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Keystone-SDA auf Verbrecherjagd

Erste Plagiate entdeckt.

Wer behauptet, Mitarbeiter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA würden lediglich Medienmitteilungen abschreiben, liegt falsch. Gestern reiste ein Journalist extra nach Wohlen, um Teilnehmer einer Demonstration zu zählen.

Der Arme kam auf 1500 Personen und zitierte sich stolz: «Laut einem Korrespondenten der Nachrichtenagentur Keystone-SDA versammelten sich in Wohlnen (sic!) rund 1500 Personen zum Protestmarsch.»

Die NZZ nahm diese Kuriosität auf und erwähnte die Rechenleistung des SDA-Mitarbeiters. Selber ging sie von «mehreren Hundert Personen» aus, die Veranstalter übrigens von 2000.

Die Minimeldung hat 54 Wörter. Trotzdem ging Keystone-SDA an die Decke. Über ihr Ventil Inside SDA/ATS wettert sie über die NZZ: «Noch schöner, wenn Ihr eure Chefs dazu bringt, dafür auch zu bezahlen.»

Die NZZ verzichtet nämlich seit Anfang Jahr auf die Texte der Agentur.  Der Tweet zeigt aber, wie blank die Nerven liegen. Mit Argusaugen werden die Texte der Ex-Kunden durchleuchtet: Klaut jemand von uns Texte?

Kann man machen. Ob das zu neuen Verträgen führt? Fraglich. Im Umkehrschluss dürfte dann auch die Agentur keine Nachrichten der NZZ mehr vermelden, wie erst kürzlich geschehen. Was Keystone-SDA aber langsam verinnerlichen müsste: Die Zeit für Häme ist vorbei. 2021 sollte das Jahr der Demut werden – und das der Rechtschreibung. Denn auch der tapfere Kopfzähler ist nicht sattelfest in der Orthografie: «Wohlnen» und «bewiligt» lassen grüssen.

Bakom rüffelt Keystone-SDA

Anlass ist falsche Zahl der Regionalbüros.

Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) ist das Pendant zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Im Unterschied zu den Schweizern erhält die dpa aber keine Subventionen oder sonstige finanzielle Zuwendungen des Staates. Im Unterschied zur SDA arbeiten bei der dpa zehn Personen im Faktencheck-Team. Dort werden eigene Nachrichten nochmals überprüft und gegebenenfalls berichtigt. Das Faktencheck-Team existiert seit 1,5 Jahren.

Bei der SDA läuft das Faktenchecking erst an. Zuständig ist eine einzige Person, die mit Journalismus noch nicht in Berührung kam. Seit vier Monaten läuft auf der Seite Factchecking: erst mal gar nichts. Der Pressesprecher aber macht auf Yoga: «Sie können davon ausgehen, dass die von Ihnen erwähnte Rubrik auf der Webseite bald mit Inhalten gefüttert wird.»

Eigentlich ist das gar nicht nötig. Die neue «Verification Officer (w)» müsste zuerst einmal die Homepage von Keystone-SDA aufräumen. Bis vor wenigen Tagen stand auf der Seite, dass die Agentur 13 Regionalbüros besitze. Richtig ist: 12. Wie ZACKBUM in Erfahrung bringen konnte, hat das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) die Agentur darauf drängen müssen, den Fehler zu berichtigen. Eine Mediensprecherin:

Tatsache ist, dass die Keystone-SDA 12 Regionalbüros hat. Wie es mir auch die Keystone-SDA bestätigt hat, handelt es sich auf der Seite, die Sie erwähnen, um einen Fehler, der die Keystone-SDA korrigieren wird.

Damit wurde es auch langsam Zeit. Das letzte Regionalbüro (in Fribourg) wurde nämlich bereits im Jahr 2010 geschlossen. Keystone-SDA gab also über 10 Jahre lang eine falsche Zahl ihrer Regionalbüros an.

