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Verschlimmbessert

Die «Berner Zeitung» klappert nach.

Nachdem eine «erfahrene» Journalistin unbelegte Vorwürfe über Diskriminierung und Rassismus am Gurtenfestival kolportiert hat, wofür sie vom Kommentarschreiber kräftig kritisiert wurde, will sich die «Berner Zeitung» weiter lächerlich machen.

Die Kommentarfunktion klemmte sie zunächst kommentarlos ab und spülte auch alle bereits publizierten Meinungsäusserungen der Leser. Das sei leider «aus technischen Gründen» nicht anders möglich. Aber immerhin wurde versprochen, dass man dem Thema Rassismusvorwürfe weiter nachgehe. Da denkt der Leser an eine Recherche, an den Versuch, endlich den Mitgliedern des Kollektivs «Café Révolution» eine Aussage zu entlocken, was denn genau passiert sei.

Auch ZACKBUM hat sich mit dieser Frage an die dort versammelten Frauen gewendet – keine Antwort. Beim erfolgreichen Crowdfunding über 30’000 Franken hatte das Kollektiv noch getönt: «Ist die letzte Etappe erreicht, können wir Dir im café révolution ein umfangreiches kulturelles Programm anbieten: Lesungen, Schreibworkshops, Yogasessions, Filmabende, Konzerte, Kunstaustellungen – the sky is the limit! Die Events sollen sozialkritische Themen aufgreifen und das Bewusstsein für diese Themen schärfen. Damit kommen wir unserer gesellschaftlichen Verpflichtung nach und bauen Brücken.»

Ein Blick auf die angepriesenen «Events» ist aber ernüchternd; es herrscht weitgehend – wenn der Begriff nicht rassistisch konnotiert gelesen werden kann – tote Hose:

Aber die BZ macht’s noch schlimmer, denn Ane Hebeisen ergreift dort das Wort. Pardon, er schreibt ein «Essay». Auch so ein Begriff, der völlig verludert ist. Das war mal ein brillanter Versuch, intellektuell hochstehend zu einem bedeutenden Thema etwas Wichtiges, Erkenntnisförderndes zu sagen.

Heute ist ein Essay in der BZ ein «ich mein› halt auch mal was und holpere das schriftlich vor mich hin». Hebeisen ist einschlägig bekannt, er rumpelte schon gegen das Rammstein-Konzert in Bern: «Die kruden Fakten zuerst: Die beiden Rammstein-Konzerte in Bern am Samstag, 17., und Sonntag, 18. Juni, werden – Stand heute – stattfinden … Aber auch auf ganz praktische Fragen gibt es bislang keine Antwort. Etwa auf jene, ob man sich sein Ticket zurückerstatten lassen kann, wenn man jetzt keine Lust mehr auf ein solches Konzert hat.»

Aber nun gar ein «Essay». Woran überhebt sich Hebeisen? Zunächst beschreibt er liebevoll die Tätigkeit dieses Kollektivs: «Die Einnahmen dieser Spenden kamen heuer dem Café Révolution zu, einem Begegnungsraum, in dem sich People of Color zum Thema Rassismus austauschen können, wo Lesungen oder Diskussionen stattfinden.»

Aber auch ihm wollte das Kollektiv nicht mal «auf mehrmaliges Nachfragen weitere Erklärungen abgeben». Es bleibt also dabei: leere Behauptungen von Diskriminierungen und Rassismus. Ein Hohn für alle wirklichen Opfer, die es natürlich gibt. Aber statt ein Essay über diesen eklatanten Missbrauch zu schreiben, behauptet Hebeisen: «Aus dessen Umfeld war später zu erfahren, dass wiederholt das N-Wort gefallen sei, dass Becher vor die Füsse der Einsammlerinnen geworfen wurden, mit der Aufforderung, sie sollten sich die Spende verdienen. Es sind Teller gegen den Stand geflogen, und mindestens eine Person soll angespuckt worden sein.»

