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Wumms: Sportjournalisten

Sind Sportler intelligent? Kann man allgemein nicht beantworten. Bei Sportjournalisten schon.

Die Schweizer Medienkonzerne schenken sich normalerweise nichts. Selbst die NZZ ist sich nicht zu fein, in Boulevard-Manier auf Ringier einzuprügeln. Von Ausfälligkeiten bei Tamedia gegen unliebsame Konkurrenten ganz zu schweigen.

Aber im Bereich Sport gibt es eine blattübergreifende Koalition der Unwilligen. Von Kriegsgurgeln, die Sport als politische Kampfarena entdeckt haben.

Der Tamedia-Redaktor Marco Oppliger beschimpft das Komitee der Paralympics hemmungslos. Russischen Behinderten die Teilnahme nicht zu verwehren, das sei «an Feigheit nicht zu überbieten». Wäffelt der Redaktor feige aus seiner wohlgeheizten Arbeitsstelle.

Schäbiger geht’s nicht mehr; Behinderten diese Möglichkeit nehmen wollen, sich als leistungsfähig und wettkampftauglich zu bestätigen. Da darf auch Steffi Buchli nicht fehlen, Quotenfrau und Chefredaktorin Sport der «Blick»-Gruppe. Sie wurde schon beim Fall Djokovic auffällig und ausfallend.

Statt sich auf ihre Kernkompetenz zu beschränken, schwingt sie sich wieder zur Welterklärerin auf: «Kein Land hat das Recht, in ein anderes, friedliches Land einzumarschieren.» Das ist sehr wahr, da muss die rote Karte gezückt werden, oder?

Nun ja, zuerst muss sich Buchli noch ein wenig für ihre Regierung und so schämen:

«Die Welt schüttelte gerade tagelang verständnislos den Kopf wegen uns, wegen unserer Zauder-Regierung, die lange Lauwarmes von sich gab und schliesslich zum Wochenstart doch noch mit den EU-Sanktionen mitzog.»

Die arme Welt, der muss es ja ganz anders geworden sein, nach tagelangem, ununterbrochenem Kopfschütteln. Nun haben Fifa und Uefa Russland von allen Wettbewerben ausgeschlossen. Das Durchführen von Spielen in Ländern, in denen Diktaturen herrschen und Stadien unter unmenschlichen Bedingungen hochgezogen werden: das kratzt die Verbände – und Buchli – null. Aber hier kann ein Zeichen gesetzt werden: «Der Ausschluss ist der einzig richtige Weg. Neutralität in einem Angriffskrieg gibt es nicht

Nimm das, neutrale Schweiz. Dummheit hingegen ist – neutral betrachtet – nie auszuschliessen.

Auch der Schweizer «Chef de Mission» Roger Getzmann ist in kriegerischer Stimmung: «Der Ausschluss ist im Sinn von Swiss Paralympic

Wir versuchen, den Sinn von Swiss Paralympic zu verstehen. Der besteht also darin, behinderten Sportlern aus Russland die Möglichkeit zu nehmen, an Wettkämpfen teilzunehmen, auf die sie sich jahrelang vorbereitet haben und die für sie ein Lebenshöhepunkt wären? Weil die Regierung ihres Land ein anderes überfällt? War es auch im Sinn von Paralympic, den Ausschluss von US-Sportlern zu fordern, als die USA den Irak überfielen? Oder ist es der Sinn von Swiss Paralympic, Zweifel an der geistigen Unversehrtheit ihrer Funktionäre aufkommen zu lassen?

Wumms: Gerhard Schröder

Für den deutschen Ex-Kanzler kommt’s knüppeldick.

Zurzeit ist es keine gute Idee, in irgendeiner Form Beziehungen zu Russland zu haben. Gerhard Schröder ist seit seiner Zeit als Kanzler mit Wladimir Putin in einer Art Männerfreundschaft verbunden. Seither läuft ihm sein Satz nach, dass es sich bei Präsident Putin um einen «lupenreinen Demokraten» handle.

Ex-Kanzler als Wachsfigur, von der alles abperlt.

Für diese unverbrüchliche Unterstützung wurde Schröder belohnt. Diverse Verwaltungsratsposten in russischen Staatsfirmen, darunter Nord Stream 1 und Nord Stream 2. Die zweite Firma mit Sitz in Zug scheint pleite zu sein.

In Deutschland wird Schröder zunehmend geprügelt; seine Partei empfindet ihn als Belastung. Seit 2006 ist Schröder zudem für das Verlagshaus Ringier als Berater tätig. Noch vor Kurzem sah Ringier keinen Anlass, daran etwas zu ändern. Aber nun hat’s bum gemacht; knapper kann eine Medienmitteilung nicht ausfallen:

Sistieren ist ein interessantes Verb. Es bedeutet unterbrechen, einstellen oder auch aufheben. Also ist die Tätigkeit Schröders bis auf Weiteres eingestellt. Oder aufgehoben. Oder beendet. Oder unterbrochen. Oder was auch immer. Es gibt auf jeden Fall nur sehr wenige Augenzeugen, die Schröder jemals in dem ihm zur Verfügung stehenden Büro an der Dufourstrasse in Zürich gesehen haben wollen.

Nun laufen ihm anscheinend auch noch seine Mitarbeiter in Deutschland davon. Auch das noch. Und die Frage, ob seine Haarfarbe echt ist oder nicht, die darf weiterhin nicht gestellt werden.

Wumms: Peter Hossli

Ist der bald einmal gewesene Journalist schizophren?

ZACKBUM verfügt über einen Doktortitel. Allerdings nicht aus dem Gebiet der Menschenheilkunde. Dennoch machen wir uns hier Sorgen, als wären wir ein Psychiater. Anlass dazu ist Peter Hossli, Noch-NZZ-Redaktor.

Denn auf Seite 17 der aktuellen NZZaS gibt es den Kommentator Hossli. Der schimpft über die Medien: «Alle wissen immer alles und sagen es sofort weiter». Schrecklich, vor Kurzem noch hätten «viele Journalisten alles über die Pandemie» gewusst. Dann hätten sie sich schlagartig zu Credit-Suisse-Spezialisten gewandelt. «Drei Nächte später können sie Putin und die Sanktionen erklären.»

