Auf den Kopf gestellt

Problem: ein Vorher-Nachher. Lösung: Kopffüssler. Flatlining reloaded.

Was ist nur mit den Schweizer Werbeagenturen los? Einzige Erklärung: es läuft ein geheimer Wettbewerb, wer einem Auftraggeber die bescheuertste Werbekampagne aufs Auge drücken kann. Ohne dass er mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt wird.

Lange Zeit unerreicht war diese Kampagne auf Platz eins:

Ein Wilhelm Tell mit kaputter Armbrust, auf einem Zeitungsstapel, hinter sich ein Radio, vor sich ein Laptop, in der Hand ein Handy. Ein nicht unwesentlicher Beitrag dazu, dass zum grossen Ingrimm der Verlegerclans die zusätzliche Steuermilliarde an der Urne abgelehnt wurde. Denn wenn man schon die Werbung nicht versteht, wieso soll man dann dafür sein, dass solch unfähigen Medienmanagern viel Geld reingestopft wird?

Die Werbeagenturen Farner und Rod hatten sich zusammengeschlossen, um diese einsame Höchstleistung im Tiefenrekord für unterirdische Werbung zu erbringen. Bravo.

Denn nur gemeinsam war es möglich, die alleine von Rod verantwortete Schwachsinns-Kampagne «So schützen wir uns» noch zu unterbieten.

Der Wettbewerb war lanciert, als Nächster griff Scholz & Friends in den Wettbewerb ein und besetzte die Pole Position. Denn wenn der Bund zahlt, ist nun wirklich alles erlaubt, gibt es nach unten keine Barrieren.

Verständlich, dass das Rod nicht auf sich sitzen lassen konnte. Schliesslich war man zweimal unangefochten auf Platz eins im Wettbewerb «wer macht die grottenschlechteste Werbung aller Zeiten» gelandet. Das zweite Mal allerdings nur mit Hilfe von Farner. Das schrie geradezu nach da capo.

Ausgerechnet das arme SOS Kinderdorf wurde zum nächsten Opfer von Rod. Hier geht es um ein klassisches, banales, schon ewig durchdekliniertes Problem in der Werbung: wie stelle ich ein Vorher-Nachher so dar, dass der Betrachter sofort kapiert, worum es geht? Da es ein uraltes Problem ist, gibt es ein Meer von guten Lösungen. Das geht aber auch anders, sagte sich Rod, man kann’s auch in den Sand setzen, bzw. auf den Kopf stellen.

Allerdings lag die Latte doch ziemlich hoch, bzw. tief. Also musste sich Rod echt anstrengen, um sowohl den Tell, die Covid-Kampagne wie auch die Füsse auf dem Radiator zu überbieten. Aber wenn sich der Werber richtig anstrengt, schafft er das:

Mal ganz langsam. Ja, das ist Maria Walliser, die Ex-Skifahrerin. Und ja, das ist eine Werbung für das SOS Kinderdorf:

Ist nun Walliser in diesem Kinderdorf aufgewachsen und deswegen ein «Ex-Kind»? Stand damals die Welt für sie auf dem Kopf? Oder für diese beiden hier:

Bevor jemand fragt: das sind Michèle und Manuel Burkart. Burkart who? ZACKBUM gesteht: wir wussten auch nicht, dass das unter «Moderatorin/Komiker» läuft. Haben die etwa auch ihre Jugend im SOS Kinderdorf verbracht? Vielleicht verstehen wir das besser, wenn wir das Sujet mal umdrehen:

Öhm. Oder spielt das niedliche Geisslein eine Rolle, die wir nicht durchschauen? Vielleicht ist’s so gemeint:

Verflixt, dann vielleicht im Querformat?

Hm, macht irgendwie visuell mehr Sinn. Oder ist’s Unsinn? Auf jeden Fall muss noch ein Rätsel aufgelöst werden. Nein, Walliser und das Duo «Komikerin/Moderator» (oder so) waren keine SOS-Kinder. Aber Kinder. Capito? Nein? Sacknochmal. Sie waren Kinder. Heute sind sie’s nicht mehr. Dafür setzten sie sich für Kinder ein, die immer noch Kinder sind. Kann doch nicht so schwer sein.

Dank persoenlich.com wissen wir auch, wer das verbrochen hat:

Das sind auch zwei Ex-Kinder, und der Struwwelpeter rechts sieht genauso aus, wie sich ein Möchtegern-Creative Director einen Creative Director vorstellt.

Was kann der zu seiner Verteidigung sagen?

