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Korrekt beknackt

Es darf gelacht werden, wenn der Tagi korrigiert.

Fehler sind menschlich, wo gehobelt wird, es kann alles passieren. Der Sprüche im Journalismus sind genug. Auch ZACKBUM bekennt sich zu einer bedauerlichen Schwäche, Namen im ersten Anlauf richtig zu schreiben. Von ärgerlichen Vertippern ganz zu schweigen.

Aber ZACKBUM vereinigt Verleger, Chefredaktor, Herausgeber, Bildredaktor, Textchef, Produzent, Autor, Faktenchecker  und einiges mehr – in einer Person. Aber leider haben wir kein Korrektorat.

Im Rahmen der Sparmassnahmen zur Qualitätsverbesserung hat Tamedia auch beim Korrektorat schwer abgeholzt. Das führt dann aktuell zu einer Häufung von brutal komischen Korrekturen, unter dem Titel «Korrekt».

Da hätten wir vom vergangenen Freitag diesen hier:

Der Zürcher Tagi weiss nicht im ersten Anlauf, dass der nicht unbekannte Politiker Jositsch für Zürich im Ständerat sitzt? Au weia. Hoffentlich verwechselt die Redaktion nicht nächstens Zwingli mit Calvin.

Am Mittwoch zuvor wusste der Tagi nicht, dass der berühmte Zürcher Künstler Mario Comensoli 1922 geboren wurde. Die Redaktion vermutete, es sei 1943 gewesen. Und vielleicht lebt Picasso noch, sicher aber Elvis.

Auch wenn es um den sensiblen Schneeflocken auf der Redaktion unliebsame Themen geht, schludert der Tagi. So musste er am 17. Juni einräumen:

Darunter, weil dieses Korrigendum auf der «Debatte»-Seite erschien, fordert das Blatt seine Leser auf: «Schreiben Sie Ihre Meinung». Für ein «uns» war dann leider kein Platz auf der Zeile. Was sich der Tagi wohl damit für einen Shitstorm einhandelte?

Lässt sich das noch steigern? Kaum, aber der Tagi macht auch Unmögliches möglich:

Lottozahlen ist nun eine echt heikle Sache. Denn es passiert gelegentlich, dass Lottospieler die Korken knallen lassen, weil sie meinen, den Jackpot geknackt zu haben. Dabei wurden sie nur Opfer einer schludrigen Redaktion.

Dieses «Korrekt» erschien ebenfalls letzten Freitag; auf der «Kehrseite», in sicherer Distanz zur Richtigstellung bezüglich Jositsch. Lässt sich das noch steigern?

Das ist nun eigentlich unmöglich, aber der Tagi …

Denn auch die korrigierten Zahlen, nun, das glaubt selbst einem seriösen Organ wie ZACKBUM keiner, daher der Beweis:

Wer findet den Unterschied? Richtig, die 8 hat sich beim Tagi in eine 6 verwandelt. Das dürfte nun weltrekordverdächtig sein. In einer peinlichen Korrektur der Lottozahlen nochmals eine falsche Zahl angeben, Wahnsinn.

Das ist nun Leserverarsche mit Anlauf. Damit hat sich der Tagi Häme kübelweise eingebrockt. Statt sich um Gendersternchen, inkludierende Sprache, die Abschaffung von Diskriminierungen aller Art, also um Themen zu kümmern, die der überwältigenden Mehrheit der Tagi-Leser so was von egal sind, könnte es die Redaktion vielleicht mit vereinten Kräften schaffen, die Lottozahlen beim ersten Mal, spätestens beim zweiten Mal richtig abzuschreiben. Es heisst doch «Die Zahl», «die Lotterie», «die Ziehung», also kann das doch gendertechnisch keine Probleme geben. Und es heisst «die Korrektur». Es heisst sogar die Korrektur der Korrektur, wobei hier das «der» keinesfalls ein männlicher Artikel ist, liebe Tagi-Schneeflocken …

 

Tagi als Zensor

Unglaubliche Zustände im angeblichen Forumsblatt.

Tamedia bestreicht die Hälfte der Deutschschweiz, die nicht fest im Griff von CH Media ist. Bei jeder neuen Akquisition versicherte der Konzern, dass er sich selbstverständlich seiner Verantwortung als Duopolist bewusst sei und daher offen für widerstreitende Meinungen und verschiedenartige Positionen.

Das hat sich längst als lächerliche Behauptung erwiesen, der in keiner Form nachgelebt wird. Aber was sich Tamedia gerade geleistet hat, ist dann doch ein starkes Stück.

Das gesamte Team der Kolumnisten wurde ausgetauscht. Das ist in den meisten Fällen keine schlechte Idee gewesen, auch wenn die Nachfolgecrew noch fürchterlicher ist. Mit einer Ausnahme: Rudolf Strahm. Darüber drückte ZACKBUM sein Bedauern aus.

Was der kompetente und streitbare Publizist inzwischen auf seiner eigenen Webseite bekannt macht: sein letzter Beitrag, seine letzte Kolumne wurde zensiert. Der ganze Schlussabsatz wurde «in den Print-Versionen im Tages-Anzeiger und im Bund gegen meinem Willen gänzlich weggelassen». Noch schlimmer, auch in der Online-Version «um den fett gedruckten Abschnitt ohne Voranmeldung gekürzt».

Strahm liefert dann die von Tamedia gekürzte und zensierte Version in der Originalform nach:

«Das ist nach vierzehn Jahren meine letzte Kolumne. Sie endet nicht freiwillig. Die neue Chefredaktion des Tages-Anzeigers will die Beiträge neu ausrichten. Ich habe mit meinen Kolumnen gern zur Einordnung der Politik beigetragen. Mit Analysen aus einer gewissen Distanz, Unabhängigkeit und Weitsicht habe ich mich an jene Generation gewandt, die noch Zeitung liest und politisch reflektiert. Dabei habe ich versucht, dem Motto «Audiatur et altera pars» – Höre auch den andern – gerecht zu werden. Allen Leserinnen und Lesern danke ich für das Interesse an meinen Beiträgen.»

Ist das eine Art, einen verdienten Kolumnisten zu verabschieden? Schämt sich auf dieser Redaktion überhaupt niemand mehr für nix? Vielleicht hat Strahm mit dem letzten Absatz den Platz im Print überschrieben. Aber wäre es nicht eine Geste gewesen, bei seiner letzten Kolumne ein Auge zuzudrücken?

Insbesondere, wenn der Autor offensichtlich forderte, dass auch dieser Absatz im Print erscheint. Pfeif drauf, sagte Tamedia. Der Gipfel ist aber, dass in der Online-Version einfach ein entscheidender Satz ohne Einverständnis des Kolumnisten zensiert wurde.