Keystone-SDA: Vier Mio. Bundesgelder als Defizitgarantie

12 zum Teil defizitäre Regionalbüros müssen bestehen bleiben

Das Bakom ist wie erwartet in ihren gestern publizierten Leistungsvereinbarungen auf die Maximalbitte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA eingegangen. Das Uvek gewährt der Agentur eine jährliche Finanzhilfe von 4 Millionen Franken.

Die 4 Millionen Franken vom Bund sind als Defizitgarantie zu verstehen: «Finanziert werden nur Kosten, welche von der Keystone-SDA nicht auf dem Markt oder anderweitig refinanziert werden können.» Die Agentur erhält das Geld nur, wenn sie 2021 die 12 Regionalbüros auch weiterhin unterhält.

Und neu in der Leistungsvereinbarung ist auch, dass «Teile des Sport und der Zentrale berücksichtigt» werden, wie Keystone-SDA-Mediensprecher Iso Rechsteiner bereits Anfang Januar ausführte. Offensichtlich einigte man sich auf eine neue Definition. Sport und die Zentralredaktion können auch regional, wenn sie müssen.

Immerhin: Im laufenden Jahr darf die Agentur kein weiteres Personal kündigen, sonst kommt sich nicht an alle Bundesgelder heran. Das führt zu marktwidrigen Umständen: Einerseits müsste Keystone-SDA noch stärker auf die massiven Kundenabgänge reagieren, andererseits gelangt sie an die 4 Millionen Franken nur dann, wenn sie am Personal festhält und Defizite schreibt.

Jedes Quartal eine Million Defizit

Und von grossem Vertrauen ist im Vertrag wenig zu spüren. Die Nachrichtenagentur muss bei jeder Entlassung, die nicht wieder besetzt wird, das Bakom vorgängig informieren: «Sollte Keystone-SDA einen Personalabbau in den Redaktionen (…) erwägen, ist das Bakom vorgängig zu informieren.» Ausserdem muss es dem Bund neu Quartalsabschlüsse vorlegen,  dazu einen Mittelfristplan, das Budget und natürlich die Jahresrechnung.

Die 4 Millionen Franken fliessen in mehreren Tranchen. Der Bund übernimmt pro Quartal nur die Defizite. Schliesst die Agentur das erste Quartal mit einem Verlust von 1,5 Millionen Franken, werden «nur» eine Million übernommen. Beträgt das Quartalsdefizit eine halbe Million, bezahlt der Bund eine halbe Million.

Keystone-SDA tut also gut daran, jedes Quartal mit exakt einer Million Minus abzuschliessen. Marktwirtschaftlich macht das alles keinen Sinn. Aber darum geht es ja auch gar nicht.

Hinweis: Der Artikel wurde (am 24.01.2021) präzisiert.

Aus für die Sportinformation 164


Keystone/SDA wehrte sich vehement dagegen. Trotzdem folgt nun das Aus dieses legendären Sportinformationsdienstes.

Was sind nicht alles für Erinnerungen mit der Kurznummer 164 verbunden. Kurz abgetaucht bei der Familienfeier, die Telefonnummer 164 angerufen und alles war in bester Ordnung. Der ZSC gewann gegen den SCB. Oder damals in der EM-Quali. Die Schweizer Fussballer brauchten noch einen Sieg. Dummerweise war an diesem Abend aber Chorprobe. In der Pause dann der erlösende Telefonanruf. Die Hodgson-Boys bodigten Irland in extremis. Welch Wonne! Zugegeben, das war vor der Zeit, als man via Hosentelefon ans Internet angeschlossen war.

