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Verregneter Sonntag

Die Sonntagszeitungen rufen: bleibt im Bett!

Ein mögliches Ende der Welt sieht so aus, dass alles gleichförmig zu Staub wird. Zuvor müssen sich aber viele Dinge konvergent entwickeln. Die Sonntagszeitungen machen da grosse Schritte in diese Richtung.

Denn die aktuellen Ausgaben von NZZamSonntag und SonntagsZeitung haben so vieles gemeinsam. Sie sind langweilig, uninspiriert und gleiten einem wie Staub durch die Finger.

Oder will jemand ernsthaft behaupten, das hier löse einen Kaufrausch aus?

Man könnte höchstens anführen, dass die Redaktion ihre Antwort auf die Titelfrage geliefert hat: so wenig wie möglich.

Da will die SonntagsZeitung nicht hintanstehen:

Noch zu gut, möchte man der Redaktion der SonntagsZeitung zurufen. Sonst würde sie nicht wagen, dafür auch noch Geld zu verlangen. Denn nach dem Kauf  fühlt sich der Leser ärmer.

Und mit Sauglattismus bedrängt:

Ist so ein Shutterstock-Foto wirklich gefühlt den halben Platz einer Doppelseite wert?

Dafür arbeitet die NZZamSonntag mit Uralt-Fotos, die wir schon längst vergessen haben – und nicht unbedingt riesengross nochmals sehen wollen:

Ach, das sind Äusserlichkeiten? Auf die inneren Werte komme es an? Ja, aber wo sind sie? Ein wenig englisches Königshaus und der Krebs, ein wenig SVP-Bashing, dann spürt man förmlich, wie dankbar die Redaktion für den Anschlag bei Moskau ist, und schon wandert der erste Bund ins Altpapier.

Auf der Debattenseite dann immerhin ein kleiner Aufreger. Die bereits mehrfach verhaltensauffällig gewordene Silke Mertins aus Berlin drischt im Nachgang auf Rolf Mützenich, den Chef der SPD-Fraktion, ein. Der hatte einen klugen Satz gesagt, beziehungsweise eine vernünftige Frage in den Raum gestellt: «Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann

Das nimmt Mertins nun sehr übel: «Die Bemühungen der Partei, kein Verein von Putin-Verstehern zu sein, hat er auf einen Schlag pulverisiert.» Als Kronzeugin zitiert sie ausgerechnet die Waffenindustrie-Lobbyistin und Kriegsgurgel Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die am liebsten höchstpersönlich den Dritten Weltkrieg auslösen möchte. Die findet diese Idee eines Kriegsendes «skandalös». Für sie sei Mützenich «ein Sinnbild aller Verfehlungen deutscher Aussenpolitik». Dieses Flintenweib spielt Opposition gegen die eigene Regierung.

Aber Mützenich hatte laut Mertens schon immer ein völlig verpeiltes Weltbild; er gehöre «zu jenen in der SPD, die mit fast religiöser Inbrunst an die Ostpolitik der sozialdemokratischen Ikone Willy Brandt glauben». Sie meint damit wohl die Aussöhnung mit Polen und der Sowjetunion, die der Friedensnobelpreisträger vorantrieb und die BRD damit auf den Weg zur Wiedervereinigung brachte.

Nicht nur, dass Mützenich laut Mertens ein Ober-Putinversteher sei, er wird auch noch von allen falschen Leuten unterstützt: «Der Applaus, den Mützenich nun von der Rechtsaussenpartei AfD, von der Linken, dem Bündnis Sahra Wagenknecht und dann auch noch von Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder bekam, sind dabei auch nicht gerade hilfreich.»

Sagen wir so: dass Mertens gegen ihn keift, hilft dabei, seine Position als richtig zu beurteilen.

Und sonst? Es ist nicht sehr übertrieben, wenn man die Fortsetzung der «Verlagsserie» – also eine bezahlte Inseratekampagne von Rolex, die wie redaktioneller Inhalt daherkommt – als ein herausragend interessantes Stück bezeichnet. Bei dem Umfeld …

Ist man auf Seite 60, «Leserbriefe», angekommen, fällt der frühe Abschied nicht schwer.

Nicht viel anders geht’s einem bei der SonntagsZeitung. Ein kurzes Verweilen beim Artikel «Streit um Baba News eskaliert», wo Rico Bandle verdienstvollerweise bei den Hatern der Migranten-Plattform dranbleibt, die absurderweise Workshops gegen «Hate-Speech» anbieten. Dabei aber den Zugang streng reglementieren und islamische Judenfeindlichkeit in ihrem Feldzug für Palästina konsequent ausblenden.

Die NZZ hingegen halten die beiden Macherinnen für «gefährlich», weil sie von ihr kritisiert wurden, auch der sich um Integration verdient gemachte GLP-Grossrat Alain Pichard gerät in ihr Schussfeld, ihm unterstellt Baba News «offensichtliche Muslimfeindlichkeit». Da nie mit ihm geredet wurde, beschuldigt Pichard die Baba-News-Macherinnen, «eine gezielte Rufschädigung» begangen zu haben.

Ds ist wenigstens etwas Eigenständiges. Aber sonst? Was der NZZaS ihre Rolex ist, das scheint der SoZ der Verein Agentur C zu sein, der ein etwas schräges ganzseitiges Inserat geschaltet hat:

Irgendwie erinnert dieses Inserat an diese redaktionelle Horrorseite:

Da ZACKBUM weder religiöse, noch niedrige Gefühle verletzen möchte, verzichten wir zweimal auf einen Kommentar.

Und sonst? Was sonst? Gibt es denn keinen Trost? Doch:

Auch schleimen will gelernt sein: «Prinzessin, Mutter, Ehefrau – ein Mensch». Reza Rafi, Chefredaktor, Schmachtlockenträger, Ehemann – ein Schreiberling». Aber mit Ratgeber:

Gut, wir sind getröstet. Schlimmer geht immer.

 

Schön, dass es Montag ist

Denn der Sonntag war mal wieder grauenvoll.

Die Berichterstatterpflicht ist manchmal eine Bürde, für die es einen ganzen Kerl braucht. Glücklicherweise besteht ZACKBUM nur aus ganzen Kerlen.

Denn was soll man hierzu sagen?

Pet, Winterhotels, ein aktuell gehypter Schauspieler, alte News aus Kiew, und die «armen Alten». Wieso traut sich die «SonntagsZeitung» nicht, auf ein leeres Papier die Worte zu drucken: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. Zum Beispiel «Weltenbrand» von Richard Overy. 1520 Seiten, da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Seufz. Ist denn die «NZZamSonntag» wenigstens besser?