Das kann Hossli (noch) nicht, aber auf der folgenden Doppelseite erklärt er mit dem Noch-Leiter Hintergrund Michael Furger die Credit Suisse. Nachdem Hossli vorher die Pandemie erklärt hatte. Dann schlagartig zum Spezialisten für das Privatleben des Bundesrats Berset wurde und seine Erkenntnisse dem Publikum darbieten wollte.

Das liess man ihn nicht, worauf er grimmig dorthin zurückkehren wird, wo er herkam: zu Ringier.

Nun fragen wir uns, ob der gleiche Hossli den Kommentar und diesen Artikel über die CS geschrieben hat. Oder gibt es mehrere? Sprechen die miteinander? Weiss der eine Hossli, was der andere schreibt? Gibt es einen Jekyll-Hossli und einen Hyde-Hossli? Und wenn ja, welcher schreibt was?

Aber eben, ein Dr. phil. I ist da schnell einmal am Ende seiner Möglichkeiten. Vielleicht bräuchte es halt professionelle Hilfe, die wir nicht leisten können.

Wumms: Alain Berset

«Blick« knallhart: das grosse Berset-Interview.

Bösartige Zungen behaupten, es gäbe spezielle Beziehungen zwischen dem Ringier-Verlag und unser aller Knutschkugel, Bundesrat Alain Berset. CEO Marc Walder soll regierungsfreundliche Berichterstattung befohlen haben, Männerfreundschaft. Dagegen musste sich schon Michael Ringier wehren, die sieben Zwerge in der Chefredaktion der «Blick»-Gruppe griffen gemeinsam zum Griffel und betonten ihre Unabhängigkeit.

Nun liefert «Blick» einen weiteren Beweis, dass das alles Fake News sind. Denn:

Grosses Interview; so gross, dass es in mehrere Video-Schnipsel aufgeteilt wurde.

Da wurde der Gesundheitsminister echt gegrillt. Schonungslose Fragen: «Was war der grösste Fehler?» Aber auch einfühlsam und sensibel: «Wie schwierig war das für Sie?» Seiner Frau seinen Seitensprung zu gestehen? Aber nein, wir sind hier zwar schon im unerschrockenen, meinungsstarken, kritischen, schonungslosen Brutal-Interview, wie es sich für unabhängigen Journalismus gehört.

Aber man merkt der Interviewerin deutlich an – nicht nur, weil sie ständig auf ihre Spickzettel schauen muss -, dass Arbeitsplatzsicherung höchste Priorität hat.

Kritisches Nachfassen, Festnageln, Widersprüche verfolgen? Ach was. Sonst ruft noch Berset bei Marc an und beschwert sich. Droht damit, dass er für die nächste Ausgabe von «Interview» nicht mehr als Dressman und Mitarbeiter zur Verfügung stünde. Und das wollen wir doch alle nicht.

Die Quittung

Anteil Nein zum Mediengesetz legt «überraschend» kräftig zu.

Ein tapferer Edgar Schuler, sonst der Tamedia-Lautsprecher für ein kräftiges Ja, musste durch schlechte Nachrichten schreiben.

Das hat er – immerhin – recht objektiv hingekriegt, ohne ausfällig, weinerlich oder polemisch zu werden. Die Botschaft, die er zu verkünden hat, ist bitter genug:

«Die Ablehnung liegt jetzt bei 57 Prozent, 6 Prozentpunkte höher als in der ersten Umfragewelle.»

Einzig bei dem den Artikel begleitenden Foto konnte es sich die Bildredaktion nicht verkneifen,  Trychler in den Fokus zu rücken.

Allerdings umfährt Schuler – verständlich – die Ursachen für diese dramatische Entwicklung weiträumig. Er zitiert stattdessen, dass die Veranstalter der Umfrage mal wieder «überrascht» sind. So wie Meinungsumfrageinstitute allgemein, die häufiger bei engen Ergebnissen daneben liegen als richtig.

Das ist aber ein Nebenschauplatz, die grosse Frage, die Schuler nicht beantwortet, lautet natürlich: warum? Alleine die drei grossen Medienclans beschallen mit Tamedia, CH Media und Ringier über 80 Prozent des Tageszeitungsmarkts. Dort füllen sie aus zwei Küchen den gleichen Einheitsbrei in 36 Kopfblätter ab.

Man kann da von einem Fast-Medienmonopol sprechen; der Zwangsgebührensender SRG ist selbstverständlich in aller Staatsferne ebenfalls ausgesprochen für die Annahme des Medienpakets.

Ursache: Unfähigkeit in aller Öffentlichkeit

Nur: unfähiger, schwächer, blöder ist selten eine Abstimmungskampagne geführt worden wie die der Befürworter der Zusatzmilliarde für angeblich notleidende Medien. Ein verstolperter und unterirdischer Webauftritt des Ja-Komitees. Ein Plakatsujet, das so peinlich ist, dass es schnell wieder in der Versenkung verschwand. Eine «Club»-Sendung, in der eine völlig überforderte Moderatorin nicht verhindern konnte, dass drei Teilnehmer sich gegenseitig niederzubrüllen versuchten.

Falsch gewählte Kampfbegriffe (Meinungsfreiheit, Demokratie stärken), dann noch eine mehr als unglückliche Aussage eines Clanmitglieds über Weisungen an Redaktionen. Schliesslich der typische Beziehungssumpf; eine grüne Nationalrätin weibelt mit Hochdruuck für die Annahme, lobt vor allem die Förderung von Online-Medien – während ihr Gatte zufällig genau ein solches aus dem Boden stampft und finanziell so positioniert, dass es jede Menge Zusatzbatzeli geben könnte. «Hauptstadt» heisst das Teil.

