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Gibt Tamedia die Kultur auf?

Es ist Wüste. Und es gibt kein Leben dort.

ZACKBUM hat vor Kurzem die Kulturlosigkeit der unzähligen Tamedia-Kopfblätter kritisiert. Das hat gewirkt. Inzwischen verzichten die immerhin sieben Kulturschaffenden völlig auf eigene Beiträge. Man muss vermuten, dass sie in einen Streik getreten sind:

Das schämt sich auf der Homepage von Tamedia nicht, unter der Rubrik «Kultur» zu erscheinen. Im «Magazin» wurde ein Autor zu einem Kinoerlebnis befragt. Journalisten interviewen Journalisten, das ist immer das Begräbnis der Berichterstattung.

Weil nun wirklich nichts, einfach nichts produziert wurde, kommt sogar eine Kolumne aus dem «Magazin» zum Handkuss und wird unter «Kultur» aufgereiht. Die Kolumnisten werden sich sicherlich fragen, wie sie denn zu dieser zweifelhaften Ehre kommen. Nun, sie dürfen sich von jetzt an Kulturschaffende nennen, was sicherlich zu Lachsalven im Publikum führen wird.

Dann wird am «News-Ticker Kultur» weitergetickert. Hier überrascht uns die Kulturredaktion mit der Nachricht, dass der US-Schauspieler Danny (who the fuck) Masterson zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt worden sei. Denn er habe vor 20 Jahren zwei Frauen vergewaltigt. Aber die Berichterstattung ist nicht einmal eine Eigenleistung, sondern einfach von der SDA übernommen.

Und wenn sie sich schon mal bei der SDA eingetickert hatten, übernahmen sie auch gleich noch den epochalen Bericht über die neusten Entwicklungen im «Missbrauchsskandal». Wo, wie, was, haben wir etwas verpasst, wer wird denn in der Schweiz oder in Deutschland ans Kreuz genagelt? Aber nein, es geht um «Geständnisse in Japans Entertainment-Branche». Auch auf die Gefahr hin, als Sexist beschimpft zu werden: sowohl dieser Skandal wie auch seine Geständnisse im fernen Japan gehen uns so was von an einem bestimmten Körperteil vorbei, das lässt sich gar nicht in Worte fassen.

Aber zum grossen Leidwesen der Tamedia-Kulturredaktion bestehen diese Rubriken jeweils aus vier Ankündigungen. Da wurde aber Grosses geleistet. Denn die «Streaming-Tipps» für den Monat August wurden tatsächlich durch die Tipps für den Monat September ersetzt. Nach dieser herkulischen Anstrengung herrscht da aber wenigstens bis Oktober Ruhe.

Aber, manchmal gibt es Gedankenübertragung, beim Schreiben dieses Artikels tat sich plötzlich was in der Tamedia-Kulturwüste:

 

Wer bemerkt den Unterschied? Richtig, der «Kulturticker» ist weg. Dafür gibt es einen neuen Beitrag. Na also, geht doch. Geht nicht, denn das würde nun aber der Zentralredaktion zu viel abfordern. Also greift sie auf den Autor der «Süddeutschen Zeitung» zurück. Immerhin hat Willi Winkler das richtige Alter, um den neusten Streich der Altherrencombo «Rolling Stones» zu würdigen. Hat man zwar überall schon gelesen und gehört, aber halt noch nicht hier. Die haben ein neues Studio-Album aufgenommen. Wow. Nach 18 Jahren. Sagenhaft. Was soll man denn  dazu sagen? Da greift Winkler zum Kunstmittel, die Ankündigung in einem einzigen Bandwurmsatz abzuhandeln. Genial, originell, ungefähr so Neuland wie das erste Stück aus dem neuen Album.

Sehr beunruhigend dabei: dass die alten Säcke zur alten Nummer «wir sind ganz böse Jungs» ein leicht geschürztes Busenwunder sich auf einem roten Mercedes-Cabrio räkeln lassen, das muss sich noch unbedingt einen scharfen Verweis der Gender-Fraktion einfangen. Wo bleiben Tobler und Loser (hops, den Namen wollten wir ja nie mehr nennen), wo bleibt Hiltmann, ja wo bleibt Birrer, wenn man sie mal braucht?

Des Rätsels Lösung dürfte sein: alle sind so beschäftigt, dass sie keine Hand mehr frei haben, um sich über diesen neusten Sexismus-Skandal zu erregen:

 

Verweiblichung – Verweichlichung

Achtung, hier riecht’s streng nach Sexismus.

Man braucht keine grossen hellseherischen Fähigkeiten, um den Namen der nächsten Oberchefredaktorin der «Blick»-Gruppe zu prognostizieren. In Führungsetagen halten immer mehr Frauen Einzug. Leider nicht nur wegen des einzig entscheidenden Kriteriums Kompetenz.

Es wurde schon zu Genüge und völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsrat der elend gescheiterten Credit Suisse mehrheitlich aus Frauen bestand. Auch im Journalismus greift es immer mehr um sich, dass Frauen über ihre Kompetenzschwelle hinaus befördert werden.

Dass es manchmal jemanden wie Priska Amstutz aus der Kurve trägt, ist die bestätigende Ausnahme von der Regel. Was beispielsweise eine Kerstin Hasse in der Chefredaktion von Tamedia zu suchen hat, ist unerfindlich. Die gleiche Frage stellt sich auch bei Steffi Buchli im «Blick». Sobald etwas Politik in den Sport kommt, macht sie sich lächerlich, wie beim Skandal um den Tennisstar Djokovic.

Auch bei «20 Minuten» hat der Chefredaktor (männlich) seinen Posten geräumt, um in einem seltenen Stühlerücken seiner Stellvertreterin (weiblich) Platz zu machen, während er nun ihr Stellvertreter ist. Auch in den Verlagschefetagen kommen Frauen an die Macht. Bei der NZZ gibt es eine neue VR-Präsidentin, die fachfremd als ersten Fehlentscheid den NZZaS-Chefredaktor feuerte.

Selbstverständlich gibt es auch männliche Versager, und die nicht zu knapp. Selbstverständlich gab und gibt es Männerbünde, die zusammenhalten und Ihresgleichen protegieren. Selbstverständlich gibt es gläserne Decken, die Frauen oftmals nicht durchbrechen können, obwohl sie die nötigen Qualifikationen hätten.

Aber sie sind bei journalistischen Fehlleistungen überproportional vertreten. Sie haben mit Sexismus, Diskriminierung und struktureller Misogynie Wortwaffen geschmiedet, mit denen notfalls Männer gekeult werden. Man erinnert sich an das Protestschreiben von 78 erregten Tamedia-Frauen. Man erinnert sich an die über 60 anonymisierten angeblichen Beispiele für die unerträgliche Arbeitsatmosphäre. Man erinnert sich nicht, dass auch nur ein einziges verifiziert worden wäre.

Diese Aktion hat zudem unfähigen Journalistinnen wie Salome Müller einen Auftritt in den Medien und eine steile Karriere verschafft. An Bösartigkeit kaum zu überbieten ist der Rachefeldzug von Anuschka Roshani, die erfolgreich versuchte, ihren Chef aus dem Sessel zu mobben – aber dann zu ihrem grossen Schmerz nicht sein Nachfolger wurde.

Es sind bislang keine Fälle von Männern bekannt, die ebenfalls die Sexismuskeule schwingen, um sich Vorteile in der Karriere zu verschaffen. Im Gegenteil, seitdem Tamedia das Prinzip Quotenfrau bis ins Absurde gesteigert hat und verkündete, dass man einen Frauenanteil von mindestens 40 Prozent auf allen Hierarchiestufen wolle, fand ein Exodus von begabten Männern statt, die wussten, dass sie ihre Karriereziele vergessen können.

