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Kim hinter dem Horizont

Nicht, dass ihn jemand vermissen würde …

Erst im Februar 2023 verkündete Tamedia stolz: «Hochkarätiges Kolumnen-Team startet neu beim «Tages-Anzeiger»».

Dafür wurde ein Rudolf Strahm entsorgt, der in einem Finger mehr Kompetenz hatte und Einsichten vermittelte als die fünf Nasen, die danach kamen, mit zehn Händen.

Petra (who?) Ivanov, Kathrin (who) Bertschy, Cenk (who?) Korkmaz, Andri Silberschmidt und last and least Kim de l’Horizon, «Shooting Star der Literaturszene».  Dessen Schüsse in den Ofen konnte man nur mit zugehaltener Nase und dem eisernen Willen zur Berichterstatterpflicht aushalten. Aber auch das hat seine Grenzen, wir grenzten auch ihn aus, ZACKBUM hat einen gewissen Selbsterhaltungstrieb und ist nicht unendlich quälbar.

Mit dieser Auswahl erfüllte Tamedia alle Ansprüche der ausgewogen-inkludierten Pseudo-Korrektheit. Auf der Strecke blieben dabei bloss Unterhaltungswert, Sprachwitz, Horizonterweiterung, Schreibkunst und elegante Bereicherung.

Gar nicht erst ignorieren, daher ist es längere Zeit unserer Aufmerksamkeit entgangen, dass Kim seit Juli zumindest bei Tamedia als Shooting Star verglüht ist. Seither schweigt der Poet, verschont uns von Schwachsinn wie «All diese Grenzen, die da zwischen meinen Arschbacken verlaufen.» Zuletzt hörte man von ihm anlässlich eines schröcklichen Eierattentats*, wobei die Frage unbeantwortet blieb, wer denn so schnell mit der Kamera zur Hand war, um die klitzekleinen Flecken auf der Künstlerkleidung festzuhalten.

Früher dilettierte er als Dominik Holzer, bis er sich als «genderfluide nichtbinäre Person» neu erfand.Wenn sich der Woke-Wahnsinn mal gelegt haben wird, geht er so schnell vergessen, dass man sich nicht einmal mehr fragen wird, wie man jemals so einer nichtbinären Null einen Preis verleihen konnte.

Und mit ihr einen Rudolf Strahm ersetzen, der nicht freiwillig ging. Inzwischen ist der Mann 80 geworden, und wie ZACKBUM kürzlich im Gespräch mit ihm feststellen durfte, ist er genauso präzise wie immer, einfach noch etwas weiser geworden aufs Alter.

Wer den Zustand von Tamedia unter neuer weiblicher Leitung auf den Punkt bringen will, muss nur sagen: Kim statt Strahm. Sonst noch Fragen?

Doch, eine hätten wir noch: wo ist Kim? Im Juli erschien anscheinend seine letzte «Kolumne». August, September? Kä Luscht? Oder hat’s der zuständige Redaktor im Kopf nicht mehr ausgehalten, der diesen Flachsinn ins Blatt heben musste? Oder– horribile dictu – diskriminiert der Tagi einen Nichtbinären? Zeichnet sich hier ein neuer Skandal ab? Wir sind dran …

*Nach Leserhinweis von Glace auf Ei geändert.

Wenn Skandale leise Servus sagen …

Läderach? Ach was. Katholische Kirche? Gähn.

Ausser, dass Trump mal wieder verurteilt wurde und die Krankenkassenprämien exorbitant steigen, was ist die Gewichtung der Qualitätsmedien?

Der KK-Schock sitzt bei den meisten Schweizern tief. Bis zu zehn Prozent mehr, bei sowieso schon exorbitant hohen Prämien. Das ist das Aufreger-Thema Nummer eins. Nur: ist ein wenig kompliziert. Nur: der Gesundheitsminister ist halt ein Sozi und kein SVPler. Nur: so viele Fachleute, so viele Meinungen.

Also tun die Medien das, was sie am liebsten machen. Sie wollen unbedingt zwei deutlich absaufende Skandale über Wasser halten, die schon komatösen Leichen wieder wachküssen. Denn beides ist unter dem Stichwort «Skandal» gespeichert. Da gibt es dann kein Halten mehr.

Aber verflixt, dass katholische Priester vor allem Kinder missbrauchen und dass Läderach Senior einen religiösen Sparren hat und an einer Schule beteiligt ist, in der es vor vielen Jahren recht rustikal zuging: das ist beides eigentlich weitgehend auserzählt. Opfer melden sich, gibt es noch weitere solche Schulen, was sagt der Experte dazu, was bewirkt das bei den Kindern?

Das sind bereits die vorletzten Zuckungen eines Skandals. Noch weiter ist man beim Abnudeln des Priester-Skandals:

So sieht es zuoberst auf der Homepage des «Tages-Anzeiger» aus. Von Tamedia, vom «Tages-Anzeiger», ach verflixt, what ever.