Ursache: grobe Leserverarschung

Das alles sind aber noch Peanuts gegen das eigentliche Problem: die Leserverarschung. Man kann das leider nicht gewählter ausdrücken. Denn die Medienkonzerne haben den Irrwitz veranstaltet, dass für weniger Angebot mehr verlangt wird. Trotz allen beschönigenden Geräuschen fällt es jedem Zeitungskonsumenten auf, dass ihm sowohl vom Umfang wie vom Inhalt her eine dünnere Suppe in kleineren Teller serviert wird.

Zudem kann der Leser der «Basler Zeitung» feststellen, dass in der «Berner Zeitung» oder im «Tages-Anzeiger» die gleiche Brühe serviert wird. Das bemerkt auch der Leser des «Tagblatts», wenn er einen Blick in die «Aargauer Zeitung» oder die «Luzerner Zeitung» wirft.

 

Das kann man nicht als Beitrag zum Meinungspluralismus verkaufen. Das kann man nicht als Ausnützen von qualitätssteigernden Synergien verkaufen. Besonders peinlich ist das im Falle Tamedia, die immer grössere Brocken von der «Süddeutschen Zeitung» bezieht, bis hin zu Katzentexten eines ehemaligen Münchner Bürgermeisters.

Dass man da das deutsche ß durch ss ersetzt, parken durch parkieren, schweizert die deutsche Sauce auch nicht genügend ein. Wie der Teutone die USA, Putin oder China sieht, deckt sich meistens auch nicht unbedingt mit Schweizer Blickwinkeln. Von der EU ganz zu schweigen.

Also muss man zusammenfassend sagen, dass das Resultat wohlverdient und keinesfalls «überraschend» ist.

Fake News aus dem Bundesrat

Eine unglückliche Figur macht auch die zuständige Bundesrätin. Medienministerin Simonetta Sommaruga verkündet Mal um Mal, dass 75 Prozent der zustätzlichen Steuerfranken kleineren und lokalen Medien zugute käme. Ihr Bakom behauptet, dass in den letzten Jahren 70 Zeitungstitel eingegangen seien. Solche Fake News machen es den Gegnern einfach, den Sinn der Milliarde in Frage zu stellen.

Zu allem Unglück werfen sich dann noch Figuren wie Hansi Voigt für ein Ja in die Bresche. Selbst von einer reichen Pharma-Erbin ausgehalten, kritisiert er Milliardäre, die sich Medien halten würden. Selber eine Spur der Verwüstung hinterlassend, behauptet er, exorbitante Gewinne durch Artikel im Internet ausrechnen zu können. Und schliesslich beschimpft er die Befürworter des Referendums als «Freunde des Faschismus», auch wenn er dann zurückrudert.

Das ist sowieso der letzte verzweifelte Versuch, das Steuer noch rumzuwerfen. Auch die WoZ ist sich nicht zu schade, eine Verschwörungstheorie auszubreiten, dass rechte Verleger und Mitglieder des Refrendumskomitees beispielsweise das St. Galler «Tagblatt» kaufen wollten. Obwohl es nicht zum Verkauf steht, aber als Schreckgespenst muss es herhalten.

War wohl nix.

Die Medienclans müssten sich selbstkritisch fragen, welche Pfeifen denn in ihren Teppichetagen sitzen, die nicht mal in der Lage sind, die geballte Medienmacht für eine knackige Ja-Kampagne auszunützen. Die nicht mal in der Lage sind, viel Geld sinnvoll auszugeben.

Unabhängig davon, ob es ein Ja oder ein Nein absetzt: mit dieser Management-Crew sieht es dunkelschwarz oder blutrot aus für die Zukunft der Medienkonzerne in der Schweiz.

 

Kleine Medien-Show

Man gönnt sich ja nix: Wie reagieren die Medien auf die Walder-Bombe?

Eine grosse Münze in der Journalistenwährung ist der sogenannte Primeur. Schlichtweg: ich hab’s zuerst publiziert. Die neue Haarfarbe eines Popsternchens, das erste Foto eines neuen Autos – oder eine wirkliche Bombe.

Die Reaktion der Kollegen ist immer die gleiche: mit langen Zähnen und knirschend nachziehen. Aber zuerst abwarten, ob das wirklich die Runde macht.

Das war so, als die «Weltwoche» eine aussereheliche Affäre unseres Gesundheitsministers publik machte. Da herrschte zunächst tiefes Schweigen, bis dann die meisten Medien eine SDA-Meldung übernahmen. Versehen mit kritischen Kommentaren; Parteipolitik, Privatleben, unanständig, typisch Mörgeli halt.

Nun hat es einen viel näheren Einschlag gegeben. Ringier-CEO Marc Walder hat sich auf Video aufnehmen lassen, während er klarstellt, dass auf seinen Befehl hin Ringier-Medien weltweit die jeweiligen Regierungen bei ihrer Corona-Bekämpfung unterstützten.

Das ist im Fall Ungarns beispielsweise ausgesprochen putzig. Nun ist hier der Enthüller ein ehemaliger WeWo-Mann, federführend im Komitee gegen das Mediensubventionsgesetz, über das in etwas mehr als einem Monat abgestimmt wird.

Zudem hat er eine Kommunikationsagentur, arbeitet aber weiterhin als Journalist. Das sind natürlich alles kleine Hebelchen, um zwar über den Skandal berichten zu müssen, aber durchaus an Bote und Botschaft herumzumeckern.

Das tut beispielsweise der ehemalige NZZ-Medienjournalist Rainer Stadler: «Philipp Gut, der für den «Nebelspalter» und lokale Websites Marc Walders Aussagen skandalisierte, tritt als Journalist auf und betreibt gleichzeitigen Kommunikationsagentur. Er ist zudem Geschäftsführer eines Abstimmungskomitees gegen das Medienpaket. Der «Nebelspalter» verschweigt das. Solche Doppel- und Mehrfachrollen passen nicht zu einem unabhängigen Journalismus. Zumindest müssten sie offengelegt werden.»

Auch Tamedia setzt einen schrägen Ton

Das nennt man fokussieren auf das Wichtige. Tamedia setzt den Ton so: «Geleaktes Video: Ringier-Chef trimmte seine Medien auf Regierungskurs». Auch das befindet sich im Streubereich der Wahrheit. Das Video ist laut Aussage von Philipp Gut nicht geleakt, sondern war im Internet auffindbar. «Der Knaller ist ein Spätzünder», fährt Thomas Knellwolf fort, damit insinuierend, dass es bewusst kurz vor der Abstimmung über das Milliardensubventionspaket lanciert wurde.