Selbstbewusste und moderne Frauen verwahren sich dagegen, qua Geschlecht befördert zu werden. Sie sehen das völlig zu Recht als eine negative Diskriminierung, als eine Geringschätzung ihrer fachlichen Kompetenzen.

Die Debatte über Vor- und Nachteile von Quotenregelungen hat inzwischen, wenn man das so sagen darf, so einen Bart. Alle Argumente sind gewechselt und werden nur noch repetitiv abgenudelt. Dabei ist völlig klar: Karriere über das Genital ist Unfug. Gleichförmige gleichmachende Gleichberechtigung ist Unrecht.

Schlimmer noch: sie ist kontraproduktiv. Wenn immer mehr Frauen oberhalb ihrer Fähigkeiten in Positionen kommen, in denen sie dann früher oder später krachend versagen, ist das keinesfalls ein Beitrag zur Emanzipation. Genauso wenig wie die lächerlichen Sprachverhunzungen durch Gender-Sternchen und ähnlichen Unfug. Dumme Scheindebatten, während Themen wie gleicher Lohn für gleiche Arbeit, Hilfe bei der Kinderbetreuung in den Hintergrund geraten, weil sie pickelharte Gewerkschaftsarbeit und nicht wohlfeiles Herumkeifen bedeuten würden.

Ist für ein Unternehmen wirklich etwas gewonnen, wenn sich der männliche Vorgesetzte nicht mehr traut, der weiblichen Untergebenen in aller Offenheit zu sagen, dass sie Schrott abgeliefert hat? Bringt’s der Firma etwas, wenn die weibliche Vorgesetzte den männlichen Untergebenen runterputzt, der sie vor einer Fehlentscheidung bewahren wollte? Weil sie weiss, dass sich niemand trauen wird, ihr das vorzuwerfen? Ist es gut für einen Konzern, wenn eine weibliche Vorgesetzte einen männlichen Untergebenen feuert, um von ihrem eigenen Versagen abzulenken?

Im Journalismus ist die Anhäufung von Fehlleistungen von weiblichen Führungsfiguren besonders sichtbar, weil sie natürlich öffentlich exponiert sind. Bislang ist vor allem die NZZ noch fest in Männerhand, und mit der bedauerlichen Ausnahme der VR-Präsidentin scheint man dort auch nicht die Absicht zu haben, das krampfhaft zu ändern. Auch CH Media sieht diese Frage eher entspannt; dem Konzern geht’s ziemlich gut. Anders sieht das bei Tamedia aus, obwohl man der Gerechtigkeit halber sagen muss, dass Pietro Supino ein Mann ist.

Kompetente Frauen in Führungspositionen? Aber sicher, jederzeit, unbedingt, wäre dumm, fähige Personen nicht für das Wohl einer Firma einzusetzen. Frauen per Quote, durch den Besitz einer Vagina in Führungspositionen? Aus Gründen der Gerechtigkeit, im Kampf gegen Diskriminierung, Sexismus und eine männerbeherrschte Gesellschaft, im Kampf gegen das Patriarchat? Ganz falsch, fatal.

Jede Quotenfrau ist ein Schlag ins Gesicht für jede Frau, die durch überlegene Fähigkeiten Karriere macht. Jede Quotenfrau, die notwendigerweise versagt, ist ein Rückschlag für die Frauenbewegung. Schlimmer noch als ein sexistisch aufgeheiztes Arbeitsklima ist ein feministisch unerträglicher Geschlechterkampf am Arbeitsplatz.

Besonders abstrus wird es, wenn Feminismus mit Antirassismus geklont wird. Wie von dem inzwischen einschlägig bekannten «Café Révolution». Schlimmer als bei der Verleumdung gegen den Sänger der Punkrockband «Feine Sahne Fischfilet» kräht dieses Kollektiv, dass unerträgliche rassistische Diskriminierung das Einsammeln von Bechern und Tellern am Gurtenfestival unmöglich gemacht habe. Männliche Tiefflieger eilen zur Unterstützung.

Dabei handelt es sich um leere Behauptungen, nicht belegte Anschuldigungen. Auf Anfrage bekommt ZACKBUM keine Antwort, bzw. diese hier: «Antworten dauern in der Regel 10 Arbeitstage. Anfragen per Mail werden nicht beantwortet. Für Dein Verständnis bedanken wir uns. Liebe Grüsse, das Kollektiv café révolution».

Nein, für ein «Kollektiv», das 30’000 Franken per Crowdfunding gesammelt hat und das Blaue vom Himmel herunter dafür versprochen, ist diese Antwort inakzeptabel, dafür gibt es kein Verständnis. Auch auf die Gefahr hin, dass das wieder als diskriminierend-rassistisch «gelesen» wird.

Die Ergebnisse der Verweichlichung, Pardon, Verweiblichung (auch unser Korrekturprogramm ist ein Macho), kann jeder Leser täglich begutachten, wenn er die Namen der Autoren von besonders schlechten Artikeln liest. Sicher, einen weiblichen Relotius oder Tom Kummer hat’s bislang noch nicht gegeben. Autorinnen, die sich eine jüdische oder sonstige Biographie zulegten, das schon. Aber angesichts der allgemeinen Frauenförderung wird das schon noch kommen.

Die Leihmeinung

Tamedia meint immer seltener selbst.

Aber immerhin, Ronen Steinke von der «Süddeutschen Zeitung» hat doch die Lösung aller Probleme gefunden: «machen wir Schluss mit Sexismus». Und wenn wir schon dabei sind, Kriege sind auch ganz schlecht, Hunger gehört abgeschafft, und machen wir endlich Schluss mit der Klitorisbeschneidung.

Da nun bereits so ziemlich alle so ziemlich alles repetitiv zum Rammelstein-Vorfall gesagt haben, muss Steinke tief Luft holen, um nicht nur Wiederholungen beizutragen: «Eine Debatte um frauenfeindliche Rollenbilder ist notwendig

Hoppla, diese Forderung wurde nun allerdings schon bis zum Gehtnichtmehr erhoben.

Auch anschliessend bewegt sich Steinken auf ausgetretenen Pfaden:

««Ich schlafe gerne mit dir, wenn du schläfst», hat der Sänger 2020 in einem Gedicht geschrieben. «Etwas Rohypnol im Wein (etwas Rohypnol ins Glas). Kannst dich gar nicht mehr bewegen. Und du schläfst, es ist ein Segen», so liest man da, heute noch angewiderter als damals.»

Wieso «noch angewiderter»? Na, «der Vorwurf, den Frauen gegen Lindemann erhoben haben – und den er bestreitet –, ist die Überwältigung mit K.-o.-Tropfen».

Okay, ganz langsam. So wie kein Krimiautor Mordgelüste hat, so wie Edgar Allen Poe zwar ausgeklügelte Mordmaschinen erfand und sogar einen sonderlichen Mörder, so wie Stevenson weder Jekyll noch Hyde war, so wenig haben literarische Fantasien normalerweise mit den Autoren zu tun. Diese Liedzeilen angewidert oder nicht so zu zitieren, zeugt von Flachdenken.

Nun geht Steinke detektivisch dem Verdacht nach, dass hier K.o.-Tropfen zum Einsatz kamen. Aber leider: «K.-o.-Tropfen sind nur für wenige Stunden im Blut nachweisbar.» Dann geht er ins Detail: «da helfen auch die klarsten Paragrafen traurigerweise nichts, wenn die Betroffenen nicht rasch zur Polizei gelangen und dort – wichtig – ebenso rasch von der Polizei ernst genommen werden. Eine gynäkologische Spurensicherung funktioniert unter Umständen zwar noch etwas länger. Aber das hilft in einer Rockstar-Fan-Konstellation auch nicht, wenn nicht gleichzeitig die K.-o.-Tropfen nachgewiesen werden können. Weil sonst der Beschuldigte sagen kann: Das war einvernehmlich.»

