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Sparen ist gratis

Jetzt trifft’s auch «20 Minuten».

Pietro Supino ist der Manager mit einer einfachen Antwort. Problem? Sparen. Es wäre theoretisch denkbar, dass der Boss von Tamedia, also von Tx, also von irgendwas, auch mal für das viele Geld, das er verdient, etwas Neues anbieten könnte. So was Unternehmerisches, so was wie eine Perspektive in die Zukunft.

Aber dafür wird er vielleicht bezahlt, aber er liefert nix. Ausser: sparen. Feuern, runterschnetzeln, abholzen. Nun hat’s auch das Erfolgsorgan «20 Minuten» getroffen. Das war lange Jahre die Cashcow des Hauses. Damit das ja nicht auf den serbelnden «Tages-Anzeiger» abfärben konnte, wurde das Gratisblatt innerhalb von Tx als eigenes Profitcenter geführt. Nach der Devise: dann können wir hier nette Profite abholen, aber dennoch beim Tagi und so sparen, dass es kracht.

Aber Dividende, Sonderdividende, turmhohe Gewinnvorgaben machen, das ist das eine. Ein zukunftsfähiges Businessmodell vorlegen das andere. Also müssen wieder mal 35 Mitarbeiter über die Klinge springen. 28 in der Romandie, 7 in der Deutschschweiz. Und frohe Weihnachten dann auch.

Warum? «Umsatzentwicklung, Kosten senken, weiter in Innovation investieren». Also das übliche Blabla für: das Management, die Verlagsleitung, der CEO haben krachend versagt. Das ist nun ein Dauerzustand bei Tx geworden.

Die Stimmung bei den Überlebenden in den Redaktionen ist entsprechend. Supino ist sicher gut beraten, in nächster Zeit zwischen Yacht und Villa zu pendeln und sich im Glashaus eher nicht blicken zu lassen. Sonst könnte es passieren, dass dort nicht nur in Papierkörbe getreten wird …

 

Tx xen und sparen

Bei so vielen X Men könnte man ein X machen …

Wieso eigentlich immer nur bei den armen Indianern sparen? Das Potenzial ist überschaubar, der Betrag auch, ausserdem gibt das immer schlechte Stimmung.

Viel besser (und ertragreicher) wäre es doch, mal ganz oben mit Sparen anzufangen. ZACKBUM hat da ein paar Vorschläge.

Fangen wir mal beim Verwaltungsrat an. Da ist Dr. Pietro Supino, Präsident und Verleger. Wie wäre es, ihn zum Ehrenpräsidenten zu machen, der pro bono arbeitet? Sparpotenzial: sicher über eine Million. Dann hätten wir Claudia Coninx-Kaczynski, Mitglied des Vergütungsausschusses. Jemals etwas von ihr gehört? Andere Qualifikation als der erste Nachname? Also, Sparpotenzial bei 100 Prozent. Dr. Stephanie Caspar, «Partnerin des Private-Equity-Unternehmens Summa Equity». Das sollte sie doch eigentlich völlig auslasten, wieso noch VR bei Tx? Und schliesslich Pascale Bruderer, null Ahnung von Verlegen, einfach aus Verlegenheit eine Quotenfrau aus der SP. Weg damit.

Schon hätten wir den Betrag eingespart, den fast 50 Mitarbeiter mit ihrem Job bezahlen müssen. Aber damit ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft.

Wir haben noch die «Gruppenleitung». Da ist Dr. Pietro Supino Chairman & Publisher. Er trägt zwar auf dem Foto den gleichen grünen Pullover, aber diesmal darf er seine Titel auf Englisch benützen. Macht nix, you can take a leave. Dann hätten wir Daniel Mönch, «Chief Strategy Officer». Also ist er der Hauptverantwortliche für die gescheiterte Strategie. Sollte Konsequenzen haben. Dr. Ursula Nötzli, «Chief Communications & Sustainability Officer». Jemals etwas von ihr kommunikativ gehört? Und dann noch Nachhaltigkeit, das Ersatzwort für «unnötig».

Aber da ist noch Luft drin. Andreas Schaffner, CEO Tamedia. Hauptverantwortlicher für den dramatischen Niedergang. Geht dann sowieso mal. Wieso nicht jetzt? Schliesslich Davide Villa, CEO JobCloud. Braucht’s den für irgendwas?