Nun werden sogar noch Kirchenhistoriker befragt. Die freuen sich über diesen unerwarteten medialen Sonnenschein, wo sie sonst doch eher unauffällig forschen. Dann gibt’s scheint’s noch eine Herbstsession vor den Wahlen, natürlich tickt der «Ukraine-Ticker», eine «Analyse von Abstimmungen» ist auch immer gut. Fehlt noch was? Natürlich, ein Frauenthema. Voilà: «Frauen bei Krebsvorsorge und Behandlung benachteiligt».

Oh, und das in der reichen  Schweiz? Ach was, natürlich weltweit. Aber jetzt gebe es eine «neue Kommission» dagegen. Ach, in der reichen Schweiz? Ach was, in den auch nicht armen USA. Die kommt zu erschütternden Erkenntnissen wie: «Frauen seien auch nicht genügend über die Krebs-Risikofaktoren Tabak, Alkohol, Adipositas (Fettleibigkeit) und Infektionen aufgeklärt.»

Vielleicht in finsteren Gegenden der USA oder Afrikas – aber in der reichen Schweiz? Erschwerend kommt noch hinzu, dass es sich um eine SDA-Tickermeldung handelt. Wäre nicht «Frau» im Titel gestanden, sie hätte es nicht mal auf die Homepage geschafft.

Aber mal im ernst, lieber Tagianer: Krankenkassen? Inflation? Lebensmittelpreise? Mieten? Heizkosten? Asylanten? Altersvorsorge? Sieben Themen, die die Schweizer umtreiben. Kein einziges ist hier vertreten. Aber immerhin: es gibt auch keinen Artikel über korrektes Gendern oder die Verwendung des Sternchens zur Verhunzung der Sprache.

Auch der «Blick» hat im Moment so ziemlich alles aus diesen beiden Skandalen rausgemolken – Eimer leer. Also ein neues Schwein durchs Dorf treiben:

Die 57-jährige Marie Theres Relin hat ein Buch geschrieben. Eigentlich wollte die Schauspielerin hier über ihre gescheiterte Ehe mit Franz Xaver Kroetz schreiben. Das interessierte aber offensichtlich nicht wirklich.

Also packt sie nach 43 Jahren ein «dunkles Familiengeheimnis» aus. Sie sei von ihrem Onkel «sexuell missbraucht, verführt, entjungfert – ohne Gewalt, aber gegen meinen Willen» worden. Praktisch dabei: Maximilian Schell ist 2014 gestorben, ihre Mutter Maria Schell schon 2005. Auch über die zieht Relin her: «Meine Mutter in ihrer dämlichen Männerverehrung hatte die pädophilen Neigungen sozusagen gefördert.»

Relin hatte ein paar frühe Rollen, dann machte sie Pause, um bei hochwertigen Filmen wie «Rosamunde Pilcher – Das Geheimnis der Blumeninsel» aufzutreten. Sie hatte es schon 2011 mit «Meine Schells: Eine Familie gesucht und mich gefunden» probiert. Wurde nicht gerade zum Bestseller.

Nun also diese Nummer. Die klare Nummer eins beim «Blick».

Eine überfällige Rubrik

Tata, ZACKBUM hebt aus der Taufe: die Leserverarschung.

In dieser Rubrik werden künftig in unregelmässigen Abständen wunderschöne Beispiele aus dem Schweizer Mediensumpf aufgespiesst; meistens erklären sie sich selbst oder durch einen angefügten Kurzkommentar.

Zum Einstieg:

Ein Angebot von «Blick+» für zahlungswillige Leser. Das ist offenbar so gut, dass es inzwischen fast eine Woche lang zuoberst in der Rubrik «Politik» beim «Blick» steht. Man sieht mal wieder: politisch ist in der Schweiz selbst im Wahlkampf nichts los. Jedenfalls in diesem Organ.

Das hatte schon so einen Bart, als der «Tages-Anzeiger» noch Schwarzweissfotos druckte. Der wichtigtuerische Aufruf an einen Politiker, einen Wirtschaftsführer, einen Trainer, einen Chef, an wen auch immer, irgend was zu «übernehmen». Das geht zwar dem Adressaten wie auch den Leser schwer am hier titelgebenden Körperteil vorbei. Aber der Journalist fühlt sich wenigstens einen Moment lang bedeutend. Sollte man ihm aber nicht gönnen.

Luzi Bernet, der abservierte Chefredaktor der NZZaS, hat den Schoggi-Job (oh, darf man ds noch sagen?) – Italien-Korrespondent der NZZ mit Sitz in Rom – gefasst. Natürlich nicht für das politische Tagesgeschäft, mehr so für das Spezielle und Schöne im Leben. Gut, auch Lampedusa und die Flüchtlingspolitik spielen eine Rolle, aber auch die zwei Intendanten der Oper von Neapel. Oder Schmonzetten wie «Räuber bringt gestohlenes Auto mit Brautkleid zurück». Oder eben das x-te Interview mit Saviano.

Diese aus «People» abgeschriebene Meldung bestätigt das Vorurteil, dass ein Gratisblatt wie «20 Minuten» halt auch nichts wert ist.

