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«Republik» ganz unten

 Feuern, ohne zu fragen: Genau so sollte man es nicht machen.

Was tut man, wenn man ein Organ der politischen Korrektheit ist, der inkludierenden Sprache, abhold jeglicher Unterdrückung, Feind des Sexismus, Kämpfer gegen übergriffige Männer und auch sonst alles Üble auf der Welt?

Was tut man, wenn man zwar spärlich, aber doch täglich gute Ratschläge gibt, die Welt besser machen möchte, die Demokratie retten, die Umwelt, den Menschen, die Gesellschaft? Wenn man immer mit dem strafenden Zeigefinger wackelt, üble Missstände bei anderen Medien anprangert, wo Frauen Übergriffigkeiten, sexuellem Missbrauch, verbalen Attacken, Machotum, gar Diskriminierung ausgesetzt sind?

Was macht man, wenn man selbst Opfer seiner selbst wird? Opfer, weil offenbar mehrere Mitarbeiterinnen – und auch eine der WoZ – Anschuldigungen gegen den Star-Reporter des Blatts der guten Denkungsart und korrekten Lebensführung erheben? Er habe sie verbal sexuell belästigt, lauten die Denunziationen. In einem Fall sei es sogar zu einem massiven sexuellen Übergriff gekommen, behauptet eine.

Problemlage der «Republik»: alle diese Anschuldigungen wurden nur anonymisiert an sie weitergereicht. Sie liegen teilweise viele Jahre zurück. Sie wurden zuvor nie erhoben. Es wurde niemals Anzeige erstattet. Allerdings: als die «Republik» den Star-Reporter bei der WoZ abwarb, soll es sogar den Versuch gegeben haben, sein angebliches verbal übergriffiges Verhalten zu thematisieren und zu einem Artikel zu verarbeiten. Das sei dann als nicht opportun abgewürgt worden.

Es gibt also – wie meistens bei der ungemein transparenten «Republik» – eine ganze Latte von ungeklärten und unbeantworteten Fragen in eine intransparente Dunkelkammer hinein.

  •  Wieso mussten sich die Denunziantinnen an die «Fachstelle für Gleichstellung» der Stadt Zürich wenden? Gab es etwa intern keine inzwischen überall übliche Anlaufstelle?
  • Diese informierte die Geschäftsführung und Chefredaktion Ende Juni mittels eines Dossiers über die Anschuldigungen. Wieso dauerte es bis zum 23. August, dass der eigene VR darüber informiert wurde?
  • Wieso dauerte es gleichlang, dass der Betroffene informiert – und sofort freigestellt wurde?
  • Wie ist es möglich, dass weder die «Republik» noch der Beschuldigte bis heute die Namen der Denunziantinnen kennen?
  • Was hat es mit diesem Vermerk «See only» auf diesem Dossier für eine Bewandtnis? Die Fachstelle sagt glasklar, dass sie ihn nicht angebracht habe. Die «Republik» sagt, dass er auf dem Dossier stand, als sie es bekam – und er  ihr so erklärt wurde, dass das bedeute, dass weder der Beschuldigte noch andere Stellen über den Inhalt des Dossiers informiert werden dürften.
  • Welche Rolle spielt die «Mittelsperson» Rena Zulauf, die inzwischen nicht mehr mit Klagen droht, wenn man sie so bezeichnet – allerdings auch keine Fragen beantwortet?
  • Wie ist es möglich, dass erst nach dem Aufplatzen dieser Affäre eine «Meldeplattform» von der «Republik» eingerichtet wurde?
  • Wieso übernahm erst Anfang September der VR der «Republik» die Federführung und gab – bei völlig unbekannten Personen – entsprechende externe Untersuchungen in Auftrag?
  • Wieso bekam der Beschuldigte keine Möglichkeit, seine Denunziantinnen direkt zu konfrontieren?
  • Noch Mitte September war noch im Plural von «allfälligen Beschuldigten» die Rede. Gibt es nun nur noch einen?

Als ob das der offenen Fragen noch nicht genug wären: Am 5. Oktober teilte die «Republik» in einem «Update» mit, dass sie sich vom «Beschuldigten» getrennt habe. Oder auf Deutsch: sie hat ihn nach der fristlosen Freistellung auch noch fristlos gefeuert.

Begründung: «Aufgrund der Ergebnisse einer Untersuchung unter externer Leitung wird das Arbeits­verhältnis mit sofortiger Wirkung aufgelöst

Welche Ergebnisse? Schweigen. Noch Mitte September hatte der VR-Präsident Michel Huissoud getönt: «Ende September werden allfällige Beschuldigte angehört, Sie werden dann Gelegenheit haben, sich zu all den Vorwürfen zu äussern.» Ein hohles Versprechen, jetzt heisst es:

«Da eine sofortige Trennung aufgrund des ausgewerteten Materials für uns als Arbeit­geberin alternativlos war, hat keine Konfrontation des Beschuldigten mehr stattgefunden.»

Das nannte man früher Geheimjustiz. Das nannte man früher Inquisition. Ein Angeschuldigter weiss nicht, wer ihn beschuldigt, er weiss nicht, wessen er genau beschuldigt wird, er kann die Beschuldiger nicht konfrontieren, er kann sich nicht wehren, und am Schluss wird er abgeurteilt, ohne dass ihm die zuvor zugesicherte Möglichkeit einer Stellungnahme gewährt wird.

Es ist bis heute völlig ungeklärt, ob die Vorwürfe zutreffen oder nicht. Das Einzige, was klar ist: es gab niemals – vor diesen gesammelten Anschuldigungen – aktenkundige Beschwerden. Es gab niemals eine Anzeige wegen eines angeblichen massiven sexuellen Übergriffs. Es ist zudem davon auszugehen, dass die meisten Anschuldigungen längst verjährt sind. Es konnte niemals ein unabhängiges Gericht entscheiden, ob sich der Angeschuldigte eines strafbaren Vergehens schuldig gemacht habe oder nicht.

Die «Republik» erreicht damit eine neue Stufe der verantwortungslosen Hetze. In den jüngsten Fällen Kevin Spacey oder Till Lindemann kolportierten die Medien nur fleissig Anschuldigungen von Frauen und Männern, die sich so ihre fünf Minuten Ruhm – oder erkleckliche Geldsummen – verschaffen wollten. Als das dann verröchelte, verfielen die Medien in tiefes Schweigen.

Hier aber masst sich eine Redaktion an (denn die Mitteilung über den Rausschmiss ist nicht einmal unterzeichnet), aufgrund von nur ihr bekannten Denunziationen einen Mitarbeiter fristlos zu feuern. Von Denunziationen, die zumindest zum Teil von Personen stammen, deren Namen weder dem Angeschuldigten, noch der Redaktion bekannt sind.