«Obwohl der Zustand des Ex-Kindseins ja auf uns alle zutrifft, hat sich bisher noch niemand von uns als Ex-Kind bezeichnet. Wir haben die Chance ergriffen und glauben, dass wir so maximale Identifikation bei der Zielgruppe erreichen.»

Hä? Nein, das ist doch logisch. Wenn man die Werbekampagne nicht versteht, versteht man dieses Gequatsche auch nicht. Dabei liesse sich das alles einfach zusammenfassen. Die armen Kinder. Das arme SOS Kinderdorf. Mal wieder auf einen reingefallen, dessen Lebensmotto hinter der Sonnenbrille wohl ist: Kann nix. Macht nix.

Werbung für Flatliner

Was mit Steuergeldern finanziert wird, ist Ausschuss.

Die Werbeagentur Scholz & Friends unternimmt den erfolgreichen Versuch, die schlechteste Werbekampagne der Schweiz zu toppen. Bislang auf Platz eins:

Keine Fake News: Dieses Schwachsinns-Sujet leistete seinen Beitrag dazu, dass das Medienpaket abgelehnt wurde. Denn Fakt ist: ein Wilhelm Tell mit einer unvollständigen Armbrust, der mit einer Zeitung (!) auf eine Mauer eindrischt, auf die «Fake News» gesprayt ist, kann schwer unterboten werden.

Fakt ist auch: geht doch.

Der Beweis:

Da wärmt jemand seine kalten Füsse an einem Heizkörper. Woran man merken soll, dass der 1 Grad zu warm eingestellt sei, wissen die Götter. Aber es geht noch sparsamer:

Wir sehen einen roten Heizkörper, darüber einen roten Strich. Woran man merken soll, dass der nicht freigehalten sei, wissen die Götter. Aber es geht noch sparsamer:

Wir erahnen einen Wasserhahn, aus dem eine rote Brühe quillt. Woran man merken soll, dass so Energie verschwendet werde, wissen die Götter. Aber die Werbekampagne ist auch nicht ganz gebacken:

Wir sehen einen Backofen mit offener Türe. Woran man merken soll, dass der vorgeheizt wurde, wissen die Götter. Was beim Entstehen dieser Nonsens-Kampagne fehlte, ist eindeutig das hier:

Wir sehen ein Fenster, möglicherweise im Rotlichtbezirk, das für Frischluftzufuhr sorgt und überhitzte Raumtemperatur entweichen lässt. Wieso das Energieverschwendung sei, wissen die Götter.

Der Bund hält sich etwas bedeckt, was diese Hirnschmalz-Sparmassnahme kostet. Klar ist: hätte man sich sparen können. Denn wenn Werber auf kreativer Sparflamme arbeiten, kommt meistens Flatlining heraus. Davon spricht man, wenn keine erkennbare Hirntätigkeit gemessen werden kann.

Im Vergleich zu dieser Kampagne wäre es geradezu genial gewesen, Wilhelm Tell zu rezyklieren. Der würde sich an einem Feuerchen wärmen, das er mit seiner Zeitung entfacht hat und das von seiner Armbrust gespeist wird. Wenn er dann noch seine nackten Unterschenkel bedeckt, wäre das Sparprogramm überdeutlich illustriert.

Der Slogan könnte lauten: wer Wärme statt Kälte will, sagt ja zum Lagerfeuer.

 

Eunuchen sollten werben

Citroen ist sexistisch. In Ägypten. Nicht zu fassen.

Ich kann kein Arabisch. Ich wusste auch nicht, dass Amt Diab ein grosser ägyptischer Popstar ist.

Aber ich fahre Citroen, also gibt es eine persönliche Betroffenheit, und die ist heutzutage entscheidend im Journalismus.

Aber kein Sozialneid, ich hätte auch lieber den hier:

Wie auch immer, Diab setzte sich ans Steuer eines vergleichsweise popeligen C4. Bremst für eine schöne Frau, die – typisch – ihm vors Auto läuft. Fotografiert sie, dann fährt man gemeinsam mit dem Citroen in den Sonnenuntergang. Nicht sehr originell, und die Musik muss man mögen.

Am 3. Dezember postete das Diab stolz:

Dauerte ein Weilchen, aber nun das:

So referiert persoenlich.com eine SDA-Meldung.

Denn hier sieht man, was Belästigung heisst:

Wobei die Frage eigentlich ungeklärt ist, ob sie ihn oder er sie belästigt. Oder keiner von beiden den anderen. Aber hier sieht man’s in flagranti:

Balzen wird immer schwieriger, auch in Ägypten. Aber dort gibt es wenigstens die Tradition des Harems-Eunuchen seit dem osmanischen Reich.