Das ist doch kein anständiges, korrektes, verantwortliches Verhalten mehr. Das ist respektlos, arrogant und indolent.

Es scheint immer mehr, dass mit den Sparmassnahmen bei Tamedia auch die letzten Reste von journalistischen Ethos verlorengegangen sind. Ein Kolumnist muss auf seiner eigenen Webseite seine vollständige Kolumne veröffentlichen, weil Tamedia dazu nicht in der Lage ist. Wie peinlich ist das denn.

Sparen, sparen, sparen

Die fetten Zeiten sind vorbei. Jetzt wird gespart.

Die Mainstream-Medien machen aus dem neuen Überthema noch viel zu wenig. Das liegt daran, dass dort zu viel eingespart wurde. Kindersoldaten in Verrichtungsboxen, die Journalisten spielen, dazu frustrierte Hosen- und Meinungsträger, die die Welt mit ungewollten Ratschlägen zusossen, auf der Nase eine Gesinnungsbrille, dick wie Flaschenböden? Da kann noch gewaltig gespart werden.

Raumtemperatur senken, kurz duschen, Zähne kalt putzen, Kühlschrank erwärmen, Tiefkühler abtauen, Deckel auf den Topf, das ist doch alles Kinderkram. Da fehlt noch die letzte Konsequenz, die nötig ist, um den Kreml-Herrscher in die Schranken zu weisen.

Fangen wir bei der Heizung an. Was heisst da 17 Grad? Die Zeiten sind noch nicht so lange vorbei, als es gar keine Zentralheizung gab. Eine Bettpfanne für die Nacht, mit dem Herd wurde gleich noch geheizt, das reichte. Hat auch niemandem geschadet. Der echte Ukraine-Unterstützer dreht die Heizung vollständig ab. Seine Solidarität zeigt er dann, ganz im Sinne des Chefredaktors der NZZaS, indem er eine Ukraine-Fahne vor dem Fenster mit lustigen Eisblumen flattern lässt, darauf einkopiert das Foto des auf 0 gestellten Thermostaten.

Duschen, gar baden? Wieso eigentlich? Ist es nicht ein Vorteil des Winters, dass kalte Temperaturen Körperausdünstungen minimieren? Und wer unbedingt muss, etwas praktische Intelligenz kann nie schaden. Dafür nützt man den Besuch bei Freunden und Bekannten. Jammert etwas von «Dusche kaputt» und verschafft sich so Zugang zu Warmwasser. Bis man dann nicht mehr eingelassen wird.

Auch bei körperlichen Verrichtungen gibt es Sparpotenzial. Closomat und ähnliche dekadente Einrichtungen: sofort stilllegen. Wer sich in der Natur versäubert, braucht kein Wasser. Wer dabei rezykliertes Papier verwendet, erleichtert sich umweltbewusst. Wem der rasche Zugang ins Gebüsch verwehrt ist, kann anders sparen. Es gibt kein Gesetz, das vorschreibt, dass nach jedem Stuhlgang gespült werden muss. Das kann man auch erst dann tun, wenn die Schüssel bereits wohlgefüllt ist.

Ein grosses Thema ist auch der Individualverkehr. Das eigene Auto bleibt selbstverständlich in der ungeheizten Garage. Auch Elektro-Fahrer müssen einsehen, dass ein Tesla indirekt Putin hilft. Also stilllegen. Der ÖV, ein Stromfresser ohne Gleichen. Gut, dass die SBB Selbstversorger sind, allerdings nicht bei so unwichtigen Sachen wie Signalen oder Weichen. Die Züge bleiben dann ganz von selbst stehen, womit sich diese Stromverschwendung auch erledigt hat.

Wie man dann von A nach B kommt? Auch da kann man sich die Altvorderen als Vorbild nehmen. Zu Fuss, wie denn sonst. Ausser, man besitzt ein Pferd, aber das war damals auch nur wenigen vorbehalten. Ausserdem gibt es inzwischen Velos. Die sind übrigens nicht nur als Transportmittel geeignet. Mit einem Velo kann man eine Glühbirne und einen Kühlschrank betreiben, zum Beispiel. Eine vierköpfige Familie kann sich problemlos ablösen beim Trampen.

Das hat ganz nebenbei wohltuende Auswirkungen auf Fitness und Gesundheit. Treppensteigen statt Lift, Buch lesen statt TV glotzen, kalte Küche ist auch schmackhaft, Gemüse ist billiger als Fleisch und kann man prima roh essen. Wer nicht TV schaut, braucht auch kein Abo mehr. Das gilt natürlich auch fürs Internet, diesen Stromfresser. Man kann doch wieder Briefe schreiben, und ab und an ein Telefonat, das sollte noch möglich sein, aber bitte sich kurz fassen.

Wem es in der eigenen Stube zu kalt ist, der kann sich in den noch geöffneten Warenhäusern aufwärmen, bis auch dort die Heizung abgestellt wird. Mitsamt der Beleuchtung.

Ein grosser Vorteil unserer Breitengrade besteht darin, dass man, auch wie früher, Lebensmittel aufbewahren kann, indem man sie einfach der Kälte aussetzt. Das macht Kühlschrank und Tiefkühler völlig überflüssig. Dann gibt es ungeheuerliches Sparpotenzial bei Haushaltgeräten. Staubsauger, Föhn, Bügeleisen, Mixer, Kaffeemaschine, erst noch auf stand-by, elektrische Zahnbürste und Rasierapparat, da kann gespart werden, bis die Wasserkraftwerke überlaufen.

Der Volksgesundheit wäre auch ungemein zuträglich, wenn wir uns wieder an den von der Natur vorgegebenen Tagesablauf halten. Wenn es dunkel ist, ist’s halt dunkel. Dann geht man ins Bett. Oder, wer’s unbedingt wissen will, der setzt sich halt aufs Velo und strampelt sich Licht herbei.

Auch und gerade für Journalisten ist die Benützung einer mechanischen Schreibmaschine etwas Hilfreiches. Schliesslich haben auch Koryphäen wie Hemingway so ihre Artikel verfasst. Wer jeden Vertipper mit Tipp-Ex behandeln muss, beim Einfügen eines Absatzes die Schere benützen, bei einer Umstellung am besten den ganzen Artikel nochmal abtippt, der wird viel sorgfältiger formulieren und – das ist wahrhaft möglich und tut nicht übermässig weh – vor dem Schreiben zuerst nachdenken.

Genau das vermissen wir; denn all diese Tipps werden in den Medien noch nicht genügend propagiert. Aber das kommt hoffentlich noch.

Sparen durch Ausgeben

Die SRG macht es wie im Werbespot: ausgeben zum Sparen.