Auch Knellwolf beschreibt weitere Zusammenhänge: «Nun beginnt die heisse Phase im Abstimmungskampf. Gut ist Geschäftsführer des Nein-Komitees. Zu den Mitgliedern des Komitees, das gegen mehr staatliche Unterstützung für die Verlage ist, gehören die Herausgeber von «Nebelspalter» und «Die Ostschweiz». Sie haben Guts Text in identischer Form wie auf der Komitee-Webseite veröffentlicht.»

Na und, kann man da nur sagen, na und? Knellwolf arbeitet für einen Konzern, der das Medienpaket lauthals unterstützt, weil er davon profitieren würde. Sein Text erschien in identischer Form in allen Tamedia-Kopfblättern.

«20 Minuten» referiert tapfer den Inhalt des Videos, um dann – Überraschung – Fachleute zu befragen. Zum Beispiel den «stellvertretenden Forschungsleiter am Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich». Hinter dem umständlichen Titel verbirgt sich ein Institut mit schwerer politischer Schlagseite.

Daher sagt der Stellvertreter auch: «Das Video alleine reiche als Beweis für einen solchen Eingriff jedoch nicht aus. Dafür müsste man etwa abklären, ob die angebliche Weisung Walders Einfluss auf die Chefredaktion und den redaktionellen Alltag gehabt habe.»

Dann stellt er noch eine kühne Vermutung in den Raum:

«Wenn kurz vor der Abstimmung zum Mediengesetz ein solches Video geleakt wird, könnte es sich auch um Abstimmungspropaganda handeln.»

Na und, kann man auch hier nur sagen.

Nau.ch schreibt hingegen ganz auf der vorsichtigen Seite: «Das Video hat bereits nach drei Tagen mit Abstand die meisten «Views» auf dem YouTube-Kanal des Referendumskomitees. Geschäftsführer des Komitees ist der Kommunikationsberater und Journalist Philipp Gut, der gemäss «Tagesanzeiger» das Video veröffentlicht haben soll.»

Nun, Gut hat als Autor in seinen Beiträgen das Video tatsächlich veröffentlicht, das ist kein Ergebnis einer tiefen Recherche von Tamedia.

Was machen CH Media und NZZ, die zwei anderen letzten Mitspieler im Tageszeitungsgeschäft? Nichts. Einfach mal nichts.* Die zumindest bestfinanzierte Mediengruppe in der Schweiz? Auch SRF schweigt.

Nur «Inside Paradeplatz», obwohl das ja nicht das zentrale Thema ist, nimmt kein Blatt vor den Mund:

«Die Medien nicht als Gegengewicht und letzte Kontrollinstanz der Befehlshaber einer Gesellschaft, sondern als Assistenten und Ermöglicher – so Walders Interpretation seiner Rolle.»

Dass die mediale Behandlung des Mediensubventionsgesetzes schwierig würde, weil sich ausser der NZZ-Redaktion alle grossen Medienhäuser dafür ausgesprochen haben und davon profitieren würden, war klar.

Aber was hier in der Berichterstattung über den Walder-Skandal passiert, übertrifft die kühnsten Befürchtungen.

Ist diese verhaltene, teilweise fiese Reaktion einfach auf Futterneid zurückzuführen? Ist es denkbar, dass so zurückhaltend und kritisch berichtet wird, weil CH Media und Tamedia klare Befürworter der zusätzlichen Milliardensubvention sind?

Oder aber, das könnte es sein, man hat in diesen Verlagshäusern Schiss, dass auch mal ein Video auftauchen könnte, auf dem Tamedia-Boss Pietro Supino oder CH-Media-Clanchef Peter Wanner in aller Deutlichkeit sagen würden, dass es gar nicht gelitten wäre, wenn in ihrem Einflussbereich kritisch über die Steuermilliarde berichtet würde.

Diese Videos sind nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Bislang. Für den Fall: ZACKBUM ist auch in der Lage, Bewegtbilder in seine Webseite einzubinden

 

*Die NZZ hat inzwischen zum Zweihänder gegriffen auch CH Media und SRF berichteten. ZACKBUM liefert nach …

CEO Marc Walder gibt Ringier-Medien den Kurs vor

Von Philipp Gut*

Geheimvideo: Ringier-Boss Walder hat den Redaktionen die Regierungstreue verordnet.

In der Schweiz ist es längst bekannt: Die Ringier-Medien, allen voran die «Blick»-Gruppe, sind das Megafon des Staates, wenn es um die amtliche Corona-Politik geht. Zwischen der Zürcher Dufourstrasse, wo Ringier zu Hause ist, und Gesundheitsminister Alain Berset im Berner Bundeshaus scheint eine Standleitung zu bestehen. Regelmässig berichten die Ringier-Medien vorab, was Berset in der Bundesratssitzung des kommenden Tages einbringen wird. Kritik am staatlichen Handeln – und zu kritischer Berichterstattung gäbe es wahrlich Anlass genug – sucht man in den Ringier-Medien vergeblich. Der Eindruck beim Lesen: «Blick» & Co. sind regierungstreu bis zum Abwinken. Statt objektiv und kritisch zu berichten, wie es dem Selbstverständnis eines ernstzunehmenden Journalismus entspricht, betätigen sich die Ringier-Medien lieber als verlängerter PR-Arm von Berset und seines Bundesamts für Gesundheit (BAG).

Wichtige unter sich: Walder, Berset. SBB-Meyer.

Wer steuert die Redaktionen?

Auch in anderen Ländern, wo Ringier tätig ist – von Osteuropa bis Ostasien – fällt auf, dass die Ringier-Medien das knallharte Boulevard-Geschäft aufgeben, sobald es um offizielle Covid-Massnahmen geht.