Am Schluss stehe Aussage gegen Aussage. Zudem gebe es Zweifel: «Den Frauen drohen dann oft Unterstellungen, die von Beratungsstellen als «Vergewaltigungsmythen» bezeichnet werden. Wie etwa: Frauen würden sich Vorteile davon versprechen, sich als Opfer zu inszenieren. Oft ist das sexistisch und abstrus. Wer in der notwendigen, durch den Fall Rammstein angestossenen gesellschaftlichen Debatte erst auf das Strafrecht wartet, wartet am Ende vielleicht vergeblich.»

Damit unterstellt Steinke etwas gewundener, was schon andere Denunzianten getan haben: Till Lindemann ist doch wohl schuldig, nur kann man es ihm halt leider nicht beweisen. Während Frauen per Definition Opfer sind, wird Lindemann als Täter inszeniert.

Das ist nun noch knapp einen halben Schritt vor der Selbstjustiz. Denn wenn das Recht nicht greift, obwohl für Steinke die Sache eigentlich klar ist, dann muss man doch das Recht in die eigenen Hände nehmen. So wie das auch anderweitig im Tagi gefordert wird; es könne doch nicht sein, dass die beiden Konzerte in Bern einfach stattfänden. Zunächst müssten doch die «schwersten Vorwürfe» untersucht werden, aber selbstverständlich gälte die Unschuldsvermutung.

Aber eben, wer auf da Strafrecht warte, «wartet am Ende vergeblich», behauptet Steinke. Nun sind zwar die ersten Strafuntersuchungen angestossen worden. Aber Steinke weiss schon jetzt, wie sie ausgehen werden. Also was tun? Den Abbruch der Konzerttournee fordern ist das eine. Aber wie machen wir denn nun «Schluss mit Sexismus»? Wohl am besten, indem wir ein Exempel statuieren. Den Sänger unermüdlich ans mediale Kreuz nageln. Mit Andeutungen, Unterstellungen, Behauptungen, anonymen Aussagen.

Ist doch immer noch besser, als ihn gleich zu lynchen, was dieser Triebtäter doch eigentlich verdient hätte.

Wie man’s nicht probieren sollte, reloaded

Werbung kann blöd sein. Kritik daran aber auch.

Ohne sexistisch erscheinen zu wollen: das Bild zu diesem Beitrag ist nur was für starke Nerven. Aber das Thema hier sind verunglückte Werbekampagnen. Wir trauen uns allerdings nicht, die Frage zu stellen, ob Tamara Funiciello wirklich einen Flammenwerfer als BH trägt oder trug.

ZACKBUM hat gerade zwei weitere furzdumme Werbekampagnen vorgestellt:

Frau lehnt unbequem an Bankkante und glotzt auf eine Art Sack. Unvorstellbar misslungen.

Budweiser warb kurzzeitig in den USA mit einer Transvestitin für sein Light-Beer. Resultat: Umsatzeinbruch um ein Viertel.

Nun will auch Electrolux komisch werden:

Man kann sicher darüber streiten, ob diese Werbekampagne den Absatz von Kochherden steigern wird. Auch die Anordnung der Kochutensilien ist nicht wirklich realitätsnah. Aber item, kann man probieren.

Wäre da nicht die Sexismus-Polizei in Gestalt der selbsternannten Grossinquisitorin Aleksandra Hiltmann. Seit die bei Tamedia eingespart wurde, Pardon, dem unerbittlichen Qualitätsanspruch von Raphaela Birrer beim «Tages-Anzeiger» zum Opfer fiel, hat sie leider noch mehr Zeit, sich über Pipifax aufzuregen.

Also füllt sie eine längliche Kolumne bei persoenlich.com, in der sie sich ob dieses Inserats gar nicht mehr einkriegt. Der durchschnittliche Betrachter sieht auf dem Plakat ein Pärchen, Hiltmanns scharfes Auge sieht mehr, die würden «mit allgemeinem Blick gelesen als Heteropaar». Tja, der lesende Blick sieht mehr.

Aber das ist ja nur die Oberfläche, darunter brodelt es. Diese Werbung sei «sexistisch». Denn: «Die Langstrasse ist landläufig bekannt als Rotlicht-Viertel. Die Arbeits- und Lebensumstände der Sexarbeitenden, die dort Geld verdienen müssen, sind oft schlecht bis schrecklich.»

Aber damit nicht genug: «Zweitens impliziert der Slogan, dass man rausgeht und sich an Leuten «Appetit» – «Appetit» auf Sex oder Ähnliches – holt. Schliesslich werden Frauen «im öffentlichen Raum» belästigt.» Was Wunder, «vor allem von Männern». Auch damit: «Zu sexueller Belästigung zählen nicht nur ungewollte Berührungen, sondern auch eine gewisse Art von Blicken. Sie können belästigend, einschüchternd, angsteinflössend und unappetitlich sein.» Also, Männer, die Blicke züchtig nach unten halten, und auf keinen Fall unappetitlich glotzen.

Hiltmann vergisst auch den Aspekt nicht, dass sich der Spruch doch auch auf die Frau beziehen könnte. Das geht aber nicht: «Die Gesellschaft ist patriarchal geprägt. Die Frau ist nicht jene, die draussen aufreissen kann und dafür gefeiert wird, bevor sie zum «braven» Mann nachhause zurückkehrt.»

Damit ist Hiltmann aber noch nicht am Ende des Elends angelangt. Die Werbung transportiere «ein veraltetes Beziehungsmodell». Wie denn das? «Die Werbung suggeriert, dass eine monogame Beziehung «anständig» ist. Man darf sich auswärts zwar umschauen. Aber eigentlich normal ist dann doch die Zweisamkeit zuhause.»

Denn, so donnert Hiltmann, es gebe dann heute auch andere Beziehungsformen, im Fall. Das ist richtig, allerdings zeigte schon das Beispiel Bud, wie das schwer in die Dose gehen kann, wenn man in der Werbung Randgruppen ansprechen will.

Daher hat Hiltmann tatsächlich recht: «Lässt man Frauen zusammen mit der Familie auftreten, dann sind diese Familien oft weiss und heteronormativ

ZACKBUM schlägt vor: wenn Electrolux schwere Umsatzeinbussen anstrebt, dann müsste die Firma ihre Werbekampagne unbedingt von Hiltmann ausrichten lassen. Das wäre dann allerdings so wenig appetitanregend, dass die Konsumenten sogar McDonald’s vor dem Kochen am heimischen Herd bevorzugen würden.

Was hier mal wieder überdeutlich zu Tage tritt: Fanatiker, gefährliche Fanatiker erkennt man immer an ihrer tiefen Humorlosigkeit und dogmatischen Verbissenheit.

Sag mir, wo die Mädchen sind

ZACKBUM fragt unerschrocken: Chefinnen, wo seid ihr?

Im Konkurrenzkampf um Posten und Karriereschritte gibt es seit einiger Zeit eine neue Waffe. Eine wahre Atombombe. Mit der verhält es sich aber etwa so wie nach Hiroshima. Nur eine Weltmacht ist im Besitz dieser schrecklichen Bedrohung.

Damals waren es die USA, heute sind es die Frauen. Der Vorwurf eines sexuellen Übergriffs ist diese Waffe. Der mag schon viele Jahre zurückliegen, spielt keine Rolle. Der mag schon längst verjährt sein. Völlig egal. Der mag verbal stattgefunden haben. Ohne Belang. Es gibt keine Zeugen dafür. Unerheblich. Der einzige Beweis besteht aus der Behauptung des weiblichen Beteiligten. Unschuldsvermutung ade.