Was für die Pannennummer 140 ging, wurde Keystone/SDA verwehrt

Doch auch heute noch ist die Kurzwahlnummer 164 beliebt, wenn es nach Keystone/SDA geht. «Bei Sport164 handelt es sich um einen gesellschaftlich verankerten und nachweislich missbrauchsfreien Dienst. Der mit diesem Dienst erzielte Umsatz hat in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen, es werden damit jedoch immer noch beachtliche Einnahmen erzielt», schrieb COO Jann Jenatsch im März 2020 in einem Brief ans BAKOM. Es ist nämlich die Sport-Redaktion von Keystone-SDA, welche den Dienst «Sport164» betreibt. Dieser Dienst liefert laut Jenatsch Sportresultate und Kurzinfos aufs Telefon. Aber was Jahrzehnte funktionierte, ja eine Zeitlang ein richtiger Renner mit bis zu zehn Millionen Anrufern jährlich war, hat nun ein Ende. Nur noch knapp zwei Jahre kann Keystone/SDA den Dienst betreiben. Dies ist der aktualisierten «Verordnung über die Adressierungselemente im Fernmeldebereich» zu entnehmen. Sie ist seit dem 1. Januar 2021 in Kraft. Dabei wehrte sich Keystone/SDA vehement für eine Beibehaltung ihres Angebots.  Jenatsch betonte im erwähnten Schreiben: «Unsere Agentur ist schweizweit die einzige Instanz, die der Bevölkerung auf diesem Wege Zugang zu Sportnachrichten in den drei Landessprachen ermöglicht.»  Kritisiert wurde, dass die Verlängerung einer anderen Kurznummer (140) bereits um zwei Jahre zugestanden wurde.

Doch das Bakom hatte kein Mitleid. Auf den 31. Dezember 2022 ist Schluss mit Sportnachrichten per Telefon. Besser lobbyierte der TCS. Seine Pannendienst-Telefonnummer 140 darf der TCS (zusammen mit Mondial Assistance) noch bis 31. Dezember 2025 nutzen.

Und welche Kurznummern bleiben denn überhaupt? Ein Blick in die Verordnung schafft für Klarheit:

Art. 28 Notrufdienste 1 Für die folgenden Notrufdienste stehen Kurznummern zur Verfügung: a europäische Notrufnummer; b. Polizeinotruf; c. Feuerwehrnotruf; d. Sanitätsnotruf; e. telefonische Hilfe für Erwachsene; f. telefonische Hilfe für Kinder und Jugendliche

Damit ist definitiv: auch die sprechende Uhr (161) gibt’s nur noch zwei Jahre. Obwohl gerade diese – natürlich neben der 164 – doch hin und wieder eine echte Hilfe war.

CH Media überlegt sich vollständige Trennung von Keystone-SDA

«20 Minuten» und CH Media entfalten sich in der Unabhängigkeit

«Nachrichtenteppich», dieses Wort fällt dann immer, wenn sich die Nachrichtenagentur Keystone-SDA definieren will. Mit ihrem Strom an Nachrichten, von der Polizeimeldung bis zur Medienmitteilung, fühlte sie sich jahrzehntelang stark genug, um den Verlagen einseitige Preisvorgaben zu machen.

Das Jahr 2021 wird wohl das wichtigste Jahr für die Agentur. Es wird zeigen, wie relevant sie wirklich ist und ob die Metapher «Nachrichtenteppich» eher in Fussmatte übersetzt werden muss. Die Liste an Verlagen, die in diesem Jahr auf die Dienste der Agentur verzichten ist lang: NZZ, CH Media, «20 Minuten» usw. Die anderen Verlage befinden sich in Lauerstellung und warten die Entwicklungen ab. Die Frage lautet: Geht es auch ohne SDA-Teppich?

Eine Analyse der letzten Tage zeigt, dass «20 Minuten» gut ohne Keystone-SDA auskommt. Die Auslandsnachrichten stammen von der Deutsche Presse-Agentur dpa und werden nicht mehr via SDA gebucht. Über die Kosteneinsparung wollte «20 Minuten» keine Stellung nehmen. Zum Alltag mit den Inlandnachrichten äusserte sich die Pendlerzeitung hingegen optimistisch: «Der Übergang verlief reibungslos – sowohl beim Text als auch in der Bildredaktion.» In «sporadischen Einzelfällen» werde man in Zukunft vielleicht die früheren Dienste vermissen.

«Zufrieden mit der Lösung»

Gleiches hört man auch von CH Media, die für 2021 nur noch die Bilder und Videos von Keystone-SDA abonniert hat. «Insgesamt sind wir sehr zufrieden mit unserer hausinternen Lösung, mit der wir uns auch von der Konkurrenz abheben und damit zur Medienvielfalt beitragen.», heisst es aus Aarau.

