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Heiteres Beruferaten

«Was bin ich?» Wahnsinn ohne Methode bei Ringier.

Die Liste der Heads, Chiefs, Chefredaktoren, Blattmacher, Tagesleiter und Ressortleiter in der glücklichen «Blick»-Familie ist lang:

Noch nicht lang genug, findet die «Geschäftsleitung» Ladina Heimgartner, der weitere Chiefs und sogar ein «Managing Director» unterstellt sind.

Besonders die Aufgaben der Heads «of Programmatic & Digital Products» oder «of Media Service Print & Digital» würden uns interessieren. Aber wahrscheinlich würde ZACKBUM die Antworten nicht verstehen, wir haben dafür zu wenig Heads, Chiefs und, schnief, nicht mal einen Managing Director. Der Titel ist übrigens aus dem Banking geklaut, dort bezeichnet er ein Mitglied der Bonus-Kaste.

Während die Indianer immer mehr zu einer aussterbenden Spezies werden in der Hölle des Newsrooms, kann es gar nicht genug Häuptlinge geben. Denn, of course, da fehlten doch noch zentral wichtige Headchiefs oder Chiefheads, vielleicht sogar Directors. Die Lücken sind nun gestopft.

Es gibt zwei Co-Leiterinnen «Media Creation». Endlich gesellt sich auch noch ein Leiter «Content Hub» zu all den anderen, nun ja, Overheads.

Was leitet denn der Leiter «Content Hub», wörtlich übersetzt Inhaltsnabe? «In seine Verantwortlichkeit fallen das Team Formate (Podcasts/digitale Videoformate), die Teams Service/Health, Mobilität, Izzy, die Magazine Bolero und Millionär und weitere Specials», weiss persönlich.com zu berichten.

Hä? Vielleicht kann es uns der Chief Content Officer erklären? «Tim (Höfinghoff, Red.) sieht das Zukunftspotenzial von RMS und glaubt daran, dass wir mit verstärkter Kooperation viel zu gewinnen haben. Mit seiner Vita ist er ein optimaler Brückenbauer zwischen Digital und Print.» Schön, dass er etwas sieht, ZACKBUM tappt hier völlig im Nebel.

Und «Media Creation»? «Die Abteilung umfasst Produktion & Korrektorat, Art Direction & Layout, Visuals, Foto- und Bildredaktion sowie Video Technology & Production. Geleitet wird dieser Bereich von Conny Tovar und Sandra Fröhlich.» Hä? Steffi Buchli, hilf! «Mit dem Media Creation Hub haben wir einen zentralen Bereich für alle unsere Services geschaffen. Sandra und Conny kennen nicht nur unsere Marken und Mitarbeitenden sehr gut, sondern auch die Bedürfnisse und Werkzeuge, die für unsere Inhalte und Titel notwendig sind.»

Das ist wunderbar, dass da noch jemand alle Marken und Mitarbeiter kennt. Von den Bedürfnissen und Werkzeugen ganz zu schweigen.

Es erhebt sich allerdings die drohende Frage: wie sieht denn da eigentlich das Organigramm so aus? Also wer ist wem unterstellt, wer darf wem in den Hintern treten, wer muss wozu beigezogen werden?

Vielleicht so:

Oder gar so?

Also zum Beispiel, wenn Media Creation, ohne Content Hub, aber mit dem Head of Growth Management und dem Head of Programmatic & Digital Products ein Kick-of-Meeting abhält, müssen da nicht diverse weitere Heads und Chiefs wenigstens im cc stehen? Oder in die Videoschalte aufgenommen, aber stumm geschaltet werden? Und was sagt da der Head of Editorial Departments dazu? Glücklicherweise nichts, denn die Stelle ist «vakant».

Ladina Heimgartner teilte dem Ringier-Verlag via «Sonntagszeitung» mit, dass sie nicht SRG-Direktorin werden wolle, obwohl sie sich eine Bewerbung ernsthaft überlegt habe. «Ich bin hier noch nicht fertig. Im Gegenteil, wir haben erst begonnen», lässt sie sich zitieren. Das ist eine ernstgemeinte Drohung, die Ankündigung, dass noch viele Heads und Chiefs und Directors diesen Frühling spriessen werden. Während anderen die Federn abgenommen werden.

Aber es ist eine gute Nachricht für die SRG. Wobei, in der Pole Position scheint nun Susanne Wille zu fahren. Aber wieso soll es der SRG besser gehen als Ringier?

Kläglich klagen

Verlage wollen 2,3 Milliarden Euro von Google.

Es gibt seit Jahren die Steigerung: dumm, dümmer, Verlagsmanager. Denn seit vielen Jahren sind diese Stümper nicht in der Lage, ihre Werbeflächen im Internet selbst zu bespielen.

Stattdessen treten sie sie an Google ab. Das führt im Extremfall dazu, dass Fake-Inserate mit Prominenten wie Roger Federer, einer Meteorologin oder einer ehemaligen «Tagesschau»-Sprecherin erscheinen, vor denen dann die Verlage warnen, die zuvor damit Geld kassierten.

Im Normalfall kassieren die Verlage ein Trinkgeld – und Google fährt den Löwenanteil ein.

Nun könnte man nach vielen Jahren vielleicht Möglichkeiten evaluiert haben, wie die Verlage an ihren eigenen Werbeflächen verdienen. Oder man könnte herausgefunden haben, was die Verlage Sinnvolles dafür tun, dass die Verwurstung ihrer Nachrichten durch Google nicht nur bei Google zu Einnahmesteigerungen führt. Oder die Verlage könnten sinnvolle Konzepte anbieten, wie das Training von KI mit gigantischen Textmengen aus ihren Archiven abgegolten werden könnte.

All das könnten die überbezahlten und unterbelichteten Verlagsmanager tun. Stattdessen klagen sie. Klagen im Sinn von jammern und klagen im Sinn von Prozess.

Gerade wieder wurde eine solche Sammelklage von über 30 Medienunternehmen in den Niederlanden gegen Google eingereicht. Die Verlagshäuser, darunter auch Ringier aus der Schweiz, andere Verlage hingegen nicht, wollen 2,3 Milliarden Euro Schadenersatz. Eigentlich ein Klacks gegen die 224,5 Milliarden Dollar, die Google mit Online-Werbung erzielt.