Werbemüll im Internet

Die Kostenfreiheit fördert Sumpfgebiete.

Mehr als die Hälfte aller E-Mails weltweit sind Spam. Also unverlangter Werbemüll. Das ist ein ziemlich hoher Haufen, denn 2021 dürften rund 320 Milliarden E-Mails versandt und empfangen werden. Pro Tag.

Obwohl sich der Aufwand für das Abfeuern von Spam in überschaubaren Grenzen hält, würde er nicht betrieben werden, wenn es nicht zumindest kostendeckend genügend Deppen gibt, die darauf reinfallen.

Also Produkte zur Penisverlängerung kaufen wollen, angeblich totsichere Geldanlagen ausprobieren möchten. Den Reizen einer Dame erliegen, die sich einfach so und spontan unsterblich in den Empfänger verliebt hat. Natürlich jede Menge Schnäppchenpreise ausnützen wollen, das neue iPhone für 100 Stutz, kein Problem, nur ist die Anzahl beschränkt, sofort zuschlagen. Oder lieber gleich ein Testgerät, selbstverständlich gratis?

Es gibt auch einigermassen cleveren Spam

Es gibt auch aufwendigere, sowie fiesere Lockmails. Der Verwandte eines afrikanischen Potentaten, der ungetreue Buchhalter mit Prokura, der sterbenskranke Reiche, die alle nichts lieber täten, als dem Empfänger einen beeindruckend grossen Geldberg zu schenken.

Nett sind auch die Erpressermails; man habe den Empfänger bei unsittlichem Tun vor seiner Computer-Kamera beobachtet, der Inhalt der Festplatte werde verschlüsselt und anschliessend geschrottet, peinliche Videos an alle Bekannten und Verwandten verschickt, wenn nicht …

Es gibt auch immer wieder Konjunkturwellen, als hätten sich weltweit die Spamer auf Modeerscheinungen geeinigt. So war es eine Weile üblich, dass mit dem Absender eines tatsächlich vorhandenen Mailkontakts ein Hilferuf abgesetzt wurde. Die Person sei im Ausland in einer finanziell prekären Situation, der nur durch die sofortige Überweisung eines vierstelligen Betrags abgeholfen werden könnte, per Western Union oder so, asap.

Adressen sammeln, Spam schleudern, alles fast gratis

Der bedeutendste Kostenfaktor dabei ist das Aufkaufen von E-Mail-Adressen. Wobei sich auch der in überschaubaren Grenzen hält. In trüberen Gewässern des Internets kriegt man solche Pakete, zum Beispiel eine Million Adressen aus Deutschland, für schlappe 25 $.

Will man etwas selektionierter vorgehen, also nach Alter, Kaufkraft oder Affinität zu Online-Käufen unterscheiden, wird’s ein wenig teurer. Das Versenden, wenn man ein Botnet verwendet, also ein Netz von ohne Wissen der Besitzer gekaperten Computern, ist ebenfalls kriminell billig.

Bleibt nur noch der heikelste Punkt, die Geldübergabe. Aber da bietet die schöne, neue Welt der Kryptowährungen ganz ungeahnte Möglichkeiten. Oder aber die immer noch existierenden Bargeldüberweisungssysteme oder Finanzhäuser in den vielen Gegenden der Welt, wo die Rechtsstaatlichkeit nicht wirklich ausgeprägt ist.

Neben Mails gibt es auch Inseratespam

Es gibt auch eine Art Werbe-Spam, der alle Plattformen zumüllt, die sich entschieden haben, Google Ads Plätze zu vermieten. Der grosse Vorteil für den Besitzer der Webseite: er muss sich nicht um Vermarktung, Belegung und alles Administrative kümmern. Besonders für kleinere Plattformen, die nicht über die Möglichkeit einer eigenen Akquise verfügen, ergeben sich hier sehr willkommene Zusatzeinnahmen.

Downside ist aber, dass der Leser gelegentlich mit Müll belästigt wird, der nervt. Auch das sind Wellen, das Grundprinzip einer Form des Werbespams ist immer das Gleiche. Es wird eine bekannte Persönlichkeit genommen, in der Schweiz sehr beliebt Roger Federer zum Beispiel, der habe mit einer neuen Geschäftsmethode unglaubliche Gewinn erzielt; wer sich davon einfangen lässt, wird auf eine Webseite geleitet, die diese Story mit angeblichen Berichten aus seriösen Medien untermauert.