Natürlich gibt es ein digitales Blatt, das immer locker einen drauflegen kann. Passend zur Meldung aus der Welt der Schokolade ein Promotext von Fairtrade auf «watson», wie das Label Max Havelaar honduranischen Kaffeebauern helfe. Auch dazu gäbe es eigentlich einiges Kritisches zu sagen. Aber das wäre ja, pfuibäh, mit Recherche verbunden.

Schliessen wir mit dem Dreierschlag eines Blatts, das wir viel zu wenig berücksichtigen: Die «Südostschweiz». Ein Sonntagsquiz über Schlafen, eine launige Kolumne des CEO Masüger (dem halt keiner reinreden darf), und schliesslich eine Umfrage der Woche mit dem etwas kryptischen Titel «Ihr habt eure Nachbarn gern, aber verfolgt nicht die Uefa Champions League». Irgendwie ticken die Südostschweizer anders als der Rest der Welt.

 

Schafft endlich diese Kultur ab!

Der Tagi macht aus Leserverarschung eine Kunst.

Das Qualitätsmedium wiederholt sich, ZACKBUM wiederholt sich.

Da stirbt einer der ganz grossen Maler der Gegenwart. Fernando Botero war nicht nur in seinem Heimatland Kolumbien ein Star, sondern weltweit anerkannt. Mit seinen voluminösen Figuren, aber auch mit seinem Schalk hatte er ein unverwechselbares Oeuvre geschaffen.

Da er über 90 war, hatte jede anständige Kulturredaktion bereits einen Nachruf in der Schublade. Ausser natürlich das kultur- und niveaulose Blatt aus der Werdstrasse in Zürich. Dort kümmern sich die Kulturredaktoren lieber um die eigene Befindlichkeit oder um den neusten Sexismus-Skandal oder um korrektes Gendern. Also um Themen, die die Leserschaft zum Gähnen bringen und in Scharen vertreiben.

Stirbt nun Botero, reicht es gerade dazu, eine Tickermeldung der AFP zu übernehmen, zurechgeschnipselt von einem Autorenkürzel «nlu», das aber zu niemandem aus dem «Team Kultur» passt. Und weil das Team einfach wurstig und schlampig arbeitet, kommt die Meldung auch noch im «News-Ticker Kultur». Wiederholung? Na und. Dass es eine Panne beim «Kraftwerk»-Konzert gab, ist ja auch eine alte Kamelle, ziert aber dennoch den «Kultur-Ticker». Dann diesmal als Platzhalter (ist schon blöd, dass man sich immer vier Stoffe aus den Fingern saugen muss) eine «Widmerzeile».

Aber halt, da ist doch noch eine Rezension einer Biografie über Elon Musk. Immerhin. Schon, aber hier ist der Autor vollständig angegeben. Es handelt sich um Adrian Kreye. Genau, der Mitarbeiter der «Süddeutschen Zeitung» in München, von der das Qualitätsblatt der Schweiz grössere Teile der Inhalte übernimmt, um sie dann dem fluchenden Leser teuer zu verkaufen.

Wir beenden diese Serie über ein Trauerspiel im allgemeinen Niedergang und bitten einfach inständig: lieber Tagi, liebe Redaktionsleiterin, liebe Ressortleiterin, haben sie Erbarmen mit dem Leser. Sie müssen sowieso noch ein paar Millionen einsparen bis Ende Jahr. Eine ersatzlose Streichung  des «Team Kultur» – wir garantieren das –, würde niemandem auffallen. Im Gegenteil. Der Leser wäre beglückt und erfrischt, dass ihm dieses Elend, diese Bankrotterklärung des Kulturjournalismus, erspart bliebe.

Lausiger Tagi

In der Schule hätte das ein «flüchtig!» abgesetzt. Aber im Qualitätsjournalismus …

Es gibt eine neue Welle im Schweizer Medienzirkus. Also neu ist sie nicht, aber neu gewellt: Missbrauchsvorwürfe in der katholischen Kirche. Lange Zeit war Ruhe, jetzt ist mal wieder Rudelbildung im Journalismus.

Da will natürlich auch der «Tages-Anzeiger» nicht abseits stehen und schraubt schnell einige Stücke zusammen. Das sieht dann mal so aus:

KKK? Ku-Klux-Klan? Keine katholische Kirche? Aber immerhin, der Name der Autorin scheint richtig geschrieben zu sein, ist doch was im Qualitätsjournalismus.