Nicht nur Hausfrauen fallen immer wieder darauf rein: Sonderangebot, Sie sparen 10 Franken. Dass man zuerst 50 Franken ausgeben muss, um dann angeblich zu sparen, je nun.

Etwas merkwürdiger wird es, wenn es um den Zwangsgebührensender SRG geht. Der muss nämlich auch sparen. Dazu zwingen sinkende Einnahmen. Sparrunde eins wurde mit 100 Millionen bis 2020 absolviert.

Nun sollen noch mal 50 Millionen draufgesattelt werden. 250 Stellen solle das kosten, bis 2024 werde auch diese Sparrunde abgeschlossen sein, behauptet die SRG. Das ist sowieso ein heikles Thema, weil der Sender mit einer Initiative bedroht wird, die die Zwanggebühren schlichtweg halbieren will. Diesem Ansinnen werden durchaus gute Chancen eingeräumt, nachdem der Versuch, die Zwangsgebühren vollständig zu streichen, knapp abgeschmettert wurde.

Vor der letzten Abstimmung hatte die SRG Kreide gefressen, Besserung gelobt, man woll haushälterischer mit dem Milliardenbudget umgehen. Schon damals hatte der Medienexperte Kurt W. Zimmermann in seiner «Weltwoche»-Kolumne vorgerechnet, dass jeder eigentlich für den Inhalt von Sendungen Arbeitende von zwei weiteren Sesselfurzern unterstützt wird.

Ob es wirklich fast 7000 Angestellte braucht, um die sogenannte Grundversorgung der Bevölkerung, den Service Puplic im Medialen, sicherzustellen? Durch die Ausweitung des Online-Angebots machte sich die SRG bei den privaten Medienhäusern keine Freunde. Denn die sehen ihr eigenes Angebot dadurch konkurrenziert. Die Ablehnung der Medienmilliarde hat auch gezeigt, dass die Stimmbürger ihr Portemonnaie lieber geschlossen halten wollen.

Also wäre es sicherlich förderlich, wenn die SRG die zweite Sparrunde vorbildlich durchführte. Nur: sie verwendet offenbar lieber die Methode: sparen durch Ausgeben. Denn statt an den 50 Millionen Sparziel zu arbeiten, hat die SRG laut Geschäftsbericht im Jahr 2021 satte 50 Millionen mehr ausgegeben.

Zudem sanken die Personalkosten um lediglich 16 Millionen, diese 1,6 Prozent seien «Peanuts», schimpft Zimmermann in der «Weltwoche», wo er diese neusten Zahlen enthüllte. Da schon die normale Fluktation 6 Prozent betrage, besetzte die SRG-Spitze «einfach jede vierte Stelle, die intern frei wurde, nicht mehr neu».

Da passt die Reaktion der Führungsequipe auf die Kritik an ihren Boni bestens ins Bild. Wieso braucht es das bei einem Unternehmen, das nicht gewinnorientiert arbeiten muss? Stimmt, war die Schlaumeierei als Antwort, das braucht es wirklich nicht – deshalb wurde der variable Anteil einfach in den Fixlohn integriert, schon ist das Bonusproblem gelöst.

Die SRG sieht in den Mehrausgaben keinen Widerspruch zum Sparprogramm. Es waren, Überraschung, «besondere Ereignisse», die zu Mehraugaben zwangen. Sportevents, Corona, die anhaltenden technischen Probleme im neuen Newscenter, das läppert sich dann halt.

Auch bei der SRG gilt offenbar die absurde Sparlogik: Wenn man 50 Franken ausgeben muss, um 10 zu sparen, dann spart man doch am einfachsten sogar 20 Franken, wenn man 100 ausgibt. Diese Ausgabe hat man locker wieder eingespart, wenn man nochmal 500 drauflegt.

Wieso allerdings der Geldbeutel trotz solcher gewaltigen Sparmassnahmen immer leerer wird, das müsste halt mal ein Wirtschaftsnobelpreisträger erklären, versteht doch kein normaler Mensch, noch viel weniger ein SRG-Chef.

 

Hilfe, mein Papagei onaniert: Altpapier

Die «Berner Zeitung/ Der Bund» probiert ein neues Rezykliermodell.

Eines ist bei Tamedia klar: wenn gespart wird, Redaktionen zusammengelegt werden, es dadurch bedauerlicherweise zu Kündigungen kommt, dann bewirkt all das nur, dass die Qualität steigt.

Die schöne Nebenwirkung ist, dass der Coninx-Clan sich über einen Supersondergewinn von über 800 Millionen Franken freuen kann. Für die Kunden der Produkte ist’s allerdings weniger profitabel. In Bern wird gerade vorgeführt, was so eine Steigerung der Qualität durch Fusion konkret bedeutet. Für das «Classic-Jahresabo» sind satte 539 Franken fällig.

Dafür gibt’s dann sicherlich wenigstens täglich frische News. Könnte man meinen. Nun ist aber Ostern gewesen. Selbst ZACKBUM hat die Gelegenheit genützt, drei Tage Pause einzulegen. Als mildernde Umstände können wir anführen, dass wir eine One-Man-Show sind. Und gratis.

Die «Berner Zeitung/Der Bund» bietet allerdings seinen Lesern dieses starke Stück:

Nomen est omen. Ein Artikel über Rezyklieren. Eine hübsche Lokalreportage: «Spätnachts, wenn alle schlafen, zieht ein Mann in Burgdorf seine Runden: Hansruedi Herrmann ist auf der Jagd nach Getränkedosen.» Das hiess natürlich für Cornelia Leuenberger (Text) und Beat Mathys (Fotos), zu nachtschlafener Zeit ihrem Beruf nachzugehen. Herausragend, so etwas will man im Lokalteil lesen.

Nur: Will man es auch immer wieder lesen?

«Über die Ostertage publizieren wir Texte der letzten Monate nochmals, die zu reden gaben. Dieser Artikel erschien erstmals am 13. Februar 2022.»

ZACKBUM muss darauf hinweisen: Das ist keine Realsatire. Also schon, aber nicht von uns erfunden.

Selbst einer fusionierten Lokalredaktion sei’s gegönnt, über Ostern lieber im Stau zu stehen als zu arbeiten. Und die ewigen Ostereier-Artikel können tatsächlich auf genau diese gehen. Aber mal im Ernst: ein rezyklierter Artikel über Rezycling? Echt jetzt? Weil der «zu reden» gab? Wird das zur neuen Spar-Mode? Wieso nicht den Artikel über den Beginn der russischen Invasion in der Ukraine wiederholen? Der gab auch zu reden. Oder die schönsten Sportberichte über längst vergangene Wettbewerbe?