Es gibt auch erheiternde Beispiele

Das nervt und weckert. Ausser bei der neusten Variante. Denn offensichtlich haben die hier verwendeten Algorithmen ausgerechnet, dass ein Schweizer Bundesrat so sehr im Gespräch ist, dass er sich als unfreiwilliger Werbeträger eignet.

So lächelt einem Knutschkugel Alain Berset mit einer verfänglichen Botschaft entgegen:

Das bringt wenigstens etwas Humor in dieses trübe Thema, obwohl mit seinem Foto keine Werbung für Potenzmittel gemacht wird:

Ach, wer sich fragt, wieso die Missbrauchten sich nicht dagegen wehren: viel Spass beim Kampf mit einem schmierigen Server in Usbekistan, Vanuatu oder Kasachstan. Oder mit Google Ads.

PS Das hier ist weder Werbung, noch Spam:

 

Dilettantenfreiheit

Der Verlegerverband brummt. Vor Unfähigkeit und zum Fremdschämen.

Wir räumen selbstkritisch ein: ZACKBUM.ch ist vielleicht nicht das absolute Highlight der modernsten Plattformtechnologie. Aber sie erfüllt ihren Zweck. Texte, Bilder, Kommentare, Impressum, obligatorischer Hinweis auf Cookies: alles Nötige ist da.

Der Verlegerverband ist «die Branchenorganisation der privaten schweizerischen Medienunternehmen. Der Verlegerverband vereinigt über 100 Medienunternehmen, die zusammen rund 300 Publikationen herausgeben und zahlreiche digitale Newsplattformen sowie über 20 Radio- und TV-Sender betreiben.»

So richtig friedlich geht’s in dieser Vereinigung allerdings nicht zu; Tamedia und Ringier kriegten sich dermassen in die Wolle, dass Ringier beleidigt austrat – inzwischen seine Rückkehr ankündigte, sie aber noch nicht vollzog.

Das sind lustige Szenen einer Ehe; der eine verlässt unter Protest das gemeinsame Lager, dann hat er ein Einsehen und meint reumütig, dass man es doch nochmal versuchen könne. Aber vor der Eingangstüre bleibt er dann stehen und grübelt und grübelt und grübelt.

Gut, kann passieren, sollte es aber in einem Verband nicht. Inzwischen muss man sagen, dass Ringier völlig zu recht seine Mitgliederbeiträge eingestellt hat. Wäre wirklich nur rausgeschmissenes Geld.

Fehler machen, an Fehlern festhalten

Denn der Verlegerverband hat die Webseite «Die-Meinungsfreiheit.ch» ins Netz gewuchtet. Die ist so schräg-lustig, dass hier schon darüber abgelästert wurde.

So sieht ein professionell fotografiertes Unterstützerkomitee aus.

Aber man könnte ja sagen: okay, dass es dem Referendumskomitee gelungen ist, mehr als 50’000 Unterschriften gegen das Mediengesetz zu sammeln (genau 54’409 am 8. September), kam natürlich völlig überraschend. Für den Verlegerverband.

Die Champagnerflaschen steckten noch gehöhlt und kopfvoran in den Eiskübeln, nachdem die zusätzliche Zahlung von einer runden Milliarde aus Steuergeldern an die notleidenden Medien durchs Parlament geschaukelt worden war. Ein Heimspiel. Politiker brauchen Medien wie die Luft zum Atmen. Nun brauchten die Medien die Politiker. Eine Hand wäscht die andere.

Die reichen Medienclans gingen in Sack und Asche

Gezeter und Gejammer, zerrissene Kleider und Asche auf den Häuptern, Wehklagen und Warnung vor dem Untergang: die Medien führten sich auf, als hätte ihr letztes Stündlein geschlagen – wenn nicht dringend und unbedingt nochmal eine Milliarde auf die eh schon sprudelnden Subventionen draufgelegt würde.

Kein Wort darüber, dass die Grossverlage, dank drakonischer Sparmassnahmen, sich seit Corona über genauso sprudelnde Gewinne freuen können wie zuvor. Gut, der Journalismus ist dabei vor die Hunde gegangen, die Meinungsvielfalt wurde durch zwei Einheitssaucen aus Zentralküchen ersetzt. Aber das ist ja ein Kollateralschaden, macht doch nix.

Nun kann aber die Bevölkerung darüber abstimmen, ob man wirklich Yachten, Privatjets, Villen und einen Luxusfuhrpark der Besitzerclans mit Steuergeldern unterhalten soll. Wie es sich für Dilettanten gehört, dachten die Medienclans zuerst, dass so ein Referendum doch sicherlich nicht zustande kommt. Schliesslich fand es in ihren hochklassigen Medien mit Informationsauftrag, Vierte Gewalt und so, faktisch nicht statt.