Leserinnen und Leser fragen sich natürlich, warum das so ist. Liegt es einfach daran, dass die Journalistinnen und Journalisten freiwillig mit dem Strom schwimmen? Oder werden die Redaktionen von irgendwoher gesteuert?

Ich muss gestehen, dass ich – und auf dieses Thema werde ich als Journalist oft angesprochen – bisher immer die erste These vertreten habe. Die zweite – nennen wir sie die Marionettenthese – klang für mich nach Verschwörungstheorie. Irgendwelche mächtigen Männer im Hintergrund sollen den Journalisten vorschreiben, wie sie zu berichten haben? Ich hielt das für abwegig. Ganz besonders in einer liberalen und aufgeklärten Demokratie wie der Schweiz.

Doch jetzt kommt aus: Zumindest im Falle von Ringier habe ich mich getäuscht. Denn unsere Recherchen zeigen: In einem Video, das im kleinen Kreis aufgenommen wurde und auch dort bleiben sollte, spricht Marc Walder, CEO und Managing Partner der Ringier AG, das für unmöglich Gehaltene aus. Er sagt in dem Filmausschnitt sinngemäss, dass er seine Redaktionen weltweit angewiesen hat, auf jegliche Kritik an der offiziellen Corona-Politik zu verzichten und stattdessen strammen Regierungskurs zu halten.

«Wir wollen die Regierung unterstützen»

Die entsprechenden Aussagen machte Walder am 3. Februar 2021 im Rahmen der Gesprächsreihe «Inspirational Talk» der Schweizerischen Management Gesellschaft. Thema: «Digitale Transformation @Ringier». Das virtuelle Gespräch dauert 1:05:18 und wurde vollständig aufgezeichnet. Die entscheidenden Sätze sagt Walder nach Minute 49. «Wo sehen Sie grundsätzlich die Aufgabe der Medien in der Pandemie?», wollte ein Teilnehmer wissen.

Darauf Walder:

«Wir hatten in allen Ländern, wo wir tätig sind – und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt – auf meine Initiative hin gesagt: ‹Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung, dass wir alle gut durch die Krise kommen.›»

Walder ist offenbar bewusst, dass dieses Bekenntnis seines Eingriffs in die Redaktionsfreiheit Sprengstoff birgt («da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt») und erklärungsbedürftig ist, denn er fährt fort: «Das mag Sie jetzt überraschen, aber ich will es an einem Beispiel festmachen.» Walder nennt als Musterbeispiel einer Redaktion, die seinen Appell zur Regierungstreue brav umsetzt, die Blick-Gruppe. O-Ton Walder: «Auch die Blick-Gruppe, die jetzt in der Schweiz sehr prägend ist in der Covid-Berichterstattung, könnte deutlich härter – und vielleicht sagen einige von Ihnen: ‹Ja, macht’s doch bitte, die schlafen alle, die packen’s nicht› – sein.» Tun die Blick-Titel aber eben nicht. Im Gegensatz zu ihrem Pendant in Deutschland, der Bild-Zeitung, welche die Regierung «unglaublich hart» und «wahnsinnig hart» angegangen sei.

PR statt Journalismus

Walders Devise ist eine ganz andere: «Meine These ist, um auf diese Frage zurückzukommen: Das nützt im Moment niemandem etwas. Wir müssen versuchen, dass die Politik, ob sie jetzt genug schnell, genug hart, zu wenig hart usw. agiert, das Volk nicht verliert. Und hier dürfen die Medien nicht einen Keil treiben zwischen der Gesellschaft und der Regierung.» Die Medien hätten in der Corona-Krise «eine zusätzliche Dimension an Verantwortung, so würde ich das framen».

Walder framt mal vor sich hin.

Als Journalist, aber auch als Bürger eines demokratischen Staates mit seiner kritischen medialen Öffentlichkeit läuft es mir bei diesen Sätzen kalt den Rücken runter. Solch unverfrorene Komplizenschaft zwischen Staats- und Medienmacht kennt man sonst nur aus autoritären Regimes, um es vorsichtig auszudrücken. Verblüfft nehmen wir zur Kenntnis: Der Traditionsmedienkonzern Ringier schafft sich selbst als unabhängige und kritische Instanz ab und macht statt Journalismus erklärtermassen PR für die Regierung, allen voran für SP-Bundesrat Berset, der längst den Status eines Ringier-Hausfreundes erlangt hat.

Ringier sieht Redaktionsfreiheit nicht gefährdet

Wir haben Walder mit seinen Aussagen und insbesondere mit seiner Direktive, die Ringier-Journalisten müssten die Regierung unterstützen, konfrontiert. Die Frage, ob diese inhaltliche Vorgabe des Managements an die Redaktionen nicht deren journalistischer Freiheit widerspreche, lässt Walder durch eine Ringier-Sprecherin mit «Nein» beantworten. «Zwischen Marc Walder und vielen Chefredaktorinnen und Chefredaktoren der Ringier-Gruppe findet seit vielen Jahren ein konstanter und konstruktiver Dialog statt.» So kann man das auch nennen.

Ausserdem wollten wir von Walder wissen, ob es im Hause Ringier üblich sei, dass den Redaktionen vom Management beziehungsweise vom Verlag vorgeschrieben wird, wie sie über bestimmte politische Themen zu schreiben haben. Antwort Ringier: «Die Redaktionen und Mitglieder der Konzernleitung, insbesondere CEO Marc Walder, Ladina Heimgartner als globale Leiterin Medien und Alexander Theobald als CEO von Ringier Axel Springer Schweiz, tauschen sich konstant aus. Die Verantwortung und Hoheit der publizistischen Berichterstattung liegt stets bei den Redaktionen.»

Schliesslich stellten wir Walder die staatspolitische Grundfrage: Wie sollen die Medien ihre Aufgabe als kritische vierte Macht im Staat wahrnehmen, wenn sie die Regierung in zentralen Politikbereichen nicht kritisieren dürfen, sondern unterstützen müssen? Und wie soll man die Medien dann noch als glaubwürdig und unabhängig wahrnehmen? Darauf gehen Walder und Ringier nicht ein. Sie behaupten stattdessenn in einer 180-Grad-Wende, dass die Ringier-Gruppe «die Massnahmen der Regierung – gerade während dieser Pandemie – stets kritisch hinterfragt» habe.