Beweise, Belege, Videos gebe es allerdings nicht. räumt der Essayist ein. Keine Videos an einem Musikfestival, wo es mindestens so viele Handys wie Besucher gibt? Aus dieser Nicht-Tatsache macht Hebeisen dann flugs ihr Gegenteil: «Tatsache ist: Es muss eine Stimmung geherrscht haben, welche die Frauen dazu bewog, lieber auf Einnahmen des Standes zu verzichten, als länger an diesem Festival zu bleiben.»

Das ist keine Tatsache, sondern eine Beschreibung der unverständlichen und unbegründeten Reaktion des Kollektivs. Dass sie auf die Einnahmen verzichteten, stimmt auch nicht, sie mussten nur nicht mehr selbst sammeln.

Dann macht Hebeisen genau das Gleiche wie das Kollektiv. Er behauptet. Er behauptet, in der Kommentarspalte habe «die Stimmung begonnen hochzukochen». Leider kann das der Leser nicht nachprüfen, und auch Hebeisen – in bester Tradition – bringt keinen Beleg. Er behauptet: «Der Grundtenor in der Diskussion: Gegen Rassismus zu sein, sei eine linksextreme, politische Einstellung. Das seien alles Mimosen. Rassismus gäbe es bei uns nicht. Und wenn doch, seien die Betroffenen selber daran schuld

Das mag vielleicht eine fragwürdige, sogar falsche Ansicht sein, angesichts der haltlosen Vorwürfe zudem verständlich, aber Hochgekochtes ist hier nicht zu erkennen. Dennoch behauptet Hebeiesen weiterhin belegfrei: «Herrschte auf der Redaktion zunächst die Haltung, das Café Révolution schade sich selber, wenn es seine Vorwürfe nicht weiter ausführe, kippte die Stimmung bald. In einem derartig feindlichen, gehässigen und polemischen Umfeld würden selbst wir niemandem raten, sich mit Gesicht und Namen zu exponieren

Mit Gesicht und Namen exponieren? Wieso das? Es wurde doch nur verlangt, dass das Kollektiv ein paar Beispiele für seine Behauptung liefere; niemand verlangt, dass das mit «Gesicht und Namen» zu erfolgen habe.

Aber nun wird’s fatal, denn Hebeisen legt sich in die Kurve zu seinem eigentlich Anliegen: «In der Summe gibt es aber eine Ahnung davon, in welch unangenehmem Kraftfeld man sich als Person anderer Hautfarbe in diesem Land immer noch bewegt. In einem Land notabene, in dem die grösste politische Partei gerade beschlossen hat, die Migration als Quell allen Übels zu definieren, und damit zusätzlich einer ausländerskeptischen Enthemmung Bahn brechen dürfte

Enthemmung? Was heisst hier Enthemmung Bahn brechen? Natürlich muss man nicht lange auf das abgelutschte Allerheilwort warten: «struktureller Rassismus». Aber dann will Hebeisen «Klartext» schreiben: «Ja, die Schweiz hat ein Rassismusproblem, weil hier Menschen wegen ihrer Herkunft, wegen ihres Aussehens oder auch schon nur wegen ihres Namens nicht nur von vielen als «störend» empfunden werden, sondern auch tagtäglich Nachteile erfahren

Das mag nun so sein, aber was hat das mit dem Problem zu tun, dass hier ein Kollektiv für medialen Aufruhr sorgt, indem es wilde Behauptungen ausstösst und bislang den wirklichen Opfern von Rassismus damit einen Bärendienst erweist?

Dann wird’s noch einen Moment persönlich-peinlich: «Ich bin seit bald 20 Jahren mit einer afrobrasilianischen Frau verheiratet, die kein grosser Fan ist von sogenannten Safer Spaces für People of Color.»