Kostet halt schon Unterhalt …

Aber dann, oh Graus, kam das Referendum zustande. Krisensitzung, Geschnatter, Geflatter, Notfall, action, sofort.

Immerhin, ein Übersetzungsprogramm kam zum Einsatz.

Tata, es entstand: «die-meinungsfreiheit.ch». Von A bis Z misslungen. Fängt beim Namen an, «meinungsfreiheit.ch» ist natürlich schon besetzt. Aber man hätte ja, da es keine Webseite gibt, mal schauen können, ob sich was machen lässt. Oder man hätte «meinungsfreiheit.swiss» nehmen können. Aber das wäre ja professionell gewesen, also lieber nicht. Verleger kommt offenbar von verlegen.

Fehler am Anfang passieren – aber hier bleiben sie

Sicherlich kann es passieren, dass beim Notstart einer Webseite nicht gleich alles klappt. Aber normalerweise werden die ganz grossen Kopfschüsse in den ersten Tagen ausgebügelt. Nicht bei «die-meinungsfreiheit», das wäre doch zu professionell:

Tote Hose auf Facebook …

… tote Hose auf Twitter.

Normalerweise verfügt eine Webseite über ein Impressum, einen Ansprechpartner, moderne Kommunikationsmittel wie eine Telefonnummer – und Datenschutzhinweise. Aber doch nicht hier, das wäre, okay, wir wissen es inzwischen.

Noch ein kleiner Tipp: Wer als Key-Visual schwarze Flecken nimmt, auf denen einsame Menschen rumstehen, sollte einpacken – oder einen guten Grafiker einstellen.

Oder sagen wir so: wer diese beiden Nasen als Unterstützer auf seiner Seite weiss, kann eigentlich schon heimgehen. Aber der Verlegerverband doch nicht, der muss zuerst noch viele weitere Batzeli dafür verrösten, sich öffentlich zum Deppen zu machen. Traurig. Oder wie Donald Trump sagen würde: «so sad

Werbung, tiefergelegt. Lowered

«Kauf mich, ich bin gut und günstig.» Wenn’s mehr sein soll, wird’s armselig und englisch.

Die neue Werbekampagne von Tally Weijl setzt einen schönen Tiefpunkt für alles: «#fuckexpectations» heisst der Claim des Klamottenherstellers. Damit sollen junge Frauen motiviert werden, «sich von niemandem vorschreiben zu lassen, was man zu tun, zu sagen oder zu tragen hat», schwurbelt Rod Kommunikation, die diesen Kopfschuss zu verantworten hat.

Schon wieder ein Kunde, der von seiner eigenen Werbeagentur aufs Kreuz gelegt wurde. Rebellion gegen Erwartungen, so geht der Stuss weiter. Womit also Tally Weijl damit wirbt, dass man entweder diesen Klamotten den Stinkefinger zeigt – oder ernsthaft meint, durch ihren Kauf ein rebellisches Signal gegen Rollenbilder zu setzen.

Da wollen wir mal hoffen, dass die Protestfrauen von Tamedia – mangels anderer Resonanz auf ihr längst abgelaufenes Ultimatum – nicht alle in Tally Weijl rumlaufen werden.

Bezüglich «fuck» kann noch gesteigert werden

Kann man solchen Schwachsinn noch steigern? Nun, wenn man die Stichworte Corine Mauch, Belästigung, Verschwendung von Steuergeldern mixt, einmal schüttelt, dann kommt heraus: «Zürich schaut hin». Die neue Plattform, sozusagen die Ergänzung zu netzpigcock.ch. Denunziation, leicht gemacht. Anonym, praktisch, auch für Analphabeten geeignet. Jeder kann mitmachen, kostet nichts, tut nicht weh. Ist aber vollbescheuert.

 

Mit idiotensicherer Gebrauchsanweisung:

Auch «Zalando» ist immer vorne dabei, wenn es um Kampagnen im Stil von «schrei vor Glück» geht. Dabei ist eine gewisse Schmerzfreiheit unabdingbar:

Das erinnert etwas an den grossartigen Werbespruch der Parfümeriekette Douglas: «Come in and find out». Was bösartig übersetzt wurde mit: Komm rein und finde den Ausgang. Immerhin, die Zürcher Denunziantenplattform handelt ihr Anliegen auf Deutsch ab. Aber so etwa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, und das ist schon ziemlich lange her, haben die meisten Werbeagenturen bis heute nicht kapiert: die Mehrheit der Konsumenten im deutschen Sprachraum spricht Deutsch.