Neues Mediengesetz: Anreiz für kritischen Journalismus schwindet

Zusätzliche Brisanz erhält der Befehl von Walder an seine Redaktionen vor dem Hintergrund der Volksabstimmung über ein «Massnahmenpaket zugunsten der Medien» vom 13. Februar 2022. Das neue Mediengesetz sieht eine Vervielfachung der Subventionen an private Medien von heute 53 auf 178 Millionen Franken jährlich vor und bindet die Medien damit noch enger an den Staat. Ringier würde zu den Hauptprofiteuren zählen, denn rund 70 Prozent der neuen Subventionen gehen an die Grossverlage. Der Anreiz, staatsunabhängigen und kritischen Journalismus zu machen, dürfte damit gegen Null tendieren. Die Medien, die Ephraim Kishon einst als bellende Wachhunde der Demokratie bezeichnete, würden zu Schosshündchen an der Leine der Politiker schrumpfen.

*Der Text erschien zuerst auf «Die Ostschweiz». Publikation mit freundlicher Erlaubnis des Autors.

Kühne Konstruktion

Die Wächtermedien hängen in den Seilen. Brauchen Staatsinfusion. Wieso eigentlich?

Die Beherrscher des Tageszeitungsmarkts in der Schweiz führen ein marktwirtschaftliches Wunderwerk vor. Sie verlangen für entschieden weniger Content gleich viel Geld von ihren Kunden. Das ist so, wie wenn ein Detailhändler für einen halben Liter Milch gleichviel wie für früher einen ganzen verlangte. Sorry, aber diese Milch schmeckt viel konzentrierter.

Geschrumpfte Umfänge, gefeuerte Journalisten, zusammengestrichene Budgets, zusammengelegte Redaktionen: eine Agonie, ein Trauerspiel.

Erschwerend kommt hinzu, dass die (noch) überlebenden Mitarbeiter ihren Bedeutungsverlust mit lautstarker Kommentierung der Weltläufe kompensieren. Plus liebedienerische Übernahme der offiziellen Positionen in der Bekämpfung der Pandemie.

Damit ist das Elend noch nicht ausreichend beschrieben. Denn inzwischen sind Tamedia, CH Media und Ringier von Medienhäusern zu Gemischtwarenhändlern denaturiert. Verkaufsplattformen, Eventveranstalter, Betreiber von TV- und Radiostationen, Anbieter von Handelsplattformen, Internetaktivitäten allgemeiner Art, usw.

Ein moderner Medienkonzern.

Nur die NZZ setzt tapfer auf ihr Kerngeschäft: journalistischer Inhalt, möglichst hochstehend.

Wie jammern, ohne zu leiden?

Nun stecken die drei Grossverlage etwas in der Bredouille, wie sie denn eigentlich nachvollziehbar um weitere Staatsknete jammern können. Durch die gegenseitige Abhängigkeit unterstützt, ist es ihnen gelungen, ein zusätzliches Hilfspaket von einer satten Milliarde Steuergelder durchs Parlament zu bugsieren.

Dagegen wurde aber, dumm gelaufen, das Referendum ergriffen. Nach anfänglich überheblichem Ignorieren nehmen die Verlage nun Anlauf, Stimmung für ihr Anliegen zu machen: wir brauchen die Kohle, um weiterhin unsere Wächterfunktion in der Demokratie ausüben zu können. Denn Medien sind ja keine Joghurts; sie haben staatstragende Aufgaben, wird getrötet.

Das sei dahingestellt. Aber wieso sollte eigentlich der Steuerzahler eine ganze Milliarde locker machen, wo sich die grossen Medienhäuser in den letzten zehn Jahren im Milliardenbereich dumm und krumm verdient haben? Wo sie doch auch in der fürchterlichen und angeblich existenzbedrohenden Pandemie fröhlich Gewinne einfuhren?

Wo doch alleine durch die Ankündigung der Fusion der Handelsplattformen von Tamedia und Ringier der Aktienkurs zur Freude des Coninx-Clans durch die Decke schoss und alleine das neue Konglomerat locker einen Wert von über 3 Milliarden Franken hat?

Besonders bei diesen Plattformen ist es klar, dass ihr Erfolg im Print begann. Der «Stellenanzeiger» von Tamedia war legendär dick. Ebenso die Immobilien-, Auto- und sonstigen Anzeigenplantagen. Da musste kaum gewässert oder gedüngt werden, nur die Banknoten von den in den Himmel spriessenden Bäumen gepflückt.

Die Zauberformel gefunden?

Das marschierte alles ins Internet ab. Schliesslich krallte sich Tamedia den einzigen erfolgreichen Versuch eines Gratisblatts. Man hatte sogar als Drohkulisse die Lancierung eines eigenen Konkurrenzprodukts vorangetrieben, bis die Mannschaft kurz vor der ersten Publikation erfuhr, dass der Stecker rausgezogen wurde. Ziel erreicht, «20 Minuten» gehörte nun Tamedia.

Seither ist das Pendlerblatt weiterhin erfolgreich und profitabel. Kann aber bei den Subventionen nicht berücksichtigt werden. Das alles ist also etwas kompliziert. Jedoch nicht für Pietro Supino. Der hat nicht nur für Beschäftigung bei den Herstellern von Aussenbeschriftungen gesorgt. Sondern den Tamedia-Konzern so umgebaut, dass das mit der Steuermilliarde klappen sollte.

Kühne Konstruktionen.

Unabhängige Profitcenter ohne Quersubventionen, heisst die Zauberformel. Ringier sieht das übrigens ähnlich. Dass dem Profitcenter Tamedia die Einnahmen der Anzeiger fehlen, die mit den Printausgaben überhaupt erst gross wurden? Schon, na und?

Dass «20 Minuten» immer noch nett Kohle verdient, so what? Gehört nicht zu Tamedia, sondern ist ein eigenes Profitcenter. Und obwohl redaktionell und auch sonst durchaus Synergien genützt werden, für Tamedias Zentralredaktion und die am Hungertuch nagenden Ruinen der Redaktionen der Kopfblätter heisst es: Finger ab de Röschti.

