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Chapeau, Frau Roth

NZZaS, die Erste: so sollten Artikel am Sonntag sein.

Es ist ein Luxus, auf drei Zeitungsseiten eine Story ausbreiten zu können. Aber es ist auch anspruchsvoll, 25’000 A zu verbrauchen, ohne dass es dem Leser so langweilig wird wie bei der «Republik».

ZACKBUM musste Rafaela Roth schon tadeln. Zum Beispiel für einen völlig verunglückten Jubelartikel über eine umtriebige Anwältin, die sehr gut in der Selbstvermarktung ist, weniger gut in der Vertretung ihrer Mandanten. So hat sie für ein Berufsopfer – mit einer einzigen Ausnahme – nur krachende Niederlagen eingehandelt, bis zur Peinlichkeitsschwelle, am Bundesgericht gegen das Bundesgericht zu rekurrieren – und natürlich abgeklatscht zu werden. Zudem erzählt sie gerne Märchen; so dieses, dass fast täglich bei ihr Mandanten anklopften, um gegen diesen Medienblog vorgehen zu wollen.

Aber Schwamm über die Peinlichkeit, diese Selbstdarstellerin als «eine der geschicktesten Medienanwältinnen des Landes» zu bezeichnen, Roth hat sich wunderprächtig rehabilitiert. «Tod eines Glückskindes» ist ein rundum gelungenes Stück. Man könnte an ein paar Details mäkeln, aber die werden von der Wucht überspielt, mit der hier der Tod eines 18-jährigen Autisten dargestellt wird.

Er endete in den Händen des Psychiatrischen Dienstes des Kantons Aargau, geriet in die Klapsmühle im wahrsten Sinne des Wortes, bekam viele Medikamente und wenig Therapie. Schliesslich schauten die Pfleger zu, wie er manisch seinen Kopf auf den Boden schlug – bis er ohnmächtig wurde und nur noch sein Hirntod festgestellt werden konnte.

Daraus könnte man ein Melodram machen, eine emotionale Anklage, das Leid der Eltern exhibitionistisch vorführen, die Unmenschlichkeit der Schweizer Psychiatrie anprangern. Aber Roth ist eher ein Wurf wie «Einer flog übers Kuckucksnest» gelungen.

Sie verknüpft wohldosiert die verschiedenen Ebenen dieses Falles, lässt alle Beteiligten – soweit die sich äussern wollen – zu Wort kommen. Szenischer Einstieg, Leitmotiv Spaziergang, hineingeflochten die verschiedenen Erzählstränge, die Schilderung des jungen Lebens, das langsam aus der Bahn geriet, die Selbstvorwürfe der Eltern und des Bruders, dass man aus Überforderung und nur zum Besten der Einlieferung des Sohnes in die Psychiatrische Klinik  Königsfelden zustimmte.

Wie dann dort alles zunehmend ausser Kontrolle geriet, aber man der Autorität der Fachpersonen vertraute. Bis zum bitteren Ende, bis zur «Steigerung ins Amargeddon», wie das der Anwalt der Familie nennt. Der Tod, die Verarbeitungsversuche der geschädigten Hinterbliebenen. Dann die Aufarbeitungsversuche der Behörde, die allgemeine Problematik von jährlich 16’000 Zwangseinweisungen in die Psychiatrie in der Schweiz, Isolation, Fixierungen, Zwangsmedikation. Der staatliche Eingriff, dass der Patient nicht mehr selbst über seine Entlassung entscheiden kann.

All das schildert Roth souverän, emphatisch, in klarem Aufbau. Sie nimmt den Leser an der Hand und verläuft sich nie mit ihm. Sie ist auktorialer Erzähler im besten Sinn, nimmt Anteil, aber wahrt Distanz. Der Einzelfall, der Aufschwung ins Allgemeine, die unbeantworteten Fragen der Eltern, die übliche, zögerliche, bürokratische Reaktion der Behörden, die organisierte Verantwortungslosigkeit in staatlichen Institutionen, eine Knallerpointe am Schluss, den Artikel könnte man ausschneiden und angehenden Journalisten als Übungsmaterial überreichen.

Könnte, denn wer bekommt im heutigen Elendsjournalismus schon noch die Gelegenheit, ein solches Stück abzuliefern. Schön, dass Roth sie genutzt hat.

Schall und Rauch

Neues aus der Bauchnabelbetrachtungs-Zone.

Im Exil in Paris treffen sich zwei deutsche Autoren, die vor dem Hitler-Faschismus geflohen sind. Sagt der eine: «Ich habe da so einen dummen Pickel auf der Nase.» Sagt der andere: «Mach doch ein Drama draus.»

Neuerdings hat Rafaela Roth einen Pickel auf der Nase. Und sie macht die Titelgeschichte des «NZZamSonntag Magazins» draus.

Natürlich muss ein Journalist einen gewissen Mitteilungsdrang haben. Natürlich steigert sich der, desto unwichtiger die Meinung eines Journalisten wird.

Aber neben der Meinung zu allem und vor allem zu Themen, von denen der Journalist keine Ahnung hat, gibt es ein Gebiet, bei dem er sich wenigstens ein wenig auskennt: ihn selbst. Davon könnte er stundenlang erzählen, und es ist ihm auch herzlich egal, ob den Leser diese Bauchnabelschau interessiert.

Nun hat Roth (so viel wir wissen) keinen Pickel auf der Nase, deshalb schreibt sie auch nicht darüber. Aber sie hat aufgehört zu rauchen. Das scheint ein schmerzlicher Prozess gewesen zu sein, die Entwöhnungspflaster verursachten «juckende, rote Beulen».

Natürlich ist sich Roth bewusst, dass das noch nicht seitenfüllend ist, schliesslich muss sie dann schon so rund 14’000 Zeichen absondern, das ist keine Kurzstrecke.

Also langweilt sie den Leser mit den üblichen Einschüben «Ich klappte meinen Rechner auf», lässt den Leser an ihren Erkenntnissen teilhaben «wenn man im Netz nach der Wirkung von Nikotin sucht, landet man meistens bei der Wirkung von Tabak», und auch an ihrem eigenen Suchtverhalten «ich war eine überschwängliche Raucherin, ich zelebrierte es, propagierte es, ich sah gut aus dabei, fand ich».

So weit, so gähn. Dann Auftritt Suchtberaterin, diskreter Hinweis auf die «Rauchstopplinie»; seit Zeitungen frei von Tabakinseraten sind, darf man da auch ungehemmt draufschlagen, die Tabakindustrie könne man «gut und gerne als die verlogenste aller Industrien bezeichnen».

Und schliesslich, wer’s noch erlebt, der versöhnliche Schluss: «Techno bringt mich in den Schreibflow. Ich jogge jetzt. Manchmal, wenn ich einige Tage nicht rauskann, werde ich unruhig, fast nervös.»

Vielleicht gibt es Leser, die dankbar für diese tiefen Einblicke ins Leben einer Journalistin sind. «Ich habe so gerne geraucht», was für eine Hammerstory.

So nebenbei: René Zeyer hat über 40 Jahre lang zwei bis drei Päckchen geraucht. Und dann von einem Tag auf den anderen aufgehört. Einfach so. Aber keine Angst, ZACKBUM macht nun keine Bauchnabelbetrachtungs-Story draus. Wir versuchen, hier ein Niveau zu halten, das wir nur ungern verlassen möchten.