Nun wollen aber die Verlage mal wieder ein «faires Wettbewerbsumfeld» erreichen. Google hingegen ballert zurück: «Die vorliegende Klage ist von spekulativer und fragwürdiger Natur, und wir werden energisch und sachlich dagegen vorgehen.»

Dahinter steckt das ewig ungelöste Problem der Werbung auf Medienwebseiten im Internet. Früher, im Print, was die meisten Manager heute noch verstehen, war’s einfach. Wer in einer Zeitung oder Zeitschrift inserieren wollte, ging zu deren Inserateverwaltung, bestellte und löhnte. Dann wurde das den Medienhäusern zu aufwendig und anstrengend. Sie lagerten die Inserateakquisition aus und bezahlten dem Dienstleister einen Prozentsatz, ein Trinkgeld  der so generierten Einnahmen.

Dann überfiel das Internet die Print-Verlagsmanager, die erst einmal eine Weile mit offnen Mündern dastanden und sagten: hm, um da Traffic zu kriegen, muss man scheint’s alles umsonst anbieten. Und Inserate, meine Güte, ist das kompliziert, da sollen doch Profis ran. Da gibt’s doch diese Suchmaschine, wie heisst die noch gleich, die finanziert sich scheint’s über Werbeeinnahmen im Internet, obwohl ihr Angebot auch gratis ist. Dann soll die das doch bei uns auch machen, Problem gelöst.

Problem wunderbar gelöst. Nun kassiert der Dienstleister Google den Löwenanteil der Einnahmen und speist die Verlage mit einem Trinkgeld ab.

Da hätte man nun viele Jahre Zeit gehabt, sich eine Alternative für dieses idiotische Geschäftsmodell einfallen zu lassen. Stattdessen kratzte man sich ausgiebig am Kopf und versucht mit immer neuen und absurderen Modellen von Bezahlschranken, doch noch etwas für die geldwerte Leistung zu kassieren, selbst hergestellte News ins Internet zu pusten.

Aber verflixt auch, geht die Bezahlschranke hoch, geht der Traffic runter. Und Pay per View (oder per Click) ist die feste Währung bei Online Ads.

Das ist das eine Problem, ungelöst. Das andere: wie kassieren wir anständig bei Ads ab, die von unseren Reichweite profitieren, die angeschaut werden, weil wir den Content dazu bieten? Verflixt nochmal, keine Ahnung, sagen die Verlagsmanager, halten wichtige Konferenzen ab, jetten um die Welt, verursachen Spesen ohne Ende – und kriegen nix gebacken.

Ausser klagen. Jammern, klagen und einklagen. Gegen etwas, was sie selbst jahrelang geduldet haben. Und nun hoffen sie, nicht aus dem Gericht gelacht zu werden. Statt sich endlich etwas einfallen zu lassen.

Die unaufhaltsame Absenkung des inhaltlichen Niveaus, die brutalen Sparrunden ohne Preisnachlass für den Konsumenten und mit der Behauptung, der Inhalt sei nun zwar kleiner, aber dafür konzentrierter und besser, die inzwischen keiner mehr ernst nimmt, sind der eine Grund für das Abserbeln der klassischen Medien. Der andere, mindestens so wichtige, ist die flächendeckende Unfähigkeit, sich an Gewinnen angemessen zu beteiligen, die durch die Verwendung des Produkts durch Dritte, in erster Linie Google, entstehen.

Google wird den Verlagen ein paar Brocken hinwerfen, dazu ein ernstes Gesicht machen und anschliessend hinter verschlossenen Türen in homerisches Gelächter ausbrechen. Und die Verlagsmanager werden mit ernstem Gesicht verkünden, dass ihnen hier ein grandioser Vergleich gelungen sei. Ohne zu merken, dass das genauso lachhaft ist wie der aufs Skelett abgemagerte Content.

 

So macht man das

Da sieht das «Recherchdesk» von Tamedia alt aus.

8 Nasen plus ein Volontär. Natürlich Co-Leitung Weiblein, Männlein, anders geht das heutzutage nicht mehr. Kostet Tamedia im Monat locker 100’000 Eier. Und was kommt raus? Monatelanges Rumrühren in gestohlenen Dokumenten, dann wird die Hehlerware mit grossem Trara als «Papers», «Leaks» oder «Secrets» verkauft, Trommelwirbel und grossspurige Ankündigungen, was für Schlaglichter hier ins internationale Gangstertum geworfen werden. Kriminelle Gelder, Korruption, Putin-Connection, Mafia, Wahnsinn.

Anschliessend schnurrt der Riesenskandal zum Mäuseskandälchen zusammen, wenn es überhaupt gelingt, ihn zu einem Ereignis aufzupumpen. Meistens werden Tote, Unschuldige und Menschen im gegendarstellungsfreien Ausland ans mediale Kreuz genagelt, die völlig legal Finanzkonstrukte verwenden, die mangels anderen Beschimpfungsmöglichkeiten als «illegitim» denunziert werden. Ein Synonym für: ist legal, aber passt uns nicht. Ein Synonym für: reicher Sack, Trust auf einer kleinen Insel, ist sicher was faul dran. Irgendwas.

Neben diesem Wühlen in Gigabyte bleibt keine Zeit für wirkliche Recherche im näheren Umfeld. Wie man das macht, haben gerade die Jungjournalisten von Izzy Projects vorgeführt.

Die haben rund ein Jahr damit verbracht, sich um ein Thema zu kümmern, das viel wichtiger ist als die angebliche Entlarvung irgendwelcher Figuren, die mit der Schweiz nicht das geringste zu tun haben. Denn das Phänomen der Enkeltrick-Betrüger grassiert tatsächlich hierzulande, die Deliktsumme ist vielleicht nicht so spektakulär wie die Millionen, mit denen die Leaks-Melker hantieren, aber es kann jeden treffen.

Also haben die Mannen um Cedric Schild einigen Aufwand betrieben, um ein paar solcher Betrüger vor laufender Kamera blosszustellen. Telefonnummern en gros angemietet, sie mit altertümlichen Namen registriert und dann gewartet, bis der erste dieser Gangster mal anruft. Alles dokumentiert vom Erstkontakt bis zur Geldübergabe und dem Einsatz der Polizei.