Illustriert ist der Qualitätsartikel mit aktuellen Fotos:

Am 11. Juli 2019 aufgenommen, wozu sich die Mühe einer neuen Fotografie machen, wenn man doch über ein Archiv verfügt …

Es ist ja nicht zu viel verlangt, dass der Tagi-Leser auch die zweite Landessprache beherrscht:

Soleure, le 1 avril 2021, ohne Scherz wurde damals der Évêque de Bâle vom «Le Matin Dimanche» abgelichtet, auch aus dem Archiv gezaubert, wieso auch die Bildlegende auf Deutsch übersetzen …

Auch beim nächsten Würdenträger hat sich die Bildredaktion nicht überanstrengt:

Hier wurde der Churer Bischof Vitus Huonder auf dem «Weg zur Chrisammesse» abgelichtet, haargenau am 18. April 2019. Aber immerhin ist diese Ölmesse auf Deutsch abgehandelt …

Aber hier wird’s wieder etwas anspruchsvoller:

Flüssig französisch Parlierende können der Bildlegende entnehmen, dass es sich hier um den eveque de Lausanne handelt, abgelichtet am Mittwoch, 15. Juli 2020, in Fribourg. Wieso es allerdings nicht korrekt «Évêque» heisst, bleibt ein süsses Geheimnis des Tagi …

Nun greifen wir aber ganz, ganz weit in die Geschichte zurück und gehen zum Jahr des Herrn 2006, wo es immerhin schon die Farbfotografie gab:

Die beiden frommen Kirchenmänner wurden am 17. September 2006 in der Kathedrale St. Gallen geknipst. Eine wunderbare historische Reminiszenz …

Wir gehen näher an die Gegenwart, zum 24. Februar 2020. Allerdings ist hier bei der Bildlegende ein kleines Malheur passiert:

Schon blöd, wenn sich Anführungs- und Schlusszeichen halt in ein à und ein Ò verwandeln, und keiner merkt’s …

Aber immerhin, beim Schlussbild ist alles gut:

Wenn der Tagi auf eine Datumsangabe verzichtet, könnte das Foto sogar aktuell sein.

Verfasst ist der Zusammenschrieb übrigens von der «Co-Leiterin des Recherchedesks», Meisterin der «investigativen Recherche». Die besteht hier darin, dass sie einen Forschungsbericht der Uni Zürich gelesen und ausgeweidet hat, zudem offensichtlich fleissige Leserin des SoBli ist. Und natürlich des Archivs des Tagi, wozu ist man investigativ und weiss zu recherchieren.

Der Text ist – immerhin – fehlerfreier und aktueller als die begleitenden Fotos, auch wenn er mit einem dreifachen Krachlaut im Lead beginnt. Zudem ist er nicht hinter der Bezahlschranke verborgen. Aber ob so etwas den Leser animiert, auch noch Geld auszugeben?

Bei einer Schularbeit hätte das früher ein «flüchtig!» mit entsprechenden Notenabzug abgesetzt. In den heutigen Zeiten der Inklusion und der Sensibilität wäre sicherlich das Bemühen gelobt worden. Aber im Journalismus gibt es dafür ein härteres Wort: Leserverarschung.

Hi, Hi, Hitler

Immer für eine Doublette gut.

Vor hundert Jahren, also 1923, reiste Adolf Hitler durch die Schweiz; in erster Linie, um Geld einzusammeln.Das war im August, und wenn Journalisten auf etwas wie Pavlowsche Hunde reagieren, dann sind es runde Jahrestage. Und 100 ist sehr rund.

Ausserdem ist bekanntlich Sommerloch. Also hat der «Tages-Anzeiger» eine historische Idee:

Das Werk von Andreas Tobler, Sandro Benini und Sebastian Broschinski (das ist ein «Interactive Storytelling Developer») ist 12’000 Anschläge lang, bebildert und erzählt den Kurzaufenthalt von Hitler in der Schweiz.

Zufälle gibt’s. Auch die NZZ klatscht die üppig bebilderte Story von Hitlers Kurzaufenthalt in der Schweiz zuoberst auf die Homepage. Sie braucht dafür nur einen Autor; Marc Tribelhorn.

Aber im Gegensatz zu den Hobbyhistorikern bei Tamedia führt Tribelhorn die Geschichte über Hitlers missglückten Putschversuch in München von 1923 fort. Denn damals titelten deutsche Zeitungen: «Der Hitlerputsch von der Schweiz bezahlt». Zumindest gab es logischerweise eine zeitliche Koinzidenz.

Was die kurzatmigen Historiker von Tamedia auch tunlichst zu erwähnen vergessen, reibt dem Blatt die NZZ genüsslich unter die Nase:

«Erinnert sei auch an den «Tages-Anzeiger», auf dessen Titelseite Hitler im Dezember 1931 einen Meinungsartikel publizieren konnte: «Was wollen wir Nationalsozialisten?». Der Putsch, der Faschismus, der Antisemitismus – grosszügig ausgeblendet.»

Das wird dort auch heute noch grosszügig ausgeblendet. Auf 33’000 Anschlägen geht’s dann in der NZZ weiter zur Reise des ehemaligen freisinnigen Bundesrats Edmund Schulthess nach Berlin, wo er nach einer Audienz beim Führer sehr angetan von ihm ist: «Ich glaube, sagen zu dürfen, dass Hitler aufrichtig den Frieden will und alles vermeiden wird, was ihn stören könnte

Schliesslich der amateurhafte Attentatsversuch von Maurice Bavaud, der von der Schweizer Botschaft in Berlin völlig im Stich gelassen und im Mai 1941 geköpft wurde. Dass Niklaus Meienberg als Erster an dessen Schicksal erinnerte, das wiederum erwähnt die NZZ nicht.

