, können Menschen zu Schaden kommen. Glarner und Konsorten gehören von der eigenen Partei und der Wählerschaft gestoppt

Genau so stellen wir uns eine anständig und ohne Scheuklappen geführte Debatte vor. Woher Birrer zudem den Anspruch nimmt, aus der und für die «Mitte der Gesellschaft» zu sprechen, bleibt ihr süsses Geheimnis.

Vergleicht man dieses widersprüchliche Gestammel mit dem Essay von Birgit Schmid in der NZZ, dann wir einem wieder schmerzlich bewusst, in welchem intellektuellen Niedergang sich Tamedia befindet. Man muss da langsam von einem toxischen Betriebsklima sprechen. Denn es gibt ja noch ein paar intelligente Tagi-Redakteure. Deren Leidensfähigkeit aus Arbeitsplatzsicherung muss für die Leber immer ungesündere Auswirkungen haben.

Das gilt auch für «20 Minuten», den Veranstalter der Umfrage. Das Gratis-Blatt titelt doch tatsächlich so (nein, das ist kein Photoshop und keine Realsatire):

Nein, liebe vollbescheuerte Redaktion, die Mehrheit der Schweizer*Innen (wenn schon, gell?) sagt weiterhin Mohrenkopf, Zigeuner oder Asylant.

Und das hier könnte unter Verwendung anderer Bezeichnungen ohne Weiteres in jedem faschistischen Wörterbuch verpönter Begriffe stehen:

Liebe bescheuerte «20 Minuten»-Redaktion: das mit der Ableitung von «töricht» usw. ist ein Nebengleis, das der Kindersoldat in seiner Verrichtungsbox findet, wenn er mal «Herleitung Mohr» googelt. Immerhin fällt er nicht darauf rein, dass dann vielleicht auch die Mohrrübe (Deutsch für Karotte) abwertend sein könnte. Nein, Mohr kommt vom lateinischen Maurus (ausser, das Althochdeutsche hätte sich direkt im Griechischen bedient, was eine neue, aber falsche Theorie wäre).

Der Einfachheit halber bezeichnen sich Bürger von Serbien, Kroatien, usw. problemlos als Jugos, empfinden diesen Ausdruck (auf seine Verwendung und Betonung kommt es eben an) durchaus nicht als abwertend. Liebe bescheuerte «20 Minuten»-Redaktion: «Du Weisser», das kann je nach Kontext eine objektive Bezeichnung, ein Hinweis auf mangelnde Besonnung – oder ein Schimpfwort sein. Aber das entscheidet der Kontext, nicht das Wort (und schon gar nicht die Redaktion von «20 Minuten»).

Zigeuner, liebe bescheuerte «20 Minuten»-Redaktion, wird auch von Sinti, Roma, Fahrenden usw. gerne und problemlos selbst verwendet; wer’s nicht glaubt, kann gerne am jährliche Zürcher Zigeuner-Fest teilnehmen. Nein, das wird nicht von der SVP ausgerichtet und fand gerade mal wieder statt:

Und schliesslich noch Asylant. Wenn man der «Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus» glauben will, wäre das ein Ausdruck, den «rechtsstehende und fremdenfeindliche Organisationen» benutzen. Der «Duden», der auch nicht mehr ist, was er einmal war, versteigt sich zur Qualifizierung «oft abwertend». Was an «Asylsuchender» besser sein soll (abgesehen davon, dass es die weibliche Hälfte ausschliesst), erschliesst sich auch einem Dr. phil I der Germanistik nicht.

Nochmals zusammenfassend: macht nur so weiter. Mit solchem Blödsinn verliert ihr täglich immer mehr Leser und Käufer. Pardon, Lesende und Kaufende. Äh, Leser!Innen* und Kaufende***. Ach, verflixt, L*** und K***.

ZACKBUM hätte aber noch eine Frage aus persönlicher Betroffenheit an die Sprachpäpste von «20 Minuten»: Der Nachname des ZACKBUM-Redaktors René Zeyer fängt mit Z an. Z! Ukraine, Russland, Z. Wie soll er sich da verhalten? Einfach so tun, als wäre nichts? Seinen Nachnamen neu als Z-Wort bezeichnen? Mit Z*** unterschreiben? Hilfe!

 

 

Zigeuner! Zigeunerschnitzel, Gefahr!

Wie sagt man richtig? Wenn das so einfach wäre. Nicht nur beim Gendern.