Das ist einfach unglaublich.

Dazu passt auch, dass nicht mehr wie bis anhin die angefragte Geschäftsleitung antwortet, sondern der VR-Präsident Huissoud persönlich. Allerdings knüpft er seine Antworten an inakzeptable Bedingungen, weshalb wir auf eine Wiedergabe verzichten.

Wenn das ihre Art von Gerechtigkeit, Justiz, von Anstand, korrektem Vorgehen, vom Wahren des Grundprinzips «im Zweifel für den Angeschuldigten» ist, wie sie die «Republik» gerne für allgemeinverbindlich erklären möchte, dann ist das eine wahre Horrorvorstellung.

Schliesslich möchten die Besserwisser von der «Republik», das tropft bei jedem ihrer Artikel aus jedem Buchstaben, der Gesellschaft vorschreiben, wie sie besser funktionieren würde, wie es gerechter auf dieser Welt zuginge. Wenn man nur auf die Schreiber dieses Organs mit ihrem schnarchlangem Geseier hören würde.

Spätestens nach dieser Affäre ist klar: ja nicht. Die grosse Erleichterung besteht nur darin: auf diese Weltverbesserer mit unerschütterlicher Überzeugung, das Gute und Richtige zu kennen, hört sowieso keiner. Ihre schrumpfende Schar von Unterstützern, die ihnen mit Abos und Almosen diese völlig überflüssige Tätigkeit ermöglichen, wird nach dem Steuerskandal (und seiner Handhabung) und diesem Sexismus-Skandal (und seiner Handhabung) zunehmend das Vertrauen verlieren, dass diese Leute wenigstens den eigenen Laden im Griff haben.

Und wenn sie das nicht schaffen, was sind dann ihre gesammelten guten Ratschläge, Forderungen, Empfehlungen und Kritiken für und an der ganze Welt wert?

Nichts.

 

Versteckspiel

Ist Anwältin Zulauf Mittelsperson oder nicht?

«Bitte nehmen Sie zu Kenntnis, dass ich Falschaussagen zu meiner Person mit einer Zivilklage beantworten werde.»

Eigentlich war der Anlass nicht sonderlich erheblich. ZACKBUM verfügte über Informationen, wer die ominöse «Mittelsperson» sei, die das Dossier von sich beschwerenden Frauen von dem Amt für Gleichstellung zur «Republik» getragen hatte. Und wie es sich im seriösen Journalismus gehört, wollten wir Rechtsanwältin Rena Zulauf Gelegenheit zur Stellungnahme geben.

Vor allem hätte uns interessiert, ob Zulauf hier mandatiert war und wie der Begriff «See only» auf dieses Dossier geriet. Schliesslich wollten wir noch wissen, ob Zulauf das Dossier an den SRF-Journalisten Salvador Atasoy weitergereicht habe.

Antwort: «Ihre Annahme und/oder die kolportierte Annahme ist falsch. Weder wurde mir ein Dossier von belästigten Damen zugespielt, noch habe ich dieses bzw. ein solches Salvador Atasoy weitergereicht.»

Da bekannt ist, dass Zulauf zwar nicht allzu häufig erfolgreich, aber gerne und schnell klagt, liessen wir es auf sich beruhen.

Nun ist es aber dem Chefredaktor Marcus Hebein des «Schweizer Journalist» gelungen, diese Behauptung rechtsfest zu machen. Also konfrontierte auch er die Anwältin damit. Ihre irritierende Antwort:

«Ich bin einigermassen irritiert, dass mich jemand bei Ihnen als Mittelsperson nennt, Sie mir aber nicht sagen, wer diese Person ist, und sich diese Person auch nicht mir gegenüber outet.» Und weiter: «Solcherlei ,Spiele‘ mache ich nicht mit; sie sind unlauter und haben mit korrektem Journalismus nichts zu tun. Schade!»

Nachdem sie hier offenbar darauf verzichtet, mit rechtlichen Schritten zu drohen, sollte man sie als diese «Mittelsperson» bezeichnen, will sie nun etwas, von dem sie wissen müsste, dass es absurd ist. Dass ein Journalist ihr gegenüber seine Quelle offenlege, bevor sie sich dazu äussere. Das bezeichnet der «Schweizer Journalist» zu Recht als «bizarr».

Auch Hebein hätte gerne gewusst, was es mit der «See only»-Klausel auf sich habe, von der die «Republik»-Chefetage behauptet, dass sie ihr wochenlang die Hände gebunden habe und sie zur Untätigkeit verdammte.

«Auch wären wir daran interessiert gewesen, welche „Forderungen“ denn die Anwältin an die „Republik“ im Zuge der Information über die Fälle gestellt habe, welche Schritte denn von der „Republik“- Leitung erwartet wurden», schreibt Hebein weiter.

Das sind tatsächlich entscheidende Fragen. Denn nicht nur der Fall selbst – mögliche sexuelle Belästigung von Mitarbeiterinnen der «Republik» durch einen prominenten Reporter –, sondern auch die Handhabung durch die «Republik»-Führung hat dazu beigetragen, dass das Online-Magazin der guten Denke und Lebensart in eine durchaus existenzbedrohende Krise geraten ist.

Dabei spielt Zulauf offensichtlich eine wichtige Rolle. Es ist auch nicht klar, ob sie nun die Anwältin der sich beschwerenden Frauen ist oder eben nur eine Botin, die sich so die Option offenhalten wollte, von der Botin zur Rechtsvertreterin zu werden.

Wäre das so, hätte Zulauf einen dicken Nagel in den Sargdeckel über der «Republik» eingeschlagen. Denn das Rumgeeier, bis dort die Teppichetage überhaupt in die Gänge kam, den Vorwürfen nachzugehen, lastet schwer auf deren Glaubwürdigkeit.

Bizarr ist allerdings, dass eine Medienanwältin meint, ein Vorgang, für den es zahlreiche Zeugen und Beteiligte gibt, liesse sich unter dem Deckel halten.

Mit Klagedrohungen ist sie schnell zur Hand, aber auf eine erneute Möglichkeit zur Stellungnahme reagierte sie diesmal nicht – schweigen.

Dabei wären Antworten auf diese Fragen durchaus von öffentlichem Interesse:

In der aktuellen Ausgabe des «Schweizer Journalist» werden Sie als die Mittelsperson identifiziert, die das Dossier an die «Republik» überbracht hat. Mir gegenüber hatten Sie das abgestritten und mit Klage gedroht.

