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WeWo wieder widerlich

Gegen den Strom führt auch in ganz trübe Gewässer, in die Kloake.

Es ist eine Ausgabe, die bereits mit dem Cover den Adrenalinspiegel steigen lässt. Man erkennt die Absicht und ist verstimmt. Man kann über Israels Premierminister, den nur sein Amt vor dem Knast schützt und der versuchte, der Strafe durch eine «Justizreform» zu entgehen, vieles sagen. Man kann ihn im Rahmen der Meinungsfreiheit auch als «Titan aus Jerusalem» bezeichnen. Aber er ist ganz sicher und unter keinen Auspizien «der bedeutendste Staatsmann unserer Zeit». Es macht weder Sinn, auf das Geschreibsel eines Francis Pike einzugehen, noch die lange Liste seiner Verfehlungen mehr als stichwortartig zu verwenden. Seine Hetze gegen die Friedenspolitik des dann ermordeten Jitzchak Rabin. Die Aufhebung des Baustopps für illegale israelische Siedlungen im Westjordanland. Der Verlust des Amts als Ministerpräsident 1999, schon damals wegen Korruptionsvorwürfen. Seine absurden Thesen zu Hitlers Plänen mit den Juden.

Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Netanyahus Positionen und Politik eine bedeutende Rolle bei der heutigen verfahrenen Situation spielen. Den Gazastreifen in Schutt und Asche legen, auch das wird garantiert nicht die Basis für eine mittelfristige Lösung des Palästinenserproblems sein. Die Zustimmung zur Politik dieses «bedeutendsten Staatsmanns» unter Israels Bevölkerung ist ins Bodenlose gefallen.

Autor Pike führt als grössten Erfolg Netanyahus dessen Wirtschaftspolitik an. Nun, in Sachen Selbstbereicherung hat die gut geklappt. Aber wenn es ein Wirtschaftswunder in Israel gab (und wenn er ursächlich daran beteiligt wäre), dann pulverisiert sich das gerade durch die Kriegskosten und -kollateralschäden.

Prognosen sind immer schwierig, aber vielleicht wird Netanyahu mal in die Geschichte eingehen als der israelische Ministerpräsident, der fast zum Totengräber Israels geworden wäre. Dagegen behauptet Pike: «Wir sollten daher dankbar sein, dass Netanjahu entschlossen ist, die Hamas zu vernichten

Vielleicht könnte die «Weltwoche», immer schön gegen den Strom, stattdessen mal einen Augenzeugenbericht veröffentlichen, wie es bei der Vernichtung der Hamas der Zivilbevölkerung im Gazastreifen so geht. Die stoische Beschreibung des täglichen Grauens ist allerdings nur etwas für starke Nerven.

Dann glaubt Roger Köppel auch noch «an Deutschland» und spricht darüber ausgerechnet am Friedrich-Engels-Ring in Neubrandenburg. Zuvor hatte er allerdings noch Zeit, ein paar seiner manchmal berüchtigten Interviews zu führen. Eines mit Serbiens Präsident Vucic, eines mit «Kardinal Koch über die ewig faszinierende Botschaft des Christentums». Man fragt sich, wann der altersfrömmelnde Vielleser Köppel endlich mal Zeit findet, Deschners «Kriminalgeschichte des Christentums» (die letzten Bände reichen) oder einen Antigottesbeweis von Kant zu lesen. Stattdessen lässt er unwidersprochen, schlimmer als Urs Gredig, salbadern: «Gott ist Liebe – und Vernunft». Da freuen sich aber die versammelten Opfer der Inquisition, der Kreuzzüge und alle in der Dritten Welt Zwangsbekehrten und Massakrierten göttlich. Und Galilei fragt sich, wo in seinem Fall eigentlich die Vernunft geblieben war; die Unvernunft einer «die Welt ist eine Scheibe»-Religion bekam er hautnah zu spüren.

Das frömmelnde Gequatsche ist zudem 32’000 A lang; keiner traut sich, dem Verleger, Chefredaktor und Besitzer Einhalt zu gebieten, wenn der Buchstabendurchfall hat.