Selbst die Verwendung des Wortes «Fräulein» für eine Servicekraft, eine Servierende, eine Serviceangestellte gibt nicht so viel Ärger wie eine Bezeichnung für, nun ja, in der Schweiz lebende Menschen mit speziellem Migrationshintergrund und -wunsch.

Es geht um das Z-Wort. Also um das Wort an sich und um seine Ableitungen und Verwendungen. Jedes Mal, wenn darüber debattiert wird, findet sich mindestens einer, der sich diskriminiert und verletzt sieht:

Der «Comedian» Gianni Jovanovic, aus einer Roma-Familie stammend, macht auf seine persönliche und die Betroffenheit einer ganzen Ethnie aufmerksam: diese Sendung sei «einfach traumatisierend für die Menschen dieser Gruppe der Sinti und Roma und auch für mich persönlich sehr verletzend gewesen».

Z*** unterwegs.

Der WDR hatte es gewagt, ein paar alte, weisse Männer darüber sinnieren zu lassen, wie sie denn eigentlich mit der sprachlichen Korrektheit umgehen, welche Begriffe rassistisch sind und welche nicht. Das sorgte für grosses Hallo und gewaltige Aufregung natürlich auch im Blatt der korrekten Lebensart, dem «Tages-Anzeiger».

Glücklicherweise legen sich solche Aufregungen so schnell, wie sie sich aufblasen. Besonders putzig war es hier,  dass die Oberaufgeregten es im Beschwerdeartikel nicht einmal übers Herz brachten, dieses Unwort selbst in Zitaten auszuschreiben.

Das sah dann so aus: «bei Z******-Schnitzel habe ich doch nicht an Diskriminierung gedacht», zitieren sie entrüstet einen damaligen Talkshow-Teilnehmer. Aber der Mensch ist eben widersprüchlich, das gilt auch für die Autorin Aleksandra Hiltmann. Hier konnte sie das Z-Wort nicht einmal dem Leser zumuten, allerdings hatte sie ein paar Monate zuvor den Grossneffen des Gitarristen Django Reinhard interviewt. Und machte dessen Aussage – Achtung, empfindsame Gemüter müssen nun ganz tapfer sein – sogar zum Titel des Interviews:

«Zigeuner ist die richtige Bezeichnung für mich.»

«Ich führte ein Zigeunerleben», sagt Johnny Depp ohne rot zu werden.

Aber nun kommt es gleich knüppeldick. Denn Fahrende, Jenische, Sinti und Roma laden ein. Zu den, nochmal ist Tapferkeit gefordert, «Zigeunerkulturtagen». Schlimmer noch, die Veranstalter behaupten: «Es ist sehr schwierig, eine einfache, nicht-rassistische und nicht-aussschliessende Bezeichnung für diese verschiedenen Völkergruppen zu benützen. Die mitorganisierenden Jenischen und auch manche Roma und Sinti verwenden den Begriff «Zigeuner» durchaus mit Stolz und positivem Selbstverständnis.»

Hinzu kommt noch der Begriff «Fahrende», der auch so oder so gesehen werden kann: «Diese Diskussion wird zusätzlich erschwert, wenn von Fahrenden und Sesshaften gesprochen wird, weil die Mehrheit der Roma und Jenischen sesshaft ist und – gleichzeitig – die Nicht-Zigeuner als «Sesshafte» bezeichnet werden. Trotzdem spielt das «Fahren», (eine traditionelle, aber auch heute noch praktizierte mobile Lebensweise), immer noch eine wichtige Rolle im Selbstverständnis.»

Hingehen, statt drüber reden.

Organisiert wird der Event in Zusammenarbeit mit der Genossenschaft Fahrendes Zigeuner-Kulturzentrum. 1985 gegründet, «macht sie sich stark sowohl für die Lebensweise der Fahrenden als auch für die Anerkennung von Jenischen, Sinti und Roma in der Schweiz».

Gibt es Vorurteile gegen Zigeuner? Natürlich, so wie gegen Schwarze, Juden, Ausländer, Frauen, Kleinwüchsige, Bartträger oder weisse, alte Männer. Wie begegnet man denen am besten? Wenn man wie Hiltmann vom Redaktionspult aus abledert? Sich dabei in Widersprüche verwickelt und das Thema theoretisch abhandelt? Das ist die Methode Tagi. Einfallslos, wirkungslos, eher schädlich denn nützlich.

Scherenschleifen. Vorurteil oder Realität?