Dann schliesslich nochmal die Angriffspläne Hitlers auf die Schweiz, der vom Hauptmann Otto Wilhelm von Menges ausgearbeitet – aber niemals umgesetzt wurden. Schliesslich geistern noch nach dem Zweiten Weltkrieg immer wieder Gerüchte durch die Schweiz, dass der Führer gar nicht umgekommen, sondern sich hierher geflüchtet habe. In der Akte «Adolf»Hitler», die das Kriminalkommisariat III in Zürich angelegt habe, wurde ganz am Schluss ein Kreuz neben «Hitler, Adolf» gesetzt. Im Mai 1963.

So endet die NZZ. Kurzatmiger verweilt der «Tages-Anzeiger» am Schluss auf den unterschiedlichen Angaben, wie viel Geld Hitler seine Betteltour in der Schweiz eingebracht habe. Von 123’000 Franken sie damals die Rede gewesen, andere gehen von lediglich 11’000 Franken aus; grösstenteils von Deutschen in der Schweiz und ein paar Schweizer Antisemiten.

Es ist belustigend, dass die beiden Tageszeitungen am gleichen Tag die gleiche Idee publizieren. Beide Autoren habe ja einschlägige Erfahrungen, sie produzierten schon die Doublette der alternativen Geschichtsschreibung zum 1. August. Weniger lustig ist’s dann für den «Tages-Anzeiger», der im Nahvergleich mal wieder ganz klar auf dem letzten Platz landet. Abgeschlagen und zweifellos in einer tieferen Liga spielend.

Neid hat viele Töne

Mario Stäuble mag die SVP nicht.

Das ist zusammengefasst die Botschaft einer angeblichen «Glosse zum SVP-Wahlkampf». Ob Stäuble wohl weiss, was eine Glosse ist? Wenn ja, vermag er es gut zu verbergen. Der degradierte ehemalige Co-Chefredaktor Lokales vom «Tages-Anzeiger» musste sich zum Wahlkampfvideo der SVP äussern.

Wie in jedem Wahlkampf zeigen da die SVPler, angeführt von DJ Tommy, alias Thomas Matter, dass die Partei neben Verkniffenem und Schmallippigem auch zu selbstironischer Lockerheit in der Lage ist.

Wenn Bundespräsident Berset an der Street Parade in pinker Federboa teilnimmt und eine Bierdose an den Hut kriegt, dann ist das Tamedia keine böse Zeile wert. Wenn aber die ganze Mannschaft der SVP wie aus dem Feindbild von Stäuble ausgeschnitten zu einer Musik performt, die an «We are Family» erinnert, dann muss das Stäuble natürlich scheisse finden.

Gesteigert wird das nur durch die Dumpfpostille «watson»: «Damit du es nicht anhören musst: Das neue SVP-Tanzvideo in 13 Gifs.» Gesteigert wird das nur durch den angeblichen Humoristen «Karpi». Der wandte sich auf Twitter an den Komponisten Nile Rodgers mit der Behauptung, die SVP habe ihn doch sicher um Erlaubnis gefragt, «We are Family» verwenden zu dürfen. Dummerweise hat Rodgers noch nicht geantwortet.

Stäuble beginnt mit Einzelkritik: «Ems-Chemie-Chefin Magdalena Martullo-Blocher bewegt ihre Arme hin und her wie zwei Scheibenwischer.» Aber damit ist der satirische Muskel von Stäuble noch nicht erschlafft, er kann noch nachlegen: «Die Inszenierung sieht nach einer frühen Probe für die nächste Abendunterhaltung der Männerriege aus». Ist zwar Gefasel, hört sich aber irgendwie abwertend an, also hat’s Stäuble stehenlassen.

Er ist sich schmerzlich bewusst, dass das noch keine Glosse ist, nur Geholze. Also versucht er es auf einer abstrakteren Ebene. Der Clip sei ein Beispiel für die Entpolitisierung der Politik: «Weil man bei einem Segment des Publikums mit inhaltlichen Botschaften nicht mehr durchdringt, versucht man, gute Stimmung zu schaffen.»

Das ist geradezu unverschämt von der SVP. Aber Stäuble wird immer noch nicht den nagenden Verdacht los, dass er es der SVP noch nicht richtig gegeben hat. Also legt er nach: «Das Video lässt sich aber auch anders lesen: Keine andere Partei ist schambefreiter im Vortragen ihrer eigenen Botschaften.»

Das gälte für für «die harten Parolen wie «Ausländer raus!», für Beleidigungen an die Adresse der Freisinnigen – «das gilt aber auch für Matters Gute-Laune-Befehl». Befehl?

Den wenigen Lesern, die sich durch dieses Gestammel bis hierher gekämpft haben, gibt Stäuble dann noch ein letztes Rätsel mit auf den Weg: «Dass man dabei auch mal Minderheiten verunglimpft oder im Wahlsong einen Holperreim platziert? Gehört dazu. … Und ist der Ruf erst ruiniert, politisiert es sich ganz ungeniert.»

Das hingegen ist eine verblüffende Selbsterkenntnis. Oder auf Stäube übersetzt: ist der Journalist erst degradiert, lebt sich’s ungeniert.