Schliesslich ist daraus ein hübscher Dokustreifen entstanden, und ein paar Betrüger wurden auch aus dem Verkehr gezogen. Das ist nun eine erweiterte Undercover-Recherche im besten Sinn von Günter Wallraff (Tamedia-Redakteure: kann man googeln).

Alleine die Kantonspolizei Zürich vermeldete im Jahr 2023 über 190 vollendete Betrügereien, wobei die Dunkelziffer, die nicht zur Anzeige gebracht wurde, deutlich höher liegen dürfte.

Die NZZ berichtet bewundernd: «Die Recherche verlangte vom Team auch Mut. Die Teammitglieder kamen nah an die Geldabholer heran, hinderten sie im Treppenhaus daran, abzuhauen, oder rannten ihnen im Zürcher Kreis 4 fast bis zum Hauptbahnhof nach,mit Mikrofon und Kamera. Später erhalten sie denn auch Drohungen übers Telefon.»

Am Schluss wurde eine Doku draus, die vermenge «Comedy, Berichterstattung und Verbrecherjagd» (NZZ). Selbst der verschnarchte Presserat findet an dem Vorgehen nicht wirklich was auszusetzen. Reale Kriminelle jagen, darüber berichten und das Ganze noch unterhaltsam aufbereiten, das ist mal ein kleines Wunderwerk aus dem Hause Ringier.

Sollte sich die Chefetage bei Tx, hallo, Herr Supino, die Doku reinziehen, dürfte sie sich fragen, wofür eigentlich das Medienhaus dermassen viel Geld für ein Recherchedesk aufwirft, das zwar vor Bedeutung und Wichtigkeit kaum geradeaus laufen kann, aber eigentlich im Wesentlichen am Schreibtisch sitzt und einen Bürojob absolviert. Mitglied Christian Brönnimann fällt wenn überhaupt mit rechthaberischen Kommentaren auf: «Die Schweiz profitiert einmal mehr von grossem Unrecht». So ist die Schweiz halt, wir alle sind Profiteure davon, dass es auf der Welt ungerecht zu und her geht.

Wie das? Die Schweiz konfisziert Gelder kriminellen Ursprungs, wenn sie seiner habhaft wird. Dann stellt sich das Problem, ob und an wen es zurückgegeben werden sollte. Selbst Brönnimann räumt ein: «Es leuchtet ein, dass die Schweiz konfiszierte Gelder nicht einfach blindlings in einen Unrechtsstaat zurücküberweisen kann. Zu gross wäre das Risiko, dass es dort gleich wieder in korrupte Kanäle verschwindet.»

Dann hat er aber eine geniale Idee: «Die Schweiz könnte beispielsweise einen Fonds schaffen für zusätzliche Entwicklungsprojekte in jenen Ländern oder Regionen, aus denen das Geld ursprünglich geraubt wurde.»

Als ob sogenannte Entwicklungshilfe, siehe Swissaid und andere Veranstaltungen, nicht auch massenhaft «in korrupte Kanäle» verschwinden würde, ganz abgesehen davon, dass sie bekanntlich keinen nennenswerten Effekt hat. Obwohl seit der Unabhängigkeit Multimilliarden verlocht wurden, geht es den meisten schwarzafrikanischen Staaten heute schlechter als vor 50 Jahren.

Aber mit solchem Unfug und Rechthabereien und unsinnigen Vorschlägen vertreibt sich das Recherchedesk von Tamedia die Zeit. Deren Gehälter haben eine fatale Ähnlichkeit mit dem Geld, das in Entwicklungshilfe versickert.

Hoch lebe Meyer

Hätte ZACKBUM auch nicht gedacht. Aber wir sind fair und objektiv.

Eigentlich gehört Frank A. Meyer, das Hausgespenst des Ringier Verlags, zu den Unkommentierbaren bei ZACKBUM. Aber wer sein Interview liest, das er Michèle Binswanger gegeben hat, kommt nicht umhin, den Hut vor dem 80-Jährigen zu ziehen. Da formuliert er konzis, schlagend und mit messerscharfem Intellekt wie zu seinen besten Zeiten.

Daher ein kleines Best of:

«An einer Bauerndemonstration in Berlin wandte sich jüngst ein Landwirt gegen Leute, «die noch nie gearbeitet und noch nie geschwitzt haben». Er meinte damit jene linksgrüne, elitäre Akademikerschicht, die sich der Sozialdemokratie bemächtigt hat. In der Schweiz geben Cédric Wermuth und Mattea Meyer den Ton an, sozial beflissene Funktionäre, aber eben keine Genossen aus der Arbeiterschaft, weder Pfleger, Maurer noch Schreiner. Das ist das Problem: Erst wenn die Arbeiterbewegung wieder die Bewegung der Arbeiter ist, verschwindet der Rechtspopulismus, der von der Vortäuschung lebt, den Willen des einfachen Volkes zu vertreten.»

«Die linksgrüne Akademikerkaste schafft einflussreiche und einträgliche Positionen für sich und ihre Klientel. In Deutschland gibt es zum Beispiel über 170 Gender-Professuren, überall wimmelt es von NGOs, die heute ja weitgehend subventionierte Regierungsorganisationen sind. Der Aufstieg des Rechtspopulismus ist eine Reaktion auf diese veränderten Herrschaftsverhältnisse bei der Linken.»

«Das aktuelle Beispiel ist der Antikolonialismus der Wokeness-Ideologen: Sie gliedern den Holocaust ein in die Verbrechen des Kolonialismus – und bestreiten damit die Einzigartigkeit des millionenfachen Judenmordes durch die Nazis. Die Gaskammern werden zu einem Ereignis der Kolonialgeschichte – zu einer Untat untervielen. Gleichzeitig wird die Anschuldigung erhoben, auch Israel sei eine weisse, westliche Kolonialmacht und begehe Genozid an den Palästinensern. Der antisemitische Reflex gehört zur Wokenessbewegung wie die reaktionäre Cancel-Culture, die heute durch die Universitäten geistert, von Basel über Berlin bis Princeton und Harvard. Es ist der Versuch der kulturellen Machtergreifung durch ein Akademikermilieu, das sich links nennt, aber rechtsautoritären Aktivismus betreibt.»

«Der Streit ist doch unser Lebenselement – das müsste man meinen. Wenn das zutrifft, dann ist das auch unsere historische Stunde: die Stunde der Streitfreude – das Gegenteil von Anpassung und Korrektheit.»