Aber auf eine Story aus dem Hause Roth wären wir echt gespannt: «Ich habe so gerne geschrieben».

Liebelei mit der NZZ

Gleich drei Vorurteile sind zerbrochen.

ZACKBUM hat die «Interviewreihe Radikale Liebe» bislang für grenzdebilen Unsinn gehalten. Das können wir auch begründen. ZACKBUM hat Rafaela Roth bislang für eine selten unfähige Interviewerin und Porträtschreiberin gehalten und kann das auch begründen. ZACKBUM hat Anna Rosenwasser bislang für eine eher peinliche Influencerin gehalten, die zum Beispiel über die Grösse ihrer Brüste schreibt.

Ach, und was wir vom «NZZamSonntag Magazin» halten, haben wir schon mehrfach und ausführlich zum Ausdruck gebracht. Nun sind gleich drei dieser Vorurteile zerbrochen; das vierte über das Magazin wäre es auch, wenn der restliche Inhalt nicht wieder grenzdebiler Unsinn wäre.

Aber der Reihe nach. In der Interviewreihe «Radikale Liebe» ist diesmal die Nationalrätin Rosenwasser zu Gast. Erstaunlicherweise gibt sie, soweit das die Fragen zulassen, intelligente und reflektierte Antworten. Gleich am Anfang wird sie leicht staubig, was aber dem Interview guttut. Denn als Einstiegsfrage ist dem Duo Sacha Batthyany und Rafaela Roth nichts Besseres als die Frage eingefallen: «Sind Sie die erste Liebesministerin der Schweiz?» Antwort: «Eine phantastische Frage und ein phantastischer Weg, dafür zu sorgen, dass man mich noch weniger ernst nimmt in Bern

Das sollte man aber, wenn jemand zu solchen Überlegungen fähig ist: «Ich bin die Allgegenwärtigkeit von Strategie und Taktik noch nicht gewohnt. Das ist jetzt noch nicht das, was gemeinhin als schmutzige Politik gilt, aber es fühlt sich weniger sauber an als genuine Herzlichkeit. In aktivistischen Kreisen bist du auch mal an einer Demo mit deinem halben Freundeskreis. Das ist nicht konfliktfrei, aber es ist das, was ich gewohnt bin.»

Auch auf die eher dämliche Frage «Lieben Sie die Schweiz?», hat sie eine passende Antwort: «Sollte man ein Land lieben? Ich habe mir noch nie überlegt, ob ich ein Land lieben kann.» Das erinnert an den ehemaligen deutschen Bundespräsidenten Heinemann, der auf die gleiche Frage antwortete: «Ich liebe meine Frau

Da noch weitere eher einfältige Fragen folgen, gibt Rosenwasser nochmals den Tarif durch: «Gott sei Dank gebe ich dieses Interview nicht in meiner PMS-Woche vor meiner Mens, ich hätte ja nur geheult bei diesen Fragen.» Aber immerhin, die Antworten sind wirklich gut:

«Ich könnte mich nicht den ganzen Tag mit Gewalt, Ungerechtigkeit und Bedrohungen beschäftigen, wenn ich Menschen nicht so stur gernhaben würde. Es ist die einzige Art, wie ich dem Negativen gerecht werde, indem ich das Positive auch empfinde – und diese Widersprüchlichkeit in der Gleichzeitigkeit zulasse. Ich bin nicht nur Feministin geworden, um ständig hässig zu sein.»

Es ist nun wirklich eine Kunst, selbst auf die bescheuertste Frage noch eine gute Antwort zu finden: «Das Beste an Microdosing LSD ist . . . Keine Ahnung. Ich microdose Koffein.»

Daraus lernen wir zwei Dinge. Wer so vif und reflektiert ist wie Rosenwasser, antwortet selbst auf flache Fragen mit Höhenflügen. Und es gibt doch den ersten Lichtblick in dieser Serie.

Das hätte dann ein sauberes Lob abgesetzt, wenn nicht der Rest des Magazins wäre. Christoph Zürcher muss mal wieder Schmonzetten aus seiner bewegten Vergangenheit als ganz scharfer Reporter zum Besten geben. Herbeigezerrter Anlass ist ein Remake über einen Flugzeugabsturz, bei dem die Überlebenden die Toten essen mussten. «Ich bin jedenfalls schon einmal in den tiefsten Dschungel Papua-Neuguineas getrekkt …» Dann räumt Zürcher ein, dass es «schon etwas komisch gewesen» sei, einen der Überlebenden «zu fragen, wie denn nun Menschenfleisch schmecke». Das ist noch gar nichts gegen die Komik, das dann auch noch zu beschreiben.

Acht Seiten über Amis, die als Cowboys verkleidet ihre sanfte Seite entdecken wollen. Interessiert uns das? Reicht es nicht, dass der Riemen im September im «GQ Magazine» erschienen ist? Ist wieder dermassen Leere im Hirn beim Magazin?

Auch unser Lieblingsgefäss «Bellevue» übertrifft sich mal wieder selbst: «In «Saltburn» trinkt der junge Oliver das Badewasser seines Freunds, in das der zuvor onanierte. Im Glas gibtʼs nun nicht den Rest davon, sondern gottlob nur eine Duftkerze.» Das ist nun fast noch unappetitlicher als Kannibalismus.

Schöntrinken kann man sich das auch nur sehr bedingt. Denn Peter Keller schwärmt in seinem «Weinkeller» diesmal von einem «Sensationellen Grand Cru aus dem komplizierten Burgund». Dabei handle es sich um den  ««Chapelle-Chambertin 2017» von Cécile Tremblay». «Finesse, Eleganz, Komplexität», etwas Stehsatz aus dem Weinkennerblabla. Dann aber: «rar und heute leider sehr teuer ist der Wein». Rar geht so, teuer stimmt: das Flascherl gibt’s im gehobenen Weinhandel so ab 630 Eier. Pro Stück versteht sich, wenn man wie Keller den 2017er nimmt. Es bitzeli mehr müsste man für den 2015er springen lassen: 2’100 Franken. Sollte aber doch für den gehobenen NZZ-Leser kein Problem sein.

Sonst noch was? «Forest Gump wird 30», das ist ja mindestens so bedeutend wie der 100. Todestag von Lenin. Aber zurück zu «man gönnt sich ja sonst nix». Kleiner Ausflug nach Mailand gefällig? Als Absteige empfiehlt das Magazin das Luxushotel «Porträt», das Zimmerchen von 1000 Franken aufwärts pro Nacht. Die angebotene Alternative ist allerdings auch nicht billiger, das «Armani Hotel» will für ein Superior-Zimmer auch gleich 2116 Euro. Immerhin Frühstück inklusive.

In beiden Hotels, das beruhigt, ist es eher unüblich, dass Gäste das Badewasser, aber lassen wir das.

 

 

Sauglattismus

Was kommt heraus, wenn eine Flachdenkerin einen Luftikus interviewt?

Rafaela Roth neigt zu unreflektierten Jubelarien, langweiligen Interviews und pseudokritischen Reportagen. Das passte sehr gut zu «watson», das befremdet in der NZZaS. Besonders peinlich wird es, wenn sie auf den «Medienexperten» und «Professor for Journalism» Vinzenz Wyss trifft. Der bezieht seine Fachkompetenz aus seiner kurzen Tätigkeit im Lokaljournalismus. Und aus anschliessender Theoriebildung.