Für Keystone-SDA könnte alles noch viel schlimmer werden. CH Media überlegt sich nämlich einen vollständigen Rückzug aus Keystone-SDA. Sollte das nach Tageszeitungen grösste Medienunternehmen der Schweiz  auch die Bilder und Videos abbestellen, brechen Keystone-SDA grosse Eisschollen ab. In Branchenkreisen geht die Zahl 70-30 um: 70 Prozent sollen Fotos und Videos kosten, der Rest geht für die Nachrichten aus.

 

Alle SDA-Meldungen auf Bluewin.ch

Sogar die Tagesprogramme sind einsehbar

Wie die Medienwoche kürzlich berichtete, will die Nachrichtenagentur Keystone-SDA die Schweizerische Mediendatenbank SMD nicht mehr mit ihren Nachrichten beliefern. Damit wolle die Agentur verhindern, dass Verlage, die nicht mehr länger bei SDA Kunden sind, via SMD weiterhin auf die aktuellen Meldungen zugreifen können.

Die Retourkutsche der Nachrichtenagentur ist zu kurz gedacht. Wer unbedingt will, greift ganz einfach auf Bluewin.ch zurück. Das Newsportal der Swisscom tischt sämtliche SDA-Meldungen auf. Gratis für alle. Und sogar die Ankündigungen der Regionaldienste sind frei zugänglich.

Letzteres stellte für Keystone-SDA schon immer ein besonderes Ärgernis dar, da sie auch den Nichtkunden das Tagesprogramm aufzeigte, zum Beispiel den Termin einer Gerichtsverkündung. Mehrere Bitten bei bluewin.ch sollen im Sande verlaufen sein. Zu kompliziert, soll es geheissen haben.

Geheimniskrämerei um das 4-Millionen-Paket für Keystone-SDA

Obwohl Keystone-SDA allein 2019 gegen 10 Prozent der Stellen abbaute, wurden die Bundessubventionen nie in Frage gestellt.