Etwas sauberer aufgestellt ist das Wanner-Imperium. Der Geldschlucker «watson» wurde nicht in das Joint Venture mit der NZZ aufgenommen. Wahrscheinlich, weil die NZZ das nicht geduldet hätte.

Nicht nur Papier kann man aus Holz machen.

Keine Konzessionen, keine Finanzspritzen aus eigenem Sack

Ringier macht bei der «Blick»-Familie oder bei den überlebenden Medienprodukten auch keine grossen Konzessionen, was Finanzspritzen aus einkommensstärkeren Konzernbereichen betrifft. Selbst beim Lieblingsprojekt «Interview by Ringier» zählt man mehr auf «eine Partnerschaft mit Credit Suisse (Schweiz), IWC Schaffhausen und Volvo Car Switzerland» als auf völlige Unabhängigkeit.

Das alles macht die kühne Behauptung: wir brauchen Steuerkohle, sonst geht der Ofen aus, recht zweifelhaft. Nach einem Fehlstart darf man gespannt sein, was da den versammelten Schreibkräften und Schönschreibern und Konzernjournalisten so alles einfällt, um die Position ihrer Verlage zu verteidigen: Wir verdienen zwar super, aber jammern kann man immer.

Auch so kann ein Mediacenter aussehen. In Peking.

 

Wie great ist Ringier?

Ringier hat ein Zertifikat gekriegt. «Great Place to Work®». Echt jetzt?

Herausragend, weit über dem Durchschnitt, gehört zu den besten Arbeitgebern der Schweiz. Die himmlischen Chöre könnten nicht heller klingen, lauter juchzen.

Die Rate der «Zufriedenheit» liege bei sagenhaften 87 Prozent bei Ringier. Zum Verständnis: Wenn beispielsweise 100 Kindersoldaten in ihren Verrichtungsboxen im Newsroom eine klickträchtige Story nach der anderen raushauen müssen und dabei merken, dass sie sich Journalismus vielleicht etwas anders vorgestellt hatten, sind 87 Prozent dennoch zufrieden. Bloss 13 Querulanten, Meckerer und Unzufriedene hat’s.

Dass auch viele Ringier-Journis zu den Hunderten von Journalisten gehören, die in den letzten Jahren in der Schweiz abgebaut, eingespart, synergiesiert, zusammengelegt, abgelegt wurden, na und? Die sind zwar nicht zufrieden, aber auch nicht Bestandteil der Umfrage, he, he.

Da ist für einmal die «Republik» wirklich nicht schlecht mit ihrer «Chronologie der Schweizer Medienkonzentration». Ein Bild des Grauens. Aber schön, dass Ringier-Mitarbeiter so fröhlich und zufrieden bleiben.

Sind sie das?

Wir haben nicht das Geld und die Möglichkeiten von «Great Place to Work®». Aber wir haben ein repräsentatives Leser-Publikum in Journalistenkreisen. Natürlich auch bei Ringier. Da starten wir doch eine alternative, nicht repräsentative, völlig unwissenschaftliche, aber sicher aussagekräftige Gegenumfrage.

Mit einer ganz einfach zu beantwortenden Frage:

Sie sind Mitarbeiter bei Ringier (alle anderen bitte beiseite stehen).

 

Wie würden Sie Ihre Zufriedenheit mit Ringier bewerten? Ganz allgemein:

  • 6: völlig zufrieden, alles paletti
  • 4: geht so, könnte schlimmer sein
  • 2: grauenhaft, aber wo soll ich sonst hin

ZACKBUM verspricht und garantiert völlige Anonymität. Die Einsender können die Anonymous Box benützen oder ein Mail schreiben; mit Hotmail-Adresse oder wie auch immer. Eines ist dabei klar: ZACKBUM hält sich eisern an den Quellenschutz.

Erzählen Sie es herum; umso mehr mitmachen, desto wuchtiger und gewichtiger wird das Resultat.

Also, kann doch nicht so schwierig sein; kurz überlegt, nach links und rechts geschaut, und eine Zahl in den Betreff setzen und ab an

zeyer@zackbum.ch.

Auf Wunsch machen wir auch Telefonseelsorge.

 

Ringier! THE Place to be!

Journalismus in der Krise? Ach was. Zumindest Ringier ist ein «Great Place to Work®». Gibt’s denn Doppelgänger?

Endlich konnte Corporate Communication richtig in die Harfe greifen: Die Ringier AG sei «für ihre Arbeitsplatzkultur als Great Place to Work® ausgezeichnet. Mit diesem Resultat gehört die Ringier AG zu den besten Arbeitgeberinnen der Schweiz.»

Let’s dance, let’s work together, we can do it! Stimmungsbild von Ringier.

Alle sind glücklich. Der Mitbesitzer der Zertifizierungsbude: «Insgesamt sehen wir Ringier auf dem Niveau der besten Arbeitgeberinnen in der Schweiz! Damit hat Ringier eine beeindruckende Entwicklung bei der Zufriedenheit seiner Mitarbeitenden in den letzten Jahren vollzogen. Die Bewertungen des Vertrauens untereinander und der erlebten Fairness liegen weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Schweizer Unternehmen.» Tatä.

CEO Marc Walder ist auch glücklich: «Die Zufriedenheit und Akzeptanz unserer Mitarbeitenden ist für uns von zentraler Bedeutung. Wir haben hart gearbeitet, viel unternommen und angepasst, um diese zu steigern.» Tatö.

Natürlich ist auch der «Chief People Officer» glücklich: «Unsere Unternehmenskultur ist stark von einem persönlichen Miteinander geprägt – und das möchten wir aufrechterhalten.» Tatä, tatö.

Die Mitarbeiter sind sowieso glücklich.

«Zufriedenheit 87 Prozent, Trust-Index 76 Prozent.»