Auf dem Weg nach unten sieht der Journalismus offenbar keine Stoppschilder. Wir raten einzig von der Wiederholung eines Gefässes ab. Ernsthaft, auch wenn darüber wohl sehr viel geredet wird. Aber die schönsten Wetterberichte der vergangenen Monate, da sollte man die Finger von einer Wiederholung lassen.

Hingegen, man muss solche Sparmassnahmen zu Ende denken, wieso nicht diesen hier: «Heute bekommen Sie die Ausgabe vom 17. Januar 2021 zum zweiten Mal überreicht. Sie hat uns besonders gut gefallen, und geben Sie’s zu: Sie haben den Inhalt doch längst vergessen. Dafür gibt’s dann aber morgen eine nur teilweise rezyklierte Neuausgabe dieser Zeitung.»

Einmal Wappler, bitte

Die NZZaS versuchte, einen Wackelpudding an die Wand zu nageln.

Ein Interview mit Nathalie Wappler ist etwa so erkenntnisfördernd wie der Versuch, die «Tagesschau» zu interviewen.

Wappler versucht es immer wieder mit der gleichen Strategie. Leugnen, zurückfragen, dann wieder leugnen.

Die NZZaS konstatiert, dass die Sparnmassnahmen zu einer Qualitätseinbusse geführt haben, beispielsweise beim Flaggschiff von SRF, den Nachrichtensendungen. Verteidigungslinie eins von Wappler:

«Dass die Qualität der Sendungen ungebrochen hoch ist, wird uns regelmässig von unabhängiger Stelle attestiert.»

Wechsel von Defensivverteidigung zur Offensive: «Weshalb ist es aus Ihrer Sicht eine Qualitätsminderung, wenn ein Beitrag länger und vertiefter ist?»

Die NZZaS legt nach, dass sei nicht ihre Meinung, sondern Mitarbeiter hätten ausgesagt, dass sie ausdrücklich als Sparmassnahmen angehalten worden seien, Beiträge in Live-Schaltungen durch «längere Gespräche und Zusatzfragen in die Länge zu ziehen».

Nun geht Wappler etwas die Luft aus, also wird sie apodiktisch: «Das sind keine Sparmassnahmen.» Sondern das diene der «Vertiefung».

Wapplers ewig gleiche Taktik

Gleiche Taktik bei Fragen nach dem Abbau in der Kultur. Zuerst Gegenoffensive, dann halbes Eingeständnis: «Das mit dem Sparen ist ernst. Glauben Sie mir, ich hätte lieber neue Formate entwickelt und gleichzeitig die alten behalten. Das ging aber nicht.»

Die NZZaS hakt nach, dass Kultursendungen gestrichen wurden, ohne einen Ersatz zu präsentieren. Da versucht sich Wappler in absurder Logik: «Was soll ich entwickeln, bevor ich weiss, wie viele Mittel ich für die Weiterentwicklung habe?»

Das könnte man in einer ordentlichen Finanzflussplanung theoretisch hinkriegen, aber wieso auch. Dann setzt sie noch einen drauf: «Zu unserer Unabhängigkeit gehört auch, dass wir die Finanzen in Ordnung halten.»

Das muss man nun zumindest als nassforsch bezeichnen, bezüglich Finanzgebaren, Verzögerungen, Zusatzkosten beim Newsroom usw. spricht sogar der sonst um christliche Sanftmut bemühte Parteipräsident der «Mitte» Gerhard Pfister von einem «Saftladen». Aber das kratzt natürlich eine Wappler nicht.

Auch auf die Frage, wieso SRF nicht von den drei TV- und sechs Radiosendern ein paar streiche, die Konzession fordert nur insgesamt fünf, versucht es Wappler mit einer Gegenfrage: «Wieso soll ich in einer Welt mit immer mehr Medienkanälen ausgerechnet Kanäle streichen?»

Knappe Replik der NZZaS: «Weil Sie sparen müssen, um Geld für neue digitale Projekte zu haben.» Da macht Wappler den Wackelpudding: «Die heutigen Sender laufen ja gut.»

Abgesehen davon, dass das sehr relativ ist; wo ist hier der Bezug zur Frage? Im weiteren Verlauf des Interviews verwendet Wappler diesen Trick wieder und wieder.

Antworten auf Fragen, die nicht gestellt wurden

Kritische Fragen an einen Bundesrat? «Sagen Sie mir, wo nicht.» Interne Unruhen und viele namhafte Abgänge? «Erklären Sie mir das mit den vielen Abgängen, bitte.» Die NZZaS erklärt mit langer Namensliste. Darauf Wappler: «Ich finde es immer schade, wenn Kolleginnen und  Kollegen das Haus verlassen.»

Das mag ja so sein, nur war das nicht die Frage. «Wir sind immer noch ein attraktiver Arbeitgeber», die NZZaS kontert mit einer Mitarbeiterbefragung, in der desaströse 54 Prozent SRF als attraktiven Arbeitgeber bezeichnen. Kühle Antwort:

«Eine derart grosse Transformation ist mit Irritation verbunden.»

Natürlich ist es einer Chefin unbenommen, ihre Politik, ihre Entscheidungen und deren Auswirkungen zu verteidigen. Aber dermassen realitätsfern, abgehoben, arrogant und uneinsichtig, das ist bedenklich. Das riecht nach überspielter Unsicherheit. Nach leichtem Angstschweiss. Nach Hilflosigkeit, Prozesse zu lenken und zu verstehen, Keine schöne Sache für die Mitarbeiter bei SRF.

Zum Beispiel Viviane Joyce

Wie Karriere verformen kann. Ein bedauerliches Lehrstück.

Viviane Joyce war sozusagen die Tätschmeisterin bei der BaZ. Bei der alten «Basler Zeitung», als unter der Leitung von Markus Somm noch Journalismus mit Hand und Fuss und Herz betrieben wurde.

Als Debatte grossgeschrieben wurde, keine Meinung zensiert und deshalb auch das mit Millionen unterfütterte Gegenprojekt «TagesWoche» kläglich verröchelte. Da hatten auch Externe mit eher konfliktiven Beiträgen problemlos Platz. Natürlich sprechen wir hier von René Zeyer.

Joyce sorgte damals dafür, dass alles seinen geordneten Gang ging und kümmerte sich um die vielen grösseren oder kleineren Probleme, die das Zusammenschreiben doch nicht ganz pflegeleichter Charaktere so mit sich brachte.

Dann schaffte Joyce als eine der ganz Wenigen der BaZ den Sprung in den Tamedia-Konzern, als der die Zeitung übernahm und begann, mit seiner Zürcher Einheitssosse abzufüllen. Seither hat die BaZ nur noch nominell einen Chefredaktor, der ängstlich darauf verwies, dass solche Entscheidungen nur in Zürich getroffen werden können, als ich ihm ein Stück mit Schwerpunkt Basel anbot.