Denn was uns Stäuble mit dieser angeblichen Glosse sagen will, was genau ihm an diesem Clip nicht passt (ausser, dass er von der SVP) ist, das bleibt sein süsses Geheimnis.

Wie schreibt er so  richtig: «Man fragt sich: Was ist noch geiler als geil? Noch steiler als steil? Das Ausfüllen der Wahlunterlagen? Antworten gibt es keine.»

Man wird den Verdacht nicht los, dass Stäuble meint, der Begriff Glosse sei die deutsche Übersetzung von Lippgloss. Oder komme von glotzen. Mit satirischem Sprachwitz hat das auf jeden Fall nichts zu tun.

Menschliche Kopierer

Dem Apparat kann man keine Vorwürfe machen.

Denn genau das ist die Aufgabe eines Kopierers. Ein möglichst originalgetreues Abbild eines Originals herstellen. Werden Journalisten zu Kopierern, sieht’s etwas anders aus.

Es gibt die niedrigste Form der Kopie: die Übernahme fremder Texte. Integral, teilweise, geschüttelt, gequirlt, Wort für Wort. Erfolgt das ohne Quellenangabe, ist’s eine Schweinerei.

Die nächste Stufe ist die Übernahme mit. Zum Beispiel hier bei Tamedia:

Dem Leser des «SonntagsBlick» kommt das nicht unbekannt vor:

Nein, Autor «mae» (gilt da nomen est omen für Malte Aeberli?) erwähnt aufrecht, dass er das dem SoBli abgeschaut hat.

Peinlicher wird es allerdings, dass «mae» der Einfachheit halber ganze Passagen aus dem SoBli übernimmt, ohne das auszuzeichnen. Zum Beispiel; so lautet es im Original:

«Dort heisst es: «Die Betreuung basiert auf den Grundprinzipien der Scientology-Religion und den Erziehungsprinzipien von L. Ron Hubbard.» Hubbard ist der hochumstrittene Gründer der Sekte. Laut Handelsregister ist die Kita in erster Linie für Kinder reserviert …»

Das Echo im Tagi:

«Dort heisst es: «Die Betreuung basiert auf den Grundprinzipien der Scientology-Religion und den Erziehungsprinzipien von L. Ron Hubbard.» Hubbard ist der hochumstrittene Gründer der Sekte. Laut Handelsregister ist die Kita in erster Linie für Kinder reserviert …»

Oder, Original: «Scientology sieht sich international seit Jahren mit heftigen Vorwürfen konfrontiert. Die Sekte sei totalitär, antidemokratisch, und wer einmal Mitglied ist, finde nur noch schwer hinaus. Die Scientology-Bewegung streitet das ab.»

Das Echo: «Scientology sieht sich international seit Jahren mit heftigen Vorwürfen konfrontiert. Die Sekte sei totalitär, antidemokratisch, und wer einmal Mitglied sei, finde nur noch schwer hinaus. Die Scientology-Bewegung streitet das ab

Wobei es dann textidentisch weiter und weiter geht. Sogar Zwischentitel übernimmt «mae» der Einfachheit halber. Original:

«Wir berücksichtigen die staatlichen Vorgaben»
Der deutsche Verfassungsschutz beobachtet Scientology seit 1997. Schon vor Jahren kam dieser zum Schluss …»
Kopie: «Wir berücksichtigen die staatlichen Vorgaben»
Der deutsche Verfassungsschutz beobachtet Scientology seit 1997. Schon vor Jahren kam dieser zum Schluss …»
Nun könnte man sagen, dass der SoBli-Text halt dermassen toll geschrieben und aufgebaut sei, dass es dem armen «mae» gar nicht möglich war, das besser oder anders zu formulieren.
Es ist aber doch die Frage erlaubt, ob der Tamedia-Leser für sein Geld nicht etwas mehr erwarten könnte. Als dass ihm nicht nur eine Fremdstory serviert wird, eigener Aufwand bei Tamedia null, sondern dass per copy/paste auch viele Passagen des Fremdartikels einfach übernommen werden.
Da wäre es doch ehrlicher, dem Leser reinen Wein einzuschenken: am Sonntag sind wir sowieso unterbesetzt und nicht wirklich in Arbeitslaune. Ist sonst nix los, übernehmen wir halt Fremdartikel. Holen wir die aus internationalen Medien samt Übersetzung, dann machen wir sowieso copy/paste, und wenn wir in Stimmung sind, gibt’s sogar einen Hinweis auf das Original (muss aber nicht sein). Nun machen wir das Gleiche bei Schweizer Medien. Aber wer rechnet denn schon damit, dass jemand SoBli und Tagi aufmerksam liest.
So nebenbei: eine KI hätte das sicher besser hingekriegt …
Solche Schlaumeiereien, Schlampigkeiten sind einer der vielen Sargnägel für die Mainstream-Medien. Oder sagten wir das schon?

 

 

Korrekt beknackt

Es darf gelacht werden, wenn der Tagi korrigiert.