Werden Sie nun gegen den «Schweizer Journalist» rechtlich vorgehen?

Wenn nicht, wieso haben Sie es bei mir mit Klagedrohung abgestritten, gegenüber Marcus Hebein dann nicht mehr?

Sie haben mit der Begründung, dass Sie zuerst die Quelle wissen wollten, jegliche weitere Stellungnahme gegenüber Hebein verweigert. Ist Ihnen der Begriff Quellenschutz nicht geläufig?

Dem «Schweizer Journalist» ist es gelungen, in einer Ihrer Rechtsschriften den ominösen Begriff «see only» aufzuspüren, der offenbar sehr ungebräuchlich ist. Also haben Sie diesen Begriff auf das Dossier gesetzt?

Das Amt für Gleichstellung hat mir schriftlich bestätigt, dass er nicht von ihm stammt, die «Republik», dass er auf dem Dossier stand, als es von der Mittelsperson Zulauf ausgehändigt wurde. Haben Sie eine Vermutung, wie er dorthin gekommen sein könnte?

 

«Republik» hektisch

Ein Update zum Skandal.

Am 6. September meldete sich der Verwaltungsrat der «Republik» mit der etwas merkwürdigen Mitteilung, dass er erst gegen Ende August über die seit Juni bekannten Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter informiert worden sei. Nun werde aber durchgegriffen.

Am 1. September hatten sich Geschäftsleitung und Chefredaktion «erschüttert» gezeigt. Allerdings: «Zwei der Betroffenen sollen zum Zeitpunkt der Vorfälle bei der Republik angestellt gewesen sein, ob auch heute noch ein Arbeits­verhältnis mit der Republik besteht, können wir nicht abschliessend beantworten. Die Vorwürfe werden anonym erhoben, die Republik kennt die Identität der Betroffenen nicht.»

Ob das bis heute so ist, verrät das transparente Organ allerdings nicht. Nun hat mit geradezu unheimlicher Geschwindigkeit für «Republik»-Verhältnisse der VR nachgelegt. Er teilt in einem «Update» mit, dass er «diesen Montag, den 11. September, drei Untersuchungs­aufträge vergeben» habe.

Nämlich:

  1. «Die Installierung einer sicheren und anonymen Melde­plattform sowie

  2. die Untersuchung des Anstellungs­prozesses der beschuldigten Person»

Plus:

  1. «die Analyse des Prozesses nach der Meldung an die Geschäfts­führung

Plus: «Erste Ergebnisse als Grundlage für weitere Schritte werden vom Verwaltungsrat auf Ende September erwartet. Am Ende der Untersuchung werden allfällige Beschuldigte angehört.»

«Allfällige Beschuldigte», Plural. Neben dem Freigestellten könnte es also auch für Führungsfiguren eng werden. Allerdings sind die Beauftragten allesamt No-Names.

Zudem wird’s dann wieder typisch wirr:

«Ab sofort und bis zum 28. September steht eine sichere und anonyme Melde­plattform zur Verfügung.»

Danach nicht mehr? Und wieso die zweimalige Betonung, dass die Plattform sicher und anonym sei? Aber es wird noch wirrer:

«Ausserdem: Vergangene Woche hat der erste obligatorische Workshop «Schulung zum Schutz gegen Mobbing und Belästigungen» in der Republik statt­gefunden. Diese Massnahme ist nicht die einzige, die von Geschäfts­führung und Human Resources bereits Anfang dieses Jahres in die Wege geleitet wurde: Im Frühling 2023 wurde auch eine Weisung zum Schutz vor Diskriminierung, Mobbing und sexueller/sexistischer Belästigung erstellt sowie die Fachstelle für Gleichstellung der Stadt Zürich als externe Meldestelle eingesetzt.»

Bedeutet das nun, dass im Blatt der guten Denkungsart vor Frühling 2023 keine solche Meldestelle existierte, wie das inzwischen in eigentlich jedem Unternehmen der Fall ist? Und was heisst da Frühling? Der Sommer begann dieses Jahr am 21. Juni. Wurde diese Meldestelle aufgrund von Anschuldigungen «eingesetzt» oder benützten die ersten Mitarbeiterinnen gleich diese Meldestelle, nachdem sie zuvor keine Möglichkeit für Beschwerden über sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz hatten?

Es ist schon phänomenal, wie die «Republik» Mal für Mal die Behandlung dieses für sie existenziell bedrohlichen Skandals kommunikativ in den Sand setzt. Offenbar ist es allen 55 Nasen plus VR nicht möglich, Mitteilungen zu formulieren, die klar und verständlich sind.

Ach, und wer die Mäzene des «Klimalabors» sind, wie es eigentlich beim Millionenproblem Steuervermeidung steht – da warten wir weiterhin auf Neuigkeiten, die «zu gegebener Zeit» eintrudeln sollen. Oder auch nicht.

Die Frage ist allerdings, ob vor der «gegebenen Zeit» die Lebenszeit der «Republik» bereits abgelaufen ist.

Und die Hetzer in den Medien?

Wegducken und so tun, als war da nix. Denn es ist ein Medienskandal.

Shelby Lynn hat ihre 15 Minuten Ruhm bekommen. Das schaffte sie mit einem Video, in dem sie ein paar blaue Flecken zeigte. Und erklärte, dass sie sich an deren Entstehen nicht erinnern könne, aber an einer After-Show-Party von Rammstein teilgenommen habe. Sie insinuierte zudem, dass man sie möglicherweise unter Drogen gesetzt habe. Dummerweise ergaben aber alle Drogentests im Nachhinein nichts.

Schliesslich reichte sie noch bei der Staatsanwaltschaft Vilnius eine Strafanzeige ein. Wie in solchen Fällen üblich, meldeten sich einige weitere Frauen, die unter dem Schutz der Anonymität Reportern weitere Geschichten von unerwünschter Anmache erzählten.

Besonders hervor tat sich die Youtuberin «Kayla Shyx», die aufgeregt wilde Storys verbreitete, die ihr angeblich zugetragen wurden oder die sie selbst erlebt haben wollte. Damit erhöhte sie ihre Einschaltquote gigantisch. Ihr wurde dann aber schnell der Stecker gezogen.

Das war die übliche verantwortungslose Keiferei auf den asozialen Medien. Das wurde ergänzt durch die inzwischen ebenfalls übliche verantwortungslose Hetzerei auch in seriösen Medien. Die NZZ sprach sogar von einem «Täter», löschte den Begriff dann aber schleunigst. «Blick» war nicht schnell genug und musste einen ganzen Artikel löschen, zu Kreuze kriechen und sogar ein liebedienerisches Interview mit dem Anwalt des Rammstein-Sängers veröffentlichen, wofür sich Mikrophonständer Reza Rafi hergab.