ZACKBUM empfiehlt hingegen: wenn’s die Zigeuner selbst sagen, darf man zu Zigeunern auch Zigeuner sagen. Wem’s beliebt, der darf auch Jenische, Sinti, Roma verwenden. Aber bitte jeweils für die richtigen Vertreter, denn ein Sinti findet es nicht so lustig, als Jenischer bezeichnet zu werden. Ist etwa so schlimm, wie zu einem Zürcher du Basler zu sagen. Oder umgekehrt.

Wichtiger als diese Wortklaubereien im Völlegefühl der politischen Korrektheit ist aber etwas ganz anderes. Wer sich wirklich für das Thema interessiert, sollte nächste Woche diese «Zigeunerkulturtage» besuchen. Könnte helfen, und ist erst noch gratis. Hiltmann, wir erwarten Ihren Bericht.

Manche Frauen haben nicht nur beim Parkieren Mühe

Journalistische Grundkenntnisse, professioneller Umgang mit Kritik? Ach was, das ist so von gestern.

Der verantwortungsvolle Journalist zuckt natürlich zusammen, wenn ihn diese Mitteilung ereilt: «Da einige faktische Angaben nicht stimmen, würde ich gerne mit Ihnen am Telefon besprechen, wie wir weiter verfahren.»

Aber immerhin, keine Androhung eines Mail-Battles, stattdessen ein Gespräch. Also wird ein geräumiges Zeitfenster dafür angeboten – und nicht benützt. Die Nachfrage ergibt, dass das vermeintliche Opfer einiger falscher Angaben «lange Arbeitstage» habe. Trotz Kurzarbeit bei Tamedia, aber item.

Schliesslich kommt das Gespräch doch noch zustande, und der verantwortungsbewusste Journalist gibt zu: Nach dem einleitenden Geplänkel blieb ihm kurz, aber kräftig der Mund offen. Denn die «Redaktorin Kultur und Gesellschaft» bei Tamedia enthüllte, was sie unter «falschen Angaben» versteht.

Menschlich verständlich, professionell bedenklich

Dass Aleksandra Hiltmann der Nasenstüber nicht gefallen hat, ist menschlich verständlich. Dass sie sich aber darüber aufregt, dass bei der Kritik ein doppeltes Anführungszeichen beim «Z-Wort» fehlte, das zeugt schon von einer schneeflockenartigen Sensibilität.

Nun hatte sie aber den Plural gewagt, also brauchte es schon noch wenigstens eine zweite falsche «faktische Angabe». Die fand sie in der Bezeichnung «Schlangenfrau». Das sei eindeutig eine Ehrverletzung. Ich klappte – mit einiger Mühe – den Unterkiefer wieder hoch, empfahl ihr, Hilfe zu suchen – nein, nicht solche, juristische –, was mir ein scharfes «ich lasse mich von Ihnen nicht belehren» einbrockte.

Lustigerweise gab es kein kritisches Wort von ihr über die Kritik an ihrer backfischartigen Anhimmelei der sehr realitätsfern fürs Vogue-Cover abgebildeten Angelina Jolie.

Konziliant, zuvorkommend, höflich, sensibel und verständnisvoll, wie wir bei ZACKBUM.ch sind, bot ich an, dass sie es doch mal mit einer schriftlichen «Richtigstellung» probieren solle. Die schaue ich mir dann gerne an. So verblieben wir, bis ich dann herzlich und laut lachen musste. Über das, was man heutzutage offenbar beim Tagi unter Richtigstellung versteht.

Aus einer Welt, in der wünschen wirkt

Wünschen darf man ja: «Hier die Passage. Bitte fügen Sie diese im Artikel ein.» So schwer es mir auch fällt, einer Frau eine Bitte abzuschlagen, das ging nun nicht: «Aleksandra Hiltmann legt Wert auf folgende Richtigstellung: <Zackbum schreibt, dass ich in meinem Artikel über den Sinto-Geiger Django Reinhard den Begriff «Zigeuner» ohne Kritik oder Distanzierung verwendet hätte und deshalb eine «Schlangenfrau» sei, weil ich damit meine früheren Meinungen und Überzeugungen aufgegeben hätte. Das ist alles falsch. Richtig ist, dass ich im erwähnten Titel dieses Artikels erstens das Z-Wort in zusätzliche Anführungszeichen gesetzt habe und zweitens eine erläuternde Box zum Z-Wort angefügt habe mit Fragen und Antworten, die sich kritisch mit diesem Begriff auseinandersetzen. Beides hat Zackbum unterschlagen.>»

Inzwischen neigen wir zur Auffassung, dass Hiltmann nicht nur rechtliche Hilfe benötigen könnte.

