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Pulverschnee, Skisaison, Krach, die Rettung

Erschreckt stellen die Medien fest: Corona ist ausgelutscht. Aber es gibt doch Neues.

Fallzahlen hoch, Fallzahlen runter, Entwarnung oder neuerliche Warnung. Disziplinierte Bevölkerung, undisziplinierte Bevölkerung.  Tests, Tote, Trara. In vielen Schrumpfredaktionen stellt man beunruhigt fest, dass diese Themen langsam, aber sicher einen verstärkten Gähn-, Überblätter- und Wegklickreflex auslösen.

Aber was einem Komponisten recht ist, kann doch einer Redaktion nur billig sein: Variationen über ein Thema. Denn glücklicherweise hat’s geschneit. Recht früh im Jahr, aber lassen wir einmal das Thema Klimawandel beiseite. Denn Schnee heisst: die Skisaison ist eröffnet.

Das könnte nun natürlich Anlass zu Jauchzern und Jubelschreien sein. Wenn nicht Corona wäre. Und so meint man, das Aufatmen in den Redaktionen zu hören. Das war knapp, aber nun kann’s fröhlich weitergehen. «Ski-Zoff mit Frankreich: Macron will Schweiz-Rückkehrer auf Corona testen», empört sich der «Blick». Aber nicht nur vom Ausland naht die Gefahr: «Kritik an Bersets Ski-Konzept: Aufstand der Skigebiete».

Kein Thema zu klein, Beispiel für Tipps zu sein

Es ist zu befürchten, dass sich diese Probleme nicht mit einer Schneeballschlacht lösen lassen. Geradezu aus dem Stehsatz von alle Jahre wieder ergänzt «Blick» noch den Blick auf die Kampfzone Schnee: «Wenn uns der Winter eiskalt erwischt». Mit 10 Tipps wildert das Blatt in der Kernkompetenz von watson.ch.

Aber das lässt watson.ch natürlich kalt: «Bald wird’s rutschig. Pass auf, dass es dir nicht gleich ergeht wie diesen 17 Leuten». Dann die übliche Aufreihung von 17 gewaltskomischen Kurzvideos, bei denen man den Betrachter zusätzlich noch kitzeln müsste, um ihn zum Lachen zu zwingen.

Aber verlassen wir dieses Fass ohne Boden schnell wieder und schauen hinauf zum «Tages-Anzeiger». Der widmet sich endlich mal dem Lokalen und berichtet: «Zürcher Skigebiete hoffen auf Corona-Effekt». Diese Schlingel, statt Mitgefühl mit den Betroffenen zu heucheln. Aber auch der Tagi stellt kritische Fragen: «Wird die Gondelbahn zur Virenschleuder»? Sowohl Hoffnungen wie Bedenken sind hinter der Bezahlschranke verstaut.

Immer wieder die gleichen Leserbindungen

Die kennt «20Minuten» nicht, also ruft es seine Leser zur «Foto-Challenge»: «Wie hast du den ersten Schnee erlebt?» Auch hier wird mit allen Mitteln versucht, Schnee und Corona zu verknüpfen: «St. Gallen verbietet Skilager bis Frühling 2021». Zur Beruhigung: die drei meistkommentierten Beiträge haben alle das gleiche Thema. Nein, nicht die Pläne zur Rettung der AHV.

Und was tut die NZZ? Natürlich, sie kümmert sich um die Verbindung von Geld, Geist und Gesundheit. Eine einsame, traurige Rose im Halbschatten leitet den Bericht ein: «Das Paracelsus-Spital muss schliessen, weitere Zürcher Kliniken stecken in schweren Turbulenzen – und das mitten in der Corona-Krise. Was ist da los?»

Nun, das könnte vielleicht daran liegen, dass die Spitäler diverse Male Notfall-Betten bereithalten und aufstocken mussten, Operationen verschieben und damit Millionenverluste einfuhren. Obwohl niemand auf der Welt im Vergleich zum BIP so viel Geld fürs Gesundheitssystem ausgibt wie die Schweiz.

Die publizistische Leiter nach unten

Fehlt noch CH Media. Da schwimmt man im Mainstream: «Macron gegen die Schweiz: Der Skistreit mit Frankreich spitzt sich zu.» Das kommt halt davon, wenn man nicht in der EU ist, die EU aber der festen Überzeugung, dass sich die Schweiz doch gefälligst so wie die EU-Staaten verhalten soll und die Wintersaison abblasen.

Allerdings ist CH Media immer wieder zu Tiefstleistungen fähig. Dafür muss man nur das Wirken des publizistischen Leiters Pascal Hollenstein verfolgen. Er ist immer zur Stelle, wenn es gilt, ein abschreckendes Vorbild zu sein. Zurzeit hat er als Lautsprecher für Jolanda Spiess-Hegglin gerade Pause, die nützt er unter anderem zu einem launigen Kommentar im St. Galler «Tagblatt». Eine Glosse unter dem Titel «Das Leben als Zürcher». Natürlich, die halten sich für den Nabel der Welt, wenn bei denen ein Zürisack umfällt, muss das sofort die ganze Schweiz, ja die Welt wissen.

So weit, so gähn. Aber Hollenstein will ja weitere Beispiele anführen. Und fällt dabei leider auf die Schnauze, Glättegefahr. Nur dadurch, dass der Zürcher noch nie etwas davon gehört habe, dass es Jahreszeiten gebe, sei zu erklären, «dass beim minimsten Schneefall der öffentliche Verkehr an den steilen Flanken des Üetlibergs umgehend zum Erliegen kommt.»

Was kann die redaktionelle Leiter eigentlich?

Auch auf die Gefahr hin, von der Ostschweizer Dumpfbacke als arroganter Zürcher wahrgenommen zu werden: Im Gegensatz zum Zürichberg, den er wohl meint, gibt es auf den «Üetliberg» haargenau eine S-Bahn als öffentliches Transportmittel. Es könnte natürlich auch sein, dass er irgendeinen «Üetliberg» meint, und nicht den Zürcher Uetliberg. Man muss also festhalten: Glosse kann er auch nicht. Was kann der «redaktionelle Leiter» eigentlich?