Den langen Rest des Essays macht sich Hebeisen noch Gedanken, wo denn nun Rassismus beginne, wie man ihm begegnen könne und was es für Lösungsmöglichkeiten gäbe. Auf welchem Niveau? Na, auf dem hier: «Ich zitiere wieder meine Gemahlin: Schwingen wir nicht gleich bei jedem Anfangsverdacht die Rassismus-Keule

Da ist der Leser dann wirklich erschlagen. Ist das in der Gesamtwirkung peinlich. Kommentar kann Tamedia nicht. Reportage auch nicht. Essay ebenfalls nicht. Wofür will dann das Medienhaus überhaupt noch Geld verlangen? Für einkopierte Artikel aus München?

Zensoren und Grossinquisitoren

Sonst mit Hang zur Verstaatlichung, fordern vor allem Linksgrüne die Privatisierung der Zensur.

Der Genderwahn, also die auf einer Verwechslung von Genus mit Geschlecht beruhende Sprachvergewaltigung mit Sternchen, Binnen-I und anderem Schwachsinn, ist zwar ärgerlich, aber in erster Linie lächerlich.

Seit Voltaire den Schlachtruf «écrasez l’infâme» schuf (zermalmt das Niederträchtige), wogt ein ständiger Kampf gegen Intoleranz, Zensur und Fanatismus. Damals vor allem verkörpert von der Kirche, heute von Kreisen, die im Besitz der Wahrheit für das Gute und somit gegen das Böse zu kämpfen meinen.

Mit Forderungen nach Ausgrenzung, statt Debatten über Argumente werden angeblich dahintersteckende Gesinnungen, Haltungen denunziert. Nach der schäbigen Methode, sich jede geistige Anstrengung zu ersparen, indem man behauptet, wer so etwas sage, sei ein Ignorant, ein Hetzer, ein Unmensch, ein Rechtsradikaler, oder einfach ein Idiot.

Zurzeit ausser Betrieb: Scheiterhaufen für Hexenverbrennungen.

Während es früher – unter Ausnützung der von den Aufklärern, darunter Voltaire, erkämpften Meinungsfreiheit – lebhafte Debatten über Inhalte gab, werden heute Gräben ausgehoben und Stacheldrahtverhaue errichtet, in denen solche Diskussionen verröcheln.

Als Mob schützen vor Todesgefahr

Viel besser geeignet als doch eher abstrakte Themen wie Klimawandel, Sklaverei, Rassendiskriminierung ist die Pandemie. Hier geht es endlich mal um nicht kulturimperialistisch angeeignete Probleme, sondern angeblich um Leben oder Tod. Jeder Infizierte, dem man auf der Strasse begegnet, kann zum Mörder werden; dagegen müssen wir uns doch schützen.

Nicht nur mit Mundmasken, natürlich auch mit Maulkörben. Und als Mob. Wer sich fragte, wie eine Menschenmeute zur Bestie werden kann, Menschen durch die Strassen jagt, zur Selbstjustiz greift, nur noch blindem Hass folgt, sollte sich nur einen beliebigen sogenannten Shitstorm auf den sozialen Medien anschauen.

Mutig durch Anonymität wird hier Recht und Ordnung durch Willkür und Selbstjustiz ersetzt. Glücklicherweise meistens nur von Maulhelden, zu feige für jegliche andere Art der Aktion. Aber durch die Notwendigkeit, immer extremer zu werden, um überhaupt noch Aufsehen zu erregen, tobt und keift der Mob immer ungehemmter. Wer sich zum Beispiel die absurden Vorwürfe gegen die aufrechte SP-Genossin anschaut, die völlig zu Recht und wie von Obama abwärts viele Kommentatoren darauf hinwies, dass dunkelhäutige Menschen gut tanzen können, blickt in eine gähnende Leere.

Bewaffnet mit der Wahrheit einer besseren Welt

Gefüllt mit absurden Begriffen wie «struktureller Rassismus», gar «positiver Rassismus», also auch eine lobende Erwähnung von Eigenschaften sei natürlich rassistisch. Und wer entscheidet darüber? Natürlich die Besitzer der absoluten Wahrheit. Früher nahm das die Kirche für sich in Anspruch. Heute kann das jeder Idiot tun, der sich als Kämpfer für eine bessere Welt versteht.