Aleksandra Hiltmann: schon wieder ertappt

Sie ist Kulturredaktorin bei Tamedia. Daher ziemlich kulturlos und flexibel.

Man weiss bei Tamedia immer weniger, woran man ist. Die Unter-Co-Chefredaktorin himmelt die neue Vizepräsidentin der USA an, der Unter-Co-Chefredaktor wirft sich gegen die Verhüllungs-Initiative in die Schlacht.

Silke Wichert von den Münchner Kollegen darf im «Tages-Anzeiger» eine «Stilkritik» neuer Mitarbeiterinnen im Weissen Haus unter Präsident Biden veröffentlichen. «Raspelkurzer Afro, offensichtlich Vorliebe für leuchtenden Lippenstift und markanten Schmuck». Würde ein Mann eine nicht ganz unwichtige Sprecherin so beschreiben – und weitgehend auf die Darstellung deren Fähigkeiten verzichten –, er müsste sich Sorgen um seinen Job machen.

Dass man eigentlich alles so oder so, von der einen Seite und auch von der anderen Seite betrachten kann, das beweist Aleksandra Hiltmann. Zusammen mit einem Münchner Kollegen entrüstet sie sich über eine TV-Talkshow im hohen Norden Deutschlands, die in der Schweiz keinen Menschen interessiert.

F***, hier kommt das Z-Wort wie in Z******-Schnitzel

Da haben ausschliesslich Weisse, darunter auch noch ältere Weisse, über Rassismus diskutiert. Ungeheuerlich. Aber, so wie im US-TV bis heute jedes «fuck» durch einen Piepston ersetzt wird, jede schriftliche Form durch ein «f***», wurde in dieser Sendung ein Wort verwendet, das Hiltmann nicht mal ausschreiben kann. Das Z-Wort, oh Graus. Man redete ungeniert über Z******-Schnitzel. Oder über Z******-Sauce. Oder gar über Z******-Salat.

Das verletzte viele Z****** ungeheuerlich, auch Hiltmann kriegte sich nicht ein, wie man das Wort (wir bitten empfindliche Leser oder Leser mit entsprechendem ethnischen Hintergrund, jetzt die Augen zu schliessen) Zigeuner heute noch so ungeniert verwenden kann.

Als sich Hiltmann aber mit dem Grossneffen des grossen Django Reinhardt unterhielt, ebenfalls ein begnadeter Musiker, wurde er zwar zum «Sinti-Geiger» ernannt, aber (ich bitte Leser unter 16 Jahren, nicht mehr weiterzulesen) als Titelzitat stand über dem Artikel: «Zigeuner ist die richtige Bezeichnung für mich». Ohne Sternchen. Ohne Entrüstung. Ohne Zurechtweisung. Schon wieder eine Schlangenfrau, was Meinungen oder Überzeugungen betrifft.

Hiltmann und ihre Spur des Schreckens

Sie hinterlässt aber weiterhin eine Spur des Schreckens, des Sexismus. Denn wir haben aus dem gleichen Tagi gelernt, dass es eben auch strukturellen Rassismus gibt. Also alles, was unter dem Sammelbegriff läuft: Ich kann’s zwar nicht genau festmachen, aber diese Aussage ist einfach rassistisch. Und wenn nicht, dann die dahinterstehende Gesinnung. Richtig fies ist der positive Rassismus. Also wer sagt, Schwarze können gut tanzen, der lobt nicht, sondern ist in seiner schwarzen Seele ein ganz abgefeimter Rassist. Selbst wenn er Präsident Obama heisst.

In diesem Sinne müssen wir nun einen neuen Anschlag von Hiltmann denunzieren. Nein, nicht gegen Sinti und Roma. Auch nicht gegen Juden. Schlimmer noch: gegen Frauen. Gegen die eigenen Geschlechtsgenossinnen. Denen begegnet sie auch mit positiver Diskrimination. Der Beweis:

Angelina Jolie: Ein Bild von einer Frau, aber kein Foto.

 

Na und? Moment, im «Smalltalk der Woche» titelt Hiltmann: «Die beinahe unwirkliche Schönheit der Angelina Jolie.» Und unterstreicht in der Bildlegende nochmal: «Wir haben schon sooo lange nichts mehr von Angelina Jolie gehört. Jetzt ist sie wieder da, auf dem Cover der britischen «Vogue».