Kann man einen «Experten» ernst nehmen, der bereit ist, sich für ein sauglattes Foto zum Deppen zu machen? Nicht wirklich, wie das Interview beweist. Was meint der Professor, was das Publikum über Journalismus denkt?  «Die meisten Leute … denken, Journalismus lasse sich verkaufen wie warme Gipfeli.»

Nun, Roth und Wyss scheinen zu denken, dass sich ein abgestandenes, altbackenes Interview als Journalismus verkaufen liesse. Der Professor kommt dabei zu bahnbrechenden Erkenntnissen: Medienorganisationen seien  «eben etwas anderes als eine Autopneufabrik. Von ihr erwartet niemand, dass sie gesellschaftlich etwas zurückgibt». Doch, von einer Pneufabrik erwartet man, dass sie sich an alle Vorschriften hält, Auflagen des Umweltschutzes erfüllt und sich sozial verantwortlich verhält. Und natürlich sind Informationen wie Autopneus. Sind sie brauchbar und nützlich, lassen sie sich verkaufen. Sind sie abgefahren oder platt, eben nicht.

Aber Wyss greift auch zu kritischen Worten: «Wenn man wegen unternehmerischer Fehlentscheide sparen muss und dann Entlassungen durchführt, ist das auch ein wenig unverantwortlich.» Ein wenig unverantwortlich? Es ist doch so: In drei grossen Medienkonzernen sind die privaten Besitzer in den fetten Jahren obszön reich geworden. Damals bedeutete, eine Druckmaschine zu betreiben, die Lizenz fürs Gelddrucken zu besitzen.

Inzwischen bauen die Wanners, Ringiers und Coninx› ihre Konzerne so um, dass sie immer noch fette Gewinne abwerfen, nur nicht mehr mit Journalismus. Weil sie und ihr Management seit Jahren zu blöd sind, eine Antwort auf die Informationsvermittlung via Internet zu finden. Wenn nun Medien tatsächlich die Vierte Gewalt sein sollten, Macht kontrollieren und überwachen, damit eine gesellschaftlich wichtige Funktion haben, dann gibt es ja nur eine Lösung für die Misere: man muss sie den Familienclans wegnehmen und in Non-Profit-Organisationen umwandeln. Modell NZZ. Aber das traut sich der Professor nicht zu sagen. Dafür neigt er zur Selbstkritik: «Ja, ich musste meine Sucht, wahrgenommen zu werden, etwas bändigen. … Ich wurde als Schwätzer wahrgenommen.» Wurde?

Wenn unqualifizierte Fragen auf labberige Antworten treffen, dann führen die beiden praxisnah vor, was Journalismus eben nicht sein sollte: Dampfplauderei ohne Erkenntnisgewinn. Aber vielleicht muss man das dialektisch sehen: die beiden wollten zeigen, wie es aussieht, wenn eine journalistische Bruchlandung dem lebenden Objekt, dem überlebenden, zahlenden Leser serviert wird.

Denn die Misere der Medien ist zur Hauptsache selbstverschuldet. Das Grundübel: um Geld verlangen zu können, muss zuerst eine geldwerte Leistung erbracht werden. Oder um es auf dem Niveau Roth/Wyss auszudrücken: wenn der Bäcker statt warmer Gipfeli ungeniessbare Abfallprodukte anbietet, dann darf er sich nicht wundern, dass die niemand kauft.

 

Peinlich hoch zwei

Das NZZaS Magazin kennt keine Scham.

Der Start der «Interview-Serie» legte schon das Niveau auf Höhe Bordsteinkante. Es durften die «Edel-Escort» Salomé Balthus, vulgo die Prostituierte Klara Lakomy, mitsamt ihrem Partner Florian Havemann, vulgo Autor eines verleumderischen Buchs über den eigenen Vater, über dies und das reden.

Duftmarke:

«War der Sex in der DDR freier?
Er: Das müssen Sie mich nicht fragen.
Weil?
Sie: Darf ich antworten?
Er: Nein, darfst du nicht. Ich hatte sehr wenig sexuelle Beziehungen.»

Als nächsten in dieser peinlichen Reihe interviewen Sacha Batthyany und Rafaela Roth den Gebrauchsschriftsteller Martin Suter. Der entäussert sich hier jeglicher Intimitäten: «Margrith wollte nicht sterben», sagt der über den Tod seiner Frau, und das nehmen die Autoren gleich als Titelzitat.

Was soll man zum Inhalt sagen? Am besten wendet man das Gesicht ab und schämt sich anstelle der drei Beteiligten. In all diesem Zurschaustellen von Innereien gibt es nur wenige Stellen, wo wenigstens etwas Absurdität durchschimmert, die aber nicht gewollt ist:

«Hatten Sie diese salzigen Zitronen, wie man sie aus Marokko kennt?
Ich lege sie selbst ein. Ich habe immer ein bis zwei Gläser dieser eingemachten Zitronen im Kühlschrank.
Essen Sie die Tajine auch von Hand?
Nein.»

Daneben dann solche Fragen:

«Sie kennen das Gefühl des Trauerns. Vor 14 Jahren haben Sie Ihren Sohn verloren. Trauern Sie anders um Ihre Frau als um Ihren Sohn?
Herr Suter, was bedeutet Liebe?
War Ihre Ehe monogam?
Man steht sich nackt gegenüber, im wörtlichen wie im übertragenen Sinn, sehen Sie das auch so?
In Ihren Büchern geht es oft ums Essen. Ist das Ihre Art, über Sex zu schreiben?»

Man muss ziemlich schmerzfrei sein, um solche Fragen zu stellen – und sie zu beantworten. So leiert das über fast 25’000 Anschläge, und es ist noch nicht vorbei:

«In den kommenden Monaten veröffentlichen wir an dieser Stelle Gespräche über die Liebe mit Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wissenschaft, denn wir sind der Meinung: Sie kommt zu kurz.»

ZACKBUM ist der Meinung: hier kommt der gute Geschmack und vieles mehr zu kurz. Unsere schon geäusserte Ahnung verdichtet sich zur Überzeugung: früher oder später dürfte hier ein gewisser Kim auftauchen, und damit ist nicht der nordkoreanische Diktator mit Frisurproblemen gemeint.

Wenn eine Prostituierte eine Persönlichkeit ist, dann ist natürlich alles erlaubt, alles offen, gibt es keine Schranken und kein Mitleid mit dem Leser. Da gibt es für Beat Balzli noch einiges zu tun. Wobei die naheliegendste Lösung die einfachste wäre. Das Ende dieses Magazins würde eigentlich niemandem auffallen. Es würde nicht mal Phantomschmerzen auslösen. Ausser vielleicht bei den Beteiligten an diesem Schrottplatz der schlechten Ideen.

Im möglichst schmerzlosen Schnelldurchlauf:

Das ist die Titel-Leserverarschung, nomen est omen.

Dann senkt sogar Christoph Zürcher sein eigenes Niveau, indem er seinen Senf zum Nahen Osten geben muss. Will man Martin Helgs Pseudo-Klugscheisserei über den Staub lesen? Will man nicht, ausser, man wäre ein Staubsauger. Aber die lesen nicht.