Natürlich gehören solche künstlich befruchtete Dauererregungen schon länger in die Abteilung «Wahnsinn ist ansteckend», wirken nur noch lachhaft, wenn zum Beispiel argumentiert wird: «Auch die Absicht dahinter ist irrelevant, denn die Verletzung bleibt dieselbe. Auch wenn wir jemandem unabsichtlich mit einem Hammer auf den Daumen hauen, tut’s weh.»

Dazu kann man nur absichtlich sagen: Wieso tut es nicht weh, so einen Stuss mit ernstem Gesicht abzusondern? Aber der feministische, klimabewegte, antirassistische, Diversität verteidigende, fordernde und ablehnende Mob im Internet ist letztlich harmlos. Durchgedrehte Genderforscher, von Steuergeldern bezahlt, die rigorose Sprachregelungen an ihren Unis durchsetzen wollen, sind schon eine Runde gefährlicher.

Meinungen? Nein, Menschen, Haltungen, Gesinnungen

Durch die absichtliche Verwechslung von Meinung und Mensch liegt es natürlich nahe, nicht nur die Zensur seiner Meinung zu fordern, sondern gleich des ganzen Menschen. Deshalb wurde weitherum applaudiert, dass ein Lügner, Hetzer und Unmensch wie Donald Trump der Stecker gezogen wird. Fertig Twitter, fertig Facebook, fertig direkter Zugang zu seinen Anhängern.

Das wurde nicht nur von vielen linksgrün-feministisch bewegten Inquisitoren begrüsst. Auch viele Medien konnten der Aktion durchaus etwas abgewinnen. Logisch, weil Trump als Erster in diesem Ausmass ihnen vorgeführt hatte, dass er nicht von Massenmedien als Multiplikatoren oder Lautsprechern abhängig ist, um seine Ansichten unters Volk zu bringen.

Welche Ansichten das sind, wie man die qualifizieren muss, darüber herrscht ausserhalb der «Weltwoche» allgemeine Einigkeit. Aber eben nicht darüber, was man davon halten soll, dass ein autistischer Milliardär, ein etwas abgedrehter Erfinder eines Kurnachrichtendiensts, die Entwickler einer monopolistischen Suchmaschine, darüber entscheiden dürfen, was auf ihren Plattformen geht und was nicht.

Über viele Jahre hinweg entledigten sich die Besitzer sozialer Plattformen jeder Verantwortung, was auf ihnen getrieben wird, mit dem Argument, dass sie ja nur die Infrastruktur für privaten Meinungsaustausch zur Verfügung stellten; ausserdem sei es schlicht unmöglich, Milliarden von Posts ständig darauf zu kontrollieren, ob sie auch gesetzeskonform seien.

Milliardengewinne mit Trotteln, die alles für gratis halten

Zudem wiesen sie als völlig abwegig zurück, dass ihre Plattformen für politische Agitation, ja sogar Manipulation missbraucht werden könnten. So scheffelten sie in Ruhe mit geringem Aufwand Milliarden, während sich die Nutzer darüber freuten, dass ihnen hier angeblich völlig umsonst und aus Menschenfreundlichkeit gratis Tools zur Verfügung gestellt wurden, mit denen sie ihrer Einsamkeit oder Bedeutungslosigkeit entfliehen konnten.

Erst Bewegungen wie der arabische Frühling oder nachgewiesene Wahlbeeinflussungen durch ausländische Hackerarmeen oder üble Manipulatoren wie Cambridge Analytica sorgten für einen Meinungsumschwung.

Eine weitere Verteidigungslinie war, dass Äusserungen von Politikern einen Sonderstatus besässen, weil man ja politisch neutral bleiben wolle und deshalb nicht einfach zensurierend eingreifen könne. Aber am Beispiel Trump wurde dann auch das über Bord geworfen.