Das ehemalige Nachrichtenmagazin «Spiegel» widmete der Hysterie sogar eine Titelgeschichte. Sie kochte dann nochmal hoch, als vermeldet werden konnte, dass bei der Staatsanwaltschaft Berlin mehrere Anzeigen eingegangen seien. Endlich, denn alle anonymen und die wenigen angeblichen Opfer, die mit Namen hinstanden, hatten es allesamt unterlassen, zur Polizei zu gehen.

Es endete, wie es auch nicht allzu selten endet: keine Staatsanwaltschaft sah einen Anfangsverdacht, um Ermittlungen aufzunehmen.

Nun dreht Sänger Till Lindemann offenbar den Spiess um. Die Staatsanwaltschaft in Vilnius, weiss die deutsche «Bild», ermittelt gegen diese Shelley Lynn wegen des Verdachts auf Verleumdung.

Das wird wohl auch mit einer Einstellung enden. Denn die Dame hatte wohlweislich darauf verzichtet, Lindemann irgendwelcher Straftaten zu bezichtigen. Da sie behauptet, eigentlich pleite zu sein, ist zu hoffen, dass es keine zivilrechtlichen Ansprüche gegen sie geben wird.

Das gilt aber leider auch für alle Hetzer in den Medien, die sich wieder mal mit Vorverurteilungen überschlagen haben. Ein Amok im «Tages-Anzeiger» forderte sogar, dass die Berner Konzerte abgesagt werden müssten.

Es ist unerträglich, welchen Reputations- und Rufschaden verantwortungslose Journalisten verschulden können – haftungsfrei, uneinsichtig und unbelehrbar. Sogar heute noch schwurbeln Feinde des Rechtsstaats wie Marc Brupbacher herum: «Viele feiern Lindemann nun als unschuldig. Dabei hat keine einzige Frau Anklage erhoben. Warum nicht? Weil sie wissen, was sie erwartet hätte.»

Das ist zwar ziemlich wirr, soll aber wohl heissen, dass er in Wirklichkeit gar nicht so unschuldig sei, aber geschützt durch Macht und Geld. Das entscheiden inzwischen selbsternannte Scharfrichter in den Medien und scheuen auch so früh wie möglich nicht vor einer Namensnennung zurück. Denn erst das gibt ihrer schlaffen Story den gewünschten Pep.

Ganz anders sieht das aber aus, wenn es einen der Ihren erwischt. Obwohl ja inzwischen wohl jeder weiss, um wen es sich handelt, verschweigt die Journaille eisern den Namen eines Freigestellten, dem sexuelle Übergriffe vorgeworfen werden.

Das ist zwar im Prinzip richtig, denn auch hier gilt – selten so gelacht – die Unschuldsvermutung. Was aber nicht gilt, ist die Vermutung, dass die Medienschaffenden wenigstens öffentlich bereuen könnten, wie sie sich wieder einmal vergaloppiert haben, auf effekthascherische Erzählungen anonymer Trittbrettfahrerinnen hereinfielen, das dem Leser als brandheisse, tiefenrecherchierte News verkauften.

In einem anderen Fall wurde der Name sowohl des Beschuldigten wie auch der Beschuldigerin von ihr selbst in die Öffentlichkeit gebracht. Dumm nur, dass sich fast alle Anschuldigungen nicht erhärten liessen. Dumm nur, dass Augen- und Ohrenzeugen ein Schweigeglübde abgelegt hatten, darunter der Chefredaktor der Gutmenschenpostille «Republik». Dumm nur, dass unfähige Journalistinnen immer wieder anonyme Zeugenaussagen heraustrompeten, dass alles noch viel schlimmer gewesen sein sollte.

Die Untersuchung gegen diese Lynn wird wohl eingestellt werden. Auch die ist durch die Art, mit der sie sich ihre 15 Minuten Ruhm abholte, stigmatisiert.

Was aber unerträglich wird, ist die Haftungsfreiheit all der Journalisten, die losgebelfert haben, heulend wie Jagdhunde Fährten erschnupperten und verbellten. Um dann kurz zu vermelden, dass da wohl doch nix dran war. Aber je nun, Musik und Groupies, Männerdominanz, Abhängigkeiten, man wisse es ja.

Dann ein paar verlogene Krokodilstränen verdrückt («sind wir vielleicht ein wenig zu weit gegangen? Antwort: nö»), und das war’s. Keine Entschuldigung, kein Gelöbnis der Besserung, keine neu eigenbauten Sicherungen.

Wetten, dass der nächste Fall Lindemann schon um die Ecke lauert, wenn die Missbräuche der katholischen Kirche abgefrühstückt sind?

 

Rhabarber-«Republik»

Berichterstatterpflicht …

ZACKBUM weiss: die «Republik» nervt. Eigentlich alle, inklusive der eigenen «Verleger». Nun gibt es aber ein heikles Problem, das die «Republik» zuerst so verlegen machte, dass sie zunächst gar nicht darüber sprechen wollte.

Denn bereits im Juni dieses Jahres überbrachte eine «Mittelsperson» ein Dossier, das das Amt für Gleichstellung der Stadt Zürich aufgrund der Beschwerden von sechs Frauen erstellt hatte. Allerdings hatte sie «See only» draufgeschrieben, was das Amt für sehr befremdlich hält und die «Republik» in Schockstarre versetzte.

Der Pensionäre-VR der «Republik» lässt nun verlauten, dass er erst am 23. August darüber informiert worden sei, dass es Vorwürfe von sexueller Belästigung und inakzeptablem Verhalten gäbe. Was die interessante Frage aufwirft, an wen das Dossier eigentlich ausgehändigt wurde. Und wieso diese Amtsträger (GL, Chefredaktion?) bis zum 23. August warteten, bis sie die heissen News an den VR weiterreichten. Um sie vorher abkühlen zu lassen? Lustiges Bild, wie vier Nasen auf das Dossier blasen (bitte keine blöden Assoziationen hier).

Das ist, nach den kleinen Steuerproblemen, ein weiterer Schlag ins Kontor der Wohlfühloase der guten Denkungsart und richtigen Lebensführung. Oder gibt es halt doch nichts Richtiges im Falschen? Wäre eine Kolumne der schreibenden Schmachtlocke wert. Aber die tut, was sie auch schon beim Roshani-Skandal von Tamedia getan hatte: sie schweigt.