Immerhin, der «sponsored content für Polestar» ist noch das Lesbarste hier. Aber eine Renzension von «Bellevue» geht sogar über unsere Kräfte. Warum? Bitte, nur für starke Leser: «Victorias neues Parfum «Portofino ’97» erzählt olfaktorisch von einem ihrer ersten geheimen Dates an der italienischen Riviera.» Bitte lüften. Selbst Henriette Kuhrts «Auswege aus befremdlichen Duftwolken» können hier nicht helfen.  Es hilft gegen den Würgreflex auch kein «Pumpkin Spice Latte» mit Gratiswerbung für das organisierte Erbrechen in einer abgetakelten US-Kette.

Die gute Nachricht ist allerdings: damit ist das Heft durch. Nun aber unter die Dusche.

Von allen guten Geistern verlassen

Die NZZaS lotet die Untiefen im Seichten aus.

Es gab mal Zeiten, da hätte irgend ein Entscheidungsträger zu diesem Titelblatt der seriösen und ehrwürdigen NZZaS gesagt: Gohts no? Wand dusse? Sind wir hier bei der «Praline»?

Aber zurzeit amtiert eine Viererbande, bei der zwei schon geistig (oder auch körperlich) weg sind, die anderen zwei nicht wissen, was sie tun, wobei einer furchtbar gerne Chefredaktor würde (es aber nicht wird), der andere mehr der Not und Pflicht als der Neigung gehorchend auf der Kommandobrücke sitzt.

Man könnte nun meinen, es sei ein schlechter Scherz, die mit allen Mitteln in die Medien drängende «Edel-Escort» mit dem verblasenen Pseudonym Salomé Balthus zu porträtieren. Wie die versucht, um jeden, wirklich jeden Preis Aufmerksamkeit zu erregen, davon kann Roger Schawinski ein Lied singen. Und als die «Weltwoche» das Experiment unternahm, viel Geld dafür auszugeben, um von der Dame mässig gut unterhalten zu werden («Wie stöhnst denn Du?»), machte sie auch ein grosses Trara, Drama und Gefuchtel draus.

Die Dame ist wohl nicht nur für ihre Kunden toxisch. Über sie und ihre Stöhnkünste ist nun soweit alles erzählt und gibt es auch nichts Neues. Die Prostituierte Klara Lakomy versuchte das letzte Mal, via WEF und «Blick» in die Schlagzeilen zu kommen:

Eine typische Quatsch-Geschichte einer mediengeilen käuflichen Dame: ««Ich wollte in mein eigenes Hotelzimmer gehen, als mir auf dem Flur ein Sicherheitsbeamter mit der Waffe im Anschlag entgegenkam.» Die Situation konnte aber schnell entschärft werden, so die Escort-Dame. «Er hat relativ schnell gemerkt, dass unter mein Negligé gar keine Waffe passt», scherzt sie nur wenige Stunden nach dem Vorfall.» Ist das vielleicht putzig.

So preist sie sich auf ihrer Webseite an, inkl. Preisliste:

Also alles ziemlich halbseiden und für Menschen, die es mögen, für solche Dienstleistungen zu bezahlen. Das hält aber das «NZZ am Sonntag Magazin» nicht davon ab, auf dieses Niveau zu sinken:

Nein, lieber Leser, das ist kein Werbeangebot, sollte man die NZZaS abonnieren. Und der Herr rechts ist nicht käuflich zu haben. Aber irgendwie passt auch mal die Reihenfolge im Heft; zuerst das hier:

Und dann das hier:

Die beiden Interview-Fachkräfte Sacha Batthayany und Rafaela Roth starten hier eine «Interview-Serie», was man als echte Drohung empfinden muss. Als Lead leisten sie sich den Uralt-Kalauer: «Ein Gespräch über wahre Liebe und Liebe als Ware.»

Dann folgen in bewährter «Republik»-Länge über 24’000 A gequirlter Flachsinn. Zunächst stellt Lakomy klar, dass sie Lakomy genannt werden möchte. Und dann wird der Leser schon ganz am Anfang mit diesem Dialog gequält:

«Was bedeutet Liebe, Frau Lakomy?
Sie: Ich möchte keine philosophische Antwort auf die Frage geben.
Florian Havemann: Wäre ja noch schöner.
Sie: Liebe bedeutet für mich Florians wunderschöne Füsse. Liebe ist eine irrationale Zärtlichkeit.»

Kann man noch tiefer sinken? Aber ja:

«Ist Ihre Liebe denn eine körperliche?
Er: Das geht Sie nichts an.
Sie: Das geht Sie überhaupt nichts an. Ich habe schon seine Füsse gelobt, und dann hat er diesen schönen Kopf. Alles dazwischen ist Privatsphäre.»

Früher, ja früher, hat man Nicht-Antworten aus Interviews gestrichen. Aber heute …

Aber nun kommt der dicke Hund des Interviews:

«Als mich Hanna kennenlernte, da war ich Verfassungsrichter, und später habe ich im Bundestag gearbeitet und war Berater von Gregor Gysi. Mir ging es gut, bis ich plötzlich alles verlor. Ein Schicksalsschlag, auf den ich nicht weiter eingehen möchte.»

Genauer gesagt, war Florian Havemann Laienrichter am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg. Diese Karriere verdankte er im Wesentlichen der Tatsache, dass er der Sohn des berühmten DDR-Oppositionellen Robert Havemann ist. Der «Schicksalsschlag» bestand dann darin, dass er ein übles biographisches Buch über seinen Vater und sich selbst veröffentlichte, in dem er eine Vielzahl von unbewiesenen und bösartigen Behauptungen aufstellte. Darunter die, dass der Bänkelsänger und Oppositionelle Wolf Biermann eine intime Beziehung zur damaligen Volksbildungsministerin und Gattin des Staatsratsvorsitzenden Margot Honecker unterhalten habe. Sein Vater sei kein Dissident gewesen, sondern staatstreu und habe für den KGB und die Stasi spioniert. Das Buch musste vom Suhrkamp Verlag zurückgezogen werden, viele Stellen wurden geschwärzt.

Das als «Schicksalsschlag» unwidersprochen schönreden zu dürfen, das ist nun in diesem Seichtgebiet eine zusätzliche Untiefe.

Wollen wir noch eine Duftmarke stinken lassen, bevor wir diesen seltenen Tiefpunkt des Hauses NZZ verlassen?

«War der Sex in der DDR freier?
Er: Das müssen Sie mich nicht fragen.
Weil?
Sie: Darf ich antworten?
Er: Nein, darfst du nicht. Ich hatte sehr wenig sexuelle Beziehungen.
Sie: Männer sind schüchterner, und diese Schüchternheit hat physische Gründe. Der Körper verrät einen als Jungen, sie brauchen Hilfe im sexuellen Akt. Ich fand immer, Frauen sind schamloser und frecher

Die Fragen sind schon mal bescheuert, die Antworten nicht minder. Hier soll der Leser einen Einblick in eine merkwürdige Beziehung bekommen, wo ein älterer Mann sich von seiner jüngeren Partnerin aushalten lässt, die horizontal das Geld für Miete und Unterhalt seiner Kinder verdient.