Ein kolorierter Kafka mit roten Lippen, dem Mann bleibt auch keine Verwandlung erspart. Dann Lifestyle-Gugus («Männer, die befehlen dürfen, leben gesünder», so à la «Katzen, die miauen dürfen, haben acht Leben»), ein Astronaut auf dem Mars, Keller-Sutter warnt, die Kokspreise im Keller.

Wieso traut sich die NZZaS nicht zu schreiben: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. «Prozess», «Das Schloss» oder «Briefe an Milena». Denken Sie über das Gleichnis «Vor dem Gesetz» nach. Da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Sagt da jemand in letzter Verzweiflung «SonntagsBlick»? Echt:

Zweiter Sieger Odermatt, uralter Kuss und die Bananenaffäre. Wieso traut sich …, aber das kennen Sie schon. Ach, Buchempfehlungen vom SoBli? «Buchstabieren für Dummys», der neuste Asterix oder «Ringen um Ringier». Da geht man dann lieber spazieren.

Aber immerhin eine Schmunzelstory ist im SoBli:

Der Leiter der Ringier-Journalistenschule zeigt seinen Eleven, was herauskommt, wenn sich ein Journalist anfüttern lässt. So nennt man den Vorgang, dass ein an einem Rechtsstreit Beteiligter nach einem Multiplikator sucht, um medialen Rückenwind zu bekommen. Also stellt er exklusiv seine Unterlagen und Rechtsschriften zur Verfügung. Natürlich gibt der Journalist dann auch der Gegenseite Gelegenheit zur Stellungnahme. Und schon ist die Kacke am Dampfen. Vor allem, wenn es sich um einen Prominenten wie Urs E. Schwarzenbach handelt.

Schon im Titel macht Peter Hossli recht Dampf; «Die Schöne und das Biest», hier «Der Milliardär und seine Kommunistin». Der erste Titel stammt von einer Disney-Verfilmung eines alten Volksmärchens, der zweite Titel ist auch erfunden. Denn weder ist Schwarzenbach Milliardär, noch hatte er «seine» Vorzeige-Kommunistin.

Die Sachlage scheint klar und einfach zu sein. Eine junge Kunsthistorikern heuerte 1998 beim Kunstsammler Schwarzenbach an. Schnell stieg sie in leitende Funktionen auf und wurde von ihm mit Geschenken überschüttet. Möglicherweise im Liebesrausch, der aber nicht erwidert worden sei, bekam sie ein Haus in Basel. Kostenpunkt samt Renovation 2,5 Millionen Franken. Zwei Millionen Franken auf die Hand. Aktien, Bargeld, Schmuckstücke, antike Möbel, eine für private und geschäftliche Zwecke verwendbare Kreditkarte. Dazu die Teilnahme an seinem Luxusleben; Reisen im Privatjet, Feste, Poloturniere.

Darunter waren auch neckische Geschenke wie eine Erstausgabe des Kommunistischen Manifests; als die Dame unpässlich war, weil ihre Mutter starb, bekam sie monatelang frei –bezahlt. Also ein idyllisches Arbeitsverhältnis. Dann trübte sich der Himmel, Schwarzenbach geriet in den Clinch mit den Steuerbehörden und sah sich mit Millionennachforderungen konfrontiert. Der Lack war ab, also kündigte sie und arbeitete auf Mandatsbasis weiter.

Ach, und dann gab es noch ungefähr 30 Kunstwerke, die sie geschenkt erhalten will. Pablo Picasso, Julian Schnabel, Sophie Täuber-Arp, Alberto Giacometti oder Auguste Rodin. Vom Feinsten halt.

2018 sei das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden, weiss Hossli. Die von ihm nur unter Pseudonym beschriebene Dame (im Gegensatz zu Schwarzenbach) habe noch eine kleine Schlussrechnung von 130’000 Franken eingereicht. Eigentlich Peanuts im vergleich zu den Multimillionen, die sie zuvor erhielt. Aber Schwarzenbach zahlte nicht. Sie betrieb ihn, er antwortete mit Gegenklagen, unter anderem, dass sie ihm Kunstwerke gestohlen habe. Denn das seien keine Geschenke, sondern höchstens Leihgaben gewesen, und die Gelder Darlehen.

Nun hat die Dame das Problem, dass sie die grosszügigen Geldgaben nicht bestreiten kann, da dokumentiert. Die angeblichen Schenkungen kann sie hingegen nicht belegen, da es laut ihr aus steuerlichen Gründen keine schriftlichen Spuren davon gegeben habe. Aus diesem Grund hat sie die enormen Wertbeträge auch nicht in ihrer Steuererklärung angegeben.

Also ein klassischer Fall einer unerwiderten Liebe, die am Schluss in hässlichem Streit endet, weil der Verschmähte sich rächen will? Nach über 20 Jahren einer «von grosser Intensität und tiefem Vertrauen» geprägter Beziehung, wie sie gegenüber Hossli bestätigt?

Inzwischen überzieht man sich gegenseitig mit diversen Straf- und Zivilverfahren. Urteile liegen noch nicht vor. Also ein typischer Fall von «she said, he said». Wobei angesichts solch jahrelanger generöser Grosszügigkeit eine Betreibung über 130’000 Franken doch ziemlich popelig erscheint. «Edle Kunst, rauschende Partys, Häuser in der Toskana», sabbert Hossli, um boulevardesk den Sozialneid des Lesers zu steigern. «Wie Superreiche sich streiten» setzt er als Oberzeile. Nur: wenn überhaupt gibt es hier einen einzigen Superreichen und eine überreichlich beschenkte Mitarbeiterin, die viele Jahre lang ein Luxusleben führen durfte und von Bord ging, als der Geldstrom zu versiegen drohte.

Nun gibt ihr Hossli die Gelegenheit, anonym gegen ihren ehemaligen Gönner und Arbeitgeber zu schiessen. Nehmen wir an, statt von ihr wäre er von Schwarzenbach angefüttert worden. Dem werde von einer grantelnden ehemaligen Angestellten übel mitgespielt, nachdem er ihr ein Luxusleben, ein blendendes Einkommen über viele Jahre hinweg ermöglicht habe, dazu grosszügig Millionendarlehen gewährte und erst im Nachhinein feststellen musste, dass sie ihm zudem bedeutende Kunstwerke entwendet habe. Hätte Hossli dann nicht die Story mit dem entgegengesetzten Spin geschrieben? Ist das nicht ein Beispiel für die Beliebigkeit, die der 80-jährige Vordenker des Hauses immer so scharf kritisiert?