2019 und 2020 bekam Keystone-SDA je zwei Millionen Franken Bundessubventionen. Nun wird der Betrag verdoppelt, wie Keystone-SDA und das Bundesamt für Kommunikation BAKOM gegenüber ZACKBUM.ch bestätigen. Doch bei den Details rund um die Leistungsvereinbarung wird es merkwürdig still. Gemäss der Leistungsvereinbarung 2019/2020 verpflichtete sich Keystone-SDA nämlich, das Netz der 13 Regionalredaktion zu sichern. In diesen Regionalredaktionen arbeiteten per 1.1.2019 41,3 Vollzeit-Beschäftigte (FTE). Davon entfielen 25,7 FTE auf die deutschsprachige Schweiz, 13,6 auf die französischsprachige Schweiz und 2 auf die italienischsprachige Schweiz.
12 oder 13 Regionalredaktionen?
Wie veränderte sich der Personalbestand seither? Bekannt ist, dass Keystone-SDA trotz den zweimal zwei Millionen Staatsgeldern enorm sparen und auch Leute entlassen musste, respektive Abgänge nicht wiederbesetzte. Das ist darum pikant, weil Keystone-SDA bei Leistungskürzungen gemäss Leistungsvereinbarung das BAKOM zumindest informieren müsste. Doch anscheinend machten alle Beteiligten gute Miene zum bösen Spiel. Keystone-SDA schöpfte den kompletten Subventionskredit von jeweils 2 Millionen Franken aus, wie Sprecher Iso Rechsteiner bestätigt. Für Caroline Sauser, Leiterin der BAKOM-Kommunikationsabteilung, war ebenfalls alles in Ordnung: «Die Leistungserfüllung 2018/2019 durch die Keystone-SDA-ATS AG entsprach der bisherigen Leistungsvereinbarung. Das BAKOM hatte daher keinen Anlass, die maximal zur Verfügung stehende Subvention zu kürzen.» Dabei geht das BAKOM gemäss Vereinbarung von 13 Regionalredaktionen aus. Rechsteiner hingegen spricht von 12 Regionalredaktionen. Wie sah der Stellenetat bei den Regionalredaktionen aus und vor allem, wie veränderte er sich? Auch auf Nachfrage will Rechsteiner nicht konkreter werden. Er verweist auf den Geschäftsbericht 2019. Und zur aktuellen Frage (gestellt am 30.12.2020) nach den Stellen antwortet er: «Unterjährig publiziert Keystone-SDA keine Stellenetats.»
17,75 Vollzeitstellen weniger
Laut dem Geschäftsbericht 2019 ist der Personalbestand von Keystone-SDA von 216,3 100%-Stellen auf 198,55 FTE (Full Time Equivalent) gesunken. Das macht 17,75 Vollzeitstellen oder über 8 Prozent weniger. Man muss es Iso Rechsteiner glauben. Im Regionalen wurde personell nicht gespart, nur offensichtlich sonst überall.  Oder bediente sich Keystone-SDA eines Kniffs? Rechsteiner: «In der neuen Leistungsvereinbarung, die das BAKOM nach der Unterzeichnung publiziert, werden nicht nur die Regionalredaktionen berücksichtigt. Es werden dort neu auch Teile des Sport und der Zentrale berücksichtigt.» Offensichtlich einigte man sich auf eine neue Definition. Sport und die Zentralredaktion können auch regional, wenn sie müssen.
Regionale Berichterstattung bleibt Bedingung
Caroline Sauser hält fest: «Die bestehende wie auch die künftige Leistungsvereinbarung verfolgen das Ziel, die regionale Berichterstattung der abgabefinanzierten Lokalradios und Regionalfernsehsender zu stärken. Namentlich sollen die publizistischen Leistungen der Nachrichtenagentur dazu dienen, die eigenen regionalen Informationsleistungen der lokalen Veranstalter in einen überregionalen Kontext zu stellen. Diese Vorgaben konnten erreicht werden. Die entsprechenden Leistungen der Agentur werden vom BAKOM im Rahmen der neuen Leistungsvereinbarung auch weiterhin ausgewertet und mit der Keystone-SDA-ATS AG diskutiert.»
«Kein Anlass für Kürzungen»
Auch beim geflossenen Geld scheint alles bestens: «Die Leistungserfüllung 2018/2019 durch die Keystone-SDA-ATS AG entsprach der bisherigen Leistungsvereinbarung. Das BAKOM hatte daher keinen Anlass, die maximal zur Verfügung stehende Subvention zu kürzen», so Caroline Sauser vom BAKOM.
Somit wurde die ab 2021 geltende Leistungsvereinbarung «kürzlich» unterschrieben, wie es übereinstimmend heisst. «Sie kann im gegenseitigen Einverständnis verlängert werden. Das jährliche Kostendach der Subvention beträgt vier Millionen Franken», erklärt Sauser. Die neue Leistungsvereinbarung ist für ein Jahr abgeschlossen, nicht mehr für zwei Jahre wie die bisherige. Das könnte damit zusammenhängen, dass Keystone-SDA fieberhaft versucht, seine AG in eine Stiftung umzuwandeln, wie COO Jann Jenatsch im SRF-Medientalk vom Dezember 2020 sagte.
Seitenwechsel Keystone-SDA zum BAKOM kein Thema
Eine spezielle Rolle spielt bei der Geschichte Bernhard Maissen. Er arbeitet seit zwei Jahren beim BAKOM, vorerst als Abteilungsleiter Medien. Seit dem 1. Juli ist er Direktor des BAKOM. Vorher arbeitete er (mit Unterbrüchen) 24 Jahre für die damalige SDA. Trat er deswegen in Ausstand? «Bernard Maissen hat dieses Geschäft in seiner Funktion als Abteilungsleiter bzw. BAKOM-Direktor begleitet, wie andere Geschäfte auch. Der Abschluss und die Unterzeichnung der Vereinbarung gehören in den Zuständigkeitsbereich des UVEK», sagt Caroline Sauser. UVEK, das bedeutet Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Folglich wird die Leistungsvereinbarung jeweils von der Chefin unterzeichnet. 2018 war es Doris Leuthard (CVP), aktuell war es Simonetta Sommaruga (SP). Keystone-SDA, so der Name seit der Übernahme der Fotoagentur Kestone 2018, wollte die spezielle Konstellation gar nicht kommentieren.
Die neue Vereinbarung wird vom BAKOM aufgeschaltet. Wann das der Fall ist, konnte  ZACKBUM bislang nicht in Erfahrung bringen. 