Damit hätten wir schon viele Millionen eingespart, ohne dass es sonst wie spürbar wäre. Aber wir haben noch einen Wasserkopf, den man problemlos etwas entleeren könnte. Die Chefetage von Tamedia, Pardon «Tages-Anzeiger». Oder wie immer das heissen mag. Dass es eine Chefredaktorin und einen Stellvertreter braucht, wohlan. Vielleicht nicht diese, aber besser als nix. Hoffentlich. Aber was sollen hier Matthias Chapman und vor allem Kerstin Hasse? Raum- und Geldverschwendung.

Dann hätten wir noch, oberhalb der Ressortleiter, die «redaktionelle Steuerung». Abgesehen davon, dass hier Zurbriggen, Chapman und Hasse noch einen Zweitjob gefasst haben: braucht es da wirklich eine sechsköpfige «Printleitung»? Und wenn man diese 14 Nasen einsparen würde, käme man doch locker auf mindestens 3 Millionen Franken; Geld, das nicht einfach rausgeschmissen wird.

Dann wäre mal in einer ersten Runde das sinnvolle Sparpotenzial ausgeschöpft. Es gibt allerdings noch ein paar Häuptlinge mit vielen Federn und wenig Bedeutung. Mario Stäuble als Schweiz-Chef. Bloss, weil man seine Degradierung versüssen wollte? Wieso macht man mit ihm nicht das, was mit seiner ehemaligen Co-Chefredaktorin passierte? Projektleiter neue Märkte Antarktis, und dann tschüss?

Oder Christof Münger, Leiter Ausland, samt Enver Robelli, Stellvertreter. Der wird höchstens wach, wenn es gegen Djokovic was zu bellen gibt, Münger leitet eigentlich nix, sondern leidet darunter, dass alles von der «Süddeutschen Zeitung» angeliefert wird. Und um das ß durch ss zu ersetzen, dazu braucht es nun wirklich keine Leitung, weder eine lange, noch eine kurze.

Das «Recherchedesk». Wird meistens auffällig, wenn es um das Ausschlachten von Hehlerware geht, mit der es sich hemmungslos anfüttern lässt. Könnte man auch direkt aus München übernehmen; die Schweizer Beispiele (wie Gunter Sachs oder Jean-Claude Bastos) waren sowieso Vollflops.

Das liebe «Leben», das Sammelgefäss für Übriges und Randständiges. Das «Team Kultur» könnte gestrichen werden, ohne dass der Leser etwas davon merkt. Und bei «Daten & Interaktiv» hat der Co-Leiter Marc Brupbacher offensichtlich so viel Freizeit, um einen Hobbys und Sonderlichkeiten nachzugehen, dass er das doch auch als Privatier tun könnte.

Sonst noch was? Nun, da wäre der finanzielle Aspekt überschaubar, aber der Leser fühlte sich entschieden weniger gequält. Kahlschlag bei den Kolumnisten. Kathrin Bertschy, Markus Freitag, Kim de l’Horizon, Petra Ivanov, Cenk Korkmaz, Andri Silberschmidt. Peter Schneider als Ein-Mann-Orchester reicht völlig.

Die rückgratlose «Magazin»-Redaktion könnte ebenfalls eine Lücke hinterlassen, die sie vollständig ersetzt. Und dann hätten wir noch so tolle Funktionen wie «Chief Product Officer», Chief Revenue Officer, Head of Service, Head of Commerce Platforms und viele weitere Heads und «Teamleiter» ohne Team. Head off, oder will man da wirklich den «Blick» nachahmen?

Und last, but not least die Abteilung «Digital Technology». Das Projekt Aurora in den Sand gesetzt. Weder digital noch technologisch irgend etwas gebacken gekriegt. Vier Nullnummern, können weg.

ZACKBUM hat’s nicht im Einzelnen ausgerechnet, aber das ergäbe eine Einsparung, die weitere Sparrunden auf Jahre hinaus überflüssig machen würde. Und, um es im Management-Gequatsche auszudrücken, es wäre erst noch win-win. Denn es würden zudem massenhaft Fehlentscheidungen eingespart werden.

So sähe die Zukunft von Tx rosig und hoffnungsfroh aus. Leider ein schöner Traum.

Versager 1

Nach dem Rausschmeissen ist vor dem Rausschmeissen.

Es muss unbändig Spass machen, bei Tamedia zu arbeiten. Der Journalismus geht vor die Hunde, nur die Attitüde bleibt gleich. Ihren Bauchnabel betrachtende Wichtigtuer belästigen die flüchtenden Leser mit ihren Befindlichkeiten und Ansichten über die Welt. Vor allem über Themen wie Gendern, obwohl sie selbst einräumen müssen, dass das der Mehrheit ihrer Leser schwer am Popo vorbeigeht. Aber da sehen sie dann eine Erziehungsaufgabe. Im Journalismus gibt es nichts Schlimmeres.