Bankrotterklärung des Rechtsstaats

Reine Heuchelei, nachdem man sich auch an ihm mit seinen Millionen Anhängern durch Werbung und Datenverkauf dumm und krumm verdient hatte. Aber als nur noch zwei Wochen seiner Amtszeit übrig waren, wurde der Abschaum, der das Kapitol stürmte, zum Vorwand genommen, mit staatstragender Miene seine Accounts zu sperren.

In Wirklichkeit ist das eine Bankrotterklärung des Rechtsstaats. Schon wieder, nachdem wir das finstere Regime der Kirche überwunden haben, wird das unverzichtbare Prinzip, dass nur ein Rechtsstaat nach Gesetzen und mit der Möglichkeit zur Gegenwehr der freien Meinungsäusserung Grenzen setzen darf, neuerlich durchlöchert.

Man kann nur froh sein, dass all diese kleinen Möchtegern-Inquisitoren, diese Westentaschen-Torquemadas, diese Sprachdenunzianten, diese Gesinnungspolizisten, die mit Willkür und Geschrei richten wollen, im Gegensatz zur richtigen Inquisition nur über begrenzte Mittel verfügen.

Die aber auch nicht zu unterschätzen sind. Welch unheilvolle Entwicklung sich hier abspielt, kann man einfach selbst herausfinden. Man vergleiche nur mal, was vor 20 Jahren noch im öffentlichen Diskurs möglich war, und was heute. Das ist keine Verbesserung, keine Reinigung, keine Ent-irgendwas. Das ist einwandfrei ein Highway to Hell.

Klare Sache für Moral-Ayatolle.

Neues aus Entenhausen

Was haben die Schweizer Medien damit zu tun? Na, alles, eigentlich.

Jung und Alt können sich bis heute an den lustigen Taschenbüchern mit Donald Duck, Daisy Duck, Dagobert Duck, den drei Neffen, Düsentrieb, den Panzerknackern, Gustav Gans und so weiter begeistern.

Warum? Weil man sich so schön zu Hause fühlt. Warum das? Weil alle Charaktere so heimelig gleich bleiben. Dagobert ist reich und geizig, Donald der ewige Verlierer, Gans der Glückspilz, usw. Jede Story muss sich an diese Rahmenbedingungen halten, einfach neue Varianten entwickeln, humorvoll sein, auch sprachlich herausragend, solange Dr. Erika Fuchs kongenial für die deutsche Übersetzung zuständig war.

Natürlich gibt es auch Zeitungen in Entenhausen, allerdings monopolartig in den Händen von Dagobert Duck oder Klaas Klever. Also eigentlich wie in der Schweiz.

Das passiert dem Schweizer Leser eher selten …

Aber humorvoll, sprachlich anspruchsvoll? Das kann man dem Schweizer Journalismus im Allgemeinen nicht vorwerfen. Varianten vom Ewigleichen, das schon. Nehmen wir nur ein Thema, das sich neben Corona einigermassen behauptet. Die Denunziation von Rassismus in jeder Form.

Scheisswetter verhindert den Kampf im Freien

Zugegeben, so wankelmütig ist der Mensch, die Zeiten, wo jeder Mohrenkopf mit Tod und Boykott bedroht wurde, ansonsten zurechnungsfähige Menschen niederknieten, zumindest den Kopf senkten, und «Black Lives Matter» grölten, um ihrem tiefen Schuldgefühl Ausdruck zu verleihen, sind vorbei. Ist ja auch ein Scheisswetter für den Kampf gegen Rassismus im Freien.

Aber, das geht, gut beheizt im coronafreien Home Office, da kann man seine Erbschuld, als Weisser (oder Weisse!) geboren zu sein, abtragen. Allerdings, wie meist, wenn sich Intellektuelle vertieft Gedanken machen, wird’s recht schnell kompliziert.

Denn, oh Graus, dürfen Weisse überhaupt über Rassismus gegen Schwarze schreiben? Oder reden? Eher nicht, sind Antirassisten überzeugt. Logisch, um Rassismus gegen Schwarze zu erfahren, muss man schwarz sein. Kann doch nicht so schwer sein.