Fehler sind menschlich, wo gehobelt wird, es kann alles passieren. Der Sprüche im Journalismus sind genug. Auch ZACKBUM bekennt sich zu einer bedauerlichen Schwäche, Namen im ersten Anlauf richtig zu schreiben. Von ärgerlichen Vertippern ganz zu schweigen.

Aber ZACKBUM vereinigt Verleger, Chefredaktor, Herausgeber, Bildredaktor, Textchef, Produzent, Autor, Faktenchecker  und einiges mehr – in einer Person. Aber leider haben wir kein Korrektorat.

Im Rahmen der Sparmassnahmen zur Qualitätsverbesserung hat Tamedia auch beim Korrektorat schwer abgeholzt. Das führt dann aktuell zu einer Häufung von brutal komischen Korrekturen, unter dem Titel «Korrekt».

Da hätten wir vom vergangenen Freitag diesen hier:

Der Zürcher Tagi weiss nicht im ersten Anlauf, dass der nicht unbekannte Politiker Jositsch für Zürich im Ständerat sitzt? Au weia. Hoffentlich verwechselt die Redaktion nicht nächstens Zwingli mit Calvin.

Am Mittwoch zuvor wusste der Tagi nicht, dass der berühmte Zürcher Künstler Mario Comensoli 1922 geboren wurde. Die Redaktion vermutete, es sei 1943 gewesen. Und vielleicht lebt Picasso noch, sicher aber Elvis.

Auch wenn es um den sensiblen Schneeflocken auf der Redaktion unliebsame Themen geht, schludert der Tagi. So musste er am 17. Juni einräumen:

Darunter, weil dieses Korrigendum auf der «Debatte»-Seite erschien, fordert das Blatt seine Leser auf: «Schreiben Sie Ihre Meinung». Für ein «uns» war dann leider kein Platz auf der Zeile. Was sich der Tagi wohl damit für einen Shitstorm einhandelte?

Lässt sich das noch steigern? Kaum, aber der Tagi macht auch Unmögliches möglich:

Lottozahlen ist nun eine echt heikle Sache. Denn es passiert gelegentlich, dass Lottospieler die Korken knallen lassen, weil sie meinen, den Jackpot geknackt zu haben. Dabei wurden sie nur Opfer einer schludrigen Redaktion.

Dieses «Korrekt» erschien ebenfalls letzten Freitag; auf der «Kehrseite», in sicherer Distanz zur Richtigstellung bezüglich Jositsch. Lässt sich das noch steigern?

Das ist nun eigentlich unmöglich, aber der Tagi …

Denn auch die korrigierten Zahlen, nun, das glaubt selbst einem seriösen Organ wie ZACKBUM keiner, daher der Beweis:

Wer findet den Unterschied? Richtig, die 8 hat sich beim Tagi in eine 6 verwandelt. Das dürfte nun weltrekordverdächtig sein. In einer peinlichen Korrektur der Lottozahlen nochmals eine falsche Zahl angeben, Wahnsinn.

Das ist nun Leserverarsche mit Anlauf. Damit hat sich der Tagi Häme kübelweise eingebrockt. Statt sich um Gendersternchen, inkludierende Sprache, die Abschaffung von Diskriminierungen aller Art, also um Themen zu kümmern, die der überwältigenden Mehrheit der Tagi-Leser so was von egal sind, könnte es die Redaktion vielleicht mit vereinten Kräften schaffen, die Lottozahlen beim ersten Mal, spätestens beim zweiten Mal richtig abzuschreiben. Es heisst doch «Die Zahl», «die Lotterie», «die Ziehung», also kann das doch gendertechnisch keine Probleme geben. Und es heisst «die Korrektur». Es heisst sogar die Korrektur der Korrektur, wobei hier das «der» keinesfalls ein männlicher Artikel ist, liebe Tagi-Schneeflocken …

 

Wolkig, sehr wolkig

Altes Wasser in neuen Schläuchen beim Tagi.

Man habe dies und das geändert, gibt die Redaktion stolz bekannt. Also schauen wir mal, ob jemand wirklich bereit ist, für dieses Produkt Fr. 4.60 auszugeben.

Denn im Gegensatz zur Meinung vieler Redaktoren ist die Welt und das Publikum nicht auf ihre Meinung angewiesen oder kann sich ein Leben ohne gar nicht vorstellen. Sondern die Frage ist ganz einfach: bekommt der Konsument genügend Gegenwert für sein Geld?

Beginnen wir mit einem Quervergleich. Wir drehen das Rad der Zeit 25 Jahre zurück. Wie sah denn die Ausgabe des «Tages-Anzeiger» am 22. Juni 1998 aus?

Damals bekam der Konsument satte 75 Seiten geliefert. Für Fr. 2.20 Kioskpreis. Und heute? Heute sind es noch 32 Seiten. Das war damals ein Seitenpreis von rund 3 Rappen. Heute sind wir bei 14,5 Rappen pro Seite. Also fast eine Verfünffachung. Dafür ist der Inhalt dann sicherlich auch fünfmal besser, dichter, kompakter, einfach mehr Qualität. Na ja:

Heute haben wir Anrisse, Anrisse und nochmal Anrisse auf der Front. Plus eine mässig lustige, dafür riesige Karikatur und ein mässig interessanter Artikel als Rehash über die Folgend es angekündigten Rücktritts von Alain Berset.