Ziemlich übler Boulevard in einem Organ, das gar nicht mehr boulevardesk sein will. Aber was macht denn die vornehme NZZaS mit Franz Kafka? Das überlässt sie dem «Magazin», was schon Schlimmes ahnen lässt. Dort schreibt Martin Helg im schlechtesten Woke-Groove: «Wir sind alle Käfer», und so originell geht es weiter. Der Autor hat sich mit einer neuen, 2000-seitigen Kafka-Biographie bewaffnet, aus der «viele Details in diesem Text stammen». Schöne Formulierung. Sobald er sich aber selbst um Interpretationen der enigmatischen Texte Kafkas bemüht, wird es eher flach. Gibt er Reiseanekdoten zum Besten, wird es gar peinlich.

So beendet er seinen Text in «Republik»-Länge (21’000 A), der eine «Spurensuche» sein soll, mit der Besichtigung eines Hauses, in dem Kafka eine Zeitlang wohnte. Natürlich führt die «Reise durch den Schnee, wie jene des Helden K. im «Schloss»-Roman». Natürlich heisst der Fahrer Josef, wie Josef K. im «Prozess». Was gibt es sonst noch von diesem Besuch zu berichten: «Ein Ost-West-Graben öffnet sich im Wohnzimmer des Ottla-Hauses. Vergebens bitte ich meine tschechischen Tischgenossen, mir kauend Gesellschaft zu leisten.»

Das ist nun von einer banalen Blödheit, über die Kafka sicherlich schallend gelacht hätte.

 

Wir wollen lustig

Richtig, wir  schauen in den «Blick».

Medienkritik ist eine ernste Arbeit. Frustrierend, deprimierend, ein Waten im Sumpf des Unausgegorenen, Kurzgedachten, der Welt der Menschen, deren Selbstwertgefühl und die Überzeugung der eigenen Wichtigkeit umgekehrt proportional zur Bedeutung dessen ist, womit sie die Konsumenten langweilen und vertreiben.

Aber es gibt seltene Lichtblicke. So wie die Homepage des «Blick» am Sonntag. Ein Schenkelklopfer nach dem anderen. Zuerst das reine Wunschdenken:

Der «Leiter der Journalistenschule» Peter Hossli gibt seinen Schülern ein Beispiel, wie man es nicht machen sollte.

Ein «Porträt«. Mehr als das: ein Wunschdenken. Allerdings mit Unsicherheitsfaktor «B+». Denn zunächst lautete der Titel: «Vor Nikki Haley fürchtet sich Trump am meisten». Aber das war Hossli offenbar zu direkt, also liess er abschwächen. Auch sonst wurde am Anriss noch kräftig gebastelt:

Dann lobhudelt er sie im Text als «Hoffnungsträgerin der moderaten Republikaner. Sie ist klug und besonnen, legt in den Umfragen mächtig zu und hat Chancen, die erste US-Präsidentin zu werden – aber nur, falls Donald Trump einbricht». Ein alter Hase, ein «falls» darf eben nie fehlen. Denn am Schluss muss Hossli einräumen, dass ihr Rückstand auf Trump «laut Umfragen 50 Prozent» betrage.

Erster Schenkelklopfer.

Dann der Ratgeber für «Blick»-Leser, die zu blöd sind, den Fahrplan zu lesen:

Eigentlich muss man zum neuen SBB-Fahrplan nur wissen, wie man im Internet oder auf der Anzeigetafel seine Verbindung findet.

Zweiter Schenkelklopfer.

Dann der Ratgeber, auf den alle Lüsterne gewartet haben:

Hübscher Titel, daher nicht vom «Blick», sondern vom Werbetreibenden, der hinter diesem bezahlten Inserat steckt, das zum Verwechseln ähnlich wie ein redaktioneller Beitrag daherkommt.

Dritter Schenkelklopfer.

Dann ein Dreierschlag, damit die Oberschenkel brennen:

Interessiert noch jemand, an welchen Schuldgefühlen der abgehalfterte «Mr. Corona» leidet, was er über seine «neue Ehefrau» zu sagen hat? Lachhaft. Kündigung wegen Eigenbedarf, der dann nicht vorhanden war. Lachhaft unwichtig. Aber Frank A. Meyer, der Grossdenker im Taschenformat, ruft den «Klassenkampf» aus. Als überzeugter Jaguar-Fahrer sieht er den bei all den Grünen ausgebrochen, die nicht nur Zürich in «eine wahrhaft linksgrüne, weil autobefreite Stadt» verwandeln wollen.

Richtig erheiternd dann seine Lobeshymne auf das Auto: «Das Auto ist mehr als das Auto! Es ist Freiheit! Weil Mittel der Fortbewegung, wann immer ich will, wohin ich will. Ja, das Auto ist, was sein Name sagt: das Selbst. Das Ich

Wahnsinn, dafür müsste er einen Jaguar ehrenhalber bekommen, dieser kleine Platon. Wenn er noch geradeaus fahren kann. Wenn man ihn das noch tun lässt.

Nächster Schenkelklopfer.

Dann schon der nächste Ratgeber:

Aber leider, leider: «Jede Woche stellen wir im SonntagsBlick eine wichtige Frage. Dieses Mal wollen wir wissen, wie du Familienstreit während der Feiertage vermeidest. Die besten Rückmeldungen werden im SonntagsBlick Magazin vom 17. Dezember 2023 gedruckt.» Alles muss der Leser selber erledigen, unglaublich.

Schon wieder ein Schenkelklopfer.

Das hier ist unschlagbare Realsatire:

Die armen Schenkel.

Chefredaktor-Imitator Reza Rafi hat hingegen, vielleicht animiert vom eigenen Namen, einen Stabreim gefunden:

Hammer. Kellnern mit Keller-Suter. Kassieren mit Cassis. Animieren mit Amherd. Panaschieren mit Parmelin. Röhren mit Rösti. Beenden mit Berset. Bohren mit Baume-Schneider. Die nächsten Titel sind gesetzt.

Ach du Schenkel.

Diese People-Meldung ist dem «Blick» offenbar so wichtig, dass sie seit gefühlt einem Monat zuoberst steht.

Der Arm erlahmt.

Geht noch ein letzter Heuler? Natürlich, Auftritt des Mannes mit dem eingewachsenen finsteren Gesichtsausdruck. ZACKBUM weiss inzwischen, wieso der so grimmig schaut: Lukas Bärfuss muss ja seine eigenen Texte lesen! Das tut weh.

Anlass zum letzten Schenkelklopfer: die Bezahlschranke schützt den Leser davor.

Bliblüblö

ZACKBUM fragt verzagt: wer soll das denn kaufen?

Eigentlich könnte man es mit der Ankündigung bewenden lassen: ohne Worte.

Sicher, wenn man für ein Blatt arbeiten müsste, dass ein Regenrohr im Logo hat, neben dem ein komischer Strich steht, und in einem irgendwie nicht dazu passenden Kasten obendrüber steht «Sonntags», dann käme wohl nur bei Masochisten Stimmung auf.