Das ist das eine.

Das andere ist ein Management, das aus Versagern besteht. Wir wollen nicht vertiefen, dass diverse leitende Redakteurinnen nicht qua Kompetenz, sondern qua Geschlecht in ihre Positionen kamen. Dort können sie jede Menge Quatsch machen, denn wer würde sich trauen, freiwillig in den Sexismus-Hammer zu laufen?

Das ist das andere.

Aber noch schlimmer als das – doch, es lässt sich steigern – ist das Versagen des männlichen obersten Managements. Nach dem Hammer in der Romandie (3,5 Millionen Sparübung, wohl 28 Stellen weg, mehr als 10 Prozent!) kommen nun wie angekündigt nochmal 2,5 Millionen und rund 20 Stellen in der Deutschschweiz obendrauf.

Das findet statt, nachdem in nur drei Jahren bereits 70 Millionen eingespart werden mussten. Kurzer Zwischenstopp: 2021 spülte es 832,7 Millionen Gewinn nach Steuern (EAT) in die vielen Taschen des Coninx-Clans. Sondergewinn durch das Joint Venture mit Ringier mit den Verkaufsplattformen. 2022 schnurrte das dann auf einen Verlust von 4,6 Millionen zusammen. Natürlich gab es zuvor Champagner und Sonderdividende, im letzten Jahr dann nur Champagner. Denn Big Boss Pietro Supino ist unkaputtbar. Im Gegensatz zu seinem Konzern.

Wie wurde das schöngeredet? Ein Satz für Humoristen: «TX Group steigert den Umsatz organisch um rund 7 Prozent und schliesst das Geschäftsjahr 2022 mit einem normalisierten Betriebsergebnis von 100 Mio. CHF ab.»

Wir Beobachter können uns die Lachtränen aus den Augen wischen, für die Tamedia-Mitarbeiter ist es entschieden weniger lustig. Während Supino beim Verkünden solcher Bad News lieber segelt, müssen seine Untergebenen Andreas Schaffner und Mathias Müller von Blumencron (wir nennen den Herrn einfach Müller) den neusten Rausschmiss rundreden.

Erosion im Printmarkt, Stabilisierung des publizistischen Geschäfts, das Digitalgeschäft wachse zwar, könne die Verluste nicht kompensieren. Aber: Kostenoptimierung, zukunftsfähig, schlagkräftig, Blabla.

Realität ist: der neue Digital-Guru Müller bringt’s nicht. Er hat’s auch in seinen vorherigen Stellen nicht wirklich gebracht; man sah ihn immer lieber gehen als kommen. Die von seinem vorherigen Arbeitgeber «Tagesspiegel» abgekupferte Idee «Der Verkehrsmonitor – Mehr als nur Neuigkeiten» wird’s garantiert nicht rumreissen.

Genauso wenig die neue CEO Jessica Peppel-Schulz. Die war nach einem «Sabbatical Break» von schlappen neun Monaten für 28 Monate CEO bei Conde Nast. Dem deutschen Ableger des Lifestyle-Konzerns. Das forderte sie so, dass sie sich neuerlich ins Sabbatical Break von gleich 10 Monaten begab – bis zum Stellenantritt am 1. Oktober bei Tamedia. Das gibt Hoffnung.

Was die Fähigkeiten des obersten Chefs betrifft, wollen wir uns nicht wiederholen.

Das ist das dritte und Fatale. Natürlich gibt es im Journalismus Herausforderungen zu bewältigen. Nachdem uns das Internet erst vorgestern aus heiterem Himmel angesprungen hat, sucht das Management noch nach Antworten. Verständlich.

Oder im Ernst: wer wirklich meint, er könne deutlich weniger Leistung, deutlich weniger Angebot für deutlich angehobene Preise erfolgreich verkaufen, der ist wohl mal mit dem Kopf in die Druckmaschine geraten.

Im Ernst: Der Niedergang des Qualitätsjournalismus im Hause Tamedia, im Gebäude Tx, ist nicht in erster Linie den Umständen geschuldet. Sondern dem krachenden Versagen des leitenden Managements. Wem jahrelang nur dumme Sprüche, Gedöns und haltlose Behauptungen («Digitalisierung!») einfallen, wem in Wirklichkeit nichts anderes als Zu-Tode-Sparen einfällt, wer damit den Leser für dumm verkaufen will («noch besser, noch näher»), der hat’s nicht anders verdient.

Dabei verdient sich die Teppichetage unverdient weiterhin dumm und krumm. Ausbaden müssen dieses einmalige Versagen die Mitarbeiter. Entweder werden sie gefeuert, oder sie gehen freiwillig. Oder sie resignieren. Wer bleibt, muss – weil er zu alt oder zu unfähig ist, woanders einen Job zu finden.