Dann noch etwas Trump-Lob, natürlich «Gratulation, Ueli Maurer», ein Porträt des «Philosophen und Aktivisten» Martin Sellner, geschrieben von Urs Gredig unter dem Pseudonym Philipp Gut. «Danke, Amerika», auch das muss mal wieder sein, Tamara Wernli und Anabel Schunke und David Schärer bleiben uns natürlich nicht erspart, und selbst der unverwüstliche Hansi Leutenegger, der allerdings auch jeden Scheiss mitmacht, bekommt seinen Auftritt.

Gäbe es nicht «Literatur und Kunst» oder die Peanuts, man wüsste mal wieder nicht, wieso man die «Weltwoche» kaufen oder gar lesen sollte. Nr. 4, 2024. Wir merken uns: Von hier an kann’s nur bergauf gehen.

 

Gredig direkt ins Auge

Kommt davon, wenn man Weichspüler-Interviews führt.

Natürlich musste auch der einzige überlebende Talker des Schweizer Farbfernsehens in Davos jemanden vor die Kamera zerren. Nun reisst sich die internationale Prominenz nicht gerade darum, mit Urs Gredig Wattebäusche zu werfen.

Also kratzte er Wolfgang Ischinger aus der wohlverdienten Pensionierung. Der war mal angeblich Diplomat und lange Jahre Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, und «Experte für Geopolitik». Also Experte für die ganze Welt. Daher hoffte Gredig auf einen «elder statesman». Ischinger gefiel sich durchaus in dieser Rolle, es fehlte nur noch, dass sich die beiden in der merkwürdigen Glaskapsel vor Schnee am Schluss in die Arme gefallen wären und abgeknutscht hätten. Aber immerhin meinte Ischinger gegen Ende gnädig: «Ich freue mich, dass Sie diese Frage gestellt haben.» Da sehnt man sich zum wahren elder statesmen zurück und zu Helmut Schmidts schneidender Antwort: «Das ist eine ganz falsche Frage.»

Nun erfreut es weniger, was Ischinger raushaute, als im weltweiten Tour d’horizon Gredig die Frage stellte, wie die USA eigentlich mit den Raketenangriffen der Huthi umgehen sollten. Da wird Ischinger plötzlich sehr unfriedlich. Die Amis hätten da ganz klar den Tarif durchgeben sollen und den Huthi sowie dem sie unterstützenden Iran sagen sollen: «Noch ein Mal so ein Angriff,

«… und wir machen alle eure Raketen- und Radareinrichtungen platt.»

Da kommt mal wieder der martialische Sandkastengeneral zum Vorschein, der in fast jedem Deutschen steckt. Deutschland müsse, trotz bedauerlicher Vergangenheit, wieder «kriegstüchtig» werden. Und nochmals gen Moskau marschieren? Die USA sollen mal da und dort plattmachen. Was ja im Irak und der ganzen Gegend prima geklappt hat. Die Ukraine kämpft natürlich für unser aller Freiheit und Demokratie, obwohl niemand eine Demokratie à la Ukraine möchte, der noch alle Tassen im Schrank hat.

Nun darf Ischinger, freie Rede für freie Bürger – auch für Plattdenker –, all das sagen. Nur: es kann doch nicht angehen, dass Gredig all das mit verbindlichem Lächeln abnickt, kurz auf seinen Spickzettel schaut und die nächste vorbereitete Frage abhakt.

Er muss ja nicht so konfliktiv wie Markus Lanz werden, wenn der sich an Sahra Wagenknecht abarbeitet. Aber vielleicht mal einen Hauch einer Nachfrage, ob Ischinger sich über die möglichen Folgen eines Plattmachens im Klaren sei, ob er als Diplomat das für eine geeignete Wortwahl halte?

Aber doch nicht im SRF. Doch nicht Gredig. Es gibt Sparpotenzial, unbestreitbar. Natürlich nicht, um die SRG plattzumachen. Aber um Überflüssiges abzuwickeln.

Staats-Journalisten

Unabhängigkeit ist vermietbar.

Die Journalisten der Mainstream-Medien werden nicht müde zu betonen, dass sie völlig unabhängig ihrer Tätigkeit nachgehen. Dabei kennten sie weder Kaiser noch Gott. Die Meinung ihrer Besitzer oder Verleger sei ihnen völlig egal, auch die Geldtöpfe der Bürokratie der Berner Bundesstellen liessen sie völlig kalt. Und keinesfalls dürfe man SRF als Staatsfunk bezeichnen.