Will die NZZaS dieses Niveau halten, müssen wir uns demnächst auf ein Interview mit Kim de l’Horizon gefasst machen …

Irgendwie konsequent erscheint, dass sich im nächsten Text eine Lea Hagemann Gedanken über eine Trivialität macht: «Meine Meinung ist: Ich habe keine!» Eigentlich würde auch hier der Titel genügen, aber damit können ja beim schlechtesten Willen nicht zwei Seiten gefüllt werden.

Geht’s noch abgehangener? Aber ja, wenn Helge Timmerberg sein Archiv aufräumt und auf seine «neun Jahre Marokko» zurückblickt. Die begannen 1992, und dass der Basar von Marrakesch ganz wunderbar ist, weiss jeder, der schon mal da war oder zumindest Fotos davon gesehen hat. Aber schön für Timmerberg, dass er einen Abnehmer gefunden hat. Weniger schön für den Leser.

Es geht (leider) so weiter. Die schon berüchtigte Seite «Bellevue». Diesmal preist sie «Cashmere für fast alle» an. Wieso nur für «fast alle»? Nun ja, weil die Preise so bei 1000 Franken anfangen und weiter nach oben klettern …

Günstigere Angebote? Aber ja, die «Grand Meatery» im Luxushotel Dolder Grand. Wie wär’s als «Starter» mit einem «Tatar mit Austern, Kaviar und Rande» für schlappe 62 Franken? Dann ein Stück Filet, natürlich am Knochen gereift, 200 gr für 65 Franken? Ein Schnäppchen? Stimmt, dann doch eher das Entrecôte aus Japan, diätverträgliche 100 gr für eine Portemonnaie-Diät: 110 Franken. Ein Sösschen dazu für 6 Franken, ein wenig «Pop Up-Fries mit Baconnaise», 10 Franken.

Nix Billiges in Sicht? Doch, ein Perlenohrring für lächerliche 290 Euro. Nur: potthässlich. Dann noch «Lichtskultpturen» von Gabi Deutsch. Hört sich teuer an, lässt sich aber schwer beurteilen: man findet sie nicht.

Dann gibt es noch einen zweiten Warnhinweis, dass wohl bald ein Interview mit Kim droht:

Kann es da Zufall sein, dass das Kochrezept auch nur mässige Begeisterung auslöst?

Sozusagen als olfaktorische Verabschiedung, um hier ein sprachliches Niveau zu setzen, dass dieses Magazin von A bis Z inhaltlich unterbietet, noch das hier:

Das ist eine Würdigung von Andrea Bornhauser, die dann inhaltlich gar nicht so stinkig ausfällt, wie es der Titel suggeriert.

Es ist mal wieder Zeit, für die Berichterstatterpflicht Schmerzensgeld zu verlangen. Dem Leser einen solchen Schrottplatz zu servieren, das braucht schon eine gehörige Portion Arroganz.  Oder Wurstigkeit. Oder soll das etwa nochmals ein Hilferuf sein: Gujer, übernehmen Sie! Sofort! Bitte!»

 

Wie geht’s?

ZACKBUM erhört den Wunsch der NZZaS.

Lauter kann man nicht nach einer kritischen Bestandsaufnahme rufen. NZZaS-Chefredaktor Jonas Projer gönnt sich mehr als eine halbe Seite für ein Editorial, in dem er seine ersten 12 Monate Revue passieren lässt.

Grossmütig verzichtet er auf Seitenhiebe gegen übelwollende Kollegen der Konkurrenz, die ihm bei Amtsantritt die Fähigkeit absprechen wollten, das Flaggschiff der Sonntagsmedien lenken zu können. Ausser, dass er mit übelwollenden Kollegen sprach, die ihn dann mit übellaunigen Porträts in die Pfanne hauten, hat er eigentlich keinen von aussen erkennbaren Fehler begangen.

Also sieht es durchaus danach aus, dass er nochmal 12 Monate «die raschelnde Ruhe des Sonntagsmorgens» beliefern wird. Mindestens. Aber womit?

Die Wahrheit ist konkret, wusste schon Bertolt Brecht. Also konkret die Ausgabe vom 23. Oktober 2022. Schon auf dem Cover müssen wir etwas kritisieren, was auch im Blatt selbst schon mehrfach – leider bislang vergeblich – zu Beanstandung Anlass gibt. Das Verbraten von viel wertvollem Zeitungsplatz mit inhaltsleeren, überdimensionalen und wenig aussagekräftigen Bildern und Illustrationen. Ein Smiley mit der Zeile «Wie geht es dir?» anstelle des lächelnden Mundstrichs, das ist doch der NZZaS nicht würdig.

Der dazugehörige Zeitgeist-Text; ein Psychologe hat mal wieder Bedeutendes herausgefunden, allerdings ist die Bedeutung bereits verraucht, bevor die NZZaS zu Altpapier wird, das sollte die NZZaS lieber der Konkurrenz auf den billigeren Plätzen überlassen.

Der Aufrüttler über die offenbar unhaltbaren Zustände an der Ballettschule Basel hingegen ist, obwohl im Gefolge des Skandals von Zürich, erstklassige Recherchearbeit. Dass die NZZaS dafür allerdings die Mitarbeit des Basler Leichtgewichts «Bajour» benötigte, schmälert die Leistung ein wenig. Befremdlich, dass die Schulleitung, mit den ausführlich dokumentierten Vorwürfen konfrontiert, jede Schuld abstreitet. Entweder handelt es sich hier um die kollektive Hysterie von vielen Ex-Schülerinnen, oder aber das Kader der Schule leidet unter galoppierendem Realitätsverlust.

Genauso gute, weil interessante und recherchierte Kost ist der Artikel über die angeblich so saubere und ökologische Fernwärme, die in Wirklichkeit eine CO2-Schleuder ist, viel Gas verbraucht, das Rezyklieren erschwert und durch Ausbau immer mehr Kehrrichtimporte aus dem Ausland braucht. Eine gute und gnadenlose Abrechnung mit einer rotgrünen Mär.

Dass das Abführen des ehemaligen chinesischen Präsidenten Hu Jintao als «Bild für die Geschichtsbücher» ausnahmsweise seinen Platz verdient hat, ist unbestreitbar. Welch merkwürdige Machtdemonstration und Demütigung auf Chinesisch. Wieso dazu allerdings auf dem Rest der Zeitungsseite erklärt wird, dass man sowieso nie erfahren werde, was sich genau abgespielt habe, ist dann eher Slapstick als seriöse Analyse.

Ärgerlich ist dann aber sowohl das Riesenfoto wie der Text zum unheimlich schwachen Abgang der englischen Premierministerin. Man kann deren Versuch, Rezepte des österreichischen Ökonomen August von Hayek anzuwenden, mit Fug und Recht kritisieren.

Das hätte allerdings zur Voraussetzung, dass man dessen Werke gelesen hat – und dass man neben reiner Polemik auch inhaltlich etwas zu bieten hätte. Beides geht der Autorin Bettina Schulz ab.