Widerspruch wagt keiner, denn hier sind die Manager mal clever. Sie geben zuerst die Zahl der Gefeuerten bekannt, dann werden die in den einzelnen Redaktionen über ihr Schicksal informiert. So traut sich keiner zu offenem Protest. Denn das könnte ja die Stelle gefährden.

So soll attraktiver Journalismus entstehen, dem Leser der Mund wässrig gemacht werden, dazu animiert, das Portemonnaie weit zu öffnen und die exorbitanten Abopreise zu bezahlen?

Da gibt es nur zwei Möglichkeiten, keine dritte. Entweder, die Führungscrew von Tamedia glaubt das wirklich. Dann haben sie allerdings ein Verhältnis zur Realität wie Kim Jong-un. Oder aber, in Wirklichkeit ist ihnen Journalismus schlichtweg scheissegal, wenn man damit keine Subventionen absaugen kann.

Man darf einmal raten, welche Variante es ist.

Wumms: Jessica Peppel-Schulz

Tamedia hat einen neuen CEO. Natürlich eine Frau …

Pietro Supino ist des Lobes voll: «Sie hat uns mit Ihrer dynamischen Persönlichkeit überzeugt, wir freuen uns jetzt schon auf sie

Es war natürlich klar, dass die vakante Stelle, die der entsorgte Marco Boselli hinterliess, mit einer Frau besetzt werden muss. Die gute Nachricht ist: Mathias Müller von Blumencron, die interimistische Leiter nach unten in der Publizistik, hört auf. Die schlechte: er bleibt im Verwaltungsrat von Tx, also von Tamedia, oder vom «Tages-Anzeiger». What ever, wie der Manager da sagt.

ZACKBUM möchte allerdings leise Zweifel an der Dynamik von Peppel-Schulz anbringen. Wie Tamedia, einigen wir uns auf diesen Namen, über sie vermeldet, war sie CEO beim Condé Nast Verlag Deutschland. Wahnsinn, der gibt die «Vogue» und ein paar andere Lifestyle-Blätter heraus, steckt notorisch in den roten Zahlen und macht einen Umsatz von schlappen 50 Millionen Euro. Im Jahr.

Zuvor war Peppel-Schulz CEO bei der United Digital Group (UDG). Die Digital-Agentur machte Umsätze im zweistelligen Millionenbereich und wurde nach ihrem Weggang von einem grösseren Mitbewerber geschluckt.

Also beste Voraussetzungen, die Publizistik eines Fast-Milliardenkonzerns zu leiten. Es gibt noch eine weitere Auffälligkeit im CV von Peppel-Schulz. Nach ihrem sicherlich aufreibenden Einsatz bei UDG machte sie dann mal einen «Sabbatical Break», wie sie auf LinkedIn vermeldet. Schlappe 9 Monate.

Dann war sie ganze 28 Monate CEO bei Conté Nast. Darauf begab sie sich im Juli 2021 in einen neuerlichen «Sabbatical Break». Der dauert nun ein Jahr und 10 Monate, also bis heute. Bzw. bis sie dann die Stelle bei Tamedia antreten wird.

Sicherlich gut erholt und ausgeruht. Ob es allerdings eine gute Voraussetzung ist, alle Verwerfungen durch die Pandemie usw. nicht an leitender Position mitverfolgt zu haben?

Aber ZACKBUM will die Vorfreude von Supino keinesfalls schmälern; Wunder gibt es immer wieder. Man muss nur an sie glauben.

Schein und Sein

Kein Verlegerclan bedient sich so ungeniert wie die Familie Coninx.

Eigentlich geht es nicht um Buchstaben oder News, sondern nur um Zahlen. EBITDA, Marge, Gewinn vor und nach Steuern. Das interessiert.

Die Schweiz wird von Organen von drei Verlegerclans beschallt. Da wäre CH Media vom Wannerclan. Die haben sich gerade von ihrem erfolgreichen Geschäftsführer getrennt, Platz da für einen Sprössling.

Dann gibt es den Ringierclan, dessen CEO Marc Walder trotz Familienferne Teilhaber werden durfte. Allerdings teilt er sich nur als Juniorpartner ein Stücklein Kuchen mit Springer und der Mobiliar.

Der Lebrumentclan beherrscht die Südostschweiz, bringt aber nicht genug Gewicht auf die Waage, um bei den ganz Grossen mitspielen zu dürfen.