So geht die Mär. Nun hat der «Nebelspalter» mit einer verdienstvollen Anfrage herausgefunden, dass sich Aushängeschilde wie Urs Gredig, Arthur Honegger oder Florian Inhauser gerne von Bundesdepartementen bezahlen lassen, um Anlässe zu moderieren. SRF-Redaktor Rafael von Matt führte sogar eigentliche Medientrainings durch. Allerdings ohne seine Vorgesetzten darüber zu informieren, weil er wusste, dass die das abgelehnt hätten.

Über 200’000 Franken bezahlte die Bundesverwaltung in den zwei letzten Jahren an willige Journalisten. Nicht nur vom Staatsfernsehen. Die Liste ist ellenlang. Darin figurieren Marguerita Meyer oder Marie-José Kolly von der «Republik», Florian Keller von der «WoZ». Die Hand aufhielten auch Rico Bandle von der SoZ oder Christof Münger vom «Tages-Anzeiger». Sabine von Fischer, Andreas Ernst und Barnaby Skinner von der NZZ taten es ihnen gleich.

Meistens handelt es sich um Beträge zwischen 500 und 2000 Franken für die Moderation eines Staatsanlasses. Richtig fett sahnte Christian Zeier von «Reflekt» als Redaktionsmitglied von «Eine Welt» ab, ein Jubel-Organ des EDA. Alleine in den zwei Jahren 2020 und 2021 bekam er satte 75’755 Franken reingeschoben. «Reflekt» verkauft sich übrigens als «unabhängiger, investigativer Qualitätsjournalismus», beklagt die Staatsnähe anderer Organe und will selbst völlig transparent sein. Allerdings gibt der redaktionelle Leiter und Co-Geschäftsleiter Zeier seinen kleinen Nebenerwerb nicht an.

Auf Anfrage verteidigt er sich: «Ich sehe keinen Widerspruch zwischen dem unabhängigen, investigativen Qualitätsjournalismus von Reflekt und den fachspezifischen Artikeln zur Entwicklungszusammenarbeit, die ich für «Eine Welt» geschrieben habe. Es gab in diesem Zusammenhang nie einen Interessenskonflikt und meine Arbeit für «Eine Welt» war und ist allgemein bekannt.»

Natürlich handelt es sich bei den meisten Staatszahlungen um ein kleines Zubrot, wobei die völlig staatsunabhängigen Journalisten schon auch mal 4000 oder 12’473 Franken für Moderationen verdienen. Oder für Redaktionsarbeiten 8’250, oder über 11’000 für das Verfassen mehrerer Beiträge.

Kann man diese Journalisten deswegen als gekauft bezeichnen? Nein. Aber als gemietet. Obwohl das «nur» Zusatzeinkünfte zu ihren üppigen Gehältern sind: es ist doch völlig klar, dass der Empfänger Beisshemmungen gegenüber seinem Auftraggeber hat. Der grösstenteils das EDI oder das EDA ist.

Kritisch die Unabhängigkeit bei anderen hinterfragen, so tun, als gehe es dem Medienschaffenden nur und ausschliesslich um die möglichst wirklichkeitsnahe Erforschung und Darstellung von Berichtenswertem.

Welche eine Heuchelei. Wieder einmal, und deshalb überhaupt nicht überraschend. Hier bekommt der alte Begriff Schreibnutte eine ganz neue Bedeutung.

Talk ohne Show: geht doch

Ruhig, informiert, bereichernd? Im TV? Wunder gibt es immer wieder.

Deutsche TV-Stationen quellen über von Talkshows. ARD, ZDF, die Privaten, Talking Heads aller Orten. Verbale Luftkämpfe von einer Nachhaltigkeit, die ungefähr die Zeitspanne umfasst, in der die Zuschauer beschallt werden. Wer erinnert sich noch an die Ergebnisse der letzten Talkshow von Lanz, Maischberger & Co.?

In der Schweiz herrscht Wüste. «Talk kläglich», ohne den langjährigen Moderator Markus Gilli nur noch ein Schatten seiner selbst, genau wie der «SonnTalk». Gillis Ziel war nun auch nicht unbedingt der Erkenntnisgewinn, aber er war wohlinformiert, brannte für jedes Thema und verhinderte weitgehend, dass sich die Teilnehmer mit Worthülsen zuschütteten.