Auch da, wo er irrt, tut er es mit Verve:

«In dieser Situation können wir nur eines tun: der Ukraine Waffen liefern. Sie muss die Russen so lange bekämpfen, bis sie aufgeben. Dieses Land kämpft um seine Freiheit – und diese Freiheit ist auch unsere Freiheit, denn sie ist unteilbar. Die Ukrainer haben den Westen besser begriffen als der Westen sich selbst.»

Aber wie er seine Rolle bei Ringier beschreibt, das hat dann wieder etwas fast Genialisches:

«Natürlich hatte ich Einfluss. Nicht Macht. Macht hat ein Pflichtenheft. Einfluss ist fliessend, wie es das Wort ja schon zum Ausdruck bringt. Sobald man über Einfluss spricht, schwindet er. Deshalb habe ich nie darüber gesprochen. Und natürlich bestimmte ich nichts, was mir nicht zukam. Ich mischte mich auch nicht ungebührlich ein. Ich war einfach da.»

ZACKBUM hätte auch nie gedacht, dass wir einmal schreiben: schön, dass er noch da ist.

Alles eine Frage der Effizienz

Heute wird es voll betriebswirtschaftlich. Eine Analyse des Stellenabbaus bei den Medienhäusern.

Von Kurt W. Zimmermann*

Die Frage war nur noch: Sagen wir es unseren Mitarbeitern vor Weihnachten, oder warten wir aus Pietät etwas zu?

TX Group, die frühere Tamedia, und CH Media sagten es ohne Umschweife: 85 und 150 Stellen werden hier abgebaut. Ringier wartete bis nach Neujahr, um den Abbau von 75 Stellen zu kommunizieren.

310 Stellen weniger in den drei grössten Verlagen der Schweiz. Es ist, in der Kombination, die bisher grösste Sparübung der Branche. Bei Stellenabbau ist das entscheidende Kriterium, wie sich der Umsatz pro Mitarbeiter entwickelt hat. Zu diesem Kriterium der Effizienz kommt man in drei Schritten.

Betrachten wir im ersten Schritt, wie sich die Mitarbeiterzahl (MA) bei den führenden Verlagen Ringier Schweiz, TX Group, CH Media und NZZ-Gruppe seit 2017 entwickelt hat, wobei wir bei CH Media jeweils die Zahlen von 2018 heranziehen, weil die Firma erst dann gegründet wurde. Zum Abgleich stellen wir die öffentliche SRG daneben.

Mitarbeiterzahl (MA)

2017 2022 +/–

Ringier CH 3006 2358 – 22 %

TX Group 3261 3380 + 4 %

CH Media 2000 1800 – 10 %

NZZ-Medien 800 821 + 3 %

SRG 4975 5518 + 11 %

Interessant ist der Fall Ringier Schweiz, also ohne die Aktivitäten in Osteuropa. Ringier hat hier in kurzer Zeit 650 Stellen abgebaut. CEO Marc Walder hat einen vorzüglichen Job gemacht und dies geschafft, ohne dass die Schnitte in Öffentlichkeit und Medien ein Thema geworden wären.

Auch bei CH Media fiel die Mitarbeiterzahl. Die Firma entstand aus der Fusion der AZ Medien mit den Regionalmedien der NZZ und beseitigte Doppelspurigkeiten.

Die TX Group und ihr Chef Pietro Supino andererseits, die als Sparteufel gelten, haben an Mitarbeitern zugelegt, unter anderem durch den Kauf der Basler Zeitung.

Und natürlich ist der Personalbestand bei der SRG seit 2017 explodiert, wenig erstaunlich, wenn die Kosten vom Steuerzahler gedeckt werden.

Betrachten wir im zweiten Schritt nun, wie sich die Umsätze der Medienunternehmen entwickelt haben.

Ertrag (in Mio. Fr.)

2017 2022 +/–

Ringier CH 798 643 – 19 %

TX Group 974 925 – 5 %

CH Media 448 430 – 4 %

NZZ-Medien 213 247 + 16 %

SRG 1595 1549 – 3 %

Fast alle Medienunternehmen verzeichnen sinkende Erträge, am meisten bei Ringier. Es ist überall die Folge des gesunkenen Werbevolumens. Ausnahme ist die NZZ . Sie setzt auf das Geschäftsmodell Publizistik und dadurch auf Einnahmen aus dem Lesermarkt. Das macht sie weniger abhängig vom Anzeigengeschäft.

Im dritten Schritt ergibt sich nun der Umsatz pro Mitarbeiter. Es ist die Kennzahl für die Effizienz eines Unternehmens.

Umsatz pro MA (in Fr.) 2017 2022 +/-

Ringier CH 265 000 273 000 + 8000

TX Group 304 000 274 000 – 30 000

CH Media 224 000 239 000 + 15 000

NZZ-Medien 266 000 301 000 + 45 000

SRG 320 000 280 000 – 40 000

Auffallend ist zuerst einmal, wie ineffizient die TX Group geworden ist. Ein Sparprogramm von Tages-Anzeiger bis 20 Minuten ist darum unausweichlich.

Unproduktiv ist im Vergleich besonders die CH Media. Sie ist es auch darum, weil sie über zwanzig Radio- und TV-Sender betreibt, wo die Margen schlecht sind. Generell sind die Kosten zu hoch, darum ist es folgerichtig, dass CEO Michael Wanner einen harten Personalabbau durchzieht.

Deutlich besser präsentiert sich die NZZ-Gruppe unter ihrem CEO Felix Graf. Auch hier wird zwar immer mal die eine oder andere Stelle eingespart, aber man kann das dank einer imposanten Effizienzsteigerung ziemlich locker nehmen.

Als Schlusspointe bleibt die SRG. Ihr Umsatz pro Mitarbeiter ist im freien Fall, weil immer mehr Angestellte das immergleiche Angebot produzieren. Es ist ein Absturz an Effizienz. Aber das scheint SRG-Chef Gilles Marchand egal zu sein.

Effizienz im freien Fall: Immer mehr Angestellte produzieren bei der SRG das immergleiche Angebot.

*Die Kolumne erschien zuerst in der «Weltwoche» Nr. 3/24. Mit freundlicher Genehmigung des Autors.