Die NZZ ist die Ausnahme für die Happy Few. Sie gehört keinem Clan, sondern einem breit gestreuten Aktionariat.

Schliesslich noch der Coninxclan, dessen Interessen knallhart von Pietro Supino in der Tx Group vertreten werden. Knallhart heisst: «20 Minuten» verdient immer noch so viel Geld, dass es als eigenes Profitcenter aus den Printmedien ausgegliedert wurde. Die Tausch- und Handelsplattformen sind zwar unter anderem aus dem «Stellenanzeiger» des Tagi entsprossen, verdienen aber so viel Geld, dass keine Quersubvention mit den Printtiteln erlaubt ist. Schliesslich gibt es noch Tamedia, wo die gleiche Profitrate wie sonst auch erwirtschaftet werden muss.

Wie? Deren Problem, also das Problem von Oberchefredaktor Arthur Rutishauser, der unablässig Sparrunden als Beitrag zur Verbesserung von Inhalt und Qualität verkaufen muss, verängstigte und demotivierte Mitarbeiter bei der Stange zu halten hat.

Aber die Selbstdarstellung sieht ungefähr so geschleckt aus wie bei der Credit Suisse: «Wir sind TX. Wir wollen ein international führendes und anerkanntes Netzwerk von digitalen Plattformen werden, das den Menschen täglich Informationen, Orientierung, Services und Unterhaltung bietet.»

Interessant ist die Verwendung des Futurs. Und die Betonung, dass die Zukunft bei den «digitalen Plattformen» liegt. Deutlicher kann man den Printtiteln nicht sagen: Auslaufmodell, Dampflok, wir setzten auf die Elektrolok.

Noch mehr Beweihräucherung: «Wir sind in Bewegung und wollen es auch bleiben. Wir sind weitsichtig. Wir sind proaktiv. Wir sind mutig. Wir sind TX

Proaktiv? Nun, das gilt wohl in erster Linie für den Clan. Boss Supino ging allerdings grauslich baden beim Versuch, federführend eine Subventionsmilliarde aus Steuergeldern auf die Clans regnen zu lassen. Dank geschicktem Lobbying flutschte das im Parlament locker durch, aber als schon die Champagnerkorken auf der Coninx-Jacht knallten, verdarb ein kleines Grüppchen von Unentwegten die Party, indem es erfolgreich ein Referendum startete – und gewann.

Schon vorher hatte der Coninx-Clan gezeigt, dass ihm Dividenden wichtiger sind als staatliche Unterstützung. Denn zu Covid-Zeiten waren Mediensubventionen davon abhängig, dass keine Dividenden ausgeschüttet werden. Dann halt nicht, sagte der Clan. Nein, nicht zu den Dividenden …

Nun will Tx angeblich «in Bewegung» sein und es auch bleiben. Nur: wohin? Na, in die Zukunft natürlich, ins Digitale. In die Morgenröte. Dahin führen soll das Geheimprojekt «Aurora». Niemand weiss Genaues, ausserhalb des Clans. Nur scheint die Morgenröte nicht jeder zu vertragen. Gleich reihenweise sind führende Beteiligte an diesem Projekt zurückgetreten oder in eine Auszeit verschwunden.

Es ist ja so, dass Aurora der lateinische Name der griechischen Göttin Eos ist. Alles etwas kompliziert, wobei der Laie gerne einmal die Morgenröte mit der Abendröte verwechselt. Denn auch das Eindunkeln sieht fatal ähnlich wie das Morgengrauen aus. Wobei Grauen auch kein netter Ausdruck ist.

Also auf jeden Fall ist Tx sicherlich gut aufgestellt, den Herausforderungen der Zukunft gewachsen, wird ein führendes Netzwerk von digitalen Plattformen und sorgt überhaupt für das Wichtigste: dass die Dividenden fröhlich sprudeln.

Ach ja, dazu gibt es gratis staatstragende Töne von Informationsauftrag, Vierte Gewalt, unverzichtbar in einer Demokratie und ähnliches Geschwurbel.

Wie heisst es bei der Credit Suisse so schön: «Die Credit Suisse wurde 1856 gegründet. Heute sind wir ein führender Vermögensverwalter mit ausgeprägten Kompetenzen im Investment Banking und Asset Management.»

Tx und CS, das scheinen Brüder (oder Schwestern) im Geist zu sein …

Ex-Press III

Geblubber aus der Medienblase.

 

Titel, wechsle dich

Früher hiess es: Haltet die Maschinen an, es muss aktualisiert werden! Dann drückte der Drucker auf den Abschaltknopf, und eine neue Vorlage wurde auf die Walze geschraubt.