«Gredig direkt» ist der falsche Moderator im falschen Rahmen mit falschen Gästen. Ertrinkt schnarchlangweilig im watteweichen Wohlfühltalk eines sympathischen und netten Menschen, der alles kann – ausser seinen Gästen etwas Interessantes zu entlocken.

Schliesslich Altmeister Roger Schawinski mit seinem «Doppelpunkt» und seit einiger Zeit wieder seiner Talkshow auf Blue TV. Wer Wohlfühlgespräche will, darf sich nicht in die Höhle des alten Löwen begeben. Hier wird noch gebissen und es werden Tatzenschläge verteilt. Durch Altersmilde leicht abtemperiert, aber bei Schawi ist eines klar: ihn interessiert nicht in erster Linie die Meinung des Gesprächspartners, sondern seine eigene. Und meinungsstark ist er nach wie vor.

Vielleicht ist die wöchentliche verbale Rempelei mit Markus Somm, vormals mit Roger Köppel, signifikant für seinen Stil. Es geht eigentlich nur um Rechthaberei und darum, wer seine Position schlagfertiger, eloquenter und herrischer verteidigen kann. Wer’s mag, wird gut unterhalten. Wer’s nicht mag, wendet sich ab.

In all diesem Elend und in all diesen Diadochenkämpfen von wortmächtig hochgerüsteten Verbalartisten kommt man plötzlich durch einen freundlichen Hinweis auf eine Sendung, die all dem widerspricht.

Eine Moderatorin, die mit ruhiger Hand lenkt und im Wesentlichen mit Fragen die Gesprächsrunde am Laufen hält. Mit offen Fragen, die kaum Meinung, aber viel Neugier enthalten. Zwei Teilnehmer (was beiden genügend Zeit zum Ausreden gibt), die Wissen und Nachdenklichkeit mit Intelligenz verbinden. Die sich nicht in die Haare geraten, sondern ergänzen, gegenseitig die Nachdenklichkeit des anderen respektieren.

Ein Politiker und ein Historiker, der im Vergleich zu Schweizer Hobbyausgaben seinen Titel auch verdient. Natürlich findet die Veranstaltung auf einem Spartensender ausserhalb der Prime Time statt. Eben für die happy few, die einer Debatte lauschen wollen, bei der man nicht unterhalten, sondern intelligent angeregt wird.

Wir lösen das Geheimnis auf. Der Sender heisst Phönix, die Sendung «Unter den Linden». In der Ausgabe vom 30. Mai, die noch eine Woche per Replay nachgeschaut werden kann, debattieren Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Bundestagsfraktion «Die Linke» und der Historiker Prof. Martin Görtemaker unter Leitung von Michaela Koster. Thema: «Friedenstraum – wie enden Kriege

Differenziert, informiert, hintergründig, keine Show, sondern Talk. Wer’s nicht glaubt: einfach mal reinhören. Prognose: wer sich sagt, okay, ich schnupper mal, sollte sicherstellen, dass er genügend Zeitreserve mitbringt, um sich die ganzen 45 Minuten anzuhören. Denn es lohnt sich.

Wumms: Roger Schawinski

Neues Gefäss: kurz, aber heftig. He’s back. Ist das peinlich. Für alle anderen.

Eine Talkshow ist Talk und Show. Es ist die Zeit des Comebacks der alten, weissen Männer. Wenn Roger Schawinski dem politischen Ausnahmetalent, Bauern, Kampfkuhzüchter und Beizer Toni Brunner gegenübersitzt, die Kamera läuft, das Studio von Blue Zoom mild ausgeleuchtet ist, dann verbreiten die beiden eine ansteckende gute Laune: das ist gut inszeniertes ganz grosses Kino, was hier vorgeführt wird.

Es gibt das Harald-Schmidt-Interview. Es gibt das Format «Schawinski». Ist das peinlich, was Urs Gredig macht. Und alle anderen.

Was macht eigentlich …

Christophe Rasch? Man erinnert sich: CNN Money Switzerland. Riesensprüche, Riesenschaden.

Rasch ist offensichtlich ein erfahrener Bruchpilot. Seine Werbebude MediaGo hält ihn soweit über Wasser. Und die Tatsache, dass er sorgfältig darauf achtet, ja keine persönlichen Verpflichtungen oder Haftbarkeiten einzugehen.