So geht’s dann auch auf den Seiten zwei und drei weiter. Ein mässig interessanter Kommentar der Chefredaktorin Raphaela BirrerDas ist für die SP ein gefährlicher Zeitpunkt»), ein überdimensioniertes Foto eines Berset, der in New York auf einem Randstein sitzt (x-mal verwendet, Gähnfaktor 10), plus ein mässig interessanter Text der beiden Koryphäen Philipp Loser und Markus Brotschi. Selbst wenn man mit der Corona-Politik Bersets nicht einverstanden war: das hat er nicht verdient.

Auch auf Seite 4 ist der Tagi monothematisch; die möglichen Nachfolger. Ein mässig interessanter Text mit Altbekanntem von Charlotte Walser (die schon die Front bestreiten durfte), Markus Häfliger und Iwan Städler.

Seite 6 ist dann die Lieblingsseite der Journalisten: «Meinungen». Allerdings: alles Leihmeinungen. Peter Burghardt von der «Süddeutschen Zeitung» wirft sich für den ungeratenen Sohn des US-Präsidenten Biden in die Bresche, als wäre er dessen Wahlkampfleiter: «Kein Vergleich mit den Taten Trumps». SZ-Autor Arne Perras wirft immerhin ein Schlaglicht auf den Krieg im Sudan («Die Gleichgültigkeit wird sich für Europa rächen»). Und schliesslich fordert Damian Müller (Luzerner FDP-Ständerat) «klare Signale in der Asylpolitik». Der Tagi selbst bleibt hier meinungslos.

Eine schlappe Seite Wirtschaft, eine Seite Börsenkurse, eine Seite Ausland, Doppelseite Ukraine-Krieg. Dann nochmal Ausland, Simon Widmer regt sich darüber auf, dass das verschollene Tauchboot mit 5 Insassen mehr Aufmerksamkeit erziele (unter anderem beim Tagi) als die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer.

Der «Zürich»-Teil macht mit der abgehangenen Story «Zürichs Ländereien in Deutschland» auf; hoffentlich bleibt da noch etwas für später, wenn man alle Sommerloch-Artikel jetzt schon verballert. Seite 16 präsentiert die «Wochen-Hits» der Migros, immerhin hoher Nutzwert.

Sport ist halt Sport, dann kommt «Kultur & Gesellschaft», das Sammelgefäss für alles Übriggebliebene, neu auch Reisen und so weiter. Ein Interview mit einer englischen Bestsellerautorin von einer Münchner Autorin der SZ, schon wieder Eigenleistung null. Dann das Nachtreten von Andreas Tobler gegen den Ex-Chefredaktor der NZZaS, ein entsetzlich peinliches Stück.

Autoseite, Rätsel, Wetter und schliesslich noch «Wissen»: «So erkennen Sie, ob Hagel droht». Und tschüss. Das waren bereits die 32 Seiten.

Kann man nun sagen, dass sich der fünffache Seitenpreis im Vergleich zu 25 Jahre zurück lohnt? Kann man wohl nicht sagen. Kann man sagen, dass sich dieser Seitenpreis dafür lohnt, dass vieles, allzu vieles von der SZ in München übernommen wird, inklusive deutsche Meinungen? Kann man wohl nicht sagen.

Kann man sagen, dass die Strategie – weniger Inhalt, weniger Eigenleistung für deutlich mehr Geld – zukunftsträchtig ist? Kann man nicht sagen. Kann man sagen, dass weitere Millioneneinsparungen zu einer deutlichen Qualitätsverbesserung beitragen werden? Kann man sicher nicht sagen.

Kann man sagen, dass nach der Corona-Peinlichkeit, der Ukraine-Einseitigkeit, die kritiklose Akklamation der Klimapolitik die Glaubwürdigkeit des Tagi steigern wird? Kann man nicht sagen.

Kann man schliesslich sagen, dass die Mischung aus Häme gegen Konkurrenten und das Totschweigen eigener Skandale in eigenen Glashaus bei den Lesern gut ankommt? Kann man nicht sagen. Kann man sagen, dass das Aufdrängen der eigenen Meinung (wenn sie mal dürfen) so vieler Redaktoren, das Herumreiten auf einer angeblich gendergerechten Sprache, obwohl das der überwältigenden Mehrheit der Leser!Innen** schwer an einem gewissen Körperteil vorbeigeht, die Leser-Blatt-Bindung erhöht? Kann man nicht sagen.

Was kann man dann über den Tagi noch sagen? Bis zum Skelett abgemagert, will er Haut und Knochen exorbitant teuer verkaufen. Das kann nicht gutgehen. Nicht nur diejenigen, die der nächsten Sparrunde zum Opfer fallen werden, sollten sich schon jetzt nach einer neuen Stelle umschauen. Die Schlaueren tun das schon längst.