«Keystone-SDA ist nicht mehr zeitgemäss»

Der 20-Minuten-Chef über die Gründe, warum man Keystone-SDA den Rücken kehrt.

«Keystone-SDA bietet ein zu breites Angebot, dass für uns zu wenig unverwechselbar ist», sagt Gaudenz Looser im Medientalk. Salvador Atasoy hat den Wechsel, über den ZACKBUM.ch zuerst berichtet hat, zum Hauptthema der aktuellen SRF-Sendung gemacht. Leicht ehrfürchtig listet Atasoy auf, dass Keystone-SDA jeden Tag mehrere 100 Meldungen erstelle. «Das sorgt für ein Grundrauschen an Infos», so Attasoy. Die Agentur helfe, den Überblick zu bewahren. Gefühlt ist Keystone-SDA in jeder zweiten der monatlich ausgestrahlten Sendungen Hauptthema. Das wohl darum, weil SRF (neben Ringier) der letzte treue Gross-Kunde ist.

Doch für Looser, seit 2019 Chefredaktor von 20Minuten, ist klar: Wirtschaftlich sei es nicht attraktiv, wenn das Gleiche auf anderen Portalen wie Blick und Watson auch zu lesen sei. «Wir müssen uns besser unterscheiden. Der Konsument merkt das, wenn wir das gleiche bringen wie die anderen». Finanziell lohne sich das nicht.

Nun baut 20Minuten selber ein Team auf. «Bemerkenswert ist, dass wir damit Stellen schaffen statt abbauen» findet Looser. Dass so Keystone-SDA in ernste Gefahr kommt, davon später. Looser ist überzeugt: «Online stellt das Prinzip der Agenturen in Frage. Dazu kommt das Tempo.» Seit acht bis zehn Jahren ist Keystone-SDA nicht mehr am schnellsten.» Auf Twitter erfährt man wichtige Dinge 20 Minuten früher», so Looser. Und wenn etwas in Randregionen passiert? Wie weiss 20Minuten davon? Looser zählt auf seine «sehr aktiven Leser, die Ereignisse rasch rapportieren». Zudem sei 20Minuten das einzige nationale Medium neben SRF. 20Minuten hat Redaktionen in Gebieten wie St. Gallen und Luzern, daneben auch in Lugano und in Genf.

Nun rekrutiert 20Minuten 20 neue Leute für die interne Nachrichtenagentur. Sie stellen die Agenda sicher, etwas, was bis jetzt Keystone-SDA geliefert hat. Sprich: Was findet wann wo statt. Dazu kommt auch ein eigenes Fototeam, das nicht nur fotografiert, sondern auch filmt. 20Minuten-VJ’s also.

Interessant ist, dass 20Minuten grundsätzlich nicht mit Tamedia zusammenarbeitet. «Es gibt keinen gemeinsamen News-Desk», so Looser. Das macht unternehmerisch durchaus Sinn, denn 20Minuten und Tamedia sind innerhalb der TX Group eigenständige Unternehmenszweige. Ebenfalls will man nicht mit anderen Medien, etwa CHMedia, zusammenarbeiten. «Dann hätten wir ja wieder dieselben Inhalte wie andere Medien» findet Looser.

Eine spezielle Randbemerkung: Looser bestätigt, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen animiert werden, Fotos zu schiessen und so einen Grundstock an Symbolbildern anzuhäufen. Denn auch das Fotoarchiv von Keystone-SDA fällt weg. Ob damit die hohe Fotoqualität gehalten wird, ist eine andere Frage.