Denn irgendwann ist in einem Skandalthema der Titel «Neue Vorwürfe gegen …» abgenudelt. «Jetzt rede ich», albgenudelt, auch wenn es die Tierschutzpräsidentin ist, die zuerst mal vom SoBli angerempelt wurde. So schafft man sich Storys.

«Alle Vögel sind wieder da», echt jetzt? Plus ein Interview mit einer «Nati-Legende». Das ist so wie ein Interview mit der Politik-Legende Dölf Ogi. Nur hat der im Gegensatz zu Alex Frei auch etwas zu sagen.

Wollen wir umblättern? Ungern, aber was muss, das muss. Die Sonntagspredigt hält wie meist Reza Rafi. Zunächst findet er salbungsvolle Worte: «Gott ist noch lange nicht tot.» Oh, aber irgendwann stirbt er mal? Nicht grübeln, wie lebt er denn heute? «In einer Phase weltweit zunehmender Unfreiheit, apokalyptischer Umweltnachrichten und radikalen Islams gibt die Institution Kirche vielen Zeitgenossen Halt. Die Predigten spenden Trost im Weihrauchduft.»

Huch, hat Rafi einen kleinen Lyriker gefrühstückt? Trost im Weihrauchduft? Prost im Notdurftduft?

Aber jetzt das, aus heiterem Himmel die Missbrauchsvorwürfe. Gott, o Gott: «Diese Wunden werden nur langsam heilen, das zerstörte Vertrauen wird nicht über Nacht zurückkehren.» Nein, aber wenn man stark im Glauben ist, Herr Rafi, vielleicht geht’s dann.

Das ist aber nur die Einleitung zu einer seiner Eskapaden ins Nebensächliche. Hier: Mitte-Präsident Gerhard Pfister sage, obwohl da ja die katholische CVP drinsteckt, nix. Aus wahltaktischen Gründen. Aber, donnert Rafi von der Kanzel: «Die Parteispitze verspielt damit eine historische Chance.» Welche Chance das wäre, das verrät er allerdings nicht. Aus einem ganz weltlichen Grund: Ende Gelände, Platz im Editorial alle.

Genau da dachte ZACKBUM: richtig, das ist der ideale Ort für einen unheimlich starken Abgang.

«Blick» im Tal der Beliebigkeit

Wie macht man Boulevard ohne Boulevard?

10 Prozent. Minus. Die Auflage von «Blick» und «Sonntagsblick». Der «Blick» verkauft noch etwas mehr als 80’000 Exemplare. Bei Zahlen gibt es in der «Blick»-Familie nur zwei Varianten. Sie zeigen nach unten – oder bleiben geheim.

Einschaltquote bei «Blick TV»? Sendepause. Erfolg der Bezahlschranke «Blick+»? Geheim. Ein Bild sagt da mehr übers Elend als viele Worte:

Dafür soll im Ernst jemand zahlen? Wenn das «Das Beste» ist, man wagt sich nicht vorzustellen, was dann das Schlechteste von «Blick+» wäre.

Verunglücktes, aber schweineteures Redesign des Logos – eine Übung, die man immer macht, wenn einem nix einfällt; siehe Post, siehe Sunrise.

Ein erfolgreicher Oberchefredaktor: mit nebulöser Begründung in die Zwangsferien geschickt, dann ganz abgesägt. Als Nachfolge ein Duo mit Quotenfrau, die sicher etwas von Sport versteht. Der Chefredaktor des SoBli wirft das Handtuch und wird durch einen Mikrophonständer ersetzt.

Aber das alles könnte man noch zur Not als Begleiterscheinungen einer allgemeinen Medienmisere schönreden. Aber dann hätten wir noch den Inhalt, moderndeutsch Content. Die Marke «Blick» hat Jahrzehnte daran gearbeitet, für Boulevard zu stehen. Für grosse Buchstaben, bunte Bilder, Sex, Crime und Kampagnen. Für Aufreger, für Volkes Stimme, für die Artikulierung all dessen, wozu der Arbeiter, der Angestellte sagt: so ist es, endlich sagt’s mal einer.

«Blick» stand für: wir zeigen’s denen da oben. Wir sagen es einfach und klar. Wir halten im Zweifelsfall den feuchten Finger in den Wind und richten uns danach, was Volkes Stimme so murmelt, um das als Lautsprecher weiterzutransportieren.

Natürlich hatte der «Blick» schon früher, nach den gloriosen Zeiten von Peter Übersax, kleinere Schwächeanfälle. Unvergessen die Einrichtung eines «Feuilletons» für den lesenden Lastwagenfahrer. Dann gab es den Flop «Blick Basel», aber seit der Einfluss des Hausgespensts Frank A. Meyer schwindet, sind solche Merkwürdigkeiten nicht mehr vorgekommen. Der Leser muss nur noch seine wöchentliche Kolumne überblättern.

Viel gravierender ist, dass dem «Blick» der Markenkern zerstört worden ist. Die oberste Verantwortliche mit extrabreiter Visitenkarte, Ladina «Resilienz» Heimgartner, hat es in einem Interview gnadenlos auf den Punkt gebracht:

«Wir nennen es nicht mehr Boulevard. Wir verstehen uns als Newsplattform, die schnell ist und auch komplexe Themen sehr einfach erklären und erläutern kann. Dabei stellen wir immer den Menschen ins Zentrum – das macht uns aus, dafür stehen wir.»

Dazu gebe es hinter der Bezahlschranke viel Service und Ratgeber – obwohl das Internet vor Gratis-Ratgebern geradezu platzt.

Man kann versuchen, aus Twitter X zu machen. Das geht, wenn der Markenkern von Twitter erhalten bleibt. Man kann einen Namen ändern, wenn er verbrannt ist. Aber ein Geschäftsmodell, eine USP, einen Markenkern, durchaus auch ein Erfolgsmodell ohne Not ändern – das ist fatal.

Das verunsichert den Leser und den Inserenten. Ständige Wechsel in der Führungsetage – ohne Erklärungen – verunsichert die Redaktion. Als Leser statt verstanden belehrt werden, statt kritisch die Mächtigen begleiten eine Standleitung zur Regierung haben, statt die Vorteile des Boulevard auszuspielen, kastrierte woke Storys abliefern: das ist alles das Gegenteil von richtig.

Dazu kommt noch Intransparenz. Die Ergebnisse der gross angekündigten Untersuchung gegen den scheibchenweise gekillten Oberchefredaktor Christian Dorer: bleiben geheim. Wie die «Blick»-Familie mit diesem Personal und dieser obersten Verantwortlichen aus der Abwärtsspirale herausfinden will: geheim. Wie der «Blick» weiterhin erfühlen will, was in der Bevölkerung so vorgeht, nachdem fast alle lokalen Korrespondenten und altgedienten Boulevard-Journalisten entsorgt und durch Kindersoldaten im Newsroom ersetzt wurden: unbekannt.

