Schlagwortarchiv für: Wut-Opa

Ex-Press XXXIII

Blüten aus dem Mediensumpf.

 

Die Ringier-Frauen

Zunächst muss ZACKBUM ein Geständnis machen. Räusper, hüstel, kopfkratz. «Der geheime Aufschrei der Ringier-Frauen» ist so geheim, dass er nicht stattfand. Es gibt auch kein Protestschreiben, noch viel weniger ein Gespräch mit Ladina Heimgartner. Vielmehr wurde das tatsächlich nicht autorisiert. Weil es nicht stattfand. Genauso wenig, wie sie mit Marc Walder über das Thema Belästigung spricht.

Das Foto der aus dem Untergrund durchbrechenden U-Bahn ist nicht echt. Aber auch keine Fake News, es ist Kunst.

April, April. Tun wir nur an diesem Tag, weder vorher noch nachher. Niemals nicht. Sonst ist alles die volle Wahrheit, die reine Wahrheit, was hier steht. Echt jetzt, ungelogen. Die reine Wahrheit und die reine Meinung von René Zeyer. Nichts mehr. Auch nichts weniger.

 

Die Tagi-Lüge

Man muss das so grob formulieren. Denn das ehemalige Qualitätsorgan erteilt einem Gastkommentator das Wort. Der Jung-Jurist Loris Fabrizio Mainardi arbeitet sich am Thema Meinungsfreiheit ab. Die Vorlage liefert – Überraschung – die Protestbewegung gegen die Corona-Massnahmen der Schweizer Regierung, insbesondere die – erlaubte – Demonstration in Liestal.

Titel: «Meinungsfreiheit ist heilig – in klaren Grenzen». Auf das Wort heilig kommen wir noch zurück. Das ist eine Binsenwahrheit. Es gibt keine absolute Freiheit, gäbe es sie, wäre es absolute Willkür, die Freiheit des einen auf Kosten der Freiheit der anderen. An dieser Widersprüchlichkeit argumentiert Mainardi recht differenziert entlang.

Offensichtlich viel zu differenziert für den Tagi. Denn der haut dem Kommentar diesen Lead in die Fresse: «Von den Demonstrationen der Corona-Lügner geht eine unmittelbare Gefahr aus. Sie werden zu Recht verboten.»

Grenzenlose Freiheit beim Lead.

Das stammt nun eindeutig aus der untersten Schublade des Werkzeugkastens für Demagogie. Mainardi ist differenziert genug, das Wort «Corona-Lügner» nicht zu verwenden. Nicht zuletzt, weil es sich höchstens als inhaltsleere Abqualifikation eignet. Nicht mal als Aprilscherz ist das brauchbar.

Das ist meine Meinung, meint der Tagi

Die «unmittelbare Gefahr» nimmt der Tagi aus dem Urteil des obersten Bundesgerichts der USA – von 1919. Propaganda gegen Kriegsrekrutierung sei nicht durch die Verfassung geschützt, zitiert Mainardi. Sobald von einer Meinungsäusserung eine «clear and present danger» ausgehe, müsse sie verboten werden.

Das Gericht nahm als Beispiel einen Theaterbesucher, der ohne Grund «Feuer» schreit und damit eine Panik auslöst. Ob die kühne Brücke hält, auf der Mainardi  von den «Verteidigungsmassnahmen im Kriegsfall» zu den «staatlichen Bekämpfungsmassnahmen» gegen die Pandemie balanciert, wäre sehr die Frage.

Genauso, ob er deshalb alle Manifestationen gegen diese staatlichen Massnahmen verbieten möchte. Zumindest sieht er Protest dagegen kritisch; anderswo zieht er die Grenzen der Meinungsfreiheit weiter:

«Wenn Bill Gates, Putin oder andere Potentaten als Verursacher der Krise gebrandmarkt werden, ist es Sache derer Anwälte, dagegen vorzugehen.»

Es ist zumindest originell, Gates als Potentaten zu bezeichnen und auf eine Ebene mit Putin zu heben. Aufgrund seines Glaubens ist Mainardi bei einer anderen Institution mit einem Potentaten an der Spitze lockerer in der Grenzziehung der Meinungsfreiheit. Zur uralten Debatte über die Teilnahme der katholischen Kirche in politische Auseinandersetzungen hat er eine klare Auffassung: «Eine kirchliche Einmischung in die politische Diskussion ist demnach bisweilen theologisch geboten wie demokratisch zulässig, wird sich aber auf ethische und moralische Grundsatzfragen zu beschränken haben.»

Das Läutwerk des Katholizismus.

Das ist seine freie Meinung zu heiligen Ansichten, die er ungeniert äussern darf. Was hingegen der «Tages-Anzeiger» als Lügen-Lead über seinen Kommentar gestellt hat, ist nicht nur handwerklich aschgrau.

 

Wenn sich der «Blick» den Strick gibt

«Hass-Opa fordert Christa Markwalder zum Selbstmord auf», blökt der «Blick» am Karfreitag.  Ganz üble Sache? Ganz übler PR-Stunt der Dame, der man einen grossen Drang in die Medien nicht absprechen kann.

Der «Blick» macht’s ihr aber auch kinderleicht. Denn diese Drohung erreichte sie – letztes Jahr am 24. Dezember. Öffentlich beklagt über zunehmend garstigere Drohungen gegen Politiker hatte sie sich damals auch schon.

Aber warum nicht nochmal. Also darf der «Blick» den handschriftlichen Drohbrief samt dem beigelegten Strick abbilden. Und den Rentner Willi Z. mit vollem Namen, Adressangabe und Foto als Urheber vorführen. Der 83-Jährige darf sich rühmen: ««Ich habe Freude, dass die Sache bekannt geworden ist», feiert der pensionierte Metzger seine pietätlose Aktion.»

Hart recherchiert: Brief und Strick.

Schlaumeierisch will er sich zudem herausreden; «der Strick war nur ein Angebot an Frau Markwalder und in keinem Fall als Drohung gemeint», behauptet er.»

Dem «Blick»-Ostschweiz-Korrespondenten Marco Latzer gelang es sogar, den Wut-Rentner in seiner Stube zu fotografieren. An der Wand Säbel, ein Katzenfoto und ein Porträt von

General Guisan, «über den Willi Zürcher ebenso ehrfürchtig spricht wie über SVP-Übervater Christoph Blocher (80)».

Aha. Latzer wurde schon vom Presserat wegen fehlender Autorisierung von Quotes und identifizierender Berichterstattung in einem anderen Fall gerügt. Auch Witwenschütteln gehört zu seiner Berufsausübung. Hier hätte er einen verwirrten alten Mann, der seine Drohung zudem wegen einer missverstandenen Äusserung von Markwalder ausstiess, vor sich selbst schützen müssen. Aber he, wie da der «Blick» sagen würde, es ist Karfreitag, kaum was los in der Schweiz. Oder wie Latzer schon in einem Bericht über die mehrfache Vergewaltigung einer 15-Jährigen zum Motiv des Täters sagte: «Das Witzige daran ist, also es ist natürlich ein tragischer Fall.» Ein Gemütsmensch.