Wenn eine mässig erfolgreiche Frau von der mickrigen Performance von ihr angepriesener Finanzprodukte ablenken will, die sie unter dem Label Feminismus verkauft, zieht sie die Sexismuskarte. Wenn die gleiche Frau sich mal wieder in die Medien bringen will, erzählt sie von einem x Jahre zurückliegenden Kussversuch. Den sie damals nicht meldete, obwohl es alle nötigen Institutionen gegeben hätte. Über den sie angeblich zuvor nie sprechen konnte. Der sie bis heute beschäftige.

Während man so einer Einlassung früher mit schallendem Gelächter begegnet wäre, müssen heute alle betroffene Gesichter machen und ohne loszuprusten Untersuchungen ankündigen. Und der damalige Küsser, wenn es ihn überhaupt gab, muss befürchten, dass er ernsthafte Probleme bekommen könnte. Heute.

Der Gipfel der Unverfrorenheit war der Protestbrief von 78 erregten Tamedia-Frauen. Indem sie nur anonymisierte Beispiele für ihre ruf- und geschäftsschädigenden Vorwürfe vorbrachten, stellten sie sämtliche männliche Tamedia-Mitarbeiter unter den Generalverdacht, sexistische Schweine zu sein. Kein einziger, ZACKBUM wiederholt, kein einziger dieser Vorwürfe ist bis heute erhärtet oder verifiziert. Wie auch, wenn er darin besteht, dass zu einem unbekannten Zeitpunkt ein nicht genannter Mann in einem nicht definierten Zusammenhang ohne Ohrenzeugen irgend etwas gesagt haben soll.

Das liefe eigentlich unter übler Nachrede. Aber stattdessen entschuldigte sich der damalige Oberchefredaktor Arthur Rutishauser präventiv, und der Big Boss von Tamedia Pietro Supino zeigte sich furchtbar betroffen. Statt die Rädelsführerinnen sofort zu feuern und die Unterzeichnerinnen abzumahnen. Deren weibliche Solidarität zeigte sich zudem darin, dass sie kommentarlos hinnahmen, dass das eigentlich für den internen Gebrauch vorgesehene Protestschreiben via eine sehr fragwürdige Botin an die Öffentlichkeit getragen wurde. Zahllose Fragenkataloge von ZACKBUM blieben unbeantwortet; keine einzige der 78 Frauen hatte den Anstand, darauf zu reagieren. ZACKBUM fragte auch alle Nicht-Unterzeichnerinnen an, gleiche Reaktion.

Eine Führungsperson, Voraussetzung männlich, erfährt heute, dass gegen sie Vorwürfe wegen angeblicher sexueller Belästigung erhoben werden. Sollen angeblich schon viele Jahre zurückliegen. Am besten sucht sie sich vorausschauend gleich eine neue Stelle und betet, dass diese Vorwürfe nicht öffentlich werden. Gegenwehr ist völlig zwecklos.

Grauenhaft ist der aktuelle Fall, der dieses System auf die Spitze treibt. Eine Mitarbeiterin, die die Stelle ihres Chefs wollte, dann so massiv gegen ihn vorging, dass eine externe Untersuchung zum Schluss kam, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich sei, erreichte ihr Ziel nicht, sondern wurde sogar selbst gefeuert. Nachdem sie sich in der Illusion wiegen konnte, nach der Entlassung ihres Chefs doch noch seinen Sessel besteigen zu können.

Diese Frau darf dann immerhin im «Spiegel» über vier Seiten vom Leder ziehen, dass es nur so kracht. Das wird als «persönlicher Erfahrungsbericht» verkauft, weil die Gegenseite keine Gelegenheit zur Richtigstellung bekam. Dazu wird behauptet, dass die inzwischen grösstenteils widerlegten oder zumindest stark in Zweifel gezogenen Anschuldigungen der Anklägerin nachrecherchiert und so weit wie möglich mit Dokumenten und Aussagen untermauert worden seien.

Inzwischen stellt sich heraus, dass es sich höchstwahrscheinlich um das Aufwärmen uralter Vorwürfe handelt, um eine gemeinsame Racheaktion der aktuell und von damals Entlassenen. Was dem «Spiegel» – gefangen in Framing und Narrativen von Frauen als Opfer und Männern als Schweine – offenbar entgangen ist. Selbst die «Zeit», sonst immer noch der Leuchtturm von seriösem und verantwortungsbewusstem Journalismus, lässt eine einschlägig parteiische Kraft in ihrem Schulaufsatzstil unbelegte Behauptungen aufstellen, anonyme Zeugen zitieren und Ereignisse im Indikativ darstellen, die in einem ernsthaften Journalismus eigentlich im Konjunktiv, weil noch nicht bewiesen und blosse Behauptungen, stehen müssten.

Was auch niemandem auffällt: wenn Anuschka Roshani über Jahre hinweg angeblich diesen fürchterlichen Misshandlungen durch ihren Chef ausgesetzt war und damals zu den Unterzeichnerinnen des Protestschreibens gehörte, wieso benützte sie dann nicht diese Gelegenheit, um auf ihr schreckliches Schicksal hinzuweisen? Oder hatte sie damals noch die Hoffnung, Finn Canonica wegmobben zu können und selber Chefin zu werden?

Aber das ist noch nicht die ganze Misere. Wo sind eigentlich die weiblichen Führungsfiguren im Journalismus, die – Feministen, aufgepasst, Grund zur Erregung – nicht aus Quotengründen an ihre Stelle kamen und dort etwas wuppen? Eine der auffälligsten Aufsteigerinnen ist Ladina Heimgartner bei Ringier, die eine extralange Visitenkarte bräuchte, um all ihre Titel aufzuzählen. Die Darstellung ihrer Leistungen hätte ebenfalls auf einer Visitenkarte platz, aber im Normalformat. Die bestehen aus einer Kastrierung und Verweiblichung des «Blick», der sich damit als ernstzunehmendes Boulevard-Organ verabschiedete. Und im fleissigen Gebrauch des nichtssagenden Modeworts «Resilienz».

Kerstin Hasse, der «Digital Editor en Chief» von Tamedia, ist auch so eine Nullnummer ohne Anschluss an Leistungen, die niemals eine solche Karriere gemacht hätte, wenn es nicht konjunkturelle Umstände gäbe. Ähnliches gilt auch für die beiden Führungskräfte Aline Wanner und Nicole Althaus bei der NZZ. Während es im Hause Wanner bei CH Media interessanterweise kaum zu solchen Vorkommnissen kommt. Aber CH Media ist auch (bislang) bei der Sexismusdebatte ungeschoren davongekommen. Ob da ein Zusammenhang besteht?

ZACKBUM gönnt allen Menschen, auch weiblichen, jeden Karriere- und Einkommensschritt. Aber hier greift eine Entwicklung um sich, vor der nur gewarnt werden kann. Es gibt viele Gründe und Ursachen, wieso der Journalismus vor die Hunde geht. Die Anwendung der Sexismus-Atombombe ist einer davon, und nicht mal der unwichtigste. Denn wenn es Figuren wie eine Patrizia Laeri, eine Salome Müller, eine Raphaela Birrer, von der hasserfüllten Kämpferin gegen Hass im Internet ganz zu schweigen, die aus einem weinseligen Abend ein ganzes Geschäftsmodell aufbaute, wenn es also solche Randfiguren in die Medien und dort in wichtige Positionen spült, dann kann man nur recht hoffnungslos in die Zukunft der Presse blicken.

Wenn dann noch Dünnbrettbohrer wie Franziska Schutzbach, die immer mit zwei Rudern unterwegs ist, eines nach vorne, eines nach hinten, wenn Pseudowissensschaftler wie Marko Kovac ernsthaft und unwidersprochen zitiert werden, wenn «Fachexperten» nur noch so ausgewählt werden, dass sie ins vorgegebene Framing passen und die gewünschten Narrative abliefern, dann ist’s aschgrau.