So überlebt er eine Bruchlandung nach der anderen. Da wäre «La Télé», einen welschen Regionalsender wollte Rasch zum nationalen TV-Medium ausbauen. Think big, «das Fernsehen neu erfinden», das war schon immer die Welt von Rasch. Und mit der grossen Kelle anrichten.

Obwohl «La Télé» ursprünglich nur eine Konzession für Waadt und Freiburg verfügte, musste es ein Headquarter in Genf sein. 2009 ging’s los, fünf Jahre später klaffte ein Loch von 1,5 Millionen in der Bilanz. Unfreiwilliger Abgang Rasch.

Grosse Versuche, grosses Scheitern, grösser versuchen

Ebenfalls früh hatte er seine Vorliebe für englischsprachiges Randgruppenprogramm entwickelt. Das äusserte sich in der Webseite «Swisster». Schöner Slogan: «Local news. Global views». Auch hier spuckte Rasch grosse Töne, heute ist Swisster nur noch im Webarchiv aufzufinden. Sie erreichte nie genügend Einnahmen, um den Betrieb zu finanzieren.

Versuch’s gross, scheitere gross, versuch’s grösser. Nach diesem Motto setzte Rasch dann zu seiner bislang grössten Bruchlandung an. Er kaufte sich die Lizenz für CNN Money Switzerland. Dem Vernehmen nach für eine satte Million im Jahr. Klotzen, nicht kleckern, war hier die Devise. Modernste Studiotechnik in Zürich, bekannte Gesichter als Ankorwomen wie Martina Fuchs, begabte Wirtschaftsjournalisten im Hintergrund, Urs Gredig als Chefredaktor und Aushängeschild.

Schon wieder wollte Rasch das Fernsehen neu erfinden, Englisch sei die einzige Sprache, die im Geschäftsleben zähle, das werde ein Riesending. Es wurde ein Riesenflop. Einschaltquote unter der Messgrenze, Werbung kaum vorhanden, andere Einnahmen auch nicht. In den 32 Monaten Sendung, bei denen wohl häufig etwa gleichviele Zuschauer im Studio wie ausserhalb sassen, verröstete Rasch mal schnell schätzungsweise 20 Millionen Franken.

Suspekte Financiers aus Asien und Dubai

Woher hatte er denn die ganze Kohle? Nun, da gab es zwei Brüder in Bangladesh, die angeblich wahnsinnig daran interessiert waren, aus lauteren und seriösen Gründen ein Start-up in der Schweiz zu finanzieren. Nachdem das, wie bei Rasch üblich, viel weniger Einnahmen, dafür viel mehr Ausgaben generierte, als im Businessplan vorgesehen, kam noch ein dritter Investor aus Dubai an Bord.

Die Probleme spitzten sich zu, als im Mai letzten Jahres bekannt wurde, dass die beiden Brüder sich nach Thailand abgesetzt hatten, um einer Verhaftung zu entgehen. Sie sollen einen Banker mit dem Tod bedroht haben. Das liess doch erste Zweifel an ihrer Seriosität aufkommen, ausserdem hatten sie nun andere Probleme, als weiterhin Geld bei Rasch zu verlochen.

Zuerst schöne Sommerferien, dann Stecker raus

Der gönnte sich noch luxuriöse Sommerferien, um danach schlagartig den Stecker bei CNN Money Switzerland rauszuziehen. Die mit Pomp und Rasch durchgeführte Eröffnung des  zweiten Studios in der Westschweiz fand bereits ohne die Mitarbeiter von CNN Money Switzerland statt.

Am härtesten traf es Patrizia Laeri, die noch im Frühling als Nachfolgerin für Gredig angekündigt wurde, der rechtzeitig, wie auch Fuchs, Lunte gerochen und sich abgeseilt hatte. Sie trat ihre Stelle am 1. Juli an, wurde wie alle anderen im August gefeuert und bekam wie alle anderen kein Gehalt mehr.