Nun wird aber richtig durchgegriffen. Der VR übernimmt, was denn sonst, «die Verantwortung für die anstehende Untersuchung». Wunderbar, was auch immer das heissen mag.

Früher nannte man das in linksradikalen Kreisen Selbstkritik, heute heisst’s so: «Die Republik muss aus ihren Fehlern lernen. Sie muss ein Arbeits­klima garantieren, das den Werten der Republik – Transparenz und Kritik an den Mächtigen – gerecht wird.»

Was ein solches Arbeitsklima allerdings mit der Frage zu tun hat, ob und wie sich weibliche Mitarbeiter sexuell belästigt fühlen?

Immerhin bereits fünf Jahre nach Start soll das Online-Magazin Folgendes tun: «Eine Melde­plattform anbieten. Eine Firma wird beauftragt, einen gesicherten Raum anzubieten und zu betreiben.» Wir Normalos sind bass erstaunt: das gibt’s bislang nicht?

Dann soll von einer externen Bude weiter untersucht werden, wie und wieso die «beschuldigte Person» angestellt wurde, es müssen «Chronologie, Personen, Rollen, Verantwortungen, Behandlung und Verifizierung einer geäusserten Warnung vor deren Anstellung» abgeklärt werden. Hui.

Ist die «Republik» immerhin manche Tage nach dem Platzen des Skandals wenigstens schon einen Schritt weiter? Ach, da orientiert man sich offenbar am «Klimalabor»: «Aktuell läuft noch das Auswahl­verfahren für die Auftrag­nehmerin. Details über die Melde­plattform, wie Zeitraum, Umgang mit allfälligen anonymen Meldungen sowie auch die entsprechenden Kontaktangaben, werden so schnell wie möglich hier kommuniziert.»

Was bei der «Republik» so alles läuft, ausser vielleicht die Nasen. Suche nach einer Chefredaktion. Suche nach einer Aufgabe fürs «Klimalabor». Suche nach einer «Auftragnehmerin». Suche nach zahlenden Lesern. Suche nach einem Knaller. Suche nach einem Abgang?

Wir wollten das Positive sehen, Part II

ZACKBUM leidet unter der Berichterstatterpflicht.

Der Plan war gut. ZACKBUM liest je einen Artikel aus der WoZ und aus der «Republik» und betont das Positive. Aber schon die Planwirtschaft ist an der Realität gescheitert.

Die WoZ haben wir hinter uns, nun fehlt noch die «Republik». Wir werden das in aller gebotenen Objektivität tun, obwohl das Organ der guten Denkungsart in seiner Liste der Links zur Berichterstattung über den jüngsten Skandal das Organ, das am ausführlichsten berichtete, nicht aufführt. ZACKBUM-Leser ahnen, welches gemeint ist.

Wir könnten nun gemein werden und «Acht Learnings aus dem Klimalabor» auswählen. Das sind über 15’000 Anschläge darüber, dass die Ankündigung einer Ankündigung nach monatelangem Nichtstun doch immerhin noch besser ist als nichts – tun. Oder?

Die Qual der Wahl war allerdings gross. 30’000 A über ein neues Buch der «linken Philosophin Susan Neiman»? «Sie wollte die Schwangerschaft abbrechen, jetzt hat sie Zwillinge», ebenfalls 30’000 A? Himmel hilf. Dann doch lieber, wir wollen so nett wie möglich sein, «Die den Service public lieben – und die SRG zerstören». Das sind 9400 A, immerhin. Es ist allerdings von Daniel Binswanger.

Aber ZACKBUM ist immer objektiv, der Wahrheit verpflichtet und – das zeichnet uns zuvorderst aus – nachsichtig.

Binswanger fängt mit der SVP an. Nein, er macht’s durchaus nachvollziehbar. Die Partei habe noch vor fünf Jahren fast einstimmig für die No-Billag-Initiative gestimmt, an ihrem Parteitag. Binswanger süffisant: «Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wurde dargestellt als nationale Bedrohung – die ein für alle Mal aus der Welt geschafft werden müsse.»

Aber heute sage die SVP «quasi das exakte Gegenteil». Lassen wir das Aufeinanderprallen von «quasi» und «exakt» ungestraft vorbeiziehen. Denn nun zititiert Binswanger den Präsidenten des Komitees der gerade eingereichten Halbierungsinitiative: ««Wir wollen die SRG. Sie hat eine sehr wichtige Funktion in diesem Land als Service public.» In nur fünf Jahren ist die SRG von einem Anschlag auf die eidgenössischen Grundwerte zu einer wichtigen Grundlage des helvetischen Zusammen­lebens geworden

Ein Schlag ins Kontor. Wer aber nun meint, Binswanger lehne sich anschliessend zurück und versetze der SVP noch ein paar Fusstritte, täuscht sich. Denn nun kommt die «Mitte» dran, genauer deren Präsident Gerhard Pfister. Vorher: «Der SRG ist halt nicht mehr zu helfen», er bezichtigte sie gar, «die Spaltung des Landes» voranzutreiben. Nachher: «Die Schweiz braucht einen starken öffentlich-rechtlichen Sender, das ist diskussionslos», flötet Pfister.

Dann geht’s weiter zur NZZ. Da holte Chefredaktor Gujer weit in die Geschichte aus und schrieb anlässlich der No-Billag-Initiative über die SRG und ihre Geburtsstunde in der Zeit, «als Hitler und Stalin die neue Radiotechnik nutzten, um ihre Propaganda zu verbreiten», daher «sei die Behauptung, «nur ein öffentlich-rechtlicher Sender könne die sozialen Schichten, Regionen und Sprachen verbinden, so vermessen wie totalitär»», zitiert Binswanger.

Neue Töne in der NZZ: «Die SRG produziert gute Informations­sendungen und leistet ihren Beitrag zur Demokratie.» Hier muss man aber einwenden, dass Binswanger einen Kommentar, der die Halbierungsinitiative für eine gute Sache hält, einfach unterschlägt. Ein kleiner Tolgen im bislang blütenweissen Reinheft.

Nun auf zur Erklärung, woher diese Wendungen? «Die SRG-Basher von gestern haben heute lange Nasen.» Warum? Das Scheitern der No-Billag-Initiative habe eben gezeigt, «wie unglaublich populär die SRG auch weiterhin bleibt».

Weil man sie nicht liquidieren könne, müsse sie nun stückchenweise entsorgt werden. Hier greift Binswanger zu einem Sprachbild, das nicht zur Nachahmung empfohlen ist: «Ein Hummer, den man halbiert, kann immer noch etwas die Scheren bewegen – bevor er dann verendet.» Hat Binswanger das etwa bei seinem letzten Ausflug in die gehobene Gastronomie mit eigenen Augen gesehen? Wobei normalerweise Hummer nicht lebendig halbiert werden.