Gibt es Hoffnung? Nun, genauso, wie sich in fünf Jahren niemand mehr an Werke eines Bärfuss oder gar eines Zwitterwesens mit bescheuertem Pseudonym erinnern wird, sollte auch hier passieren, was bei solchen Modewellen immer der Fall ist. Sie ebbt ab, und in fünf Jahren kann niemand mehr verstehen, welcher Wahnsinn auf dem Gebiet Sexismus, Gendern, Inkludieren und Kampf gegen kulturelle Aneignung tobte.

Aber der Schaden ist dann bereits angerichtet, und ob sich vor allem die Medien von dieser Enteierung jemals wieder erholen werden, wenn diese nur aus Quotengründen in Positionen der völligen Überforderung gespülten Frauen endlich entsorgt sind, das ist fraglich. Denn die Frage ist weiblich. Die Antwort allerdings auch, um aus diesem Genderschwachsinn noch einen müden Scherz zu melken.

Wumms: Patrizia Laeri

Lachhafte Trittbrettfahrerin.

Wenn man das fragwürdige Geschäftsgebaren von Patrizia Laeri mit ihrer merkwürdigen Plattform elleXX (ja nicht mit drei x schreiben!) kritisiert, nimmt sie die Sexismus-Keule hervor. Damit lenkt sie mehr oder minder erfolgreich davon ab, dass die Kritik völlig berechtigt und richtig ist. Gerne lenkt sie überhaupt von ihrer nicht wirklich erfolgreichen Karriere ab. Zum Beispiel als die wohl einzige Chefredaktorin bei CNN, die keine Sekunde im Amt war.

Laeri ist nichts zu peinlich, in die Medien zu kommen. Die langjährige «Magazin»-Redaktorin Anuschka Roshani hat mit einer bedrückenden Beschreibung über die Zustände auf der Redaktion und über das angebliche Verhalten des ehemaligen Chefredaktors für Aufsehen gesorgt. Und für drei Reaktionen.

Die übrige Redaktion von Feministen und Gutmenschen ist in Schockstarre verfallen und hat ein Schweigegelübdnis abgelegt. Mediale Trittbrettfahrer wie Salome Müller schildern die Ereignisse aus der Sicht Roshanis im Indikativ, statt journalistisch korrekt darauf zu verweisen, dass das ihre Behauptungen sind. Müller neigte schon immer zu Schmierenjournalismus, der ihre Narrative erfüllen muss. Dass das auch in der «Zeit» möglich ist, erstaunt.

Und drittens melden sich Trittbrettfahrerinnen wie Laeri zu Wort. Der soll vor über 20 Jahren widerfahren sein, dass sie ein männlicher SRF-Mitarbeiter zu küssen versuchte. Laut Laeri vergeblich, sie habe nein gesagt und soll ihn dann von sich gestossen haben.

Angesichts der vergangenen Zeitspanne ist es absolut unmöglich, zu sicheren Erkenntnissen zu gelangen, ob sich dieser Vorfall so abgespielt hat – oder ihrer Fantasie entsprungen ist. Denn natürlich nennt sie keinen Namen. Täte sie das, hätte sie sofort eine Ehrverletzungsklage im Haus.

Kann es, wie auch in den USA bei vielen Trittbrettfahrerinnen, die oft Jahrzehnte später anklagend an die Medien gehen, glaubhaft sein, dass jemand bei einer vergleichsweise trivialen sexuellen Belästigung mehr als 20 Jahre braucht, um darüber die Öffentlichkeit zu informieren?

Ist dieses offenkundige Haschen nach Aufmerksamkeit nicht eine Verhöhnung von echten Opfern sexueller Übergriffe? Ist es nicht erbärmlich, wie gierig die Medien das aufnehmen und wie unterwürfig SRF reagiert? Es soll untersucht werden, statt Laeri zu sagen: entweder nennst Du genauso öffentlich den Namen des angeblichen Übeltäters, oder wir verklagen Dich wegen Geschäftsschädigung.

Wollten durch die neue Wirtschaftssendung «#DACHelles» führen (v.l.): Tijen Onaran, Patrizia Laeri und Maggie Childs. (Bild: CNN Money Switzerland)

 

Ehrenwerte Gesellschaft

Gegen aussen hui, aber gegen innen?

Tamedia im Allgemeinen und «Das Magazin» im Besonderen sind der Hort des Gutmenschentums. Der politischen Korrektheit. Des Abscheus über jede Art der Diskriminierung, insbesondere des Sexismus. Hier werden Seiten mit Abhandlungen gefüllt, wie die deutsche Sprache nicht-sexistisch, inkludierend und nicht diskriminierend verwendet werden sollte.

Nun hat eine langjährige «Magazin»-Redakteurin erschreckende Einblicke in den widerlichen, sexistischen Alltag auf der Redaktion dort gegeben. Vorausgesetzt, ihre Darstellung stimmt, herrschte dort ein gestörter Chefredaktor, der Tourette-artig «ficken» sagte, ständig sexuelle Anspielungen machte, Frauen übelst abqualifizierte und brachiales Mobbing betrieb.

Vor aller Augen und Ohren. Daher hat sich ZACKBUM gestattet, einigen der möglichen Augen- und Ohrenzeugen ein paar Fragen zukommen zu lassen.

Zu den Empfängern gehört Daniel Binswanger. Die schreibende Schmachtlocke war lange Jahre Kolumnist beim «Magazin», bevor er als aktuell Chefredaktor a.i. bei der «Republik» amtet. Von ihm wollten wir zudem wissen, wie er bei seinem neuen Organ solche Zustände verhindert.

Dann schickten wir den Fragenkatalog an Christof Gertsch, Journalist des Jahres und redaktioneller Mitarbeiter, des Lobes voll über sein Organ. An Mikael Krogerus, «Magazin»-Redaktor und als Gatte von Franziska Schutzbach sicherlich besonders sensibilisiert für solche Fragen. Schliesslich an die beiden Kolumnisten Nina Kunz und Philipp Loser, der sich überall als Obergenderpapst geriert. Und schliesslich an Bruno Ziauddin, langjähriger Stellvertreter von Finn Canonica und nach dessen abruptem Abgang nachgerutscht auf den Chefsessel.

Da wir befürchten (und uns wünschen, widerlegt zu werden), dass keiner der Angeschriebenen die Eier in der Hose hat (Pardon, Frau Kunz), sich nicht hinter «redaktionsinterne Vorgänge» zu verstecken oder nicht «wenden Sie sich an die Medienstelle» zu schreiben (oder schlichtweg wie üblich und in der Tradition der 78 erregten Protestfrauen bei Tamedia überhaupt nicht zu antworten), veröffentlichen wir hier die Fragen:

