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Protestfrauen: mitgegangen, mitgefangen …

Unterwegs wie Lemminge: jetzt kommt das grosse Fragen und Zweifeln.

Der moderne Kampffeminismus hat ein paar gröbere Probleme. Er vergewaltigt die Geschlechterfrage, moderndeutsch Gender, zur Allzweckwaffe im Kampf um Positionen, Vorteile und Denunziationen.

Spätestens seit #metoo, aber auch schon vorher wusste jeder männliche Vorgesetzte, dass jede Art von Kritik – so sachlich und berechtigt sie auch sein mag –  an einer weiblichen Untergebenen ohne Umwege in Teufels Küche führen kann.

Diskriminierung, Chauvinismus, Frauenfeindlichkeit, männliche Arroganz sind noch die harmloseren Waffen. Die Atombombe sozusagen ist die Beschuldigung, sexuell belästigt worden zu sein. Sei das auch nur verbal, sei das auch nur im Empfinden der Frau so.

Berechtigte Forderungen gesteigert in Nonsens

Also beispielsweise die Frage ins Homeoffice an die Mitarbeiterin: «Warum kommst du nicht rein?», gemeint ist in ein Archiv oder ein Co-Working-Tool, kann problemlos als anzüglich, als diskriminierend kritisiert werden, weil das doch sicher als Anspielung auf angeblich mangelnde technische Fertigkeiten von Frauen gemeint sei.

So bis zum Nonsens gesteigert, reissen diese jüngeren Feministinnen ein, was ihre Vorgängerinnen mühsam und kämpferisch aufgebaut haben. Schlichtweg mit Forderungen nach Gleichbehandlung, nach Lohngleichheit, nach gleichen Rechten. Aber nicht als Mimosenwettkampf.

Alice Schwarzer, die grosse alte Dame des deutschen Feminismus, die für die Sache der Frau mehr getan hat als all ihrer Kritikerinnen hier in der Schweiz zusammen, setzte sich zum Beispiel bedingungslos für das Verhüllungsverbot ein, weil der Tschador, die Burka, der Nikap Fanale für die frauenfeindliche und mittelalterliche Ausprägung des islamischen Fundamentalismus ist.

Dagegen schrieben sich bei Tamedia sowohl Männlein wie Weiblein die Finger wund, dass man das ja nicht annehmen dürfe, das sei ein Anschlag auf die Grundrechte der Frau, das sei letztlich wieder ein Ausdruck der männlich dominierten Gesellschaft, die Frauen Vorschriften machen will.

Der Jungfeminismus ist häufig schlichtweg dumm

Das ist das zweite Problem des Jungfeminismus: er ist schlichtwegs in vielen Äusserungsformen dumm. Er hebt schnell ins Absurde ab, wenn er aus jeder noch so harmlosen Bemerkung einen frauenfeindlichen Unterton herausfühlen will. Und zu allem zu ist er noch von einer tiefen Humorlosigkeit geprägt, was Fanatiker immer auszeichnet.

Ganz anders sieht das die grosse alte Dame des Schweizer Qualitätsjournalismus. Margrit Sprecher beginnt ihre Antwort mit der fröhlichen Feststellung, dass sie über meine Zeilen herzlich lachen musste. Um dann weise zu sagen:

«Seltsam ist ja, dass nicht nur im Tagi, sondern auch beim Spiegel und in der NZZ plötzlich öffentlich über Machos und deren Führungsstil geklagt wird.  Nun gab es auf Redaktions-Chefetagen schon immer viele aufgeplusterte Egos. Doch seit sich die wirtschaftliche Lage derart verschlechtert hat, leben sie hemmungslos ihre Chef-Macht aus. Meine Vermutung: Nicht nur die Frauen leiden unter dem ruppig gewordenen Stil, auch empfindsamere Männer. Nur: Unter welchem Sammelbegriff sollen sie sich outen?»

Das ist das dritte Problem des pubertierenden Feminismus. Frauen sind Opfer, Männer sind Täter. Frauen können eigentlich niemals Täter werden, Männer niemals Opfer. Der weibliche Chef, der seinen männlichen Untergebenen quält? Ein Fantasma von sich verzweifelt wehrenden Chauvinisten.

Warum alle für sexuelle Belästigung zuständigen internen Meldestellen umgehen?

Das vierte und letzte Problem, das höchstwahrscheinlich den protestierenden Frauen bei Tamedia gröbere Schwierigkeiten machen wird, abgesehen davon, dass bislang keine einzige ihrer Behauptungen belegt oder verifiziert ist: Es gibt bei Tamedia, wie eigentlich in fast jedem modernen Unternehmen, Human Resources, Anlaufstellen für jede Art von Beschwerde. Und natürlich eine firmeninterne Meldestelle für sexuelle Belästigung oder Mobbing.

Aber laut Marco Boselli, Mitglied der Geschäftsleitung, wurde diese Stelle im ganzen Jahr 2020, was ja laut dem Protestschreiben ein weiteres Höllenjahr für Frauen bei Tamedia gewesen sein soll, genau nullmal kontaktiert. Null. Wenn nun die 61 Beispiele, die im Protestschreiben aufgeführt werden, nur ein kleiner symbolischer Ausschnit aus der männerdominierte, sexistischen, Frauen abwertenden, unerträglichen Firmenkultur sein sollen, wie ist das zu erklären?

Auf dem dafür eingerichteten Weg, auf dem solche Probleme intern, auch anonym gemeldet werden können, ging keine einzige Beschwerde ein. Aber stattdessen dieses Protestschreiben an Geschäftsleitung und Chefredaktion. Dann die Weitergabe an die Medien, um mehr Druck aufzubauen. Aus Mangel an Vertrauen in die internen Abläufe? Die ewiggleiche, uralte Ausrede.

Das stinkt nach Kalkül, nach Kampagne

Aber: eine Aktion, bei der die dafür vorgesehenen Kanäle umgangen werden, begründungslos, sondern man (und frau) sich lieber direkt an die Öffentlichkeit begibt und kräftig Erregungsbewirtschaftung betreibt, riecht immer zehn Meilen gegen den Wind übel. Ganz übel. Nach Kalkül, Kampagne, Arbeitsplatzsicherung der besonderen Art.

Dazu passt auch perfekt ins Bild, dass die Unterzeichner in dunkelsten Farben wahre Abgründe männlich dominierter Arbeitsatmosphäre malen, eine Unzahl von nichtssagenden, unbewiesenen, nicht verifizierbaren Anschuldigungen dazustellen – und dann eisern schweigen. Auf Anfragen von innen und von aussen.

Natürlich sind nicht alle Frauen mit Arbeitserfahrung beim Tamedia mit diesem Schreckensbild einverstanden. Natürlich fragen sich nun in der Wagenburg der gemeinsamen Unterzeichnung gefangene Frauen, die mit der Veröffentlichung weder einverstanden sind, noch vorher um ihr Einverständnis gefragt wurden, wie sie aus dieser Nummer wieder rauskommen. um nicht als Lemminge zu enden.

Das Ende einer Frauenbewegung?

Leider gilt da, auch bei diesen Kämpferinnen für Anstand und Höflichkeit: mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen. Und Schnauze, Mädels, ihr wollt doch wohl unserer Sache nicht in den Rücken fallen?