Wie ein Ein-Man-Investigativteam mit einem Journalisten, der über seine eigenen Füsse stolpert, Skandale aufdecken und Aufreger produzieren will: nicht nachvollziehbar. Weinwissen und Tipps für Hobbygärtner, keine Sex-Beratung mehr, inzwischen berichtet selbst der Tagi boulevardesker als der «Blick»: das ist Desaster mit Ansage. Weiblich, grün und lieb – statt männlich, kantig und böse: den «Blick» so zu enteiern, das macht ihn zum Eunuchen. Zum Zombie. Zum komatösen Patienten auf der Intensivstation. Bis dann jemand die Geräte abschaltet.

Streubomben gegen die Wahrheit

Schamlos wird schöngeschrieben.

Die Wahrheit ist: Streubomben sind geächtet. Wie chemische oder biologische Waffen gehören sie zur schmutzigen Kriegsführung. Natürlich gibt es keine saubere, aber man bemüht sich, trotz aller Barbarei im Krieg gewisse Regeln aufzustellen – und einzuhalten.

Bei Streubomben sieht die Wahrheit so aus:

111 Staaten der Welt haben die Konvention über den Verzicht des Einsatzes von Streubomben unterzeichnet, dazu gibt es 12 Signatarstaaten. Nigeria trat als 111. Staat Ende Februar dieser Übereinkunft bei.

Sämtliche europäische Staaten darunter die Schweiz, Kanada, Japan und viele afrikanische Staaten sind Mitunterzeichner. Die USA, RusslandChina und die Ukraine nicht.

Die USA haben nicht nur als einziger Staat der Welt Atombomben eingesetzt, sie haben nicht nur in Vietnam chemische Kampfstoffe wie Agent Orange oder Napalm als Kriegsverbrecher benützt. Und natürlich überall auf der Welt Streubomben: «Nach Angaben der UN-Organisation Mine Action Programme (MAPA) ist Afghanistan eines der weltweit am schwersten von Landminen und nicht detonierter Streumunition betroffenen Länder», schreibt Wikipedia.

Streubomben sind nicht zuletzt deswegen verpönt, weil sie immer einen Anteil Blindgänger enthalten – die noch Jahre nach Abwurf schwere Verletzungen und Todesfälle unter der Zivilbevölkerung fordern.

Nun wollen die USA der Ukraine solche Streubomben zur Verfügung stellen, was vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj begrüsst wird. Wie eiern da die Schweizer Medien drum herum?

So säuselt der Tagi: «Wozu es führt, wenn die USA jetzt auch noch die international geächteten Streubomben an die Front liefern, will man lieber gar nicht wissen», stellt sich Arthur Rutishauser unwissend. Die NZZ? Winzmeldung am Sonntag, Kriegsgegurgel am Samstag: «Streumunition könnte sich für die ukrainischen Streitkräfte in der gegenwärtigen Lage als besonders nützlich erweisen, denn bei ihrer Gegenoffensive sind sie mit zahlenmässig starken und in Schützengräben verschanzten russischen Einheiten konfrontiert … Der militärische Effekt ist daher grösser als beim Einsatz von Granaten mit nur einem Sprengkörper.» Probleme dabei? Nun ja, ein paar kleine: «Wegen der Gefahr für Zivilisten haben 111 Staaten, eine knappe Mehrheit der Staatenwelt, die 2010 in Kraft getretene Konvention zum Verbot von Streumunition ratifiziert.»

Aber überhaupt: «Als Argument für deren Einsatz im Rahmen der laufenden Gegenoffensive lässt sich anführen, dass das Frontgebiet im Süden nur sehr dünn besiedelt ist. Weil es durch russische Minen völlig «verseucht» ist, muss es dereinst vor einer Rückkehr von Zivilisten ohnehin gründlich entmint werden.»

Dann wird’s richtig brüllend komisch bei der NZZ. Sie erwähnt zunächst: «Die USA haben selber in allen grösseren Kriegen Streumunition eingesetzt, zuletzt im Irak und in Afghanistan.» Das waren völkerrechtswidrige Angriffskriege in einem fremden Land, wie in Vietnam, Kambodscha und Laos. Aber: «Zudem lässt sich der Einsatz von Streumunition durch Russland und die Ukraine nicht auf dieselbe Stufe stellen: Moskau tut dies im Rahmen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges in einem fremden Land.» Wie verbohrt muss man sein, um diesen schreienden Widerspruch nicht selbst beim Schreiben zu bemerken?

CH Media? Immerhin: «Unerwähnt blieb, dass das Weisse Haus den russischen Einsatz von Streumunition im vorigen Jahr noch als «potenzielles Kriegsverbrechen» bezeichnet hatte

«20 Minuten»? Ein neutraler Artikel, der die schreckliche Wirkung von Streubomben beschreibt, die Ächtung durch 111 Staaten erwähnt, darauf hinweist, dass weder die USA, noch die Ukraine noch Russland diese Konvention unterzeichnet haben und die USA nun diese Bomben liefern wollen.

SDA? Sommerpause. Ringier? Leider nicht. Was Camilla Alabor hier schreibt, sollte für ewige Zeiten am Schandmal journalistischer Fehlleistungen kleben:

«Die Schweiz hätte es in der Hand, die Notwendigkeit zur Verwendung von Streumunition zu vermindern: Indem sie westlichen Ländern endlich die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen und Munition erlaubt.»

Dass so etwas in einem Schweizer Massenmedium erscheinen darf, ohne dass eine Kontrollinstanz eingreift und diesen hanebüchenen Unsinn untersagt, unglaublich. Das macht fassungslos, und das will beim «Blick» und beim «SonntagsBlick» etwas heissen. Es stimmt in so vielen Aspekten nicht, dass nicht einmal das pure Gegenteil richtig wäre.

Mit den paar tausend Schuss Munition, die bislang von der Schweiz angefordert (und zu recht verweigert wurden), wäre weder der Munitionsbedarf der Ukraine gedeckt, noch die Lieferung der USA «vermindert» worden.

Statt solchen Schwachsinn zu schreiben, könnte sich der «Blick» vielleicht mal über die Verlogenheit aufregen, dass der russische Einsatz von Streumunition ein potenzielles Kriegsverbrechen sei, die Lieferung von US-Streumunition aber der Rettung von Freiheit und Demokratie dient – und daher, nun ja, nicht schön, aber eigentlich unvermeidlich ist.

So wie der Einsatz in Afghanistan, in Syrien, im Irak und in so viel weiteren Ländern der Welt, wo er selbst nach Abklingen der Kampfhandlungen bis heute Tote und Verletzte fordert.