Rassismus, struktureller Rassismus, positiver Rassismus

Zudem gibt es ja noch den strukturellen Rassismus. Was ist das? Nun, wenn ein Weisser sagt: «Alle Schwarzen sind blöd», dann ist das offensichtlich Rassismus. Allerdings von einem sehr einfältigen Rassisten. Es gibt aber auch raffinierte und ganz clevere. Denen kann man ihren Rassismus nicht so einfach aufspüren und denunzieren. Also handelt es sich hier einwandfrei um strukturellen oder institutionellen Rassismus.

1967 von Stokeley Carmichael und Charles V. Hamilton im Buch «Black Power» in die Debatte eingeführt. Aber wer weiss das heute schon noch. Deshalb verwendet man diesen Begriff nur noch für: «Ich kann’s nicht festmachen oder belegen, aber es ist einwandfrei Rassismus.»

Um all den oberschlauen Rassisten auch das letzte Schlupfloch zu stopfen, gibt es dann auch noch den «positiven Rassismus». Denn wenn einer positive Sachen über Schwarze sagt, dann kann das selbstverständlich auch rassistisch sein. Wie das? Nun, jetzt wird’s einen Moment kompliziert. Zum Beispiel die Aussage «Schwarze tanzen gut» könnte oberflächlich betrachtet ein Lob sein. Ganz falsch. Das ist diskriminierend, ausgrenzend, reduzierend. Das soll Assoziationen zu in Baströcken tanzenden Schwarzen auslösen, die – anstatt was Anständiges zu arbeiten – den lieben, langen Tag zu wildem Getrommel tanzen.

Keiner zu klein, Mikrogruppe zu sein

Mindestens so wichtig ist die Granulierung der Betroffenen. Damit ist gemeint, dass natürlich ein schwarzer Homosexueller ganz andere Diskriminierungen als ein weisser erlebt. Hier muss man weiter differenzieren, ob es sich um einen afrikanischen, in Europa lebenden, sozial prekären oder wohlhabenden schwulen Schwarzen handelt; nicht zu vergessen den Unterschied zwischen Stadt und Land.

Wir versuchen, zusammenzufassen. Es ist immer fragwürdig, wenn Weisse über Schwarze reden. Da die Rolle zwischen Herr und Knecht über Jahrhunderte verteilt war, ist es hingegen völlig okay, wenn Schwarze über Weisse reden. Allerdings wäre es wünschenswert, wenn nur städtische, schwule, schwarze Zahnärzte über die Probleme ihrer Leidensgenossen sprechen würden.

Wer darf denn über Diskriminierungen von Frauen sprechen?

Ganz verschärft (Pardon) gilt das natürlich für Geschlechterfragen. Es ist doch nur Ausdruck jahrtausendealter männlicher Unterdrückung der Frau, dass es bis heute Männer wagen, überhaupt über Frauendiskriminierung, Feminismus, gendergerechte Sprache und Ähnliches zu reden. Als ob sie sich in eine Frau hineindenken könnten. Auch hier gibt es alle Spielarten von struktureller oder positiver Diskrimination.

Richtig geraten, eine heterosexuelle, weisse Frau kann nicht über die Probleme von schwarzen, lesbischen Frauen sprechen, ohne kulturimperialistisch sich diese Fähigkeit anzumassen.

Eigentlich darf niemand über keinen reden

Genauer betrachtet gilt das eigentlich für alle. Dicke nicht über Dünne, Laien nicht über Fachleute, Ingenieure nicht über Köche, des Lesens Mächtige nicht über Analphabeten, Chinesen nicht über Indianer, Japaner nicht über Afrikaner, und Weisse sowieso eigentlich über nichts, vor allem, wenn es alte, privilegierte Weisse sind.

Damit ist zwar jeder Meinungsaustausch, jede Kommunikation verunmöglicht. Aber dafür ist endlich alles politisch korrekt. Da ich die ganze Zeit hier über Themen geschrieben habe, von denen ich nichts verstehe, ausser über die Erbschuld des privilegierten weissen Mannes, muss ich aus Respekt auch verstummen.