«Gruppe libertäre Ideologen, … im Sinne neoliberaler Vorstellungen, … Hetze des Rechtsextremisten Nigel Farage, … Boris Johnson liess sich willig vor den Karren der Ideologen spannen, … neoliberale Hardliner, … Werte der konservativen Partei wurden über den Haufen geworfen, … die Finanzmärkte straften den ideologischen Fanatismus so brutal ab …»

Wer so austeilt, sollte vielleicht etwas mehr als oberflächliche Schlagwörter zur Stützung seiner Abrechnung auf Lager haben. Nach dieser Philippika kommt Schulz zum warnenden Fazit: «Fraglich ist, wer im Land begriffen hat, wie gefährlich der Einfluss der Brexit-Extremisten und neoliberalen Ideologen ist

Noch fraglicher ist, wieso die NZZaS dieser ideologischen, einseitigen, dünnen Brutalpolemik eine Seite einräumt. Da hätte man etwas weniger intellektuell Leichtgewichtiges erwarten dürfen. Das hier hat so etwa das Niveau von kleinen Kläffern, die sich jahrzehntelang am Marxismus abarbeiteten. Ohne das geringste intellektuelle Niveau, aber mit Verve.

Parteipolitisch lustig wird es, wenn sich die NZZaS an der Werweisserei beteiligt, ob Albert Rösti nun Bundesrat wird oder nicht. Schliesslich ist das für die FDP, die dem Blatt nun unbestreitbar näher steht, nicht unwichtig. Eigentlich kann die liberale Partei, die um ihre beiden Sitze bangen muss, nur hoffen, dass sich die SVP möglichst blutig bei der Suche nach einem Nachfolger für Ueli Maurer zerlegt. Dafür hat sie sich hier aber – im Gegensatz zur hämischen SoZ – zu einem staatsmännischen Ton verstanden.

Im «Hintergrund» hilft uns Peer Teuwsen bei der Entscheidung, ob man das Werk «Blutbuch» lesen sollte oder nicht. Vielen Dank für die Erkenntnis: auf keinen Fall. Bestärkt, wenn überhaupt nötig, wird man zusätzlich durch den Ratschlag von Linus Schöpfer: «Bitte lesen Sie das Buch». Als Appetithäppchen serviert er eine kurze Szene, die angeblich auch noch «Heiterkeit» ausstrahlen soll.

Der Erzähler liege «neben seinem neusten Gspusi», und nun kommt der Ausbruch von Heiterkeit; wir zitieren das Zitat:

«Farid liegt da, er schwitzt aus den Augen. Ich stehe in unserer Asche. «Aber ich heisse doch Thilo», sagt Farid.»

Das soll Heiterkeit ausstrahlen? Das soll Literatur sein? Prätentiöse Kacke wie «ich stehe in unserer Asche», während man im Bett liegt? Aus den Augen schwitzen, statt weinen? Farid will Thilo heissen? Heiterkeit ob dieses Gestammels kommt höchstens ins Form eines hilflosen Gekichers auf, wieso dieser Schrott mit Preisen geehrt wird. Aber es musste ja so kommen, dass sich der Kulturbetrieb nach der Verleihung des Büchner-Preises an einen Unwürdigen zu steigern vermag.

Das kann auch die NZZaS, indem sie die für Lobhudeleien am untauglichen Objekt zuständige Rafaela Roth über die Initiatorin des «ersten Lehrstuhls für Gendermedizin» schwärmen lässt. Da schafft auch Aline Wanner mit ihrer Medienspalte, dass die Recherchierdauer im Fall überhaupt nicht per Definition für Qualität sorge. Es sollten im Gegenteil öfter «die Arbeiten jener gewürdigt werden, die in hoher Kadenz kurz und klar und schnell die Welt erklären». Also genau das tun, wogegen die NZZ und die NZZaS doch mit aller Kraft anzuschreiben versuchen.

Es kommt allerdings einem Mann zu, den Höhepunkt im Genre Bauchnabelbetrachtung zu setzen. Patrick Imhasly, Redaktor im vom Chefredaktor ausdrücklichgelobten Ressort Wissen, lässt den Leser am Schicksal seiner Familie teilhaben, die doch tatsächlich durch eine Corona-Infektion geschwächt wurde. Bedauerlicherweise zeigte der Nachwuchs kein grosses Interesse an solidarischer Mithilfe, bedauert Imhasly. Aber: «Dafür hat das heimtückische Virus meine Frau und mich noch mehr zusammengeschweisst.» Da wünschen wir eine weitere, lange Ehe, fragen uns aber, wieso ein Wissenschaftsredaktor von einem «heimtückischen Virus» faseln kann.

Dann eine weitere Doppelseite, auf der sozusagen das Schlechteste aller möglichen Welten zusammentrifft. Eine riesige Illustration voller unverständlich-raunender Symbolik. Und ein Text der «erfolgreichsten Krimiautorin der Schweiz», die schon andere Themen in der NZZaS vergeigt hat. Diesmal versucht sie einen Mord zu begreifen, der von seltener Abscheulichkeit ist. Welche Worte findet denn die Literatin? «Ein qualvoll langes Sterben, das sich niemand vorstellen kann, niemand vorstellen mag.»

In einem Pennäleraufsatz mag das vielleicht noch durchgehen, aber es gibt dann schon eine Tradition der Gerichtsberichterstattung, einen Gerhard Mauz, der ein Niveau vorlegte, das man nicht mutwillig so unterbieten darf. Mauz schrieb mit einer den Leser in den Bann ziehenden Anteilnahme, verstehend, nicht wertend, aber klar urteilend, von der Christine Brand etwa so weit entfernt ist wie Lukas Bärfuss von der Beherrschung der deutschen Sprache.

Dafür arbeitet sich die «Wirtschaft» an einem heiklen und interessanten Thema ab. Wieso sind die Exporte der Schweiz nach Russland, immerhin im Wert von rund 2,2 Milliarden Franken in diesem Jahr, nicht deutlich gesunken, nach den Sanktionen? Denn dieser Betrag entspricht ziemlich genau dem Vorjahr, dem Jahr vor dem Krieg.

Eine Bling-Bling-Uhr von dermassen ausgesuchter Geschmacklosigkeit versöhnt dann für einmal mit der Übergrösse des Fotos.

Und die Konkurrenz am Sonntag? Ach ja, welche Konkurrenz?

 

 

Aufrüstung mit Rafaela Roth

Man kann auch einen Vegetarier ins Schlachthaus schicken.

Einerseits mag das eine gute Idee sein. Auf der anderen Seite sind die Resultate eher vorhersehbar. Gelingen könnte das Experiment höchstens, wenn eine gute Schreibkraft aus dem Klischee was Besonderes macht.

Rafaela Roth ist in letzter Zeit eher durch verunglückte Stücke aufgefallen. Besonders peinlich war ein Jubelporträt über eine furchtbar wichtige und angeblich erfolgreiche Medienanwältin, die aber um die Publikation des Frauensolidaritätsstücks eine Klatsche nach der anderen, eine Niederlage vor Gericht nach der anderen einsteckte. Ohne dass Roth das in ihrem Zerrbild auch nur im Ansatz darstellte.

Nun muss ein Schlaumeier es eine gute Idee gefunden haben, Roth an die grösste Rüstungsmesse Europas zu schicken. Das könnte durchaus was Explosives werden. Es wird aber zum Rohrkrepierer, wenn Roth den Fehler vermeiden will, mit Abscheu über die Zurschaustellung von Mordinstrumenten zu schreiben. Denn es ist ihr durchaus bewusst, dass der Ukrainekrieg viele Pazifisten in Kriegsgurgeln verwandelt hat.