Kommunikationsgenies

Scheint’s wird der Laden dichtgemacht …

Aber wenn man sich auf der Webseite von Swissprinters umtut, ist dort die Welt noch völlig in Ordnung. Alles läuft rund, die Angebote sind da:

Gestalten, drucken, ausrüsten, gar vermieten: alles vorhanden, natürlich nachhaltig und zukunftsträchtig. Nur: war da nicht mal was mit Betriebseinstellung? Mal angenommen, ein potenzieller Kunde lässt sich von all diesem Werbe-Palaver überzeugen und möchte gerne einen grossen Druckauftrag vergeben. Und dann?

Dann teilt man ihm wohl per Mail oder mündlich mit: so sorry, die Webseite steht da nur noch aus Gewohnheit und weil wir es mit der Kommunikation nicht so haben.

Schon die offizielle Medienmitteilung war schräg genug:

«Von der beabsichtigten Betriebseinstellung wären alle Mitarbeitenden von Swissprinters betroffen, wobei die definitive Zahl der zu entlassenden Mitarbeitenden erst nach Abschluss des Konsultationsverfahrens feststehen wird. Das Konsultationsverfahren mit der Belegschaft von Swissprinters wird heute eröffnet. Die Mitarbeitenden würden bis zur Betriebsschliessung Ende September 2024 weiterbeschäftigt werden. Im Rahmen des bestehenden Sozialplans könnte ein Teil des Stellenabbaus über Frühpensionierungen aufgefangen werden.»

Also die Betriebseinstellung ist «beabsichtigt», nicht etwa beschlossen. Daher sind nicht alle Mitarbeitenden davon betroffen, sondern sie «wären» es nur. Sie werden auch keineswegs weiterbeschäftigt, sondern «würden» das im Fall der Fälle. Wenn nicht ein Teil des Stellenabbaus über Frühpensionierungen aufgefangen wird. Nein, er «könnte» damit aufgefangen werden.

Wenn man das genau liest, dann wurde hier einfach mal so eine Idee in den Raum gestellt, wobei sich das meiste im Konjunktiv abspielt, also gar nicht real ist. Real ist hingegen das Angebot auf der Webseite.

Auch bei den etwas angestaubten News ist die Druckwelt noch heil und in Ordnung:

Statt Samichlaus und Jubel über Gedrucktes wäre doch hier Gelegenheit, dezent auf das baldige Ende hinzuweisen …

Allerdings gibt es einen winzig kleinen Hinweis, dass die Welt doch nicht völlig in Ordnung ist. Es werden zwar noch tapfer drei Lehrberufe angeboten:

Vielleicht sollten aber hoffnungsfrohe angehende Berufsleute doch von einer Bewerbung Abstand nehmen. Denn offensichtlich herrscht bei Ringiers in Zofingen kein Fachkräftemangel:

Na, da haben wir ihn doch, den versteckten, feinen Hinweis darauf, dass die Zukunft von Swissprinters vielleicht doch nicht so gesichert ist.

Aber suchen muss man ihn schon.

Was für Kommunikationsgenies im Hause Ringier. Nun gut, da man mit Kommunikation, Wörtern, Mitteilungen, News nicht so viel am Hut hat, weil man eigentlich nur Kunst sammelt,  Aston Martins repariert und Schrauben herstellt, ist das natürlich verständlich. Wäre man ein Medienhaus, sähe es allerdings anders aus.

Schön, dass es Montag ist

Denn der Sonntag war mal wieder grauenvoll.

Die Berichterstatterpflicht ist manchmal eine Bürde, für die es einen ganzen Kerl braucht. Glücklicherweise besteht ZACKBUM nur aus ganzen Kerlen.

Denn was soll man hierzu sagen?

Pet, Winterhotels, ein aktuell gehypter Schauspieler, alte News aus Kiew, und die «armen Alten». Wieso traut sich die «SonntagsZeitung» nicht, auf ein leeres Papier die Worte zu drucken: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. Zum Beispiel «Weltenbrand» von Richard Overy. 1520 Seiten, da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Seufz. Ist denn die «NZZamSonntag» wenigstens besser?

Ein kolorierter Kafka mit roten Lippen, dem Mann bleibt auch keine Verwandlung erspart. Dann Lifestyle-Gugus («Männer, die befehlen dürfen, leben gesünder», so à la «Katzen, die miauen dürfen, haben acht Leben»), ein Astronaut auf dem Mars, Keller-Sutter warnt, die Kokspreise im Keller.

Wieso traut sich die NZZaS nicht zu schreiben: Es war nix los, uns ist auch nix eingefallen. Also lassen Sie das und gehen Sie besser spazieren. Oder lesen ein gutes Buch. «Prozess», «Das Schloss» oder «Briefe an Milena». Denken Sie über das Gleichnis «Vor dem Gesetz» nach. Da haben Sie eine Weile zu tun.

Aber nein, geht nicht. Sagt da jemand in letzter Verzweiflung «SonntagsBlick»? Echt:

Zweiter Sieger Odermatt, uralter Kuss und die Bananenaffäre. Wieso traut sich …, aber das kennen Sie schon. Ach, Buchempfehlungen vom SoBli? «Buchstabieren für Dummys», der neuste Asterix oder «Ringen um Ringier». Da geht man dann lieber spazieren.

Aber immerhin eine Schmunzelstory ist im SoBli:

Der Leiter der Ringier-Journalistenschule zeigt seinen Eleven, was herauskommt, wenn sich ein Journalist anfüttern lässt. So nennt man den Vorgang, dass ein an einem Rechtsstreit Beteiligter nach einem Multiplikator sucht, um medialen Rückenwind zu bekommen. Also stellt er exklusiv seine Unterlagen und Rechtsschriften zur Verfügung. Natürlich gibt der Journalist dann auch der Gegenseite Gelegenheit zur Stellungnahme. Und schon ist die Kacke am Dampfen. Vor allem, wenn es sich um einen Prominenten wie Urs E. Schwarzenbach handelt.

Schon im Titel macht Peter Hossli recht Dampf; «Die Schöne und das Biest», hier «Der Milliardär und seine Kommunistin». Der erste Titel stammt von einer Disney-Verfilmung eines alten Volksmärchens, der zweite Titel ist auch erfunden. Denn weder ist Schwarzenbach Milliardär, noch hatte er «seine» Vorzeige-Kommunistin.