Viviane Joyce, Überlebenskünstlerin.

Karriere war auch schon einfacher

Das ist nun alles verständlich, man muss heutzutage im Journalismus schauen, wo man bleibt. Ausserhalb von ZACKBUM gilt die Devise: ja nicht unangenehm auffallen, das könnte nicht nur die Karriere, sondern gleich den Job gefährden. Denn nach der Sparrunde ist immer vor der Sparrunde, nach dem grossen Rausschmeissen ist vor dem nächsten Rausschmeissen.

Immerhin blieb der BaZ das Schicksal der «Berner Zeitung» und des «Bund» erspart. Allerdings verfügt Tamedia am Platz auch nur über die BaZ, da kann nicht sonderlich zusammengelegt und gespart werden.

Aber Tamedia verfügt auch über die sogenannten Editorial Services. Also den Maschinenraum von Layoutern, Produzenten, Korrektoren, Bildredaktoren und allen, die für den ordentlichen Weg eines Artikels in die Abfüllmaschine Tamedia zuständig sind.

Alles so schön bunt hier, in der Selbstdarstellung.

Was bei einem Automotor eher ungut wäre, ist bei einer Zeitungsherstellungsmaschine scheinbar problemlos möglich: immer wieder ein paar Stücke abschrauben, wegschmeissen, geht auch so. Allerdings sind das keine Stücke, sondern Mitarbeiter, aber was soll’s.

Joyce ist inzwischen «Leiterin Editorial Services» und auch Mitglied der Geschäftsleitung von Tamedia. Das ist sicherlich ein verdienter Aufstieg einer kompetenten Frau. Allerdings gehört dann dazu, die neue Sparrunde nach der vorhergehenden Sparrunde möglichst schönzuschwätzen.

Schönreden statt schimpfen

Das tat sie gegenüber seidenweichen Fragen von persoenlich.com, als es darum ging zu erklären, dass der neuerliche Abbau von 710 Stellenprozenten eigentlich keinerlei Auswirkung auf die Qualität der Dienstleistung habe. Zurzeit werkeln noch «102 feste Mitarbeitende»; Joyce lenkt also einen ziemlich grossen Töff im Tamedia-Imperium. Dass sie die neuerliche Sparrunde nicht öffentlich als Riesensauerei beschimpft, ist verständlich. «Synergien nutzen», keinerlei Einbusse bei der Qualität, bessere Abstimmung, das übliche Blabla halt.

ZACKBUM hatte allerdings noch ein paar konkrete Nachfragen, unterbreitete die mit grosszügig bemessener Bedenkfrist:

  1. Nach der Sparrunde ist vor der Sparrunde. Wann ist die nächste geplant?
  2. Wie erklären Sie das Wunder, dass mit weniger Mitarbeitern gleiche Qualität geliefert werden kann?
  3. Sie haben sicherlich die Begriffe Synergie und Straffung und so weiter verwendet. Aber das würde ja bedeuten, dass zuvor Leerläufe und überflüssige Tätigkeiten existierten, oder nicht?
  4. Sie gehören zu den wenigen «Überlebenden» der BaZ ausserhalb der BaZ, aber innerhalb von Tamedia. Haben Sie bei Stellenantritt bereits geahnt, dass Sie vor allem Zeichen im Abbau setzen werden?
  5. Können Sie umreissen, ab welcher Work Force eine gleichbleibende Qualität nicht mehr garantiert werden kann?

Auch hier gibt sich niemand der Illusion hin, dass Joyce als Mitglied der GL aus ihrem Herzen keine Mördergrube machen würde. Aber eine ernsthafte Befassung mit den Fragen wäre eigentlich nicht zu viel verlangt gewesen.

Geblubber und Geschwurbel statt Inhalt und Strategie.

Stattdessen kam das hier von Joyce:

«Grundsätzlich ist alles gesagt auf persönlich.com: Tamedia Editorial Services muss einen Beitrag an die Kostenreduktion leisten. Ich bedauere, dass die organisatorischen Veränderungen bei Tamedia Editorial Services personelle Massnahmen mit sich führen. Dies hat aber keine Auswirkungen auf die Qualität, auch mit den neuen Abläufen und Zuständigkeiten ist diese stets gewährleistet. Zudem gibt es Synergiepotenzial durch die Neuaufstellungen der Redaktionen in Zürich und Bern, aber auch mit einer Einführung des TES-Hubs an zwei Standorten.»

Da kann man nur noch sagen: oh je.

Nach dem Wappler nun wappeln

Ein Wappler ist die neue Messeinheit für einen TV-Flop. Wenn man alles zerredet, nennt man das inzwischen wappeln. Oben ein Blick in den SRF-Newsroom.

Eric Gujer ist Chefredaktor der NZZ. Daher ist er von Natur aus ein Mann mit Mass und Mitte. Vielleicht nicht in der Gestaltung seiner Ferien, aber sonst. Wie Politiker überlegt er sich zudem lange, ob er unserem Staatsfunk, Pardon, dem gebührenfinanzierten Service Public, an den Karren fahren will.

«Die SRG ist zur PR-Agentur des Bundesrates mutiert»,

schimpft Gujer über die unkritische Corona-Berichterstattung. «Saftladen», so kommentiert der normalerweise christlich milde Parteipräsident der «Mitte», Gerhard Pfister. Auch er weiss, dass damit seine Chancen, die Birne vor eine Kamera halten zu können, nicht gerade steigen. Das ist aber für einen Politiker existenziell wichtig.

«Play Suisse» (wer’s nicht kennt: ein neues Streaming-Angebot mit wackeligem Datenschutz), Sendungen mit nicht messbarer Einschaltquote, Streichungen von Sendungen mit messbarer Einschaltquote. Schawinski raus, konfliktiv, aber mit Herzblut der Meister der Talkshows. Gredig rein, sympathisch, aber so spannend wie der Farbe beim Trocknen zuschauen.

Sparmassnahmen, Entlassungen, Verlust, ein Newsroom, der in Konkurrenz mit dem Berliner Flughafen steht (nur kleiner und billiger, der Neubau-Flop kostet die SRG schlappe 400’000 Franken im Monat). Kurzarbeit unten, der SRG-Generaldirektor verdient stolze 533’000 Franken, trotz sehr überschaubarer Performance. Nathalie Wappler, SRG-Direktorin, kassiert 450’000 Franken, Liga Bundesrat, nur mit im Vergleich mikroskopischem Verantwortungsbereich.

Berliner Flughafen von aussen. SRF-Newsroom von innen.