Das ist zu Zeiten des Digitalen natürlich viel einfacher. Und hinterlässt kaum Spuren. So mäandert sich der Titel eines Artikels von Pascal Hollenstein durch die Zeiten.

Am 23. August lautet er: «Jolanda Spiess-Hegglin gewinnt gegen den «Blick»: «In schwerwiegender Weise in die Intimsphäre eingegriffen».

Am 24. August lautet er: «Jolanda Spiess-Hegglin gewinnt gegen den Blick – Ringier-CEO: «Entschuldigen uns aufrichtig».

Am 25. August mutiert er zu: «Nach Urteil: Ringier-Chef entschuldigt sich bei Spiess-Hegglin».

Wohlgemerkt immer über dem gleichen Text. Der vom Autor um die Entschuldigung des Ringier-CEO ergänzt werden musste. Weil er gegen jeden Anstand und den Journalistenkodex die gerichtliche Sperrfrist durchbrochen hatte, um der Erste zu sein.

 

Sprachbilder sind Glücksache

Durch alle Titelvarianten hindurch blieb ein sprachlicher Fangschuss erhalten: «Mit dem Artikel gab der «Blick» den Startschuss zu einer medialen Lawine, die bis heute nicht ganz verebbt ist.» Auf die Plätze, fertig, los, sagte der schiesswütige «Blick», und die Lawine gehorchte. Auf dem Weg ins Tal verwandelte sie sich aber offensichtlich in Wasser, denn sie verebbt bis heute nicht ganz.

Auch die weiteren Entwicklungen trafen den publizistischen Leiter von CH Media wie ein Schuss in den falschen Fuss, wie er vielleicht formulieren würde. Denn bei ihm durfte Spiess-Hegglin exklusiv bedauern, dass sich «Ringier nicht freiwillig entschuldigen kann».

Was Ringier aber freiwillig nach Ablauf der Sperrfrist tat. Also liess Hollenstein, gesagt ist gesagt, dieses Zitat zunächst einfach stehen, ergänzt um die Meldung, dass sich Ringier entschuldigt habe. In der nächsten Version fehlt dann diese Klage von Spiess-Hegglin.

Und wie soll’s denn weitergehen? «Das Urteil des Zuger Obergerichts ist deutlich», weiss Hollenstein. «Das Urteil zur Persönlichkeitsverletzung könnte nicht deutlicher sein», korrigiert ihn seine Schutzbefohlene. Womit beide um die Tatsache herumrudern, dass der Vorwurf der Persönlichkeitsverletzung im Urteil der zweiten Instanz aufrecht erhalten wurde. Aber die Genugtuungssumme wurde deutlich gekürzt, um die Hälfte. Zudem muss sich Spiess-Hegglin neu an den Prozesskosten beteiligen, und ihre Anwältin erhält für die Tätigkeit in zwei Instanzen weniger als ihr zuvor für eine Instanz zugebilligt wurde.

Es könnte also nicht deutlicher sein, dass die Klägerin von fünf Klagepunkten drei verloren hat. Aber dann wäre es ja nicht mehr so deutlich.

 

Qualitätsmeldung in eigener Sache

Der Chef von TX, was wiederum der Chef von Tamedia ist, liess verlauten, dass 70 Millionen eingespart werden müssen. Flauer Werbemarkt, und dann auch noch Corona, nicht wahr. Da darf der Leser vom «stärksten Redaktionsnetzwerk der Schweiz» sicherlich erwarten, dass die geballte Sachkompetenz der Journalisten sich in einem analytischen und hintergründigen Stück bemerkbar macht.

Das kommt aber nicht, sondern Tamedia referiert lediglich den Inhalt der Medienmitteilung der Teppichetage des Verlags. Schlimmer noch; die Eigenleistung der starken Redaktion beträgt genau null.

Offenbar ist der Sparzwang schon bezüglich journalistischen Aktivitäten voll umgesetzt. Denn am Schluss des Artikels über ureigene Angelegenheiten im Newsnet steht SDA. Das ist normalerweise das Kürzel der letzten überlebenden Nachrichtenagentur der Schweiz. Nun ist es aber kaum vorstellbar, dass die in einer Zentralredaktion vorhandenen Schreibkräfte nicht in der Lage wären, selber über ihre eigenen Angelegenheiten zu referieren.

Deshalb kann es für SDA hier nur eine andere Erklärung geben. Der Autor des Artikels hatte ursprünglich mit Kritik am Big Boss von Tamedia, Pardon, von TX, nicht gespart. Aber nachdem der Text vom Ressortleiter, dann dem Tagesverantwortlichen, schliesslich auch dem Blattmacher und als oberste Instanz vom Oberchefredaktor zensuriert, äh, redigiert worden war, fehlten dann alle bissigen Bemerkungen Richtung Pietro Supino.