Sie haben sicherlich die schweren Vorwürfe zur Kenntnis genommen, die die ehemalige und langjährige «Magazin»-Redaktorin Roshani im «Spiegel» erhebt.
Sie führt unter anderem aus, dass Canonica seine sexistischen Sprüche und Widerlichkeiten auch gerne coram publico geäussert habe.
Vorausgesetzt, Roshanis Darstellungen entsprechen der Wahrheit, und einiges scheint darauf hinzudeuten, sind Sie offensichtlich auch Zeuge gewesen.
Daher einige Fragen an Sie:
1. Waren Sie selbst auch von solchen Aussagen oder von Mobbing durch Canonica betroffen?
2. Wenn Sie Zeuge solcher Widerlichkeiten waren, wieso haben Sie das nicht schon vor Jahren an die Öffentlichkeit gebracht?
3. Haben Sie intern die entsprechenden Anlaufstellen informiert, und wenn ja, wie war deren Reaktion?
4. Canonica soll behauptet haben, er geniesse Protektion von oberster Stelle, insbesondere durch Pietro Supino. Hat er sich Ihnen gegenüber auch so geäussert?
5. Wie vereinbaren Sie Ihr eigenes Auftreten und Eintreten gegen aussen mit dem Tolerieren solcher unglaublicher Zustände in der Redaktion?
6. Hätten Sie, Herr Gertsch, als «Journalist des Jahres» nicht eine Plattform gehabt, auf der Sie solche Zustände hätten anprangern können? Wieso haben Sie das nicht getan?
7. Würden Sie das als verzeihliche Form der Arbeitsplatzsicherung bezeichnen?
8. Oder würden Sie die Darstellung von Roshani bestreiten?
Freundliche Grüsse
Wetten, dass ..?
Nein, wir raten ZACKBUM-Lesern davon ab, Wetten einzugehen, ob hier jemand Eier in der Hose hat. Chefredaktor Ziauddin reagierte immerhin mailwendend mit der Bitte, sich mit den Fragen doch an den Medienmenschen von Tamedia zu wenden. Wie erbärmlich das alles
PS: Natürlich hat der «Kommunikationsverantwortliche Tamedia» schnell in den Stehsatz gegriffen und das hier abgesondert (was wieder mal der Beweis ist, dass es schon Scheissjobs gibt):
«Tamedia hat die Vorwürfe von Frau Roshani sehr ernst genommen und akribisch prüfen lassen. Der Konflikt zwischen Frau Roshani und Herrn Canonica war Gegenstand einer von Tamedia in Auftrag gegebenen externen Untersuchung durch eine spezialisierte Kanzlei. Die Untersuchung des Falles ergab, dass sich die von Frau Roshani in diesem Zusammenhang geäusserten Vorwürfe zu einem grossen Teil nicht bestätigten. In einigen Punkten kam die Untersuchung sogar zu einem gegenteiligen Ergebnis – insbesondere was den Führungsstil und die Arbeitsatmosphäre unter der Leitung von Herrn Canonica betraf.
Eine Mitschuld von Frau Roshani an der für alle Beteiligten schwierigen Situation kann Tamedia weder ausschliessen noch bestätigen. Priorität hatte die Wiederherstellung einer unbelasteten Arbeitsatmosphäre.
Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes kann Tamedia keine weiteren Angaben zum Fall machen.»

Widerliche Gutmenschen

Was ist nur im «Magazin» von Tamedia los?

Starker Tobak: «Als Finn Canonica 2007 »Magazin«-Chefredakteur wurde, begann er ein Regime des Mobbings. Ich war nicht die Einzige, er nahm auch Männer ins Visier. Eine Kollegin entließ er ohne Vorwarnung. Als ihr das Mutterblatt des »Magazins«, der »Tages-Anzeiger«, direkt danach eine Reporterstelle anbot, soll Canonica gesagt haben, man untergrabe seine Autorität, würde man sie dort anstellen. Sie trat die Stelle nicht an.»

Das schreibt die langjährige «Magazin»-Journalistin Anushka Roshani im «Spiegel». Sie war von 2002 bis 2022 dort angestellt, bis sie laut eigenen Angaben «im September 2022 ohne Angaben von Gründen die Kündigung erhielt». Gleichzeitig klagt sie «wegen Verletzung der Fürsorgepflicht aufgrund sexistischer Diskriminierung und Mobbings» gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber.

Sie gehörte zu den erregten Frauen, die einen Protestbrief gegen angeblich unerträgliche, sexistische und demotivierende Zustände bei Tamedia unterzeichnet hatten. Ohne dass allerdings ihre oder andere Beispiele namentlich genannt wurden.

Also ist Roshani nicht gerade eine objektive Zeugin oder unbeleckt von Eigeninteresse. Und die Fähigkeiten des «Spiegel», die Plausibilität von Erzählungen zu überprüfen, ist auch nicht über jeden Zweifel erhaben. Laut persoenlich.com weise der Anwalt des ehemaligen «Magazin»-Chefredaktors die Anschuldigungen zurück. Und Tamedia lässt ausrichten, eine «externe Untersuchung habe Roshanis Vorwürfe «zum überwiegenden Teil» nicht bestätigt». Welcher Teil bestätigt wurde, bleibt offen.

Der «Spiegel» hat sich nach eigenen Angaben nicht alleine auf die Schilderungen von Roshani verlassen: «Der Redaktion liegen Aussagen ehemaliger Kollegen und Kolleginnen, Chatnachrichten, Korrespondenz und Dokumente vor, die die Vorwürfe stützen und insgesamt plausibel erscheinen lassen. Soweit einzelne Vorwürfe, etwa über den Inhalt von Vieraugen­gesprächen, allein auf Wahrnehmungen von Anuschka Roshani beruhen, hat sie diese eidesstattlich versichert.»

Auch hier gilt natürlich wie immer die Unschuldsvermutung.

Aber: Es pfiffen schon länger die Spatzen von den Dächern, dass der abrupte Abgang von Canonica nicht dadurch motiviert war, dass der «eine neue berufliche Herausforderung» annehmen wolle.

Roshani beschreibt eine Unkultur und ein geradezu toxisches Verhalten des Chefs: «Wer zum inneren Kreis gehörte, was sich allerdings jederzeit ändern konnte, genoss Privilegien, bekam Zeit und Platz für Artikel, wurde von Aufgaben freigehalten, musste aber auch, egal ob sie oder er es wollte, Details aus Canonicas Sexleben erfahren. Er mutmaßte über die sexuelle Orientierung oder Neigungen von Mitarbeitern. Äußerte sich verächtlich über jeden, der nicht im Raum war. Bezeichnete unliebsame Themen als »schwul«. Benutzte in Sitzungen fast touretteartig das Wort »ficken«. Erzählte Intimitäten, etwa, dass zwei Redakteure ihre Kinder nur durch künstliche Befruchtung bekommen hätten.»

Ihre persönlichen Erfahrungen schildert Roshani so:

«Im Wesentlichen aber entwürdigte er mich mittels verbaler Herabsetzungen. So unterstellte er mir in einer Konferenz, ich hätte mir journalistische Leistungen mit Sex erschlichen: Ich sei mit dem Pfarrer der Zürcher Fraumünster-Kirche im Bett gewesen, den ich für eine Recherche getroffen hatte. In einer SMS sprach mich Canonica als »Pfarrermätresse« an.
Das war nicht alles. Hinter meinem Rücken nannte er mich vor einer Kollegin »die Ungefickte«. Sagte coram publico zu mir, mein Mann habe »einen kleinen Schwanz«. Brüstete sich in meinem Beisein vor Kollegen mit einem scheinbaren Exklusivwissen über mein Liebes­leben: dass ich zu Beginn meiner »Magazin«-Zeit öfter die Männer gewechselt hätte.»

In dem Artikel dokumentiert Roshani einige ihrer Vorwürfe, so den, dass ihr Canonica bei angeblich zu deutschen Ausdrücken in ihren Manuskripten ein Hakenkreuz daneben gemalt hätte, sie als «Pfarrermätresse» bezeichnet oder ihr mit folgenden Worten zu einer Leistung gratuliert habe: «Obwohl Du eine Frau bist, hast du brilliert.»

Nun könnte man bis hierher sagen, dass hier ein unfähiger und unbeherrschter Diktator Chef gespielt habe, worunter seine Untergebenen zu leiden hatten. Zum systematischen Skandal wird aber diese Beschreibung dadurch, dass Roshani die gesamte Führungsriege von Tamedia beschuldigt, Canonica lange Jahre geschützt und gestützt zu haben:

«Wann immer ich mich zur Wehr setzte, gab er mir zu verstehen, dass ich niemanden im Verlag fände, der mir Gehör schenken würde. Er sitze bombenfest im Sattel und genieße sogar das große Wohlwollen des Verlegers Pietro Supino.»