Vor ziemlich genau 6 Jahren machten 3694 Stimmen den Unterschied aus: die geräteunabhängige Zwangsgebühr wurde so knapp wie noch nie eine Vorlage angenommen. Die einen, wie Susanne Wille, steigen ohne grossen Leistungsausweis in die Geschäftsleitung auf und verdienen so auch nette 390’000 Franken im Jahr. Mal Hand aufs Herz, würde der Kultur oder SRF etwas fehlen, wenn Wille ihren Gatten Franz Fischlin nach dessen «Tageschau» als Hausfrau und Mutter am heimischen Herd erwarten würde?

Rare Erfolgsmeldungen bei SRF

Sandro Brotz rotzt auf den sozialen Plattformen einen raus gegen Coronamassnahmen-Kritiker, diese «Flacherdler». Als er damit überraschungsfrei einen Shitstorm auslöst, zieht er sich beleidigt aus den Social Media zurück – kurzzeitig. Eigentlich müsste auch er den neuen Leitfaden, die «Publizistischen Leitlinien», auf Mann tragen. Auf den neugebackenen 100 Seiten (!) heisst es, «wir stehen für die Werte und die Haltung von SRF» auch «in unseren privaten Posts auf Social Media ein». Scheiss drauf, sagt Brotz zu diesem Wertediktat.

Das ZDF kommt übrigens mit 4 Seiten Leitlinien aus, aber immerhin: mit dieser Fleissarbeit haben die jeweils zwei SRF-Mitarbeiter, die hinter einem tatsächlich medial Tätigen stehen, bewiesen, dass sie nicht nur scheintot in ihren Büros schnarchen.

Aber damit hat es sich auch schon mit den Erfolgsmeldungen, seit das «Fallbeil vom Leutschenbach» ihren Job angetreten hat. Gerade bei der gross angekündigten Digitalisierung harzt es ungemein, und mit gelegentlich sehr knackigen Aussagen nach innen und aussen macht sich Wappler zudem ungemein beliebt. So beliebt, dass die SVP inzwischen ergrimmt wieder einen Anlauf nehmen will, der SRG den Geldhahn wenn nicht ab, dann wenigstens zuzudrehen.

In dieser Lage, in der gerade bei einem Medienunternehmen Kommunikation ungemein wichtig ist, liess sich Nathalie Wappler auf ein Interview mit Edith Hollenstein von persoenlich.com ein

Würden Sie dieser Frau Ihre Karriere anvertrauen?

Hier zeigt die SRF-Chefin, wie man jeden beliebigen Wappler wappeln kann. Hollenstein ist nicht gerade als gnadenlose Interviewerin bekannt, aber die eine oder andere kritische Frage musste sie natürlich – angesichts von Zustand und Stimmung bei SRF – anbringen. Das führte dann zu folgenden Höhepunkten beim Wappeln.

Die Antworten glitschen weg wie Öl

Hollenstein steigt mutig mit der Witzfrage ein, was eigentlich der Unterschied zwischen dem Berliner Flughafen und dem SRF-Newsroom sei. Die gewappelte Antwort: «Unser Newsroom ist von aussen gesehen fertig – eine Baustelle ist er nicht mehr.» Von aussen gesehen war das der Flughafen auch – jahrelang.

«Zwar sind die Studios und der «Master Control Room» noch nicht in Betrieb, doch ich bin zuversichtlich, dass Ende 2021 oder sonst im Frühling 2022 das ganze Gebäude», und wappel, wappel. Kostet eine Stange Geld, 400’000 jeden Monat? «Es handelt sich nicht um externe Kosten, die ich aus einer unserer Kassen begleichen muss, sondern um interne Leistungen.»

Aber Kosten sind doch Kosten? Schon, aber: «Zentral ist für mich, dass die Sicherheit der Systeme gewährleistet ist.» Das ist wappeln mit Sternchen und Auszeichnung. Sparen, Unzufriedenheit? «Ich verstehe, dass das eine belastende Situation ist für unsere Mitarbeitenden.»

Die könnten sich aber darauf verlassen, dass «wir so wenige Kündigungen aussprechen, wie es irgendwie geht». Ungemein beruhigend, andere Arbeitgeber würden sich bemühen, so viele Kündigungen wie möglich auszusprechen. Da können die SRF-Medienschaffenden froh sein, eine Wappler zu haben.

Freiwllige oder unfreiwillige Abgänge von Aushängeschildern?

«Selbst wenn mich jeder Abgang schmerzt, finde ich diese Fluktuation gut. Denn sie nützt der Medienlandschaft Schweiz.»

Das ist auch bekannt als der Doppelwappler mit extra Pommes. Was meint Wappler hingegen zur neusten Drohung der SVP? «Unsere Unabhängigkeit ist unser wertvollstes Gut. Sie ist nicht verhandelbar.»

Dann noch die Salärfrage …

Oooch, muss da die SVP sagen, schade, dabei wollten wir genau die verhandeln. Nun spricht Hollenstein gegen Schluss noch die turmhohen Gehälter der Chefetage an, ob es angesichts Verlust, Kündigungen und Einsparungen nicht ein Signal gewesen wäre, auch nur symbolisch auf einen Teil des üppigen Salärs zu verzichten?

«Wie soll ich das jetzt sagen? (überlegt). Die SRG zahlt keinen Bonus, es handelt sich um eine variable Lohnkomponente. Deshalb kann man das nicht miteinander vergleichen.» Als Hollenstein insistiert, bei den SBB habe es solchen Lohnverzicht gegeben, wappelt sich Wappler mit dem üblichen Argumentationsbesteckt durch: Vergleich, unteres Drittel, absolut gesehen ein hoher Betrag, viel verständnis für Emotionalität.

Hollenstein gibt nicht auf, Wappler natürlich auch nicht: «Ich möchte meinen Lohn nicht öffentlich machen, denn das wäre meinen Kollegen in der SRG-Geschäftsleitung gegenüber nicht fair. … Wenn man betrachtet, dass ich Direktorin bin eines Betriebs mit 3000 Mitarbeitenden,

ist mein Lohn im Vergleich zu bundesnahen Betrieben aus meiner Sicht gerechtfertigt.»

Dass Lohn vielleicht auch entfernt etwas mit Leistung zu tun haben könnte, auf diese abstruse Idee kommt Wappler als Staatsangestellte natürlich nicht. Wie sieht’s insgesamt so aus? «Wir sind also sehr gut auf Kurs.»

Das erinnert an die grossartige Szene in Asterix, als der besoffene Piratenkapitän für einmal sein Schiff nicht selber absaufen lässt, als er die Gallier erspäht, sondern dem Steuermann klare Befehle gibt, wie der Kurs zu setzen sei. Befriedigt meint der Käpt’n: «So macht man das», während das nächste Bild des Comics in die Totale geht – und den absurden Zickzackkurs des Schiffs zeigt.