Werbung auf Englisch für Deutschsprachige funktioniert nicht

Seit vielen vielen Jahren belegen entsprechende Untersuchungen, dass rund Zweidrittel der angepeilten Käufer eingestehen, Claims auf Englisch nicht richtig zu kapieren. Weniger als 30 Prozent behaupten, das Anliegen des Werbers auf Englisch richtig zu verstehen. Wer meint, dass das halt nach unten gezogen werde durch die Teilnahme von älteren Säcken: auch bei der Altersgruppe von 18 bis 40 behauptet nur die Hälfte, wenigstens «ungefähr» oder sogar genau zu verstehen, was zum Beispiel «totally you» uns sagen will.

Es spricht natürlich für die Eloquenz der Werber, dass sie nach wie vor, mit oder ohne Begleitung eines in strengem Schwarz gekleideten AD, arglosen Kunden einen neuen englischen Werbespruch aufs Auge drücken können. «Just do it» sei doch einfach knalliger als «tu’s einfach». Und wo sich jeder gehobene Hauswart «Facility Manager» nennen lässt, kann das doch nicht ganz falsch sein.

Doch, ist es aber. Es ist völlig bescheuert, schon von Anfang an sich von mindestens der Hälfte der potenziellen Zielgruppe zu verabschieden. Völlig realitätsfern ist auch, mit den nun endgültig ausgelutschten Begriffen Rebellion oder holprigen englischen Sprüchen zu werben. Vielleicht ein Wort dazu, wie die Produkte von Tally Weijl oder Zalando oder auch von H&M oder Zara hergestellt werden? Ist doch überhaupt nicht megakrass und voll easy, wenn beim Einsturz eines Sklaven-Sweatshops in Bangladesh herauskommt, dass dort auch Klamotten für diese Anbieter hergestellt wurden.

Vielleicht fällt es einigen Kunden auch auf, dass alles Gelaber über Rebellion, Individualität, Einzigartigkeit ziemlich hohl wird, wenn man auf dem Zettelchen liest «made in China». Was nicht bedeuten muss, dass «made in Italy» oder «made in Peru» oder «made in Brasil» unbedingt besser ist.

Aber wie für eine gute Kampfscheidung braucht es auch hier immer zwei. Den Werber, der mit dem ewig gleichen Besteck grösser Budgets aus dem Kunden rausschneiden will. Und den Kunden, der ihm das erlaubt, auch wenn er wissen müsste, dass es schwachsinnig ist.

Es braucht immer zwei, um Geld zum Fenster hinauszuwerfen

Immerhin kann sich der angepeilte Konsument dieser Werbefalle einfach entziehen. Wer nicht mal kapiert, was er kaufen soll und warum, der spart ungemein. Besonders nassforsch wird’s allerdings, wenn man am normalerweise heiligen Logo eines Medienorgans rumschrauben darf. Auch hier trennt sich schnell die Spreu vom Weizen. Hier herrscht Mut zur Hässlichkeit, aber das Wissen, dass jede «Modernisierung» ein Verbrechen wäre; teuer und fatal:

Ungefähr so intelligent wie der nach vielen Jahren erfolgreiche Versuch, den unsterblichen Marlboro-Cowboy zu x-en. Vorher hob ihn höchstens der Lungenkrebs aus dem Sattel. Aber wenn eine neue Verantwortliche, die noch nie etwas gebacken kriegte in ihrer Karriere, ein Zeichen setzen will, dann darf am bewährten, ikonischen «Blick»-Logo rumgefummelt werden. Dass dann neu mit Regenrohr, sinnlosem Strich und als separierte Kästchen wieder auferstehen darf.

Es spricht für den Werber Frank Bodin, dass er damit die nächste Bruchlandung sicherlich verhindert hat und seine neuste Metamorphose Bodin.Consulting ein Weilchen weiterleben wird. Sein fürstliches Honorar hat er schon alleine damit verdient, dass er es geschafft hat, ein paar erwachsenen Personen bei Ringier diesen Pfusch als neues Ei des Kolumbus zu verkaufen.

Nun hängt es allerdings alleine vom «face value», vom «feedback» ab, natürlich aus der «community», wann dieses Geld abgeschrieben und das alte Logo wieder hervorgeholt wird.

Gurkentruppe «Fairmedia»

Theorie und Praxis. Die neue Präsidentin spuckt grosse Töne. Die Praxis ist viel kleinkarierter.