Und so unfassbar schön wie eh und je.»

Ich als entschiedener Verteidiger der Frauenrechte, der Frauenbewegung und des Feminismus schäme mich so oft, ein Mann zu sein, wenn ein Geschlechtsgenosse wieder einmal als Vertreter der Patriarchats das Wort ergreift, dem Grundübel aller Zeiten.

Statt Warnung vor Bulimie und Nachahmung: «unfassbar schön»

Aber was soll ich sagen, wenn das sogar eine Frau tut, die ansonsten – wenn’s geht – so sensibel Diskriminierungen denunziert? Und hier himmelt sie das photogeshopte, weichgezeichnete, mit allen Tricks der modernen Deep-Fake-Technologie behandelte Bild einer Schauspielerin an? Das mit der realen Jolie ungefähr so viel zu tun hat wie ein geföhnter, geschminkter, mit überlanger Krawatte ausgestatteter Donald Trump mit dem Trump, der am Morgen aus den Federn kriecht. Ein Anblick, den sich nicht einmal seine Frau antun will – getrennte Schlafzimmer.

Statt auf die erschreckende Magerkeit (man schaue sich nur Arme und Beine an) hinzuweisen und Jugendliche vor Nachahmung und Bulimie zu warnen, statt eine Philippika gegen die unbelehrbare Modeindustrie mit ihren unerreichbaren Schlankmodels vom Stapel zu lassen: «unfassbar schön».

Eine Frau reduziert eine andere Frau auf Äusserlichkeiten. Ich fass’ es nicht. Kein Wort über die durchaus beeindruckenden politischen und humanistischen Tätigkeiten von Jolie. Kein Wort über ihre Nehmerqualitäten, ihre Selbständigkeit, ihre Kinderschar. Nein, «beinahe unwirkliche Schönheit», fällt der Kulturredaktorin nur ein. So backfischartig würde sie wohl auch die Venus von Milo oder die Mona Lisa beschreiben. Mehr Kultur ist halt nicht mehr.

Das Z-Schnitzel aus Köln

Gleich zwei Fachkräfte kümmern sich um einen neuen Rassismus-Skandal. Aus dem fernen Norden, frisch im Tagi serviert.

Zugegeben, der Kulturszene in der Schweiz ging’s auch schon mal besser. Selbst der Kulturminister ist zurzeit mehr Gesundheitsminister.

Aber vielleicht wäre das doch die Gelegenheit für die zentrale Kulturredaktion des «Tages-Anzeiger», der «Berner Zeitung», der «Basler Zeitung», einheimischem Schaffen etwas Publizität zu verschaffen. Aber wie meint der Konzern? Gelegenheit? Wie können wir die versemmeln?

Ganz einfach. Patrick Wehner, hauptberuflich Chef vom Dienst beim Jugendmagazin «jetzt» der Münchner «Süddeutschen Zeitung», und Aleksandra Hiltmann, Balkan-Enthusiastin sowie Kulturredaktorin bei Tamedia, machen ihre Schweizer Leser auf einen neuerlichen, nun ja, Skandal aufmerksam.

Dünnhäutig berichten sie darüber, dass in «Die letzte Instanz» ungeheuerlich Weisshäutiges geschah. Himmels willen, was denn? Nun,

«fünf weisse, privilegierte Medienmenschen redeten im Fernsehen darüber, welche Begriffe rassistisch sind und welche nicht».

Diese Formulierung fischten die Autoren schon mal aus dem Shitstorm, der sich daraus entwickelte.

Das Überflüssigste, was ich seit Langem gelesen habe.

Ach so, Sie möchten zunächst wissen, was das für eine Sendung ist und welche privilegierten Weisse darüber diskutierten, ob man in Deutschland noch «Zigeunerschnitzel» sagen darf oder nicht? Nun, dank Kabel-TV haben Sie sicherlich schon mal vom WDR gehört. Ein Teil der ARD, gleichzeitig der Lokalsender für Nordrhein-Westfalen mit Sitz in Köln.

Wiederholung einer Sendung ohne Maus

Von dort kommen Welterfolge wie «Die Sendung mit der Maus» – und eben die Talkshow «Die letzte Instanz». Beim ersten Mal ging das allen durch die Lappen, aber ihre Wiederholung am 29. Januar riss die Antirassisten zu energischen Reaktionen hin. Nein, für niederknien und «Black Lives matter» grölen ist das Wetter zu garstig. Ein Shitstürmchen auf Twitter tut’s da auch.