Damit aber nicht genug; wie der «Tages-Anzeiger» enthüllte, verabschiedete sich Rasch auch mit unbezahlten Rechnungen bei der AHV und der Pensionskasse. Laut Betreibungsauszug handelt es sich um insgesamt knapp 200’000 Franken. Das ist so ziemlich das Letzte, was eine Firma machen sollte, denn nach dem Konkurs kann das dazu führen, dass die versicherten Arbeitnehmer Einbussen in der Rente erleiden werden. Und wer möchte schon monatlich die Quittung sehen, dass der Arbeitgeber die Beiträge auch überwiesen hat.

Konkursverschleppung, strafbare Handlungen? Das Verfahren schleppt sich hin

Aber auch bei solchen Schweinereien ist es in der Schweiz eher aussichtslos, auf den Veraltungsrat oder die Geschäftsleitung Regress zu nehmen. Und Rasch? Der sagte, dass er bis zum Abschluss des Konkursverfahrens nichts sage, alles mit rechten Dingen zugegangen sei, man gut unterwegs war, aber dann kam Corona, das war natürlich unvorhersehbar.

Angeblich mit 20 Prozent soll Rasch über seine MediaGo an dem gescheiterten Sendeexperiment beteiligt gewesen sein.  Ob und wann er allenfalls seine Schäfchen ins Trockene brachte, ob es sich um einen klassischen Fall von Konkursverschleppung handelt, ob andere strafbare Handlungen vorliegen, man könnte an Geldwäsche denken, das werden die langsam mahlenden Mühlen der Schweizer Justiz aufzudecken versuchen.

«Wir schaffen Ihren Erfolg» – aber nicht unseren

Auf jeden Fall grinst Rasch immer noch fröhlich als Gründer, Mitglied des VR und CEO von der Webseite der MediaGo. Der Werbespruch auf der Homepage ist allerdings an unfreiwilliger Komik kaum zu übertreffen: «Wir schaffen Ihren Erfolg mit ansprechenden Inhalten und effektivem digitalem Marketing.» Ein echter Brüller zum Tränenlachen.

Nur nicht für die geprellten 25 Mitarbeiter, die wie bei jedem Start-up alles gaben, dann noch auf den sozialen Medien die Angeberfotos von Raschs Urlaub anschauen durften, um dann kurz spitz auf die Strasse gestellt zu werden. Ohne Sozialplan, ohne Ankündigung, ohne nichts.

 

Ariensänger Gredig

Urs Gredigs Defizite als Gastgeber sind unübersehbar und schmerzlich.

Gredig hat von Schawinski eigentlich fast alles übernommen: Den Sendeplatz, das Konzept und wahrscheinlich auch das Plexiglas. Dass er jetzt auch die Gästeliste seines Vorgängers übernimmt, ist aber neu. Am Donnerstag kam Emil Steinberger in seine Talkshow. Vor acht Jahren war der schon bei Schawinski zu Besuch.

Die Unterschiede der beiden Talks sind riesig und decken einmal mehr auf, dass Gredig der falsche Mann am falschen Platz ist. Sogar bei einem so leichten Gast wie Emil, der zudem hilfsbereit ist, kommt keine Spannung auf. Es ist nur Gelaber, nichts Neues, alles nur Tofu. Gredigs Defizite als Gastgeber deuten sich schon in der ersten Sendeminute an. Er stellt Emil vor und zwar so:

Mein Gast heute ist eine Cabaret-Legende, der Emil Steinberger, guten Abend. (Emil: )Grüezi, Herr Gredig. Sie sind ein bisschen zusammengezuckt bei dem Wort «Legende». Aber ich glaube, für einmal kann man das Wort hier benutzen. (Emil:) Sie haben es schon gemerkt. Ein kleines Zucken habe ich gespürt. Sie haben Generationen von Schweizerinnen und Schweizer geprägt mit Ihren Stücken, mit Ihren Figuren, Sie sind seit Jahrzehnten auf der Bühne. Viele Ihrer Sketches sind als Kulturgut äh übergegangen. Sie sind mit 87 Jahren noch jetzt auf der Bühne, sie spielen vor vollen Rängen usw.

Emil fühlt sich sichtlich unwohl bei so viel Schlagrahm. Schawinski machte es so:

Ein ganz spezieller Gast, der grösste Schweizer Kabarettist von allen Zeiten. Das ist klar. Emil Steinberger, danke, dass du gekommen bist. (Emil: ) Ich zweifle immer bei diesen Worten. Da denke ich an Rasser, Walter Morath, die hast du wahrscheinlich gar nicht gekannt. Ich habe die alle gekannt, aber lassen wir das so stehen.