Und wieso schreibt Alabor nicht, dass es die Schweiz als Mitglied des UN-Sicherheitsrats und als Mitunterzeichnerin der Ächtung dieser Waffen in der Hand hätte, eine Dringlichkeitssitzung dieses Gremiums einzuberufen, damit über diese kriegsverbrecherische Absicht der USA wenigstens debattiert wird? Alabor ist «Inlandredaktorin» beim «SonntagsBlick» und nicht erst seit gestern am Gerät. Also weiss sie, was sie schreibt.

Und müsste dafür zur Verantwortung gezogen werden. Wenn es so etwas wie Verantwortung noch gäbe im Journalismus, im Hause Ringier.

 

 

Darf man das?

Der «Stern» wird hemmungslos und haltlos.

Es ist Ausdruck der deutschen Gemütslage, dass sich der «Stern»-Chefredaktor (wie heisst der schon wieder, und muss man sich seinen Namen merken) im Editorial darüber verbreitern muss, dass man es gewagt habe, die AfD-Politikerin Alice Weidel zu interviewen – statt sie einfach zu ignorieren.

Nicht nur das, wenn schon, denn schon. Die Dame kommt aufs Cover. Unvorteilhaft fotografiert, aber immerhin. Der Hintergrund ist ein stählernes Grüngrau, vor dem eigentlich jeder Mensch unsympathisch wirkt. Indem der Kopf leicht nach oben aus dem Bild ragt, während Hals, Hemd und Schultern dadurch verstärkt werden, bekommt die Frau zudem etwas Herrisch-Arrogantes. Indem die Augen weit oben stehen, wohl ein leichtes Weitwinkel zum Einsatz kam, wirkt das Gesicht zudem unproportioniert. Bild-Demagogie vom Feinsten.

Aber das reicht natürlich nicht. Dazu muss noch eine provokative Frage: «Was können Sie eigentlich ausser Hass, Frau Weidel?» Aber damit noch nicht genug. Das Wort Hass ist in Fraktur gesetzt. Nun hat man eine Schrift gewählt, in der das H eher nach Kleinbuchstaben aussieht. Wohl eine Walfra-Variante.

Mit dem Fraktur-H hat der «Stern» allerdings so seine Probleme:

Das war der grösste Flop aller Zeiten, sozusagen der Gröfaz des «Stern». Damals gab es vor allem ein Problem mit dem Buchstaben vornedran. Denn das H könnte tatsächlich für Hitler stehen, aber das F? Für Fritzli Hitler? Der Fälscher hatte gerade kein Fraktur-A zur Hand …

Aber wie auch immer, was will uns der «Stern» damit sagen, das Wort «Hass» in Fraktur zu setzen? Er will damit wohl eine Assoziationslinie zum Nationalsozialismus schaffen, der Fraktur verwendete. Allerdings nur eine Zeitlang, anschliessend wurde sie ersetzt und die Schwabacher beispielsweise als «Judenschrift» beschimpft. Also alles etwas komplizierter, als es der einfältige «Stern» weiss.

Aber immerhin, im Gegensatz zum «SonntagsBlick» ist es dem «Stern» gelungen, ein Interview im gegenseitigen Einverständnis über die Ziellinie zu schaukeln.

Damit kein Zweifel an der Position des Blatts bleibt, kann es noch diesen Herrn bieten:

Der darf hier sülzen: «Ich genieße die Meinungs-, Presse- und Kulturfreiheit. Sie auch? Meine Augen glänzen, und ich empfinde Glück, dass die Würde des Menschen unantastbar ist. Sie auch

Über den ehemaligen Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland hatte der gleiche «Stern» 2003 unter dem Titel «Kokain und Prostituierte: Der Fall Friedman» berichtet. Es war herausgekommen, dass der Medienstar Koks konsumiert und sich mit ukrainischen Prostituierten in Hotels verlustiert hatte. Da war ihm die Würde des Menschen – die Frauen wurden von einem osteuropäischen Zuhälterring ihren Kunden zugeführt – herzlich egal. Und seine Augen glänzten damals eher im Drogenrausch.

Das alles ist doch recht unappetitlich vom «Stern». Vielleicht hilft zur Einordnung eine Entwicklung. 1995 betrug die verkaufte Auflage des «Stern» 1’250’000 Exemplare. 2008 war sie auf 960’000 abgesackt. 2015 fiel sie unter 750’000. Im Jahre 2019 waren es noch 462’000. Und im letzten Jahr betrug sie noch 336’000.

Einen vergleichbaren Sinkflug hat in der Schweiz eigentlich nur der «SonntagsBlick» hingelegt. Verkaufte er 2008 noch 261’000 Exemplare, waren es zehn Jahre später noch 148’000. Inzwischen dümpelt er um die 100’000 herum.

Es wäre interessant, den Parallelen in diesen Niedergängen nachzuspüren. Zunehmender Analphabetismus ist daran sicherlich nicht schuld …

 

Reza Reinfall

Sprecht nicht mit diesem Mann!

Wer mit dem frischgebackenen Chefredaktor des «SonntagsBlick» ein paar Worte wechselt, tut das auf eigene Gefahr. Während seine Oberchefin Ladina Heimgartner gerade Loblieder auf die neue Bezahlschranke beim «Blick» singt, weil die angeblich Qualität garantieren würde, benimmt sich Reza Rafi – im Duett mit seiner interimistischen Chefin Steffi Buchli – qualitätslos unanständig.

Marco Rima machte den Fehler, mit Buchli und Rafi mehr als ein paar Worte zu wechseln, genauer, ein Interview zu führen. Rima ist nicht nur einer der erfolgreichsten Komiker der Schweiz, sondern wurde als Kritiker der Corona-Massnahmen vom «Blick» kräftig gebasht. Denn bekanntlich sorgte die Standleitung zwischen Ringier-CEO Marc Walder und dem damaligen Gesundheitsminister Alain Berset dafür, dass all dessen Fehlentscheide angehimmelt wurden, dagegen wurde Rima als angeblicher «Corona-Leugner», Verschwörungstheoretiker und auf Abwege geratener Irrwisch beschimpft.

Also dachte sich Rima, der leider an das Gute im Menschen glaubt, dass Ringier ihm hier eine Gelegenheit geben wollte, ein paar Dinge klarzustellen, schliesslich wurde ihm zugesichert, dass er frei reden dürfe und nicht zensiert werde.

Bei der Orthografie helfen Korrekturprogramme. Gedankenleere ist allerdings nicht korrigierbar. Zum banalen Anfängerwissen gehört, wie man ein mündlich auf Schweizerdeutsch geführtes Interview verschriftlicht. Das ist keine Kunst, sondern biederes Handwerk.