Auf der anderen Seite läge ihr eine Jubelarie über die «Eurosatory» natürlich fern; Begeisterung für neue Waffensysteme, Applaus für ordensbehängte schwarzafrikanische Militärs? Niemals. Was bleibt?

Der Versuch eines Mosaiks mit hingewürgtem Sauglattismus: «Krieg wird zunächst in Anzügen gemacht – und mit Jutebeuteln.» Oder: «Serviertablette mit Prosecco schaukeln aus dem weissblauen Pavillon hervor, Rheinmetall hat ein ganzes Gebäude zur Messe mitgebracht.» Ist das für den Leser hilfreich, sind das signifikative Beobachtungen, ergibt sich daraus ein Gesamtbild? Ach was.

Es braucht natürlich noch ein Leitmotiv durch den Artikel, am besten eine Person. Daher hat Hanspeter Fäh, «Organisator des Schweizer Pavillons», richtig Pech gehabt. Der wird gleich im ersten Satz kurz hingerichtet: ««Krieg, Krieg, weisst du, wo er beginnt, der Krieg?» Hanspeter Fähs Zunge ist schon etwas schwer. Es ist der Rotwein, es sind die langen Tage, die vielen Fragen., manchmal verliert er die Geduld.»

Die Schnapsdrossel kommt dann ab und an wieder im Text vor: «Hanspeter Fäh taucht seine Hand in eine Schüssel Hackfleisch. Jetzt muss alles klappen: Gehacktes und Hörnli, Fondue und asiatischer Nudelsalat

Da fehlt doch was, aber das wird als Schlusspointe, nun ja, als letzter Rohrkrepierer nachgereicht: «Selten sind die Antworten einfach. Hanspeter Fäh hat auch keine mehr. Er hat sich eine Zigarette angezündet und holt noch eine Flasche Wein. So als wäre dies auch eine Antwort. Er sieht, trotzdem, irgendwie zufrieden aus

Das kann man ohne Weiteres als Charaktermord bezeichnen. Nicht mit moderner Artillerie begangen, sondern mit Buchstaben. Fäh, der Süffel. Der sich fehlende Antworten schöntrinkt und mit schwerer Zunge Philosophisches zum Krieg von sich gibt. Weisheiten aus der Rotweinflasche.

Da Roth nicht sicher ist, was sie denn eigentlich von so einer Waffenverkaufsshow halten soll, darf, heutzutage, wo völliger Abscheu gegenüber Mordmaschinen eher ausser Mode gekommen ist, knöpft sie sich halt den Organisator des Schweizer Pavillons vor. Mal schauen, ob er diesen Beschuss überleben wird.

 

Strahlendes Porträt einer Geflopten

Schwärmen kann man bei der NZZaS. Immer wieder.

ZACKBUM gesteht: bei dieser Titelstory des aktuellen Magazins der NZZaS tippten wir als Autorin sofort auf Rafaela Roth. Und lagen daneben, es geht noch schlimmer.

Die ehemalige Mode- und Fashionredaktorin der «Annabelle» Andrea Bornhauser spürt dort nicht mehr neusten Trends nach, sondern versucht sich im ernsten Fach des Porträts. Nun ja.

Objekt der Anschmachtung ist Sanija Ameti, die Co-Präsidentin der «Operation Libero». Eine Frau, die ganz sicher nicht auf ihr Äusseres reduziert werden will. Bornhauser will sie aber liebend gerne auf eine Erfolgsstory reduzieren. Dabei macht sie den gleichen Fehler wie weiland Roth in ihrem völlig einseitigen und somit verunglückten Porträt einer angeblich unglaublich erfolgreichen Medienanwältin. Die aber dummerweise um die Publikation des Jubel- und Schmachtartikels herum eine Klatsche nach der anderen vor Gericht einfing. Sozusagen als Serienverliererin.

Alle Bildzitate aus «NZZ am Sonntag Magazin».

Das muss sich Bornhauser als Vorbild genommen haben, denn Pleiten, Pech und Pannen, die kommen in ihrem Porträt nicht vor. Schon gleich zum Stellenantritt bei «Libero» meldete sich Ameti mit der menschenfreundlichen Frage  zu Wort, ob wir als Mehrheit «in Kauf nehmen müssen, dass Menschen, die sich einer Impfung verweigern, ihre Mitmenschen gefährden, das Gesundheitssystem an den Anschlag bringen, Burn-outs beim Pflegepersonal und Schulschliessungen verursachen oder gar in einen Lockdown führen, welcher die Freiheit aller einschränkt». Nach dem Verursacherprinzip müssten diese Leute die wirtschaftlichen Schäden tragen

Dass sie damit zeigte, dass sie das Solidaritätsprinzip einer obligatorischen Gesundheitsversicherung nicht kapiert hat, was soll’s. Es gab sogar mehr Gesprächsstoff ab als ihre selbstverliebte Inszenierung in der SI. Lasziv mit rotgeschminkten Lippen und dicker Zigarre in der Hand. Aber bitte, liebe männlichen Leser, nicht zum Schwein werden und die Frau als Sexobjekt missverstehen.

Auch in der SI gab sie Vollgas mit der Selbstdarstellung.

Von ähnlich schwüler Tonlage sind auch die Fotos im Magazin der NZZaS. Besonders putzig ist die Bildlegende, dass sich Ameti auf Inszenierung verstehen würde – in einer mehr als inszenierten Fotoserie ausgedrückt.

Bei der Inszenierung stört der Kopf nur …

Aber bitte, es geht doch nicht etwa um Äusserliches, auf die Inhalte kommt es an. Also, da wäre mal die Forderung nach Selbstbezahlen von angeblich Selbstverschuldetem.

Im Jubelartikel geht’s ganz anders zur Sache: «Die Schweizer Politik hat Sanija Ameti ein romantisches Wochenende in Rom vermiest.» Schon der Einstieg gibt die Stimmlage des anhimmelnden hohen C vor.

«Die politische Aktivistin mit dem Inszenierungswillen einer Influencerin ist in der Presse kaum zu übersehen. Sanija Ameti provokant mit Zigarre im Mund, im Coca-Cola-T-Shirt, wie sie sich auf ihrem Designersofa räkelt.»

Hoppla, jetzt sind wir doch schon wieder in der Beschreibung von Äusserlichkeiten gelandet. Worum geht es ihr denn nun? «Sie sieht sich als eine Art moderner Laokoon, der einst die Trojaner vor dem Untergang retten wollte. «Ich möchte die Leute aufklären. Wer soll es sonst tun?»»

Vorne Ameti, hinten Laocoon.

Nun ja, mit oberflächlichen Kenntnissen der griechischen Sagen mag man das so formulieren. Gut ist auch immer die Frage nach Idolen. Die ist originell und die Befragte antwortet ganz spontan, als wäre es das erste Mal: «Sanija Ameti nennt alt Bundesrätin Elisabeth Kopp, weil sie für ihre Überzeugung eingestanden sei, auch wenn es nicht der Meinung ihrer Partei entsprach. Und Winston Churchill. Mit dem britischen Premierminister verbindet die Politikerin nicht nur die Vorliebe für Romeo-y-Julieta-Zigarren, die sie sich einmal im Monat und nicht nur fürs Foto gönnt, sondern auch die Vision eines vereinigten Europas.»