Die Sachlage scheint klar und einfach zu sein. Eine junge Kunsthistorikern heuerte 1998 beim Kunstsammler Schwarzenbach an. Schnell stieg sie in leitende Funktionen auf und wurde von ihm mit Geschenken überschüttet. Möglicherweise im Liebesrausch, der aber nicht erwidert worden sei, bekam sie ein Haus in Basel. Kostenpunkt samt Renovation 2,5 Millionen Franken. Zwei Millionen Franken auf die Hand. Aktien, Bargeld, Schmuckstücke, antike Möbel, eine für private und geschäftliche Zwecke verwendbare Kreditkarte. Dazu die Teilnahme an seinem Luxusleben; Reisen im Privatjet, Feste, Poloturniere.

Darunter waren auch neckische Geschenke wie eine Erstausgabe des Kommunistischen Manifests; als die Dame unpässlich war, weil ihre Mutter starb, bekam sie monatelang frei –bezahlt. Also ein idyllisches Arbeitsverhältnis. Dann trübte sich der Himmel, Schwarzenbach geriet in den Clinch mit den Steuerbehörden und sah sich mit Millionennachforderungen konfrontiert. Der Lack war ab, also kündigte sie und arbeitete auf Mandatsbasis weiter.

Ach, und dann gab es noch ungefähr 30 Kunstwerke, die sie geschenkt erhalten will. Pablo Picasso, Julian Schnabel, Sophie Täuber-Arp, Alberto Giacometti oder Auguste Rodin. Vom Feinsten halt.

2018 sei das Arbeitsverhältnis aufgelöst worden, weiss Hossli. Die von ihm nur unter Pseudonym beschriebene Dame (im Gegensatz zu Schwarzenbach) habe noch eine kleine Schlussrechnung von 130’000 Franken eingereicht. Eigentlich Peanuts im vergleich zu den Multimillionen, die sie zuvor erhielt. Aber Schwarzenbach zahlte nicht. Sie betrieb ihn, er antwortete mit Gegenklagen, unter anderem, dass sie ihm Kunstwerke gestohlen habe. Denn das seien keine Geschenke, sondern höchstens Leihgaben gewesen, und die Gelder Darlehen.

Nun hat die Dame das Problem, dass sie die grosszügigen Geldgaben nicht bestreiten kann, da dokumentiert. Die angeblichen Schenkungen kann sie hingegen nicht belegen, da es laut ihr aus steuerlichen Gründen keine schriftlichen Spuren davon gegeben habe. Aus diesem Grund hat sie die enormen Wertbeträge auch nicht in ihrer Steuererklärung angegeben.

Also ein klassischer Fall einer unerwiderten Liebe, die am Schluss in hässlichem Streit endet, weil der Verschmähte sich rächen will? Nach über 20 Jahren einer «von grosser Intensität und tiefem Vertrauen» geprägter Beziehung, wie sie gegenüber Hossli bestätigt?

Inzwischen überzieht man sich gegenseitig mit diversen Straf- und Zivilverfahren. Urteile liegen noch nicht vor. Also ein typischer Fall von «she said, he said». Wobei angesichts solch jahrelanger generöser Grosszügigkeit eine Betreibung über 130’000 Franken doch ziemlich popelig erscheint. «Edle Kunst, rauschende Partys, Häuser in der Toskana», sabbert Hossli, um boulevardesk den Sozialneid des Lesers zu steigern. «Wie Superreiche sich streiten» setzt er als Oberzeile. Nur: wenn überhaupt gibt es hier einen einzigen Superreichen und eine überreichlich beschenkte Mitarbeiterin, die viele Jahre lang ein Luxusleben führen durfte und von Bord ging, als der Geldstrom zu versiegen drohte.

Nun gibt ihr Hossli die Gelegenheit, anonym gegen ihren ehemaligen Gönner und Arbeitgeber zu schiessen. Nehmen wir an, statt von ihr wäre er von Schwarzenbach angefüttert worden. Dem werde von einer grantelnden ehemaligen Angestellten übel mitgespielt, nachdem er ihr ein Luxusleben, ein blendendes Einkommen über viele Jahre hinweg ermöglicht habe, dazu grosszügig Millionendarlehen gewährte und erst im Nachhinein feststellen musste, dass sie ihm zudem bedeutende Kunstwerke entwendet habe. Hätte Hossli dann nicht die Story mit dem entgegengesetzten Spin geschrieben? Ist das nicht ein Beispiel für die Beliebigkeit, die der 80-jährige Vordenker des Hauses immer so scharf kritisiert?

Ziemlich übler Boulevard in einem Organ, das gar nicht mehr boulevardesk sein will. Aber was macht denn die vornehme NZZaS mit Franz Kafka? Das überlässt sie dem «Magazin», was schon Schlimmes ahnen lässt. Dort schreibt Martin Helg im schlechtesten Woke-Groove: «Wir sind alle Käfer», und so originell geht es weiter. Der Autor hat sich mit einer neuen, 2000-seitigen Kafka-Biographie bewaffnet, aus der «viele Details in diesem Text stammen». Schöne Formulierung. Sobald er sich aber selbst um Interpretationen der enigmatischen Texte Kafkas bemüht, wird es eher flach. Gibt er Reiseanekdoten zum Besten, wird es gar peinlich.

So beendet er seinen Text in «Republik»-Länge (21’000 A), der eine «Spurensuche» sein soll, mit der Besichtigung eines Hauses, in dem Kafka eine Zeitlang wohnte. Natürlich führt die «Reise durch den Schnee, wie jene des Helden K. im «Schloss»-Roman». Natürlich heisst der Fahrer Josef, wie Josef K. im «Prozess». Was gibt es sonst noch von diesem Besuch zu berichten: «Ein Ost-West-Graben öffnet sich im Wohnzimmer des Ottla-Hauses. Vergebens bitte ich meine tschechischen Tischgenossen, mir kauend Gesellschaft zu leisten.»

Das ist nun von einer banalen Blödheit, über die Kafka sicherlich schallend gelacht hätte.

 

Ausgedruckt

Ringier stellt die Druckerei Zofingen ein.