Mitredakteure hätten gekündigt und teilweise Canonica als Grund bei der Personalabteilung angegeben – keine Reaktion. Nach dem Protestbrief hätten gegen aussen der damalige Geschäftsführer Marco Boselli und auch Oberchefredaktor Arthur Rutishauser Betroffenheit und Null-Toleranz behauptet, aber auf ihre wohldokumentierten Beschwerden sei man nicht eingegangen. Dabei hätte es genügend deutliche Skandale gegeben:

«Nicht mal Canonicas Affäre mit einer Untergebenen und den damit verbundenen Machtmissbrauch fand das Unternehmen als Vorwurf erheblich genug: Erst bevorzugte Canonica seine Geliebte, ohne da­raus einen Hehl zu machen, ging mit ihr auf Dienstreisen, dann, nach dem Ende des Verhältnisses, verbot er uns, mit ihr zu kommunizieren.»

Die Unternehmensleitung, immer laut Roshani, habe alles getan, um das Problem auszusitzen:

«Man ließ mich vollkommen allein in dieser Lage. Ich musste an einem Tisch mit Canonica sitzen, nachdem er schon über meine Vorwürfe informiert war. Vom Stand der Untersuchung erfuhr ich nichts. Längst wissen auch der Verwaltungsrat und der Verleger Pietro Supino von den Vorfällen.
Rutishauser, Canonicas Vorgesetzter, laut ihm sein enger Studienfreund, tat, als wäre ich das Pro­blem. Mein Arbeitgeber behandelt mich, als wäre ich eine Störung des Betriebsfriedens. Und als wäre es ein privater Zwist zwischen mir und Canonica.»

Dass hier ein saftiger Skandal geplatzt ist, scheint auch folgende Aussage von Roshani zu belegen: «So wie sich Canonica anstrengte, mich kleinzukriegen, versucht Tamedia, mich in die Knie zu zwingen. Deren Anwältin behauptet, dass ich alles nur inszeniert hätte, um Canonicas Chefposten zu bekommen.»

Ihre bittere Bilanz:

«Ende Juni gab der Verlag bekannt, Canonica verlasse »Das Magazin«, um eine »neue berufliche Herausforderung anzutreten«. Seitdem hat weder die Leserschaft noch die Redaktion erfahren, wo er ab­ge­blieben ist. Mir sagte man, ich solle mich unterstehen, Gerüchte in die Welt zu setzen, mit meinen Vorwürfen habe sein Weggang nichts zu tun. Aus der Redaktion hieß es, er habe eine hohe Abfindung erhalten.
Canonicas Posten hat sein Vize übernommen, er ist schlicht nachgerückt. Dabei hatte der Verlag nach dem »Frauenbrief« verkündet, dass ab sofort jede Stelle intern und extern zur Bewerbung ausgeschrieben werde. Das ist hier nicht geschehen. Im Editorial verabschiedete der neue »Magazin«-Chefredakteur den alten mit Glanz und Gloria.»

Sicherlich, es handelt sich hier um die Anklageschrift einer einzelnen Journalistin, die zudem offensichtlich mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber ein Hühnchen zu rupfen hat. Es erscheint aber sehr unwahrscheinlich, dass sie sich all diese Geschichten aus den Fingern saugt. Denn im Gegensatz zu den bis heute unbewiesenen Behauptungen im Protestschreiben nennt sie konkrete Beispiele, will Zeugen haben und kann auch Belege vorweisen.

Textnachrichten von Canonica (Screenshot «Spiegel»).

Auf ganz üble Verhältnisse deutet diese Bemerkung von Roshani hin, denn viele seiner widerlichen Sprüche hätte Canonica coram publico gemacht. Reaktion: «In der Redaktion tat man trotzdem so, als wäre Canonica einfach nur ziemlich verquer. Als hätte er einen Spleen, mit dem man sich halt arrangieren müsse.»

Es scheint zumindest in der Redaktion des einstmals angesehenen «Magazin» eine toxische Unkultur geherrscht zu haben. Die Frage ist vor allem, wieso so viele auch männliche Mitarbeiter, die sich gegen aussen wortstark für die Sache der Frau und gegen Sexismus und Figuren wie Weinstein aussprechen, in der Reaktion feige die Schnauze gehalten haben.

Spannend wird auch zu beobachten sein, wie Tamedia um dieses Thema öffentlich herumeiern wird. Wetten, dass die Fürsorge des Arbeitgebers und der Persönlichkeitsschutz von Mitarbeitern leider jede offizielle Stellungnahme verhindern wird?

Dabei wäre es für die zahlenden Leser durchaus von Interesse, wie sich ein solch widerlicher Chefredaktor so lange halten konnte. Ob er wirklich Protektion von oben besass. Ob er Herrschaftswissen hatte, das ihn unantastbar machte. Wieso es ihn dann doch gelupft hat, am Schluss. Wieso auch Roshani – laut ihr ohne Begründung – gefeuert wurde. Wie sich das von ihr geschilderte Verhalten von Boselli, Rutishauser und der Tamedia-Führung mit deren Selbstdarstellung nach aussen verträgt.

Aber so gerne Tamedia auch bereit ist, vermeintliche oder echte Skandale anderswo aufzudecken, so verschlossen wie eine Auster ist das Haus, wenn es um den Dreck vor der eigenen Türe geht.

Seid Ihr noch alle da?

Unsere Prognosen stimmen immer. Nix passiert, nix besser geworden.

Die strenge und ruhig lenkende Hand von ZACKBUM fehlte ein paar Tage. Es stand zu befürchten, dass die Medienmäuse auf den Tischen tanzen würden. War aber nicht. Man kann von Business as usual sprechen.

Putin ist immer noch der grosse Verbrecher und Verlierer, der nach Belieben am Gashahn dreht und in der Ukraine am Ende ist. Oder nicht. Man konnte direkt den Seufzer der Enttäuschung hören, als nach einer Revision durch die Gaspipeline tatsächlich wieder Gas strömte – und erst noch so viel, wie vereinbart. So gemein von diesem Putin.

Die Schweiz hat eine Ex-Bundesrätin mit Eheproblemen. Als noch nicht klar war, dass wie meist in Fällen von Gewalt in der Ehe der Gatte der Täter war, machten sich die Mainstream-Medien schwer Gedanken, wie es denn um die Sicherheit von ehemaligen Magistraten stehe, und ob der Angriff auf Doris Leuthard mit einer allgemein gewalttätigeren Politszene zu tun habe, wo vor allem von rechts … Man hörte direkt den Seufzer der Enttäuschung, als die Wahrheit ans Tageslicht kam. Und die Mainstream-Medien die Berichterstattung schlagartig einstellten.

Immer wieder erhebt der Sexismus sein hässliches Haupt, nicht nur in der Ehe einer Ex-Bundesrätin. Wir müssen heute die Berichterstattung über ein weibliches Opfer nachholen, das von seinem Chef (männlich, natürlich) in eine Erschöpfungsdepression gequält wurde.

Zürich bekommt eine dritte Toilette, zumindest in jedem neu gebauten Schulhaus. Das Problem dürfte aber erst dann gelöst sein, wenn es – angesichts von über 160 sexuellen Orientierungen – im Schulhaus statt Schulzimmer nur noch Toiletten gibt.

Wie laut gähnt das Sommerloch? So laut: «Lauterbach rechnet mit »katastrophaler« Coronasituation ohne neue Maßnahmen» («Der Spiegel»), «Mit den Wespen stimmt auch was nicht, selten so aggressiv erlebt und so früh dran. Mich gestern gestochen (erstmals seit Kind wieder), Sohn gestern gestochen (erstes Mal), Tochter vorgestern» (Corona-Kreische Marc Brupbacher).

Ach, und dann ist’s heiss. Aber heiss. Richtig heiss. Klimawandelheiss.