Das ergab die «anonyme Befragung» in erster Linie unter den Angestellten von Ringier Schweiz. Da soll noch einer sagen, Journalisten würden leiden. Die haben offenbar gelernt, einfach lautstark zu klagen. Dabei geht’s doch super. Spitze. Denn ab 65 Prozent beim «Trust-Index» gibt’s schon die «Zertifizierung Great Place to Work®».

Da müssen an Dufourstrasse wieder mal die Champagnerkorken geknallt haben; der Verkehr musste umgeleitet werden, weil zu viele glückliche, aber beschwipste Mitarbeiter auf der Strasse torkelten und tanzten.

Das hat sicherlich alle davon abgehalten, die Sache mal näher anzuschauen. Ein Zertifikat ist ja immer so gut wie sein Herausgeber. Das ist hier, Überraschung, die Firma «Great Place to Work». Auf ihrer Webseite wirft sie mit dem üblichen Geblubber um sich. «Ihre Arbeitskultur ist unsere Mission». Wunderbar. Als Medienschaffender wendet man sich für weitere Auskünfte natürlich an die Medienstelle.

Aber kein Great Place für Medienanfragen.

Zunächst wundert man sich, wieso die letzte PM von Anfang April stammt – 2019. Die Erklärung bekommt man sofort: der angegebene Medienkontakt «arbeitet nicht mehr für» die Bude, «Ihre Mail wird nicht weitergeleitet». Ob Ben Seiler den «Great Place to Work» doch nicht so great fand? Man weiss es nicht, aber immerhin wird eine Ersatzperson angeboten. Die arbeitet tatsächlich noch und antwortet sehr abstrakt auf konkrete Fragen.

Konkrete Fragen, sehr flauschige Antworten

Zum Beispiel:

«Es gibt wahrlich immer viel zu pflegen auf den Webseiten und wir werden den Kontakt für zukünftige Medienanfragen gerne aktualisieren.» Ach, nach 2,5 Jahren?

Frage: Ringier liege «weit über dem Durchschnitt vergleichbarer Schweizer Unternehmen», welchen?

«Wir nutzen bei Great Place to Work® eine über Jahrzehnte entwickelte Methodik, um die Arbeitsplatzkultur und das Vertrauen in einer Organisation zu erfassen.» Gut zu wissen, war aber nicht die Frage. Ah, aber vielleicht so: Die Rückmeldung der Mitarbeiter liege «weit über einem repräsentativen Benchmark für die Schweiz (Per Markforschung erhoben, repräsentativ für die Bevölkerung über verschiedene Branchen)». Mark- und Beinforschung?

Aha; aber ein Medienunternehmen sollte wohl mit anderen Medienunternehmen «vergleichbar» sein, die fehlen aber in den Listen von der Great-Firma. Na und, da die Firma «pro Jahr mehrere Millionen Arbeitnehmende» befrage, weiss sie: «eine gute Arbeitsplatzkultur ist demnach keine Frage der Branche. Und die Voraussetzungen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit in einem Medienhaus sind nicht grundsätzlich verschieden als in anderen Organisationen mit vergleichbarer Grösse.» Allerdings:

«In der Schweiz haben wir bisher tatsächlich kein anderes Medienhaus zerfitifiziert.» Ohä, wohl auch nicht zertifiziert.

Aber macht ja nix, nächste Frage: Ringier hat die «Certification only»-Untersuchung in Auftrag gegeben. Laut Eigenbeschreibung eignet sie sich «für Organisationen, die hauptsächlich an der schnellen Auszeichnung zum Great Place to Work® interessiert sind, nur wenige und oberflächliche Einblicke in ihre Arbeitsplatzkultur möchten». Wollte Ringier also nur wenige und oberflächliche Einblicke sowie eine schnelle Auszeichnung?

Aber nein, nein, natürlich nicht. «Der Erhalt einer Zertifizierung macht jedoch im Umkehrschluss keine Aussage dazu, in welchem Umfang wir mit einer Organisation zusammenarbeiten. Ringier möchte mit der Mitarbeitendenbefragung und Analyse einen umfangreichen Einblick und Ergebnisse für Teams und Einheiten erhalten um mit diesen Erkenntnissen weiterzuarbeiten – die Zertifizierung als Great Place to Work ist ein «Sahnehäubchen».»

Alles unklar? Wunderbar. Aber was genau untersucht wurde und was das gekostet hat? Da solle man sich doch an Ringier wenden.

Ringier antwortet noch flauschiger

Nur: leider verzichtet das Unternehmen auf die Beantwortung von 9 konkreten Fragen. Dafür gibt’s eine Kurzzusammenfassung der Jubel-PM, als ob man nur solche blöden Fragen stellen könnte, wenn man die nicht kapiert habe.

Auf jeden Fall sei das eine Super-Sache gewesen: «Das Group Executive Board hat gemeinsam mit HR unternehmensübergreifend Handlungsfelder definiert, die gemeinsam mit interessierten Mitarbeitenden in der nächsten Zeit schwerpunktmässig bearbeitet werden. Zudem setzt sich jeder einzelne Bereich mit seinem individuellen Befragungsergebnis auseinander.»

Wollten wir zwar alles nicht wissen, dafür schon, was denn bezahlt wurde, wie tiefschürfend denn die Befragung war, und dass die Medienseite der Zertifizierungs-Bude in einem jämmerlichen Zustand ist, das bewegt das Medienhaus Ringier auch zu keiner Bemerkung.

Ohne weder oberflächliche noch tiefschürfende Untersuchungen angestellt zu haben, muss ZACKBUM allerdings sagen:

  • «Great Place to Work»: Zertifikat zweifelhaft.
  • Ringier: Zertifikat fragwürdig.
  • ZACKBUM: nicht zerfitifiziert, aber great

Wenn das viel besser als der Benchmark in der Schweiz sein soll, obwohl man nicht weiss, wie der bei «vergleichbaren» Buden erstellt wird, muss es ja grauenhaft zu und hergehen. Ausserhalb von der Insel der Glücklichen, die bei Ringier arbeiten dürfen. Wenn wir das nächste Mal beim Pressehaus vorbeifahren, werden wir darauf achten, wie laut die Jubelchöre sind.