Vom halbierten Hummer geht’s nun zur halbrichtigen Interpretation: «Zweitens verliert ein Sender, der keine Unterhaltung mehr anbietet, sondern nur noch politischen Inhalt, massiv an Reichweite und Relevanz. Die Meinungs­macht des Senders würde stark abnehmen, wenn er ausschliesslich der politischen Meinungs­bildung dienen sollte.»

Hm, das ist doch genau das, was die «Republik» auch macht, oder könnte jemand behaupten, dass die ein Unterhaltungsprogramm biete? Aber nun wird Binswanger grundsätzlich, und da verliert sein Gedankengang leider die vorherige Flughöhe, wobei sich der Abwärtstrend bereits mit dem Hummer ankündigte: «Medien­macht ist Meinungs­macht, Meinungs­macht ist politische Macht.»

Wir kneifen den Leser mit einer Hummerschere wieder wach, denn nun kommt noch das Finale. Der Blick in andere Länder. Wir machen ein lustiges Ratespiel, das jeder Leser gewinnt: welche Namen und Beispiele nennt Binswanger? Ja?

Berlusconi, natürlich. Trump, logo. Netanyahu, okay, ein wenig schwierig muss das Quiz schon sein, aber dann noch Viktor Orbán. Na, geht doch. Nun wird es allerdings, wir müssen objektiv bleiben, etwas wirr: «Ihre Wahlerfolge hängen wesentlich an ihrer Medienmacht – weshalb es heute evidenter scheint denn je, dass wir die öffentlich-rechtlichen Medien ausbauen und sicher nicht amputieren sollten.»

Also Berlusconi ist erfolgreich tot, Trump hat verloren, und wo ist schon wieder dessen Medienmacht? Also wenn das Argumente für den Ausbau der öffentlich-rechtlichen Medien sein sollen, dann gute Nacht am Abstimmungstag. Aber auch Binswanger kann bis dahin noch etwas üben.

Falls – das sagen wir auch in aller Objektivität – diese Kolumne an diesem Ort bis dahin überhaupt noch weiter stattfindet …

Knüppeldick

Verpasst die NZZ der «Republik» den Todesstoss?

Es rächt sich, dass die «Republik» so arrogant wie hochnäsig über alle und alles hergezogen ist, geradezu reflexartig «Sexismus» krähte, bei anderen Medienhäusern gleich «strukturelle Probleme» sah.

«‹Damit sie nicht sagen können: Herrgott, wenn wir das gewusst hätten!›» So lautete der Zitat-Titel einer vernichtenden Darstellung der Affäre Roshani aus Sicht des angeblichen weiblichen Opfers in der «Republik». Nicht nur, dass sich die «Republik» hier mal wieder vergaloppierte, weil ihr Gesinnungsjournalismus die Sicht auf die Wirklichkeit vernebelte. Das Organ der guten Denkungsart behauptete zudem, bei Tamedia würden «Hilferufe» aus der Belegschaft ignoriert, die Führungsetage maure.

Das alles kommt nun wie ein Bumerang zurückgeflogen. Denn auch die Führungsetage der «Republik» will nichts von nichts gewusst haben, das Gleiche behauptet auch die WoZ. Das sind Schutzbehauptungen, die sich noch rächen werden. Sie wurden gerade in einem länglichen Artikel in der NZZ weiter demontiert. Wobei man wieder mal sagen muss: so sehr, wie sich Journalisten für Journalisten interessieren, das ist schon obsessiv und wird von den Lesern nicht goutiert. Ausser hier, aber wir sind ja auch ein Medienorgan für Medienschaffende.

Sollte man exemplifizieren, wie die Revolution ihre Kinder frisst, hier wäre das Paradebeispiel. Auch bei Tamedia, aber vor allem in der WoZ und in der «Republik» wurde ein geradezu mittelalterlich-puritanischer Umgang mit angeblichen verbalen sexuellen Übergriffen gepredigt. Lächerliche Listen von anonymen, nicht verorteten, angeblichen verbalen Übergriffigkeiten wurden ehrfürchtig zitiert, als bare Münze genommen, als Beleg dafür, wie abgründig sexistisch, frauenverachtend, demotivierend es bei anderen Redaktionen zuginge. Aber nicht in der eigenen.

Dort fehle eben die Sensibilität für solche Themen, würde man diese Unterdrückungsmechanismen von Frauen nicht konsequent genug angehen, donnerte die «Republik» vom hohen Ross.

All dieses Gequatsche fällt nun der «Republik» auf die Füsse; die WoZ kann sich zurzeit im Windschatten dahinter verstecken und über einen angeblichen Rechtsrutsch in den Schweizer Medien perseverieren, weil das Thema Sexismus in den Medien zurzeit nicht wirklich sexy ist.

Die bislang bekannt gewordenen Vorwürfe sind zwar unappetitlich, aber letztlich lachhaft. Da soll ein bekokster und/oder besoffener linker Starreporter, der sich irgendwie für eine Kreuzung zwischen Hunter S. Thompson und Charles Bukowski hielt, derbe Anspielungen über den Zustand seines Gemächts gemacht und typischen Männerfantasien freien Lauf gelassen haben. Die davon betroffenen Frauen sollen so eingeschüchtert, schockiert, traumatisiert gewesen sein, dass sie Jahre brauchten, um sich endlich gemeinsam zur Wehr zu setzen.

Zudem steht ein Vorwurf eines «massiven sexuellen Übergriffs» im Raum, wobei auch der nicht genauer beschrieben ist. Chatprotokolle und Screenshot scheinen vorzuliegen, der Rest ist mal wieder «er sagt, sie sagt». Aber diesmal ist es anders.

Es hat zwei Organe getroffen, die sich als Gralshüter der modernen, genderkorrekten, inkludierenden, Frauen achtenden Weltsicht sahen, somit ausgerüstet mit unbezweifelbarer moralischer Überlegenheit, die den Organen das Recht gab, über alle anderen abzuledern und herzufallen, die sich nicht so tugendhaft, korrekt, anständig und alle modernen Benimmregeln befolgend benahmen wie «Republik» und WoZ.

Und nun das. Alles drin. Jahrelanges einschlägiges Verhalten. Natürlich haben es alle gewusst, das kann in den klatschsüchtigen Redaktionen gar nicht anders sein.