«Fairmedia» legt die Latte für sich und andere ziemlich hoch: «Wir helfen auch Journalisten dabei, sich medienrechtlich und -ethisch korrekt zu verhalten. Der unabhängige Verein versteht sich als Kompetenzzentrum in Medienrecht und Medienethik und gibt zu diesen Themen auch Kurse und Trainings an Institutionen und Schulen.»

Catherine Thommen doppelt zum Amtsantritt nach:

«Fairmedia mischt sich aktiv in die Debatte ein und setzt sich für die Einhaltung der journalistischen Grundregeln ein.»

Das ist ja alles wunderbar, volltönend, genau das, was Journalismus heutzutage braucht. In den Kursen verwendet «Fairmedia» sicherlich auch abschreckende Beispiele. Warum nicht aus eigenem Schaffen?

Auf Twitter spielten sich Jagdszenen gegen eine Flugbegleiterin ab, die von Michèle Binswanger porträtiert worden war. Durch häufige Corona-Tests ist sie erkrankt, was gravierende Auswirkungen auf ihre psychische und physische Gesundheit hat.

Zudem engagiert sie sich gegen Kinderhandel und -ausbeutung. Zweiteres hat mit dem Thema der Reportage nichts zu tun. Die Reportage selbst ist fehlerfrei, was den Sympathisantensumpf um Jolanda Spiess-Hegglin sehr frustriert hat. Denn Spiess-Hegglin ist auf Binswanger nicht gut zu sprechen, weil die es gewagt hat, die Darstellung von JSH der Zuger Affäre zu bezweifeln.

Muckrakers nennt man diese Gattung auf Englisch

Wunderbar, dass ein Anonymus eine Wortmeldung der Flugbegleiterin in den Social Media ausgrub. Hansi Voigt, der schon lange jeden Anspruch aufgegeben hat, als seriöser Journalist zu gelten, kräht sofort los, macht sich über die Flugbegleiterin und über Kinderhandel lustig und empfiehlt, solche Artikel zu canceln.

Das lässt dann einen weiteren anonymen Dreckspatz nicht ruhen, der verbreitet, die Flugbegleiterin sei Anhängerin der Verschwörungstheorien von QAnon. Wir bewegen uns hier wohlgemerkt im belegfreien Raum, in einer Jauchegruppe von Twitter, wo sich Verschwörungstheoretiker und Fanatiker gegenseitig hochschaukeln. Unter völligem Realitäts- und Luftabschluss, was einen sehr unangenehmen, fauligen Geruch auslöst, wenn man in diese Blase hineinsticht.

Die Erkrankung der Frau ist ärztlich attestiert, sie ist kein Einzelfall, auch ihr Problem, angepöbelt zu werden, weil sie durch ihre Erkrankung keine Maske tragen sollte (ärztlich attestiert). Das sind die Fakten, die absurden Verdrehungen haben wir bereits beschrieben.

So, und nun kommt «Fairmedia» und zeigt es allen, wie ethisch hochstehender, fairer, korrekter Journalismus geht, der ja scheint’s nötiger denn je sei. Wie das «Fairmedia» macht? So:

In seinem Tweet nimmt es den Schwachsinn der Berner Reitschule für bare Münze. In der ausführlicheren Beschreibung auf seiner Webseite geht «Fairmedia» noch ein paar Schritte weiter. «SonntagsZeitung» porträtiert QAnon-Sympathisantin – ohne das im Text zu erwähnen.»

Der Schmierfink von «Fairmedia» geht gleich in die Vollen. Die Frau behaupte, gravierende Folgen erlitten zu haben. Das habe ihr ein Arzt bestätigt, räumt Jeremias Schulthess ein. Aber: «Ist das medizinisch plausibel? Gibt es eine zweite Meinung dazu von anderen Ärzten? Darauf geht der Text nicht ein. Dabei gäbe es Gründe anzunehmen, dass nicht alles stimmt, was die Frau erzählt.»

Ein selbst gemachtes abschreckendes Beispiel

Die da wären? Dass sie Verschwörungstheorien der US-Sekte QAnon verbreite, zitiert Schulthess einen Text, der von einem anonymen Dreckspatz namens «Megaphon Reitschule Bern» verbreitet wird. Und folgert daraus: «Dass eine QAnon-Sympathisantin über Verletzungen bei Corona-Tests spricht, mag für eine Redaktion vielleicht sogar vertretbar sein. Es kann ja sein, dass die Kritik in der Sache stimmt. Es sollte aber in jedem Fall möglichst transparent gemacht werden, wer die Quelle ist – die Verbreitung von Verschwörungstheorien gehört da dazu.»