Hier handelt es sich aber nicht um ein fiktives Schiffchen, sondern um die – angesichts des Niedergangs der Privatmedien – immer wichtiger werdende Informationsquelle der Deutschschweiz.

Zu der kann man nur sagen: So sollte man das nicht machen.

Im Newsroom wird die stabilste Technik verbaut.

Grosses Wehklagen über Leutschenbach

In der Schweiz hat das Gebühren-Fernsehen eine besondere Bedeutung.

In Deutschland zum Beispiel haben die Staatsfunker von ARD, ZDF und den ganzen Regionalsendern schon längst die Deutungshoheit im Äther verloren. Vielleicht mit Ausnahme der klassischen Nachrichtensendungen wie «Tagesschau» oder «heute».

Das ist in der Schweiz noch etwas anders. «Talk täglich» könnte man als einzig ernstzunehmende Konkurrenz zum SRF-Programm bezeichnen, dann noch Quatsch-Sendungen wie «Bauer macht Bäuerchen» oder «Welchen Mann, welche Frau will ich flachlegen?».

SRF hat die absolute Lufthoheit

Aber ansonsten hat SRF mit allen angeschlossenen Kanälen weiterhin die absolute Lufthoheit. Bislang sind alle Versuche kläglich gescheitert, ein nationales Privat-TV dagegen antreten zu lassen. Das wurde sowieso zumeist nur auf Deutsch probiert, von Zwei- oder Dreisprachigkeit (sorry, liebe Rätoromanen, aber ihr als Zielgruppe interessiert nun wirklich nicht) ganz zu schweigen.

Ach ja, dann gab es noch den Versuch eines Kamikaze-Fliegers, mit pakistanischen Financiers CNN Money Switzerland gegen die Wand fahren zu lassen. Aber das war von Anfang an rausgeschmissenes Geld.

Andererseits leistet die Schweiz weiterhin den Luxus, für einen einzigen Kanton ein volles Programm zu liefern. Was zur Absurdität führt, dass SRF im Tessin der zweitgrösste Arbeitgeber ist, nach der kantonalen Verwaltung. Aber was tut man nicht alles für Konkordanz und Willensnation.

Eine eiserne Lady räumt auf

Nun zeigt aber die neue Chefin am Leutschenbach, dass hinter grosser Intellektuellenbrille und konziliantem Ton eine eiserne Lady steckt. Nach erstaunlich kurzer Eingewöhnungszeit kündigte Nathalie Wappler Sparmassnahmen, eine Neuausrichtung aufs Digitale, Entlassungen und die Streichung von Sendungen an.

Nach kurzer Schockstarre und verzweifelt dreinblickenden Journalisten, dass nun nicht mal mehr SRF einen zur Pensionierung trägt, gab es natürlich Riesengeschrei. Allerdings – wie sicher von Wappler erwartet – nicht vereint, sondern wie üblich jeder für sich und alle gegen alle.

Jeder ist sich natürlich selbst der Nächste

«Man kann schon streichen, aber diese Sendung ja nicht. Man kann schon einsparen, aber hier auf keinen Fall. Man kann schon auch zu Entlassungen greifen, aber hier braucht es jeden Mann und jede Frau.» Das ganze Klavier wurde hoch und runter gespielt, eigentlich ein ganzes Orchester. Service publique, trompetet die Bläser-Abteilung. Zusammenhalt der Regionen, Lagerfeuer, schmachten die Geigen. Traditionen, Kulturen, Regionales, Schweizerisches, bummern die Pauken, zischen die Becken.

Und jede Abteilung, jedes Ressort, jedes Thema darf kurz vortreten und zum Solo ansetzen: Hier kann nicht, darf nicht, soll nicht gespart werden. Sonst bricht zwar nicht die Welt zusammen, aber die Schweiz auseinander.

Zuvorderst machen sich die Dichter mal wieder lächerlich

Wie immer an vorderster Front lächerlich machen sich die Berufsschreiber, die sich selber berufen fühlenden Schriftsteller. Sie versuchten es mal wieder mit einem offenen Brief, den Krethi und Plethi unterzeichnete. Das Aus für die Radiosendung «Die 52 besten Bücher» sei furchtbar, da breche «eine Plattform weg», damit komme SRF sicher nicht besser aus der Krise, also wirklich, man bitte um Überdenken und Alternativen und überhaupt.

Bezeichnend auch mal wieder, dass keinem der unterzeichnenden Schreibgrössen ein sinnvoller Vorschlag einfiel. Das machte es Wappler leicht, diesen Zwergenangriff abzuschmettern.

Religiöse Gefühle verletzen ist heikel

Schon heikler ist es natürlich bei der Religion. «Zwischenhalt» und «Blickpunkt Religion» werden auch gestrichen. Wem diese Lücke gar nicht auffallen würde: Also bitte, diese Sendungen leisten einen «wichtigen Beitrag für den Religionsfrieden». Will Wappler also verantworten, dass schlimmstenfalls wieder Religionskriege aufflammen, Kappeler Milchsuppe getrunken werden muss?

Da kämpfen Christen, Juden und Muslime für einmal Schulter an Schulter mit einer Petition gegen diesen «Kahlschlag», gegen diesen Versuch der «Ghettoisierung religionsbezogener Information». Da ist man schon knapp vor unstatthaften Vergleichen wie «Endlösung der Religionsfrage», «Gottesverleugnung» und ähnlichem Unsinn.

Dabei ist schon seit Jahren bekannt, dass in Deutschland und in der Schweiz, aber nicht nur hier, der Wasserverbrauch deutlich ansteigt, wenn das «Wort zum Sonntag» ausgestrahlt wird. Nein, damit werden keine Taufbecken gefüllt.

Da muss sich Wappler vielleicht noch etwas einfallen lassen. Aber an einer Telefonkonferenz am Dienstagnachmittag mit Journalisten, nachdem sie sich mit interner Information schon warmgelaufen hatte, zeigte Wappler einmal mehr, dass sie kommunikativ nicht viel Beratung braucht.

Wappler ist zweifellos eine Naturbegabung

Abbau von 221 Kostenstellen in fünf Jahren, dazu die Schaffung von 95 neuen, Umschulungen und Pensionierungen, da müssen die Gewerkschaften schon tief Luft holen, um sich mit rotem Kopf aufregen zu können.

Die News-Chefin sei im Fall nicht gefeuert worden, sondern selber gegangen, jede einzelne gestrichene Sendung wie «Eco», «Sport aktuell» oder «Miini Schwiiz, diini Schwiiz» sei natürlich bedauerlich, aber was soll man machen.

Wir gratulieren und sehen mal etwas ganz positiv

Ach, und SRF konkurrenziere die Privatverlage mit «digital first»? Kein Problem für Wappler, schaut Euch doch mal die Konzession an, da steht drin, dass die SRG auch Angebote für Junge herstellen muss, und die muss man dort abholen, wo sie sind. Also im Netz. Sonst noch Fragen?