Wir laufen in die Zielgerade ein

Dann hätten wir’s ja fast, es fehlt nur noch der szenische Ausstieg. Es ist Zeit aufzubrechen, die Wahlfeier der Zürcher Grünliberalen beginnt gleich. Im Tram auf dem Weg ins «Terrasse» am Bellevue gesteht Ameti, dass sie Events nicht besonders mag.

Ein überraschendes Geständnis, wie süss. Als die beiden bei der Wahlfeier ankommen, macht sich Bornhauser noch so ihre tiefen Gedanken: «Inmitten der Parteikollegen wirkt sie fast ein wenig verloren. Während sie auf dem politischen Parkett regelmässig in den beast mode schaltet, scheint sie sich zurück in ihre Badewanne zu wünschen.»

Der Lohn der ganzen Mühe

411 Treffer verzeichnet die Mediendatenbank SMD in den letzten sechs Monaten für Ameti. Das ist zwar noch nicht in der Liga Molina (1658), Glättli (1665) oder Wermuth (2803). Aber sie ist gut unterwegs.

Allerdings neigt sie doch, wie bei ihren markigen Aussagen zur Pandemie und einem «differenzierten Impfzwang», auch sonst dazu, etwas viel Gas zu geben. Eine Todesanzeige zum «Gedenken an das Rahmenabkommen»? Kam angesichts der Ukraine nicht wirklich gut an. Die «Europa-Initiative»? Mit grossem Tamtam angekündigt, dabei gibt es weder Text noch Verbündete. Mitinitiator Balthasar Glättli hat inzwischen Besseres zu tun, selbst ihre eigene grünliberale Partei steht nicht mehr hinter diesem Flop.

Aber all das hat in einem Jubelporträt einer Moderedaktorin natürlich ungefähr so viel Platz wie die Erwähnung seines Verhältnisses zu Kindern in einer Würdigung auf Michael Jackson. Allerdings: die NZZaS hat nun doch ein Problem. Denn ihre Leser erwarten schon, dass es im Niveau, in der Darstellung und in der Qualität spürbare Unterschiede zu «Bravo», «Annabelle» oder SI gibt. Womit nichts gegen diese Zeitschriften gesagt sein soll.

Das Zielpublikum ist einfach etwas verschieden. Es gibt das Jubel-Hudel-Porträt der intellektuell etwas tiefergelegten Organe. Wie das mal visuell am Beispiel der «Schweizer Illustrierten» auf den Punkt gebracht wurde. Deren Porträtexte seien so wie die dazugestellten Fotos. Und die sähen so aus: Vorne hell, hinten hell, und in der Mitte lacht’s. Auch wenn hier in der Mitte ein leuchtend rot geschminkter Mund nicht lacht: das Prinzip ist das gleiche.

Leider auch das Prinzip, dass ein Porträt nicht mit einer Darstellung der Komplexität einer Person überladen werden sollte. Rückschläge, Flops, Niederlagen, Fragwürdiges, Widersprüchliches neben Strahlendem und Erfolgreichem? Das macht eigentlich jeden Menschen aus, macht ihn für den Leser fassbar, verständlich. Unkritische Lobhudelei und Oberflächenkosmetik hingegen wird von Fans goutiert, aber eigentlich weniger von erwachsenen Lesern. Die auf Wiederholungen zunehmend irritiert reagieren.

 

 

 

 

Wumms: Rena Zulauf

Nachhilfe für eine Anwältin: Wer sie als Rechtsvertreterin hat, muss sich warm anziehen.

RA Zulauf liegt mit ZACKBUM in diversen Rechtshändeln. Hier entstehen an Positivem ihre sicherlich beeindruckenden Honorarnoten. Sonst kommt aber nicht viel Nützliches heraus.

So wie das Bundesgericht Zulauf über banale Formvorschriften aufklären musste, erteilt ihr nun das Bezirksgericht Zürich Nachhilfeunterricht für Anfänger. Denn hier geriet sie ohne Not in das Problem, wer denn für ihre Zivilklage zuständig sei.

Sie verfasste eine weitschweifige, fünfseitige «Stellungnahme», die ihren Mandanten eine wohl ebenfalls fünfstellige Summe gekostet haben dürfte. Denn sie war vor den Einzelrichter gelangt, obwohl jeder Laie erkennen müsste, dass für ihre Zivilklage das Kollegialgericht zuständig wäre.

Nun hatte sie aber den falschen Pfad betreten und versuchte mit allen Kräften, das Schlimmste zu verhindern. Falls ein Einzelrichter nicht zuständig sein sollte, bat die Anwältin um Überweisung an das zuständige Gericht.

Schon wieder musste sie sich belehren lassen: «Eine Überweisung von Amtes wegen an das zuständige Gericht findet – entgegen den Ausführungen des Klägers – nicht statt.» Klatsch. Auf Deutsch: falschen Baum angebellt. Setzen, nach Hause gehen, nochmals antreten.

Oder wie das Bezirksgericht sec verfügt:

«Auf die Klage wird mangels sachlicher Zuständigkeit nicht eingetreten. Die Gerichtskosten werden der klagenden Partei auferlegt.»

Zudem muss sie der beklagten Partei (also ZACKBUM) eine Umtriebsentschädigung zahlen.

Das sind allerdings Peanuts im Vergleich dazu, was dieser Schuss in den Ofen ihren Mandanten an Honoraren bislang gekostet hat. Der litt schon andernorts unter der eklatanten Rechtsunkenntnis seiner Anwältin, worüber er draussen vor der Türe auf einem unbequemen Bänkli reichlich Zeit zum Nachdenken fand.

Die Liste der Klatschen ist lang und länger. Für ihre Mandantin Jolanda Spiess-Hegglin kassierte Rechtsanwältin Zulauf sicherlich erkleckliche Honorare – und Niederlagen. Über eine Buchveröffentlichung stritt sie bis vors Bundesgericht.

Das im ersten Anlauf auf eine schludrig abgefasste, nicht mal die Voraussetzungen erfüllende Berufungsschrift gar nicht eintrat – Höchststrafe in Anwaltskreisen.

Auch für ihre Mandantin Patricia Laeri klagte sie gleich zweimal gegen «Inside Paradeplatz». Damit machte sie nicht nur zwei Gerichte ranzig, die sich zähneknirschend für vorläufig zuständig erklärten. Denn die Justiz will natürlich unbedingt vermeiden, dass zwei Spruchkörper zwei verschiedene Urteile in gleicher Sache fällen. Zudem kassierte sie mit ihrer Forderung nach einer superprovisorischen Verfügung gegen einen Artikel gleich zwei Klatschen: abgeschmettert.

Das alles hinderte die NZZaS-Journalistin Rafaela Roth nicht daran, einen weiblich-solidarischen Jubelartikel über eine der angeblich «geschicktesten Medienanwältinnen der Schweiz» zu verbrechen. Solches Ausblenden der Realität findet normalerweise nur in der Staatspresse Russlands oder Chinas statt.

Wenn es Gerechtigkeit in dieser Welt gibt, sollten nun zwei Dinge passieren. Roth schreibt einen korrigierenden Artikel. Zweitens: nicht nur dieser Mandant, sondern auch ein paar andere suchen sich eine kompetentere Rechtsvertretung