Die geschäftsführende Gurke Jeremias Schulthess.

ZACKBUM ist sich sicher: Dieser Text kann als abschreckendes Beispiel, wie man es ja nicht machen sollte, bei jedem Kurs oder Training von «Fairmedia» verwendet werden. Damit der Verein, der damit offenbar Mühe hat, nicht zu viel selber erarbeiten muss, eine kleine Amtshilfe:

  1. Ob diese Flugbegleiterin Anhängerin von Verschwörungstheorien ist – oder nicht, hat niemand eruiert. Also ist die Unterstellung absolut unstatthaft, widerspricht den primitivsten Regeln des Journalismus und Anstands.
  2. Wenn das anonyme Schmierfinken oder der Amok Hansi Voigt tun, ist das deren Sache. Wenn das «Fairmedia» unbesehen übernimmt, entzieht sich der Verein damit die Existenzgrundlage und sollte sich auflösen.
  3. Eine Frau ist erkrankt, belegt das mit dem Zeugnis des sie behandelnden Arztes. Das soll nicht glaubhaft sein, weil sie vielleicht merkwürdige Tweets oder Posts absetzt? Was soll diese Gesinnungsschnüffelei? Wenn der Autor des «Fairmedia»-Textes mit dem Schwarzen Block sympathisieren würde, würde das die Glaubhaftigkeit seiner belegten Aussagen über Briefmarkensammeln relativieren?
  4. Wer die Quelle ist, solle transparent gemacht werden, fordert Schulthess. Dass sie mit Foto und Name zu ihrer Geschichte steht, genügt ihm nicht. Er hätte gerne bei einem Thema, das absolut und null mit Verschwörungstheorien oder (real existierendem) Kinderhandel zu tun hat, gerne eine ideologische Unbedenklichkeitserklärung für die Quelle. Spinnt der Mann eigentlich?
  5. Braucht es von jetzt an wieder Gesinnungsprüfungen, bevor ein Opfer porträtiert werden darf? Wäre die Flugbegleiterin Mitglied von Amnesty International, der Freundschaftsgesellschaft Schweiz – Palästina oder Sympathisantin einer linksterroristischen Vereinigung, hätte das auch gestört? Im Artikel, der auch damit nichts zu tun, «transparent» gemacht werden müssen?
  6. Am schlimmsten ist aber: Warum hat wenigstens Schulthess nicht das gemacht, was der primitivste Anstand und Grundregeln des Journalismus verlangen, die jeder Anfänger beherrschen sollte? Nämlich der Flugbegleiterin Gelegenheit gegeben, zu all diesem Schlammbad Stellung zu nehmen? Dass Schlammschmeisser auf Twitter das nicht tun, okay. Aber ein Vertreter von «Fairmedia»?
  7. Im Gegensatz zu seinem haltlosen Kopieren unbelegter Behauptungen, ohne der kritisierten Person Gelegenheit für eine Reaktion einzuräumen: Natürlich hat ZACKBUM Schulhess mit ein paar Fragen konfrontiert. Darunter die nach Grundlagen von Ethik, Anstand, Gehör geben, nicht ungeprüft Behauptungen aus trüben und anonymen Quellen übernehmen.
  8. Das bewirkte einen Anruf von Schulthess, aus dem er aber nicht zitiert werden möchte. Sondern nur mit seiner schriftlichen Stellungnahme: «Den Vorwurf, wir würden Falschmeldungen verbreiten, kann ich leider nicht nachvollziehen. Alle Aussagen in unserem Beitrag werden sehr klar und transparent belegt.»
  9. Wenn «Fairmedia» zu beurteilen hätte, wie man eine solche Antwort qualifizieren sollte, zu welchem Ergebnis käme dieser Trümmelverein? Super Antwort, lässt nichts offen, macht eine Korrektur überflüssig?

Dass der Geschäftsführer «Fairmedia» Schulthess so einen Stuss zusammenwürgt, das mag ja noch angehen. Dass er aber auf keine einzige sich daraus ergebende Frage konkret antworten mag; sich zwar mündlich ausführlicher zu Wort meldet, aber die Verwendung untersagt: will sich «Fairmedia» wirklich mit aller Macht lächerlich machen?

Hat Schulthess hier, nach seiner Bruchlandung mit der «TagesWoche», wirklich eine Stelle gefunden, der er gewachsen ist?

Frau Thommen, übernehmen Sie! Handlungsbedarf! Lassen Sie Ihren gesalbten Worten Taten folgen. Nicht bei anderen, im eigenen Laden. Wir werden an der Sache dranbleiben …