Wir wollen hier keine Exegese betreiben. Aber beide Einstiege prägen den weiteren Verlauf. Schawinski lobt seinen Gast, aber nicht über den Klee. Das Gespräch hat natürlich auch seine Hänger, insgesamt ist es aber ein vergnügliches Ping-Pong zweier älterer Männer.

Man kann vom Kamikaze-Stil Schawinski halten, was man will, aber …

Gredig? Verschmiert Honig, ähnlich wie meine Tochter, wenn sie länger im Ausgang bleiben möchte. Und Gredig begeht später zweimal den gleichen Fehler, fragt Steinberger nämlich um ein Urteil über andere Kabarettisten. Wer Erfahrung hat, oder sich gut vorbereitet, der weiss: Emil macht alles mit, aber bös über Berufskollegen reden? Never. Irgendwann rafft das aber auch Gredig: «Sie sind sehr diplomatisch» – und stellt gleich die nächste blöde Frage.

Dafür lässt er ihn minutenlang reden. Rekord sind 93 Sekunden (11:37 – 13:10). Man kann vom Kamikaze-Stil von Schawinski halten, was man will. Aber wer so spät in der Nacht, einen 87-Jährigen – mit all seinen Meriten – endlos labern lässt, hat von Entertainment wenig verstanden.

Gredig hat nun in den letzten vier Sendungen nur Kabarettisten eingeladen: Emil, Lisa Eckhart, Ursus & Nadeschkin und Daniel Koch. Wie geht es weiter? Mit Guschti Brösmeli, Pingu und Papa Moll?

Gredig wäre gut beraten, seinen Vorgänger einmal einzuladen. Zwecks Nachhilfe. Den müsste man aber noch entschiedener ins Wort fallen als Emil. Ob das Gredig schafft?

Urs äh Gredig

Was findet Wappler an dem so toll?

Es wird leider nicht besser mit «Gredig Direkt». Das muss man jetzt endlich einmal konstatieren. Jüngstes Beispiel ist das Gespräch mit Lisa Eckhart vom Donnerstag. Die Kabarettistin ist vor allem dadurch bekannt geworden, weil sie «antisemitische Klischees bedient», wie man es so schön ausdrückt. In Deutschland hat sie deswegen Auftrittsverbote erhalten. Schlimmer als diese Vorwürfe ist der Tatbestand, dass Eckhart nicht lustig ist.

Eckhart kann aber schnell und verschachtelt reden. Das hat sie mit Andreas Thiel gemein, der auch nicht lustig ist. Wer nicht vorbereitet ist, wer keinen Bildungsrucksack besitzt, wer einfach langsam ist im Oberstübchen, hat gegen Eckhart keine Chance.

Bei Gredig ist die Frage schon geklärt, ob er ihr gewachsen ist. Die andere Frage ist, ob er wenigstens «direkt» reden kann. Ein äh kleines Müster-ähm-chen:

«Äh die Frage nach dem äh nach äh nach dem frischen äh äh was äh was ertragen Sie mit Humor äh ist es vielleicht das das Sie alle analysieren wollen?»

Entweder ist Gredig furchtbar nervös oder der deutschen Sprache nicht ganz mächtig. Dass er vor einer Frau stottert, die immerhin aussieht wie eine flachbrüstige Sharon Stone, ist nachvollziehbar. Der Umfang seines Wortschatzes aber gibt mehr zu denken:

«Es war in der Mitte dieser Metoo-äh-Diskussion und es ging um Hollywood-Prominenz jüdischer Provenienz.»

Urs Gredig mangelt es an Schärfe, an rhetorischer Brillanz, am Sprachvermögen und an Härte. SRF muss sich langsam die Frage stellen, warum sie in den letzten 20 Jahren keinen Talkmaster heranziehen konnte, der einer jungen, gescheiten Frau Paroli bieten kann. Die Vorwürfe gegenüber Eckhart hat das deutsche Feuilleton bereits gestellt. Gredig hätte sie auch ganz einfach ablesen können; das sollte er noch hinkriegen. Es ist gänzlich unverständlich, warum Gredig weiterhin Menschen interviewen darf, die ihm haushoch überlegen sind.