Nun hätte die «Republik» ein Beispiel setzen können, wie man mit einer solchen Affäre korrekt umgeht. Aber bislang hat sie’s vom Gröbsten versemmelt. Der Betroffene wurde mal kurz vorverurteilt und freigestellt. Vorangegangen war ein wochenlanges Nichtstun, das angeblich von aussen auferlegt worden war. Nur scheibchenweise wird eingestanden, dass vielleicht, unter Umständen doch der eine oder andere etwas gehört, vermutet, mitbekommen haben könnte.

Da macht ein Reporter über Jahre hinweg Redaktionskolleginnen mit derben Sprüchen an – und niemand wusste was? Das ist so lachhaft, wie wenn Tom Kummer behaupten würde, er hätte eine sich nur an der Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit orientierende Reportage geschrieben.

Das Problem ist: dass ein solches Verhalten auch in den anständigsten Organen vorkommt, wer wollte da den Stab brechen. Aber wie damit umgegangen wird, wenn es an die Öffentlichkeit kommt, das ist der Lackmustest. Wenn grün bedeutet, dass alles gut ist, rötlich, dass es schlecht ist, dann ergibt die Messung bei «Republik» und WoZ die Farbe Dunkelrot.

Schwurbelnde Schmachtlocke

Wollt Ihr wissen, wie sich ein klebriges Bonbon anfühlt?

Zerdehntes, gequältes Ringen um Worte. Pseudointellektuelles Verkrampfen. «Postfaktisch … Wahrheitssuche … Frage stellen … öffentlicher Diskurs … einschneidende Veränderungen … Wahrheitssuche … öffentliche Diskurse … man kann, ich würde dem absolut Recht geben, Macht ist – Definitionsmacht … eher noch stärker als früher … ethische Standards haben sich eher generalisiert.»

Winseln da die ersten um Gnade? Gnade kennt er nicht: «Standards für Fairness haben sich in unseren Gesellschaften eher verstärkt. … Überall, wo es Machtungleichheit gibt, gibt es auch Machtmissbrauch.»

Einer geht noch:

«Ich glaube, in einem gewissen Sinne ist für heutige Machtsysteme die Lüge, das Schummeln, das Wegschauen, das Unter-dem-Deckel-Behalten eher wichtiger geworden als für traditionelle Gesellschaften oder vielleicht auch – was weiss ich – die Schweizer Demokratie vor einem halben Jahrhundert, wo äh das Verständnis für, wo man das Gefühl gehabt hat, dass ein gewisses Gefälle natürlich und akzeptabel sei …»

So mäandert sich das in sinnlosen Wortkaskaden minutenlang, gefühlte Ewigkeiten lang vor sich hin. Da steht ein Mann mit Mikrophon in der Kirche Kilchberg und hat Sprachdurchfall. «Ein historisches Epos ist eigentlich wahrer wie eine historisch faktisch richtige Geschichte, weil sich die historische Faktizität am Einzelfall orientiert.»

Versteht das jemand? Nein, auch in den gelichteten Reihen in der Kirche sah man fast unsichtbare, aber deutlich zitternde Fragezeichen über den Köpfen. Was will uns dieser Schlacks da vorne eigentlich sagen, mit so vielen, so leeren, so inhaltslosen Worten, die er aber wie unter grossem Leidensdruck mit sich kämpfend hervorwürgt, unterbrochen von Pausen, gefüllt mit dem einen oder anderen Äh.

Wer seinen Mitmenschen nicht liebt, sondern ihn quälen will, der muss ihm das Video vom Abendgottesdienst mit Daniel Binswanger aufs Auge und aufs Ohr und aufs Hirn drücken.

Wahrlich, ich sage Euch: der Mensch ist nach der Visionierung nicht mehr der gleiche wie vorher. Er braucht dann mindestens eine kalte und langanhaltende Dusche mit viel Rubbeln, um sich zu erholen.

Oder anders gesagt: wer wissen will, wieso die «Republik» so ist, wie sie ist, muss nur in eine beliebige Stelle dieses Geplappers zappen, wo jemand unablässig versucht, vermeintlich tiefe Gedankengänge wie Gewölle hervorzuwürgen.

Der grosse Tartuffe würde ganz klein werden, müsste er dieser Meisterklasse im Schwurbeln beiwohnen. Welche Gestik, welch pseudo-schlaues Lächeln, welche Emphase, wie die sprechende Schmachtlocke gelegentlich die Haarsträhne hinter dem Ohr versorgt, die sich vorwitzig-erstaunt über solch luzide Gedankengänge hervorgewagt hat, einfach göttlich.

ZACKBUM fragt sich, was wir eigentlich dem Menschen angetan haben, der uns auf dieses gefilmte Entstehen eines Schleimballs in den heiligen Hallen einer Kirche aufmerksam machte. Wir sind bekanntlich hart im Nehmen, aber das hat uns an unsere Grenzen geführt – und darüber hinaus. Wir sind immer noch auf dem Rückweg …

Apropos Wahrheitssuche: wie wäre es eigentlich, wenn Binswanger mal die Wahrheit über die Zustände beim «Magazin» und bei der «Republik» sagen würde? Er kennt sie doch, die Wahrheit. Was ist da stärker, auch im biblischen Sinn: der Drang nach Wahrheit oder die Feigheit? Ein Anfang wäre schon mal gemacht, wenn er über die Rolle einer «Mittelsperson» Auskunft geben und deren Namen nennen würde.

Wumms: Alexander Kissler

Es gibt auch Lichtblicke im Elendsjournalismus.

Der NZZ-Redaktor Alexander Kissler gehört dazu. Während die WoZ sauer wäffelt, die NZZ würde sich der AfD andienen, ist ihr Erfolg in Deutschland mehr der Tatsache geschuldet, dass sie sich immer mehr als Stimme der Vernunft etabliert. Was man von der «Süddeutschen Zeitung» nicht wirklich sagen kann.

Kissler zieht gleich am Anfang blank: «Wer zur Jagd bläst, sollte nicht nur über einen Kompass verfügen, sondern auch über die richtige Munition.» Was motiviert ihn zu diesem kriegerischen Vergleich? «Das Münchner Blatt wollte am Freitag den stellvertretenden bayrischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger als notorischen Rechtsradikalen entlarven. Nach Lage der Dinge ist der Versuch einer politischen Hinrichtung gescheitert.»

Unternommen wurde er von einer fünfköpfige Crew, die dem Politiker vorwerfen wollte, er solle vor 35 Jahren (!) als Schüler eine «Hetzschrift» mit «antisemitischen Fantasien» verfasst haben. Würde das zutreffen, wäre er in Deutschland, selbst in Bayern, erledigt. Nur: das Pamphlet der SZ «markiert eine Bankrotterklärung, was handwerkliche, presserechtliche und medienethische Grundsätze betrifft».