Aktuell halten Ringier und SRF am Angebot von Keystone-SDA fest. Der Walliser Bote etwa wechselt aber zum neuen Agentur-Angebot von CHMedia.

Und was sagt Keystone-SDA zum spürbaren Aderlass?

Die Lösung scheinen laut Salvador Atasoy Subventionen zu sein. Bekommt die Agentur aktuell 2 Millionen Franken vom Staat, sollen es ab 2021 gar 4 Millionen sein. Doch dazu soll die heutige AG in eine Stiftung überführt werden. So soll verhindert werden, dass allfällige Staatsgelder als Gewinne oder Dividenden abfliessen. Wie weit die Gespräche im Verwaltungsrat gediehen sind, darüber will COO Jann Jenatsch nichts sagen. Erschwerend ist, dass mit APA eine Österreichische Firma 30% der Aktien hält. Diese hat wenig Interesse, künftig auf eine Gewinnorientierung zu verzichten.

Jenatsch: «APA stieg als Technologiepartner ein. Jetzt werden Diskussionen geführt». Zur Dauer der Verhandlungen kann oder will Jenatsch ebenfalls wenig sagen. «Wir sind mit der Politik unterwegs. Das dauert. Es braucht einen langen Atem und eine gute Fokussierung».

Finanziell sieht es eher beunruhigend aus. Dabei hoffte man, dass massivem Stellenabbau bei Keystone-SDA sei etwas Ruhe eingekehrt. Das scheint nicht der Fall zu sein, so die Einschätzung von Salvador Atasoy.

Laut Jann Jenatsch ist man momentan dabei, eine Leistungsvereinbarung mit dem BAKOM abzuschliessen. Daran geknüpft ist dann der Geldsegen von 4 Millionen pro Jahr. «Wir sollten die Vereinbarung in diesen Tagen unterschrieben zurückbekommen», so Jenatsch am vergangenen Samstag im Medientalk. «Damit soll die Leistung aufrecht gehalten bleiben». Aber auch mit 4 Millionen reiche das Budget nicht ganz. Weitere Einsparungen seien nötig. Keine Frage: 2021 wird ein schwieriges Medienjahr. Doch vielleicht muss Keystone-SDA doch weniger darben als andere Medienhäuser, die keine oder weniger Staatsgelder bekommen. Dort geht’s ans Existenzielle.

 

 

 

 

Keystone-SDA verliert Millionenbetrag und weiteren Grosskunden

Frust in der Branche wächst

Entgegen der landläufigen Meinung war die Übernahme der Bildagentur Keystone der wohl beste Schachzug der Nachrichtenagentur SDA in den letzten 20 Jahren. Obwohl sich damit die Agentur eine österreichische Mitbeteiligung einhandelte (30%), hält sie seit drei Jahren einen Trumpfkarte bei den Verhandlungen: einen Bilderschatz, der täglich grösser wird.

Wie ZACKBUM in Erfahrung bringen konnte, sind die wichtigsten Verhandlungen nun unter Dach und Fach. Mehrere Verlage wollten eigentlich auf 2021 ganz aus den Verträgen aussteigen, da sie von den Textnachrichten von Keystone-SDA zu wenig profitierten.

«Arrogante Verkäufer»

Das wichtigste Pfand in den Verhandlungen soll die Bilderagentur gewesen sein. Ohne diese sprudelnden Bilderquelle müssten die meisten Verlage mit Symbolbildern arbeiten. Das zeigt sich auch in der Zusammensetzung der Kosten. wie ein Beteiligter sagte: «30 Prozent bezahlen wir für die Texte, 70 Prozent für die Bilder.» Hinzu kommt, dass bereits eingekaufte Bilder bei einer Vertragskündigung mühselig aus den Artikeln entfernt werden müssten.

In den Verhandlungen Ende Jahr wurde hart gefeilscht. Früher galt noch: Die Nachrichtenagentur bestimmt den Preis. Mit dem Ausscheren verschiedener Medien hat sich das geändert. Laut Aussagen mehrerer Medienvertretern sollen die Verkäufer von Keystone-SDA aber anfangs «arrogant bis zum Gehtnichtmehr» aufgetreten sein. Im Verlaufe der Preisverhandlungen sollen sie sich dann über ihre eigene Geschäftsleitung beklagt haben, die ihnen kein Handelsspielräume erlaubten.