Sie fragen sich nun vielleicht, was das mit der Schweiz oder mit Kultur zu tun hat. Das, lieber Leser, ist eine gute Frage. Sie drängt sich noch stärker auf, weil Kulturschaffende wie Janine Kunze, Jürgen Milski oder Micky Beisenherz teilnahmen. Sagt Ihnen nix? Macht nix, mir auch nicht. Aber, immerhin, Thomas Gottschalk (ältere Leser erinnern sich) drängt es im fortgeschrittenen Alter wieder vor die Kamera, also auch hier.

In seiner gewohnt lockeren Art trug er das Bonmot vor, ob er denn aus politischer Korrektheit jetzt auch «die Salzstreuerin» sagen müsse. Bonmot? Keinesfalls, der «Comedian» Gianni Jovanovic, aus einer Roma-Familie stammend, macht auf seine persönliche und die Betroffenheit einer ganzen Ethnie aufmerksam: diese Sendung sei «einfach traumatisierend für die Menschen dieser Gruppe der Sinti und Roma und auch für mich persönlich sehr verletzend gewesen».

Es wäre sicher Ausdruck mangelnder Sensibilität – wenn nicht von Schlimmerem –, hier zu denken, dass sich ein wenig bekannter Comedian über seine Herkunft etwas ins Scheinwerferlicht stellen will.

Z****** oder Zigeuner?

Obwohl beide auch weiss, bringen die Autoren des Tagi-Artikels ihre Abscheu gegenüber dem «Z-Wort» zum Ausdruck, indem sie es nicht mal ausschreiben. Selbst in Zitaten, wenn in der Sendung gesagt wird, «bei Z******-Schnitzel habe ich doch nicht an Diskriminierung gedacht». Unvorstellbar, welche «Ignoranz» hier alle Beteiligten zeigten, gegenüber «allen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer Hautfarbe in Deutschland diskriminiert, misshandelt oder ermordet wurden und werden».

Endlich findet das einsame Gendersternchen viele Schwestern und Brüder. Gnadenlos dann das Fazit der beiden journalistischen Leichtmatrosen: Die Sendung habe sich «zwischen hartem Boomer-Cringe, viel Ignoranz von weissen Medienmenschen und Rassismus» bewegt. Leser über 20 müssen googeln, um alle Worte zu verstehen. Oder noch besser: einfach vergessen.

Nun hat doch die gleiche Kulturautorin noch vor wenigen Monaten ein Interview mit dem Grossneffen des grossen Django Reinhardt geführt. Der Geiger Markus Reinhardt durfte da doch – wo sind die Sternchen, wenn man sie braucht – unwidersprochen sagen: «Zigeuner ist die richtige Bezeichnung für mich.» Logische Begründung: «Es gibt viel mehr Stämme als die Sinti und Roma.» Und: «Auch ändert man bestimmte Dinge nicht, wenn man nur den Namen ändert.»

Wir Antirassisten sind fassungslos. Wie konnte die gleiche Autorin nur …

Wie konnte Hiltmann ihm das durchgehen lassen? Wieso wurde noch im September letzten Jahres das Z-Wort nicht dem Leser erspart? Hiltmann ist wahrscheinlich zu jung, um sich noch an Sergius Golowin und sein schönes Buch «Zigeuner-Magie im Alpenland» zu erinnern. Oder zu kulturlos. Auf jeden Fall: Wenn das «Comedian» Jovanovic hätte lesen müssen, wäre er so verletzt worden, dass er blutend ins Krankenhaus überführt werden müsste.

Kultur ist in «Leben» aufgegangen; aber lebt sie noch?

Wir fragen uns: Was interessiert den Schweizer kulturaffinen Leser eine idiotische deutsche Aufregung um eine drittklassige Talkshow im entfernten WDR? Geschrieben von einem einem Jugendheftli-Redaktor und einer sich selbst für bankrott erklärenden Kulturredaktorin? Oder noch einfacher: Wozu braucht Tamedia überhaupt noch eine Kulturredaktion? Wenn auch noch Meldungen des Kieler Radios NDR 1, Welle Nord, oder der Landeszeitung für die Lüneburger Heide von der Süddeutschen auf korrekte Sprachverwendung abgeklopft werden, füllen sich doch die Kultur-Spalten von Tamedia wie von selbst.