Hoppla. Kissler beschreibt hier etwas, was auch in der Schweiz inzwischen ein immer grösseres Problem darstellt: «Es wäre die Aufgabe der Chefredaktion gewesen, einen solchen publizistischen Offenbarungseid zu verhindern. Gerade die Monstrosität der Vorwürfe verlangt nach einer Berichterstattung, die nicht eigene Abneigungen ausbreitet, sondern belastbare Fakten zusammenträgt.»

Auch das kommt einem in den Mainstreammedien mehr als bekannt vor: «Relativierende Formulierungen – «wenn das alles stimmt», «es wäre ungeheuerlich» – ändern nichts an der perfiden Grundmelodie.» Gesinnungsjournalismus übersteuert die eigentliche Aufgabe eines Newsorgans. Berichten, was sich in der Wirklichkeit abspielt, das mit Fakten untermauern, anschliessend und getrennt davon analysieren, einordnen, kommentieren.

Auch der letzte Satz müsste vielen Schweizer Journalisten, von Surber abwärts (und aufwärts) zu denken geben; dieses Machwerk der SZ zeige, «in welchen Abgründen ein Journalismus landen kann, der sich von der eigenen Weltanschauung die Sinne benebeln lässt».

Nun übernimmt Tamedia nicht nur eine Unzahl von Artikeln aus der SZ, sondern leider auch genau diese Geisteshaltung. Ein solcher Journalismus schaufelt sich das eigene Grab, denn die Gesinnungsblase, die davon angesprochen wird, ist nie gross genug, um wirtschaftlich eine tragbare Basis zu bilden. Wer’s nicht glaubt, sollte mal die «Republik» fragen.

Übernimmt Tobler Verantwortung?

Die Frage stellen, heisst sie beantworten.

Die Staatsanwaltschaft Berlin hat Ermittlungsverfahren gegen den Rammstein-Sänger Till Lindemann eingestellt. Zuvor hatte auch die Staatsanwaltschaft in Litauen eingestellt. In beiden Fällen gab es nicht einmal einen genügenden Anfangsverdacht, keinen Tatverdacht. Das bedeutet, dass keinerlei Strafverfahren mehr gegen ihn laufen.

In Vilnius hatte Shelley Lynn Anzeige erstattet. In Berlin Privatpersonen, angestachelt durch die Behauptungen von Lynn und einer Bloggerin namens Kayla Shyx. Sexueller Missbrauch, K.o.-Tropfen, Drogen, Alkohol, Row Zero, Übergriffe. So ging das Narrativ, mit dem diese beiden Frauen ihre 15 Minuten Ruhm abholten. Anschliessend surften viele weitere Frauen auf dieser Empörungswelle, kräftig unterstützt von Betroffenheitsjournalisten, die ihre anonymen Behauptungen fleissig kolportierten. Das ehemalige Nachrichtenmagazin «Spiegel» widmete dem Thema sogar eine Titelgeschichte.

Hirnstarre, Schnappatmung und moralische Werturteile am Laufmeter. Selbst die sonst zurechnungsfähige NZZ machte Lindemann kurzfristig zum «Täter», bis die Vernunft wieder einsetzte und dieser vorverurteilende Titel wieder verschwand.

Das Problem bei dieser Art von Erregungsbewirtschaftung ist, dass jeder Nachjapser noch lauter und schriller belfern muss, um sich noch Gehör zu verschaffen. Den Vogel schoss hier der Gesinnungsjournalist Andreas Tobler von Tamedia ab. Der holzte: «Die Rammstein-Konzerte sollten abgesagt werden». Seine Begründung: «Nein, eine Absage der Rammstein-Konzerte in Bern hätte nichts mit Cancel-Culture zu tun. Aber nun braucht es eine Pause, um die schwersten Vorwürfe noch vertieft abklären zu können.»

In einer völlig wirren Achterbahnfahrt behauptete Tobler einerseits: «Selbstverständlich gilt für Till Lindemann die Unschuldsvermutung, solange kein Verfahren eingeleitet und er nicht rechtskräftig verurteilt ist.» Andererseits solle man dennoch dem Sänger Berufsverbot erteilen, den Veranstalter der Konzerte in den Ruin treiben und Zehntausende von Zuschauern um das Konzerterlebnis prellen.

Ob man solche «Kunst, die gar keine Kunst mehr ist … noch irritationsfrei konsumieren» könne, fragte sich Tobler mit ungewohnter Sensibilität. Denn wenn es die Kunst gebietet, «Tötet Roger Köppel! Köppel Roger tötet!» zu texten, sah darin Tobler eine «Künstleraktion».

Niemals wäre es Tobler in den Sinn gekommen, das Verbot der Aufführung des dazugehörigen Stücks im Zürcher Neumarkt zu fordern. Keinen Ton hörte man von ihm, als man seiner Logik folgend doch die weitere Herausgabe des «Magazins» unbedingt hätte unterbrechen müssen, bis die Vorwürfe gegen den ehemaligen Chefredaktor geklärt wären.

Und wie steht es mit dem Weitererscheinen von «Republik» und WoZ? Wären da nicht auch zuerst «Vorwürfe vertieft abzuklären»?

Wer auf grossen Plattformen seine Meinung äussert, muss behaftbar dafür sein. Wer inquisitorisch Verbote fordert, muss dafür die Verantwortung übernehmen. Sonst kann man den Meinungsträger nicht mehr ernst nehmen.

Tobler kann man nicht mehr ernst nehmen. Tobler ist weder behaftbar für sein Geseier, noch ist er bereit, Verantwortung dafür zu übernehmen. Er haut einfach was raus und hofft (nicht zu Unrecht), dass sich doch heute niemand mehr an sein dummes Gequatsche von gestern erinnert.

Da täuscht er sich aber bei ZACKBUM. Wer solchen Unsinn verzapft, wer die Unschuldsvermutung mit Füssen tritt, wer künstlerische und wirtschaftliche Existenzen rücksichtslos vernichten möchte, ist eigentlich für ein sogenanntes Qualitätsmedium nicht mehr tragbar.

Er sollte gecancelt werden. Er sollte gefeuert werden. Denn Einsicht oder gar Besserung ist von ihm nicht zu erwarten. Eine Entschuldigung in Richtung der von ihm Vorverurteilten noch viel weniger. Ein Fall für eine Chefredaktorin, der angeblich Qualität das Allerwichtigste ist. Es wäre eine deutliche Qualitätsverbesserung, wenn Tobler nicht mehr für Tamedia schreiben würde …