Am Ende gingen die Preise dann erstaunlich doch runter, und zwar zwischen 10 und 20 Prozent. ZACKBUM weiss von einem Nachrichtenmedium aus den Top Ten der Schweiz, welches 2022 ganz aus Keystone-SDA aussteigen will, und damit dem Beispiel von «20 Minuten» folgen wird. Es wird dann sehr eng für Keystone-SDA.

 2 Millionen Franken gehen wegen «20 Minuten» flöten

«20 Minuten» wagt nun die Selbstständigkeit von der Agentur schon für nächstes Jahr. Um das zu stemmen, stellt es 20 Journalisten ein. «Und das zu tieferen Gesamtkosten», wie eine Medienverantwortliche gegenüber ZACKBUM sagte. Im Klartext: Ein Jahresabo bei der Nachrichtenagentur Keystone-SDA ist für «20 Minuten» teurer als der finanzielle Aufwand für 20 Vollzeitstellen. Dieser dürfte bei über 2 Millionen Franken liegen. Keystone-SDA wollte sich zu den Verhandlungen nicht äussern. Es gelte weiterhin das Ziel, eine Branchenlösung für die Verlage zu sein. Und: Bild und Text seien «unabhängig voneinander buchbar.»

NZZ steigt bei Keystone-SDA aus

Wer will mich (noch)?

Was macht der dicke Franz, wenn er zu langsam im Sprint ist und für längere Strecken keine Puste hat? Er wird Zuschauer. Das gleiche Schicksal droht der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Das Kurzfutter-Medium «20 Minuten» verlässt die Agentur im kommenden Jahr. Und die langatmige NZZ hat den SDA-Regionaldienst ebenfalls abbestellt, wie ein Insider ZACKBUM.ch mitteilte. Was noch läuft, sind überregionale Meldungen; die erscheinen im Blatt aber nur noch selten.  Keystone-SDA schrieb auf Anfrage, dass sie zu «laufenden Kundenverhandlungen und einzelnen Kundenbeziehungen keine Auskunft» geben mag. Pikant: Die NZZ war 2017 noch zweitgrösster Aktionär von der Agentur.

Was sind die Gründe des Exodus‘? Nebst Einsparungen spielt auch die mangelnde Effizienz der Nachrichtenagentur eine Rolle. Der dritte Grund: Die Redaktorinnen und Redaktoren schreiben zum Teil ein grässliches (und falsches) Deutsch:

«Der Kanton (Schaffhausen) will innovative und erfolgversprechende Vorhaben von Unternehmen mit einzelbetrieblichen Förderbeiträgen (EBF) unterstützen. Die (sic!) Wirtschaftsförderungsgesetz ist Ende 2019 ausgelaufen und soll nun in unveränderter Höhe von 20 Millionen Franken für weitere zehn Jahre verlängert werden.

Stilkritiker Wolf Schneider hätte seine Freude an diesen zwei Sätzen. Für seine urkomische Sammlung an schiefen Sätzen. Weniger lustig sind solche Grauslichkeiten für die Redaktionen. Egal ob «20 Minuten» oder NZZ. Immer weniger Zeitungen muten ihren Lesern solche Nachrichten zu. Der gleiche Artikel enthält übrigens noch den dämlichen Fehler «Vierfünftels-Mehrheit». Und nicht weniger als sieben Mal ist die Rede von «Startup». Der Duden lässt nur «Start-up» durchgehen.

Insgesamt also neun Fehler und ein schlechtes Deutsch – kein Wunder, dass eine «Vierfünftels-Mehrheit» die Agentur verlässt.

Bei den meisten Medien würden bei dieser Entwicklung selbst die Mäuse das sinkende Schiff verlassen. Dafür besteht aber kein Grund zur Sorge. Der Bundesrat will die gefällige Agentur nämlich am Leben lassen, koste es auch 16 Millionen Franken.