Wir geben einen Ausblick auf Herbst und Winter: können wir uns noch duschen? Müssen wir uns kalt duschen? Rutschen wir kalten Arsches durch den Winter? Ruinieren uns die Heizkosten? Wie kriegen wir die Ukrainer wieder weg? Wann hört die Schweiz auf, sich hinter ihrer Neutralität zu verstecken? Wann wird der erste eidgenössische Söldner in der Ukraine enttarnt? Wann landet Knutschkugel Berset im nächsten Fettnäpfchen?

Die Themen liegen auf der Strasse. Wir heben sie auf.

Zahlen für Schrott

Auch bei CH Media gibt es eine Bezahlschranke. Leistung, Qualität. Ätsch, reingefallen.

Der Autor Stefan Ehrbar hat sich vom Sachbearbeiter Zahlungsverkehr zum freien Journalisten und schliesslich zum Journalist «Vollzeit» bei CH Media hochgearbeitet. Das ist eine Karriere. Bei CH Media wird alles – ausser dem Lokalen – von einer Zentralredaktion in Aarau abgefüllt. Daher prangte bei sämtlichen Kopfblättern online zuoberst ein Werk des Vollzeitjournalisten: «Sexismus? Postfinance sucht Leute, die Arbeitszeit «nicht dem Kampf für Gleichberechtigung» widmen – und will es gut gemeint haben.»

Diesen Titelbandwurm versteht nun nicht jeder Leser. Aber der zahlende kann hinter der Aboschranke auf Aufklärung hoffen. Ist Ehrbar hier einem Skandal auf der Spur? Werden ausgerechnet bei der Postfinance Frauen gemobbt, sexuell belästigt, marginalisiert, abgewertet, ignoriert?

Zunächst hat Ehrbar nix zu meckern: «Die Post-Finanztochter Postfinance hat theoretisch alles richtig gemacht für ein gendergerechtes Stelleninserat: Sie sucht nach «Softwareentwickler:innen».» Das mag zwar gendergerecht erscheinen, ist aber schlichtweg eine Vergewaltigung der deutschen Sprache. Das lobt Ehrbar, tadeln muss er hingegen den Inseratetext auf Linkedin. Er beginnt launig damit, dass die gesuchte Person (darf auch männlich sein) sich mehr für den binären Unterschied zwischen 0 und 1 als für den genetischen zwischen XX und XY interessieren sollte.

Sollten lesende Blondinen (Achtung, Sexismus) das nicht kapieren, wird es noch ausgedeutscht: «Wir suchen Softwareentwickler:innen, die Ihre Arbeitszeit dem Banking der Zukunft und nicht dem Kampf für Gleichberechtigung widmen wollen.»

Das ist nun eigentlich ein verständlicher Wunsch eines Arbeitgebers, dass der nicht für Genderdebatten, sondern für die Herstellung von Software bezahlen will. Aber in den heutigen Zeiten sind für einige Marktteilnehmer Genderdebatten entschieden wichtiger: «Ihr solltet den Unterschied zwischen misogynem Mist und unbedarftem LinkedIn-Post herausarbeiten.» Leider verzichtet der Nutzer auf eine Erklärung, wie das die Postfinance anstellen sollte. Mit dem Fremdwort misogyn (für frauenfeindlich) ist er wohl an seine Grenzen gestossen.

Die überschreitet dann aber Agota Lavoyer, «Expertin für sexualisierte Gewalt», problemlos. Damit werte die Postfinance den Kampf um Gleichberechtigung massiv ab, will sie wissen. Aber es wird noch viel schlimmer: «Es sei nicht zuletzt der fehlenden Gleichberechtigung geschuldet, dass sexualisierte und häusliche Gewalt an Frauen in der Schweiz noch immer so verbreitet seien», zitiert Ehrbar die Expertin. Und versetzt Postfinance sozusagen noch den Todesstoss:

«Frauen würden auch alleine deswegen getötet, weil sie Frauen sind.»

Angesichts all dieser Weiterungen muss man geradezu von Milde sprechen, dass Lavoyer nur eine «unsäglich miserable Leistung» von Postfinance kritisiert. Die wehrt sich – natürlich mit untauglichen Argumenten: «Die Botschaft dieses Werbemittels ist, dass Gleichberechtigung bei Postfinance in der Kultur fest verankert und so normal ist, dass die Mitarbeiter:innen keine Zeit im Job dafür aufwenden müssen.»

Aber das Finanzhaus gelobt Besserung; es weiss, wie schnell es in einen Shitstorm geraten kann, auch ohne den geringsten nachvollziehbaren Anlass. Bleibt vielleicht noch die Frage, welche Qualifikationen eigentlich diese «Expertin für sexualisierte Gewalt» mitbringt. Auf ihrer Webseite, jetzt wird’s natürlich ganz heikel für einen männlichen Autor, verzichtet sie auf jede Angabe zu Aus- oder Weiterbildung. Ausser: «Als Opferhilfeberaterin habe ich in den letzten Jahren hunderte Opfer sexualisierter Gewalt begleitet.»

Damit hat sie sich dann offenbar einen festen Platz im Adressverzeichnis von Journalisten erobert: «Ich berate, rede, schreibe über gesellschaftspolitische Aspekte sexualisierter Gewalt, Opferberatung und Opferhilfe.» Damit hat sie es schon als «Studiogast» in den «Kassensturz» geschafft oder in die Spalten des Weltblatts «Hauptstadt». Ausserdem erscheine im Juni ihr «erstes Buch». Das sei ein «Kinderfachbuch zur Prävention sexualisierter Gewalt.» Das Wort «Buch» ist dehnbar; das Bändchen umfasst ganze 73 Seiten, für die stolze 23 € fällig sind.

Nun kann sich jeder (und jede) zum «Experten» für irgendwas ernennen, sei es auch nur durch Praxiserfahrung. Also eine Hausfrau ist sicherlich Expertin für den Haushalt. Ein Müllmann Experte für Müll.

Wieso aber ein Journalist eines angeblichen Qualitätsmediums hinter der Bezahlschranke einer solchen «Expertin» unwidersprochen das Wort erteilt und nicht merkt, dass sie ein launiges, aber sicher nicht sexistisches Inserat zu einem Skandal aufblasen will, der in letzter Konsequenz zur Ermordung von Frauen führe, das ist ziemlich niveaulos.

Genau wie sein eigener besserwisserischer Hinweis am Schluss des Artikels: «Möglicherweise kann die Post-Tochter aus der Episode etwas lernen: A/B-Testing, also das Ausprobieren zweier Versionen, ist nicht nur in der Softwareentwicklung nützlich – auch die Marketingverantwortlichen könnten sich damit künftig einigen Ärger ersparen.»

Allerdings ist er offensichtlich kein Experte für Software. Dort gibt es nämlich A/B-Testing nicht. Und wie soll das bei einem Stelleninserat gehen? Sexistische Variante A, politisch und gendermässig völlig korrekte Version B? Also ev. mit Ansprache der rund 164 verschiedenen sexuellen Orientierungen und dem Hinweis, dass Postfinance als Arbeitgeberin besonderen Wert auf Engagement im Kampf für Gleichberechtigung legt und kein Problem damit hat, wenn darunter die Softwareentwicklung leidet?

Oder einfach gefragt: wie frech muss man sein, um für so etwas auch noch Geld zu verlangen? Wie vernagelt muss man sein, wenn man sich wundert, wieso immer weniger Leser bereit sind, für einen solchen Schrott etwas zu bezahlen? Zugegeben, das sind sicherlich schrecklich sexistische Fragen eines Mannes, der eine oder einen Softwareentwickler garantiert nur nach seinen Kompetenzen einstellen würde, während ihm seine Einstellung zum Kampf um Gleichberechtigung eher egal wäre. Dem er/sie sich mit voller Energie widmen dürfte – nach Ablieferung einer dem Gehalt entsprechenden Leistung.