Keine mehr, nur tiefe Verneigung, so macht man das. Die schlechten Nachrichten rauspusten, dann begründen, wirklich ein Musterbeispiel von gelungener Kommunikation. Gut, dass die Journis Beisshemmung hatten, kommt Wappler auch zugute. Denn jeder denkt sich natürlich, dass er bei der nächsten Sparrunde vielleicht doch versucht, bei Papa SRF unterzuschlüpfen. Und da ist es sicher nicht gut, die oberste Chefin sauer zu machen.

 

Die Vogelfreien

Freier Journalist? Und lebt noch?

Die freien Journalisten in der Schweiz nagten schon lange am Hungertuch. Nun ist auch noch das Tuch weg.

«impressum» bietet «Covid-19 Hilfe für Journalist*innen», korrekte Rechtschreibung ist nicht inbegriffen. Die Bundeshilfen für kurzarbeitende Selbständige sind bekanntlich am 16. September ausgelaufen.

Der Gesamtarbeitsvertrag bereits 2004; seither ist es den Gewerkschaften nicht gelungen, die Arbeitgeber zum Abschluss eines neuen zu bewegen. Das ist so peinlich, dass beide Seiten eher ungern darüber sprechen.

Wohlfeile Forderungen und Ratschläge

Stattdessen gibt «impressum» «Empfehlungen» für Mindestlöhne und Mindestentgelte. Auch syndicom beschränkt sich im Wesentlichen aufs Fordern: «Mindestlöhne, besserer Kündigungsschutz», das übliche Programm unter markigen Worten:

«Wir lassen uns nicht auspressen».

Selten so gelacht, sagen die Medienhäuser. Freie Fotografen sollen pro Einzelbild mindestens 204 Franken bekommen. Freie Mitarbeiter mindestens 449 Franken pro Tag im Tessin, 523 in Basel, Bern und Zürich. Plus natürlich Spesen, Infrastrukturkosten, Sozialabgaben.

Selten so gelacht, sagen die freien Journalisten. Wer für eine fünftägige Recherche 2600 Franken in Rechnung stellt, dazu Spesen, Infrastruktur und Sozialabgaben,  bekommt als Antwort bestenfalls ungläubiges Gelächter.

Die Chancen der Freien sind eher gering

Das speist sich aus verschiedenen Quellen. Zunächst einmal: ein Thema von nationaler Bedeutung oder ein internationales Thema kann der Freie haargenau zwei Redaktionen anbieten: der Zentralredaktion von Tamedia und von CH Media. Wenn er tollkühn ist, kann er’s auch noch bei der NZZ oder dem «Blick» probieren. Wenn er keine Stigmata fürchtet, käme vielleicht noch die «Weltwoche» oder die «WoZ» infrage.

Bei all diesen Organen gilt: Durch ständige Konzentration, Zusammenlegung, Entlassungen, plus weniger Platz, um den sich die verbliebenden Redaktoren schon prügeln, sind die Chancen des Freien ziemlich gering.

Nun kann er diese Chancen erhöhen, wenn er sich auf ein gern genommenes Thema spezialisiert hat. Wein, Wissenschaft, Musik, solche Sachen. Aber im Allgemeinen gilt: 500 Franken ist schon ein grosszügiges Honorar, alles, was über 1000 ist, gilt schon als seltene Ausnahme. Und wer letzthin mehr als 2000 Franken für ein Stück verdient hat, muss sich unbedingt bei mir melden.

Realistisches Bruttoeinkommen: 6000 Franken im Monat

Aber selbst wenn der Freie bienenfleissig und ohne Ferien im Schnitt 22 Tage im Monat arbeitet und die ihm auch voll bezahlt werden, käme er auf ein Bruttoeinkommen von 132’000 Franken im Jahr. Das hört sich nur für Angestellte riesig an, da es sämtliche Abzüge für Steuern, Versicherungen, Infrastruktur und so weiter nicht enthält. Aber abgesehen davon ist es natürlich völlig unrealistisch.

Obwohl die meisten Freien entschieden mehr arbeiten, können sie im Allgemeinen höchstens die Hälfte dieser Tage auch in Rechnung stellen. Denn die geleistete Arbeitszeit ist schon längst nicht mehr der Massstab der Bezahlung. Sondern: Wenn du dein Stück loswerden willst, dann vergiss die drei Recherchier- und Schreibtage; es gibt 500, und basta.

Früher gab es noch die Möglichkeit, dann zur Konkurrenz zu rennen. Also was die «Berner Zeitung» nicht wollte, könnte ja den «Bund» interessieren. Da es aber, mit der Ausnahme Zürichs, heutzutage nur jeweils ein Monopolblatt am Platz gibt, fällt das auch weg.

Aufmüpfige Freie sind todesmutig

Geradezu todesmutig sind Freie, die es wagen, gegen willkürliche, ruppige, unfeine Behandlung zu klagen. Der (noch) auf seinem Redaktionsstuhl sitzende Mitarbeiter weiss, dass er am viel längeren Hebel sitzt. Wer sich beschwert, sei das über nicht abgesprochene Kürzungen, Verschiebungen, Verunstaltungen des eingereichten Texts, oder gar über den Zufall, dass das Thema zwar abgelehnt, aber überraschenderweise dann als redaktioneller Beitrag abgehandelt wurde, der kann sich auch gleich einen Post-it-Zettel an die Stirn kleben: Ignoriert mich in Zukunft.

Viele Freie könnten stundenlang davon erzählen, wie sie von desinteressierten Redaktoren nicht mal einer Antwort gewürdigt wurden, ihnen beim Nachfassen beschieden wurde, dass der Redaktor furchtbar beschäftigt sei, noch keine Zeit gehabt habe, aber es sei natürlich freigestellt, das Stück woanders anzubieten.

Vogelfrei in allen Bedeutungen des Wortes

Denn spätestens seit Corona sind freie Journalisten vogelfrei. In jedem Sinne des Wortes. Man kann sie vögeln, sie können geächtet werden, wenn sie unangenehm auffallen, man muss ihnen keine Behausung gewähren, sie sind eigentlich überflüssig.

Uneinsichtig dazu; sollen doch endlich einen anständigen Beruf lernen. Dass auch so gigantisch viel Fachwissen, Kenntnisse, bereichernde Blickwinkel verloren gehen: na und, die Medienhäuser haben es auch nicht leicht, und da die Staatströge nicht unablässig und für alle gefüllt werden, wollen sich natürlich zuerst die Medienhäuser bedienen. Und dabei ungerührt den Freien beim Verhungern zuschauen.