Daraufhin zog der Autor grimmig seinen Namen zurück und ersetzte ihn durch SDA. Das sei hier aber nicht das Kürzel für Schweizerische Depeschenagentur, erläutert er seither jedem. Sondern SDA stehe für Supino, du …

 

Wenig Sendungsbewusstsein beim Farbfernsehen

Auch bei SRF wird gespart, dass es kracht. «Eco», «Sportaktuell», «Art on Ice», «Swiss Music Awards», es bleibt kein Programmbaustein auf dem anderen. Wenn man so etwas macht, muss man eine griffige Begründungsformel finden.

Nathalie Wappler hat eine griffige Formel gefunden: «Auf die strukturelle Krise der Medien kann man nur strukturell antworten.» Auch auf die Gefahr hin, etwas unstrukturiert zu erscheinen: Eine absolute Nullnummer von Aussage. Man könnte sie beliebig variieren: Auf die tödliche Krise der Medien kann man nur tödlich antworten. Auf die inhaltliche Krise der Medien kann man nur inhaltlich antworten. Auf die Wappler-Krise kann man nur mit Wappler antworten.

 

Muss eine Schriftstellerin Literatur kennen?

Eher nein, würde die «Schriftstellerin und Journalistin» Simone Meier wohl sagen. Besonders, wer so geschmacklos wie sie ist, den millionenfachen Mord an Juden durch Nazideutschland so zu verniedlichen, dass Hitler die «gecancelt» habe. Ihr Erguss über die sogenannte «Cancel Culture» gestern, vorgestern und heute hat die wenigen Leser, die es bis zum Schluss durchgehalten haben, mit Übelkeit und Schwindel zurückgelassen.

Ganz anders hingegen ist ihre Nacherzählung des Lebens von Thyphoid Mary. Eine irische Köchin steckte im New York der vorletzten Jahrhundertwende ihre Arbeitgeber mit Typhus an. Sie war wohl ein Superspreader, wie man das heute nennt, allerdings selbst immun gegen diese Infektionskrankheit. Ihre Lebensgeschichte erzählt Meier weitgehend geradeaus nach. Nun gut, sie hatte auch Wikipedia als Helfer, da kann eine Schriftstellerin schön Fotos und Inhalt abkupfern.

Aber man macht es der schreibenden Frau ja auch nicht leicht. Unter Literatur ist auf Wikipedia ein Roman von Anthony Bourdain über Mary Mellon aufgeführt. War das nicht dieser irre TV-Koch aus New York, der die schmutzigen Geheimnisse der New Yorker Restaurantküchen ausplauderte und dann in Kaysersberg im Elsass Selbstmord beging? Doch, genau der, also erwähnt ihn Schriftstellerin Meier natürlich in ihrem Erguss über Thyphoid Mary. Blöd nur, wirklich dumm gelaufen, dass in dieser Literaturliste ein Werk nicht verzeichnet ist, dessen Autor und dessen Roman man als Schweizer Schriftstellerin eigentlich kennen sollte.

Jürg Federspiel heisst der wirkliche Schriftsteller, und «Die Ballade von der Thyphoid Mary» heisst sein literarischer Roman voll von schwarzem Humor. Aber wie soll das auch eine «Schriftstellerin» wissen, wenn man es ihr nicht in Wikipedia sagt. Aber Wunder, über Wunder, selbst einige Leser von «watson» wussten das. Was tun? Hier entwickelt Meier zum ersten Mal gewisse schriftstellerische Fähigkeiten. Statt die Leserhinweise einfach zu ignorieren oder eine klaffende Bildungslücke einzuräumen, schreibt sie: «Auf vielfache User-Anregung sei hier noch nachgetragen …» Diese Unverfrorenheit hätte Federspiel sicher gefallen. Aber bevor sich Meier vielleicht fragt, ob sie bei dem Schreibunterricht nehmen könnte: leider nein. Dieser Gefahr hat er sich schon länger durch seinen Tod entzogen.

Sparzwang bei Tamedia

TX will um 70 Millionen abspecken.

«Mehr als die nächste Schlagzeile», mit diesem eher unverständlichen Spruch präsentiert sich Tamedia und behauptet, man gestalte «die Themen und Debatten des Landes mit».