Manche Interviewpartner sprechen druckreif, andere mäandern, umkreisen eine Antwort, brechen ab, setzen neu an. Wie es halt in einem Gespräch üblich ist. Die Aufgabe des Journalisten ist dann, daraus eine schriftliche, lesenswerte Fassung zu destillieren, die den Wesensgehalt der Antwort möglichst nahe am Sprachgebrauch des Interviewten wiedergibt.

Das lernt der Journalist in Anfängerkursen. Falls er keine besucht hat, bringt es ihm ein erfahrener Kollege, ein Textchef, ein Produzent bei.

Wenn gleich zwei Chefs den Ständeratskandidaten Rima interviewen, sollte das Resultat chefwürdig sein. Insbesondere, da die Ausgangslage komplex ist. Hier Ringier mit seinem direkten Draht zum damaligen Gesundheitsminister Berset, mit seiner beflissenen und lobhudelnden Unterstützung aller staatlicher Massnahmen während der Pandemie.

Dort Rima, der sich vom Comedian zum besorgten Kritiker dieser Massnahmen wandelte. Dafür vom «Blick» mit Anlauf in die Pfanne gehauen und gebasht wurde. Als angeblicher Heuchler, der Corona-Entschädigungen bezog, aber die Regierung kritisiere. Dass es sich lediglich um eine ungenügende Ausfallsumme handelte, die allen Zuger Künstlern ausbezahlt wurde und mit der lediglich 80 Prozent des durch die Massnahmen entstandenen Schadens gedeckt wurde, verschwieg «Blick».

Bei dieser Vorgeschichte hätte man besondere Sorgfalt bei der Verschriftlichung erwarten dürfen. Schon alleine deswegen, weil Buchli und Rafi wussten, dass Rima ihre Fassung zum Autorisieren bekommt.

ZACKBUM konnte Einblick in die SoBli-Fassung nehmen. Es ist erschütternd. Es ist eine Verschriftlichung auf einem Niveau, die jedem Praktikanten um die Ohren geschlagen würde, begleitet von der Frage, ob er sich nicht vielleicht einen anderen Beruf suchen möchte.

Man will den beiden «Blick»-Heros fast zubilligen, dass sie absichtlich und bösartig mit dieser Holper-Stolper-Fassung Rima als Depp darstellen wollten. Es ist aber wohl noch schlimmer: sie können es nicht besser.

Ein Chefredaktor muss nicht schreiben können. Aber wenn er es tut, dann sollte er ein gewisses Vorbild sein. Ein Chefredaktor muss nicht interviewen können. Sollte er es tun, muss das Resultat Minimalansprüchen an Niveau und handwerklicher Beherrschung genügen.

Kostprobe? Bitte sehr. Die Eingangsfrage lautete, ob Rima wirklich Lust habe, sich als Ständerat in komplizierte Dossiers einzuarbeiten. Seine Antwort in der «Blick»-Version:

«Erstens müsste ich mich in gewisse Themen einlesen. Zweitens reagiere ich auf gewisse Entscheide, die gerade eben im Ständerat gefällt wurden. Windkraft in den Bergen, zu Null Stimmen! Aber ich komme von woanders her, ich bin nicht der klassische Politiker. Ich komme von einem Ort her, an dem die Familie zuvorderst steht. Die Familie ist der Anfang der Politik. Die Familie ist die Kinderstube, in der die Auseinandersetzung, der Umgang miteinander gelehrt wird.»

So ging’s dann holterdipolter weiter. Kein Wunder, dass dem Komiker hier der Hut hoch und der Humor verloren ging. Also redigierte er kräftig, was erlaubt ist. Zudem strich er Passagen und ersetzte sie durch ihm wichtigere Anliegen. Was grenzwertig ist.

Im professionellen Journalismus, das räumt sogar der SoBli ein, ist das durchaus üblich. Oder anders gesagt: wäre der Interviewtext so vom Kommunikationsfuzzi von Berset zurückgekommen, hätte der «SoBli» ihn ehrfürchtig unverändert abgedruckt.

Normalerweise greift sonst der Interviewer zum Telefonhörer und rauft sich mit dem Interviewten in einem manchmal länglichen und strapaziösen Gespräch zusammen. Ein Geben und Nehmen. Nur ganz, ganz selten gelingt das nicht.

Hier aber bekam Rima die trockene Antwort: «Nein, wir wollen dieses Interview nicht veröffentlichen.» Mit der freundlichen Bitte um Verständnis. Okay, dachte sich Rima, dann halt nicht. Wir haben’s probiert, hat nicht funktioniert. Shit happens. Deckel drauf.

Das dachte er solange, bis er am Sonntag das Schmierenblatt aufschlug und dort auf zwei Seiten eine Hinrichtung lesen musste. Er habe wild herumgefuhrwerkt im Text, verändert, so gehe das nicht. Auf einer Seite wurde nochmals mit ihm abgerechnet, was ein Leichtes ist, wenn das Opfer nicht widersprechen kann. Rima sei vom «Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs» geworden, wird er angepflaumt.

Das ist schon mal unanständig. Widerwärtig wird’s, wenn das ausgelassen wird, was in den ganz seltenen Fällen sonst passiert, wenn eine Redaktion den Nicht-Abdruck eines Gesprächs publik macht und begründet. Dann wird das mit Beispielen untermauert, wieso solche massiven Veränderungen nicht akzeptiert werden konnten und auch keine Einigung über eine gemeinsame Fassung möglich war.

Rafi und Buchli verzichteten aber konsequent auf Beispiele. Wer die Originalversion gesehen hat, versteht, warum. Rafi und Buchli verzichteten auch darauf, mit Rima in den Clinch zu gehen, welche Veränderungen akzeptabel seien und welche nicht. Sie baten um Verständnis für ihren Entscheid – und hatten zeitgleich bereits die öffentliche Hinrichtung Rimas auf dem Schirm.

Das ist kein Beitrag zur Qualitätssteigerung. Das ist handwerklich ein Pfusch. Das ist zudem hinterfotzig und bösartig. Rima zitiert in diesem Zusammenhang einen grossartigen Gedanken des amerikanischen Verlegers Joseph Pulitzer, dessen Preis niemals in diesem Leben und im nächsten ein «Blick»-Schreiberling bekommen wird:

«Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist wie sie selbst

Daran arbeitet der Ringier-Verlag unermüdlich. Angeführt von Figuren wie Rafi und Buchli, denen man jegliche Kenntnis journalistischer Ehre absprechen muss. Dass sie Meinungsbüttel sind, ist nicht ihre schlimmste Eigenschaft. Sie beherrschen nicht einmal ihr Handwerk, sollten als Chefredaktor aber Vorbild sein.

Eigentlich müssten beide nach einer gewissen Schamfrist entlassen werden. Das wäre endlich mal ein Entscheid von Ladina Heimgartner, Marc Walder oder Michael Ringier, dem man aus vollem Herzen applaudieren könnte.