Hier fing es vor 190 Jahren an; der Hauptsitz von Ringier ist weiterhin in Zofingen. Aber genauso, wie dem Verlag noch nichts Sinnvolles eingefallen ist, wie er die Erosion bei Auflage und Einnahmen seiner Printprodukte aufhalten könnte, ist es ihm offenbar auch im Druckbereich nicht möglich, das Weiterbestehen zu garantieren.

Die Druckerei heisst heute Swissprinters und ist bereits ein Joint Venture zwischen Ringier (70 %) und NZZ (30 %). Natürlich bedauert Michael Ringier «die beabsichtigte Schliessung sehr». Noch mehr bedauern werden sie allerdings die 144 festangestellten Mitarbeiter, die Ende September auf der Strasse stehen.

Beziehungsweise natürlich einem Sozialplan anheimfallen, Frühpensionierungen, Hilfe bei, das übliche Blabla. Leicht absurd ist die Tatsache, dass mit der Einstellung dieser Druckerei die Druckkapazitäten in der Schweiz nicht mehr ausreichen, um alle Zeitschriften weiterhin innerhalb der Landesgrenzen zu drucken.

Irgendwie erinnert die ganze Sache an die Geschichte der St. Galler Stickereiindustrie. Krampfhaft das anbieten, was ausländische Konkurrenz aus verschiedenen Gründen billiger, aber nicht schlechter kann. Schon längere Zeit war es Ausdruck patriotischer Gesinnung, in der Schweiz drucken zu lassen – und nicht im näheren oder ferneren Ausland. Durch die Digitalisierung ist das seit Jahren kinderleicht und meistens in der Abwicklung problemlos.

Statt schlichtweg «me too» anzubieten (nein, auf der Ebene Produkte), wäre es vielleicht eine Option gewesen, sich auf Spezialitäten oder besonders anspruchsvolle Druckaufträge zu konzentrieren. Nun müssen sich wohl auch Ringier-Produkte bis spätestens Ende September nach Alternativen umschauen, durchaus auch im Ausland. Wie das logistisch gehen soll, das Druckprodukt gleich schnell wie wenn es aus Zofingen stammt, zum Endkunden zu befördern, darauf sind wir sehr gespannt.

Die Begründung für die Schliessung ist aus dem Stehsatz: «rückläufige Nachfrage nach Printprodukten, der Verlust wichtiger Aufträge sowie anhaltend hohe Papier- und Energiepreise».  Interessant, bis auf den Verlust wichtiger Aufträge müssen sich eigentlich alle Druckereien in Europa mit diesen Problemen herumschlagen. Interessant, man möchte gerne wissen, wodurch diese Auftragsverluste entstanden. Ausschliesslich durch nicht kompetitive Preise? Oder durch Ungenügen in der Abwicklung? Gar durch Qualitätsmängel? Da schweigt allerdings mal wieder des Sängers Höflichkeit, bzw. die Medienmitteilung aus dem Hause Ringier.

Dort muss in zwischen ein bombiges Betriebsklima herrschen. Durch den Aufkauf der Axel-Springer-Beteiligung gab’s bereits das grosse Rausschmeissen unter den Medienleuten. Nun folgt das grosse Rausschmeissen im Druckbereich. Nur auf der Teppich- und Chefetage, da spriessen die Heads, Chiefs und Chefs, die Leiter und exekutiven Verantwortlichen für Blumengiessen, New Markets und Innovation nur so aus dem gut gedüngten Boden. Eigentlich bräuchte es inzwischen auch einen CSO. Was ist das? Na, einen Chief Scrapping Officer, den Chef-Abwracker. Natürlich mit eigener Assistentin, Chefbüro, Zimmerpflanze, Ringier-Kunst an der Wand, Kleiderzulage, Spesenbudget, Leasing-Auto und unbedingt eigenem Parkplatz in der Tiefgarage in der Dufourstrasse.

ZACKBUM gibt wieder mal eine grosse Idee gratis weg.

Kurze Labsal

Man darf ja mal verschnaufen.

Die aktuelle Ausgabe der NZZ bietet dazu Gelegenheit. Die Lektüre ist schmerzlich. Weil sie daran erinnert, was Journalismus einmal war und was er (gelegentlich) auch heute noch kann. Dazu bietet die NZZ vom 12. Januar online das Anschauungsmaterial.

Die Warnung vor einem «geistigen Bürgerkrieg» von Eric Gujer. Interessante Überlegungen von Katharina Fontana, ob ein allfälliges neues Rahmenabkommen dereinst vom Bundesrat dem Volk und den Ständen zur Abstimmung vorgelegt werden wird. Eine Analyse zu den Wirtschaftsplänen des neuen argentinischen Präsidenten Javier Milei, die ohne Kettensäge und Anarchokapitalist auskommt.

Natürlich gibt es auch kleine Flecken auf der weissen Weste, so ein Interview mit dem völlig unparteiischen Politikwissenschaftler Ron Hassner, der unwidersprochen solchen Unfug sagen kann: «Die politischen Führungsfiguren wie Biden verstehen, dass die Forderung nach einer Waffenruhe lächerlich ist und hauptsächlich das Überleben der Hamas sichert.» Das ist schlichtweg eine Fehlinterpretation, aber hier wird’s ganz schummerig: «Doch spätestens seit dem 7. Oktober sollte jeder, der glaubte, die Hamas sei eine politische Bewegung oder eine Gruppe von Freiheitskämpfern, begriffen haben, dass es sich um eine Gruppe Wahnsinniger handelt. Unter ihnen befinden sich Soziopathen und sexuell Perverse. Das sind keine Leute, mit denen man verhandeln kann.» Diese Entmenschlichung des Gegners, seine Reduktion auf Soziopathen und sexuell Perverse, seine Verurteilung als schlichtweg Wahnsinnige trägt nichts dazu bei, den Konflikt zu verstehen und ist eigentlich eines Wissenschaftlers unwürdig.

Aber ein launiger Kommentar «Das Zwingli-Zwängli-Zürich war schon immer ein Hort der Eiferer und Prediger. Das neue rot-grüne Bünzlitum wird nun aber zum Problem», tröstet wieder ungemein. Eine Recherche über die «zweifelhafte Rolle von Terre des Hommes im Geschäft mit Adoptionen», ein Essay «über den Kult um das ewige Leben» und den Körper als Kathedrale, die Fortsetzung der «Alkohol ist Gift»-Debatte, in wunderschöner Nähe zu «Der Nachtfalter in der Bundeshauptstadt: Drei Gläser sind kein Glas zu viel. Es mag ein trockener Januar sein, aber unser geflügelter Bar-Tester macht sich nichts draus: Er fliegt von Theke zu Theke, diesmal in Bern», das ist wahrer Liberalismus.