Schliesslich habe man «das stärkste Redaktionsnetzwerk der Schweiz». Nun, da werden in den nächsten drei Jahren die Maschen noch weiter gedehnt als ohnehin schon. Nach viel Managerblabla kommt die Geschäftsleitung endlich auf den Punkt: «Die dafür nötigen Massnahmen sollen in den nächsten Monaten mit den betroffenen Bereichen und unter Einbezug der Sozialpartner erarbeitet werden.»

Mehr als die nächste Schlagzeile ist in diesem Fall der nächste Kahlschlag. Wenig Hoffnung für innovative Lösungen gibt der Präsident und Verleger Pietro Supino. Sein Konzern hat im ersten Halbjahr 2020 rund 110 Millionen Miese gemacht.

Abschreiber auf überbewerteten Segmenten

Bemerkenswert: 85 Millionen umfasst ein Abschreiber auf «Goodwill». Damit bezeichnen Konzerne den sogenannten immateriellen Wert von Zukäufen. Oder auf Deutsch: Wir haben was viel zu teuer gekauft und lassen nun die Luft raus.

Das hätte es auch bei dem Wortballon gebraucht, mit dem Supino das magere Ergebnis seiner Tätigkeit beschreibt. Natürlich startete die «neu aufgestellte TX Group gut» ins Jahr 2020. Aber dann, oh je, «überschattete» die Corona-Krise alles. Also «Herausforderungen», «Strukturwandel», «unerwartete Krisensituation».

Muss man also verzagen? Aber nein, «hervorragende Marktposition», «solide Bilanz», «profitieren von Opportunitäten», «gestärkt hervorgehen», und der Klassiker darf auch nicht fehlen: «Krise als Chance verstehen».

Dramatischer Einbruch

Das EBIT der Untergruppe Tamedia ist um schlappe 133 Prozent abgesackt. Statt Gewinn vor Steuern und Abschreibungen hat es einen Verlust reingehagelt. Selbst beim Goldesel «20Minuten» sind die Zahlen dunkelrot.

Richtig ist, dass auch TX Group, der aus einem einsamen T entstandenen neuen Struktur des Verlagshauses, nichts einfällt, wie den einbrechenden Inserateeinnahmen begegnet werden könnte. Wie das Kaninchen vor der Schlange starrt das Management auf die Big Boys im Internet, auf Google, Facebook und Co. Die räumen im einzigen Wachstumsmarkt, dem Online-Marketing, sagenhafte 90 Prozent der Einnahmen ab.

Die verbleibenden Krümel greifen die Schweizer Medien ab. Was fiel dem hochbezahlten und hochwichtigen Management bislang dazu ein? Genau, wolkige Sprüche, ernste Mienen und – sparen, sparen, sparen. Bis es quietscht und kracht.

Mehr Geld für weniger Angebot

Wenn sich der zahlende Leser fragt, wieso er steigende Preise für zum Skelett abgemagerte Angebote akzeptieren soll, dann erschallt das Loblied auf Qualitätsjournalismus, Service public und unabdingbar nötige vierte Gewalt im Staate.

Das erinnert fatal an die Durchhalteparolen für den deutschen Landser im Zweiten Weltkrieg, als sich die Niederlage wieder einmal abzeichnete: Vorwärts, Kameraden, wir ziehen uns zurück.

Es gibt wohl keine andere Branche in der jüngeren Geschichte, deren Management einem technologisch getriebenen Strukturwandel dermassen lange dermassen hilflos und tatenlos zuschaute.

Dezimierte Indianer

Aber während die Indianer über die Klinge springen müssen, die Leser die papierdünnen Lügen durchschauen, dass Zentralredaktionen und Zusammenlegungen ganzer Ressorts keine Verschlechterung des Angebots seien, sondern eine Verbesserung, lassen es sich die Häuptlinge gut ergehen.

Denn im sogenannten Overhead, also den Führungsetagen, wird nicht mal der Champagner rationiert. Damit das mit dem Nachschub auch klappt, krähen die Verleger nun immer lauter nach Staatshilfe, Steuergeldern, vornehmer Subventionen.

Gute Zeiten, schlechte Zeiten

In den Zeiten, als der Besitz einer Druckmaschine der Lizenz zum Gelddrucken gleichkam, verdiente sich der Coninx-Clan beim damaligen «Tages-Anzeiger» dick und dämlich. Stellenanzeiger, Wohnungsanzeiger, Konsuminserate, Autoimporteure, eine damalige Ausgabe wiegt problemlos eine ganze Woche Tagi in aktuellen Zeiten auf.

Weniger Angebot für mehr Geld, den Gürtel der anderen enger schnallen, sparen bis es quietscht, flehen nach Staatshilfe. Mehr fällt der Führungscrew von TX nicht ein. Das ist wirklich ärmlich.