Rafi reimt sich

auf Reinfall. Schon als Stellvertreter konnte er es nicht.

Gieri Cavelty war ein armes Schwein. Als Häuptling fast ohne Indianer musste er jeden Sonntag einen Schatten des alten «SonntagsBlick» herstellen. Dabei jede Menge Vorgaben berücksichtigen. Feminismus, links, SVP pfui, Impfungen gut, Berset, Walder, Heimgartner, und dazu auch noch ein freundliches Gesicht machen.

Das hält man im Kopf nicht aus, also ergriff Cavelty offiziell die Chance, im Leben noch mal was Neues zu machen, nämlich Lehrer. Das ist der zweitoriginellste Abgang, seit Daniel Meier seinen Posten bei der NZZamSonntag gegen eine Lehre als Velomech vertauschte.

Ganze 31 Mal musste ZACKBUM sich mit Cavelty befassen, aber Abgegangenen wollen wir nichts Böses nachrufen. Immerhin auf 19 Erwähnungen bringt es Reza Rafi, davon 17 vor seiner Zeit als Chefdarsteller. Als Stellvertreter musste er natürlich noch beflissener das abliefern, was man höheren Ortes erwartete. Er kam damals nicht weiter als bis zur Wohnungsklingel, schrieb aber dennoch eine «Reportage» über «Das stille Netzwerk der Freiheitstrychler». ZACKBUM schrieb: «Wenn Journalisten zu Mietmäulern werden, ersäuft der Beruf in der Schmiere der verborgenen Parteilichkeit.»

So bediente er und diente er. Verdienter Lohn: jetzt ist er Chef geworden. Aber, leider, leider, schon in seinem ersten grösseren Artikel in dieser Eigenschaft zeigte er bedenkliche Kenntnislücken, was die Rahmenbedingungen für eine Schweizer C-Niederlassung betrifft.

Da geht doch noch was, dachte sich Rafi – und produzierte gleich den nächsten Reinfall. Unterstützt von der interimistischen Oberchefredaktorin Steffi Buchli versuchte er, Marco Rima zu interviewen. Bei solchen komplexen journalistischen Unterfangen gibt es drei mögliche Ausgänge.

Das Interview erscheint. Das Interview erscheint nicht. Plus die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, aber es wird nachgetreten. Normalerweise passiert das, wenn eine Kommunikationsstelle das Gesagte völlig umschreibt, inklusive neue Fragen, die gar nicht gestellt wurden. So ein Interview erscheint einfach stillschweigend nicht – oder die Redaktion legt offen, was da alles rumgeschraubt wurde.

Die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, weil rumgeschraubt worden sein soll. Jeglichen Beweis dafür (so sah unsere Variante aus, das wollte Rima) bleibt er allerdings schuldig.Woraus man bei der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen, das der SoBli geniesst, klar schliessen darf: da trat jemand auf die Bremse. Und der (oder die) hiess nicht Rafi. Und auch nicht Buchli.

Oder: mit Alain Berset wäre das nicht passiert.

 

Bramarbasierender Bärfuss

Veronika, der Lenz ist da. Aber nicht Jakob Lenz.

Legen wir das Bildungsniveau etwas tiefer, es geht schliesslich um den Büchner-Preisträger Lukas Bärfuss. Nun hat Georg Büchner eine Novelle «Lenz» geschrieben, in der in jeder Zeile mehr dichterische Schaffenskraft steckt als im Gesamtwerk von Bärfuss.

Der zeigt im Blatt für die gehobenen Stände und die literarischen Überflieger «SonntagsBlick», dass er auch an einfachen Themen scheitern kann. Denn er hat sich rechtzeitig zu dessen Ende den Frühling vorgeknöpft.

Frühling, das ist ein ewiges Aufsatzthema, an dem sich schon Primarschüler versuchen dürfen. Oftmals mit mehr Erfolg als der Dichter:

«Nun ist es warm geworden, von einer Woche zur andern, die Magnolien sind schon wieder verblüht, die Felder stehen grün, die Wolken hoch.»

Man beachte die doppelte Verwendung von «stehen», Wahnsinn. Wobei es nur einmal wirklich passt; grün «stehen» die Felder? Aber das ist nur die Einleitung zu tiefen, ganz tiefen Erkenntnissen: «Die Jahreszeiten prägen unser Leben. Ihr Wechsel gibt den Rhythmus vor, er treibt uns weiter, lässt uns niemals stillstehen im Tanz des Lebens.»

Tanz des Lebens, da hätte es selbst Utta Danella geschüttelt. Aber Bärfuss lässt nichts aus: «Der Tagbogen wölbt sich … Wir werden alle älter, und am Ende sind wir alle tot … Der Zauber in allem Anfang ist der Zauber der Vergänglichkeit … Erst die Tat, die Handlung, die Geste, die gefordert ist und die verändert, erst das tätige Leben gibt dem Frühling eine Antwort.»

Der Leser winselt um Gnade, aber wir sind – wie Bärfuss – gnadenlos: «Wir Menschen fürchten uns vor der Witterung. Wir sind ihrer nicht ebenbürtig, noch immer nicht, und das Klima zu verändern, bedeutet nicht, es zu beherrschen … Die Frage der Philosophie: Wie willst du sterben? Die Frage der Politik: Wie willst du leben?»

Dabei dachte ZACKBUM, die Fragen der Philosophie seien: «Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?» Das wäre dann Immanuel Kant, andere Liga.

Aber auch der quälendste Text findet einmal sein Ende, darin liegt tiefer Trost: «Der Frühling wird nicht bleiben. Es wird ein neuer kommen. Nicht für alle, aber für immer.»

Auch Bärfuss reiht sich in den Reigen ein: heutzutage ist alles erlaubt. Keiner zu klein, Dichter zu sein. Nichts zu banal. Kein Halten im Sturz ins Bodenlose, Niveaulose. Selbst Primarschüler müssten vor Scham erröten, würden sie solches Geschwurbel zu Papier bringen. Seufzend läse es der Lehrer. Weil er muss.

Was aber das süsse Geheimnis des «SonntagsBlick» bleibt: warum nur, warum quält er seine Leser so? Will das Blatt wirklich, dass der Leser an einem schönen Sonntag so griesgrämig schaut wie der gequält-quälende Dichter?

Buchli und Rafi schreiben schamlos darüber, wie sie ein Interview in den Sand setzten. Meyer tobt vor sich hin. Und Bärfuss bramarbasiert; er sei «der wichtigste zeitgenössische Schweizer Schriftsteller», behauptet der SoBli. Das dürfte Peter von Matt, Thomas Hürlimann und ein paar andere erstaunen. Aber die Sonne der Kultur stand schon immer ganz, ganz tief beim SoBli. Nicht nur im Frühling.