Und, und, und. Vielleicht strahlt die NZZ auch nur deswegen so hell, weil die grossen Mitbewerber wie abgebrannte Kerzen flackern. Wobei dort, also bei CH Media, Tamedia und Ringier, die Probleme nicht in erster Linie durch Sparmassnahmen und grosses Rausschmeissen verursacht werden. auch nicht nur durch einen falsch verstandenen Frauenwahn, sozusagen eine umgekehrte Geschlechterdiskriminierung, die nicht mehr nach Fähigkeiten befördert, sondern nach Geschlechtsteil.

Denn es wäre auch möglich, mit weniger Kräften und weniger Kohle interessante Blätter zu machen, online zu bereichern und zu überraschen. Dabei ist nicht das Geschlecht entscheidend, sondern die Fähigkeit. Man kann aus der Beobachtung eines Wartesaals ein funkelndes Stück Unterhaltung machen. Natürlich kann das kaum einer so wie Joseph Roth. Natürlich ist es nicht vielen gegeben, auf der Flughöhe eines Kurt Tucholsky oder Karl Kraus zu schreiben. Aber versuchen könnte man es doch. Aber eben, wenn man nicht kann …

Neues Jahr in alten Schläuchen

ZACKBUM schaut in die Glaskugel.

Es kann natürlich Unvorhersehbares geschehen. Diese Packungsbeilage bei Prognosen muss vorangestellt werden. Dafür verzichtet ZACKBUM auf alle Schwurbeleien wie «wenn nicht, falls, unter Voraussetzung, dass».

In der überschaubaren Medienlandschaft der Schweiz gibt es vier grosse Player. In einer Liga für sich spielt die SRG, da zwangsgebührenfinanziert. Ringier, Tamedia und CH Media müssen sich am Markt behaupten – und versagen vor den Herausforderungen des Internets.

Dann haben wir noch kleine und kleinste Player wie die NZZ, die «Weltwoche», Das Lebrument-Imperium, Randgruppenorgane wie die WoZ, die «Republik» und mehr oder minder erfolglose lokale Internet-Plattformen. Und wir haben den in seiner Bedeutung noch viel zu wenig erforschten Bereich der Community-Plattformen, über die immer grössere Teile der Gesellschaft, vor allem Jugendliche, ihr Informationsbedürfnis abdecken.

Das ist die Landschaft im Jahr 2024, was erscheint nun im wolkigen Inhalt der Glaskugel? Das:

  1. Die drei privatwirtschaftlichen grossen Player werden weiterhin sparen. Also teure Mitarbeiter abbauen und sie zunehmend durch KI ersetzen.
  2. Durch ihre Kamikazepolitik, für weniger Leistung mehr Geld zu fordern, werden sie weiter deutlich an Lesern und Einnahmen verlieren, der Teufelskreis dreht sich schneller.
  3. Die tägliche Printausgabe wird zum Auslaufmodell. Bereits ist aus dem «Sonntag» die «Schweiz am Wochenende» geworden. Die ehemals unabhängigen Redaktionen der Sonntagszeitungen werden vollständig in die höllischen Newsrooms integriert, die Sonntagsausgaben werden im Print verschwinden.
  4. Der Anteil der Lokalberichterstattung in den zahlreichen Kopfblättern wird weiter reduziert. Statt in Content zu investieren, wird in die Quadratur des Kreises Geld verpulvert, die zentral gekochte Einheitssauce ein Dutzend mal anders einzufärben, damit sie in Basel, Bern, St. Gallen, Luzern oder Aarau verschieden daherkommt.
  5. Es wird allgemein mehr administriert, weniger produziert. Die kabarettreife Anzahl von Heads und Chiefs bei Ringiers «Blick»-Familie gibt den Kurs vor.
  6. Nachdem Ringier die Organe von Axel Springer Schweiz geschluckt hat und verdauen muss, wird Tamedia versuchen, den angeschlagenen Wannerkonzern zu schlucken.
  7. In der Medienwelt hat 2024 das kapitalistische Prinzip – die Ausgaben werden durch die Einnahmen gedeckt – abgedankt. SRG ist zwangsfinanziert, die drei grossen Konzerne werden einen neuen Anlauf nehmen, die Steuersubventionen heraufzuschrauben. Nischenorgane wie die «Republik» werden weiterhin nur dank grosszügiger Mäzene und Spender existieren. Beim Markttest, gibt es genügend zahlungsbereite Nachfrage für das Angebot, sind sie gescheitert.
  8. Durch diese Konzentration bekommen ganz wenige Personen eine ungeheuerliche Machtfülle in den Medien. Das wäre Gilles Marchand als Generaldirektor der SRG, Pietro Supino als Boss von Tamedia und Vertreter des Coninxclans, CH-Media-CEO Michael Wanner als Vertreter des Wannerclans, Michael Ringier, Marc Walder und Ladina Heimgartner bei Ringier. Auch nicht unbedeutend ist Eric Gujer als Geschäftsführer und Oberchefredaktor der NZZ. Von denen (ihren Fähigkeiten und Interessen) hängt es ab, wie schnell die Talfahrt der Deutschschweizer Medien weitergeht. Was sie bisher geboten haben, stimmt nicht optimistisch.
  9. 2024 wird der Anspruch der Massenmedien, die öffentliche Meinung zu repräsentieren und zu manipulieren, immer weiter  abbröckeln. Der «Blick» als entkerntes ehemaliges Boulevardblatt hat sich bereits davon verabschiedet, CH Media will gar nicht diesen Anspruch erheben, Tamedia wird auch 2024 nicht bemerken, dass seine Einschätzungen, Kommentare und Meinungen nicht mehr interessieren. Auch die NZZ überschätzt sich hierbei gewaltig.
  10. Die unglaublich schrumpfende Bedeutung der Massenmedien macht die Beantwortung der Frage dringlich, ob es ein Kontrollorgan wie ZACKBUM Ende 2024 überhaupt noch braucht.