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WeWo wieder widerlich

Gegen den Strom führt auch in ganz trübe Gewässer, in die Kloake.

Es ist eine Ausgabe, die bereits mit dem Cover den Adrenalinspiegel steigen lässt. Man erkennt die Absicht und ist verstimmt. Man kann über Israels Premierminister, den nur sein Amt vor dem Knast schützt und der versuchte, der Strafe durch eine «Justizreform» zu entgehen, vieles sagen. Man kann ihn im Rahmen der Meinungsfreiheit auch als «Titan aus Jerusalem» bezeichnen. Aber er ist ganz sicher und unter keinen Auspizien «der bedeutendste Staatsmann unserer Zeit». Es macht weder Sinn, auf das Geschreibsel eines Francis Pike einzugehen, noch die lange Liste seiner Verfehlungen mehr als stichwortartig zu verwenden. Seine Hetze gegen die Friedenspolitik des dann ermordeten Jitzchak Rabin. Die Aufhebung des Baustopps für illegale israelische Siedlungen im Westjordanland. Der Verlust des Amts als Ministerpräsident 1999, schon damals wegen Korruptionsvorwürfen. Seine absurden Thesen zu Hitlers Plänen mit den Juden.

Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Netanyahus Positionen und Politik eine bedeutende Rolle bei der heutigen verfahrenen Situation spielen. Den Gazastreifen in Schutt und Asche legen, auch das wird garantiert nicht die Basis für eine mittelfristige Lösung des Palästinenserproblems sein. Die Zustimmung zur Politik dieses «bedeutendsten Staatsmanns» unter Israels Bevölkerung ist ins Bodenlose gefallen.

Autor Pike führt als grössten Erfolg Netanyahus dessen Wirtschaftspolitik an. Nun, in Sachen Selbstbereicherung hat die gut geklappt. Aber wenn es ein Wirtschaftswunder in Israel gab (und wenn er ursächlich daran beteiligt wäre), dann pulverisiert sich das gerade durch die Kriegskosten und -kollateralschäden.

Prognosen sind immer schwierig, aber vielleicht wird Netanyahu mal in die Geschichte eingehen als der israelische Ministerpräsident, der fast zum Totengräber Israels geworden wäre. Dagegen behauptet Pike: «Wir sollten daher dankbar sein, dass Netanjahu entschlossen ist, die Hamas zu vernichten

Vielleicht könnte die «Weltwoche», immer schön gegen den Strom, stattdessen mal einen Augenzeugenbericht veröffentlichen, wie es bei der Vernichtung der Hamas der Zivilbevölkerung im Gazastreifen so geht. Die stoische Beschreibung des täglichen Grauens ist allerdings nur etwas für starke Nerven.

Dann glaubt Roger Köppel auch noch «an Deutschland» und spricht darüber ausgerechnet am Friedrich-Engels-Ring in Neubrandenburg. Zuvor hatte er allerdings noch Zeit, ein paar seiner manchmal berüchtigten Interviews zu führen. Eines mit Serbiens Präsident Vucic, eines mit «Kardinal Koch über die ewig faszinierende Botschaft des Christentums». Man fragt sich, wann der altersfrömmelnde Vielleser Köppel endlich mal Zeit findet, Deschners «Kriminalgeschichte des Christentums» (die letzten Bände reichen) oder einen Antigottesbeweis von Kant zu lesen. Stattdessen lässt er unwidersprochen, schlimmer als Urs Gredig, salbadern: «Gott ist Liebe – und Vernunft». Da freuen sich aber die versammelten Opfer der Inquisition, der Kreuzzüge und alle in der Dritten Welt Zwangsbekehrten und Massakrierten göttlich. Und Galilei fragt sich, wo in seinem Fall eigentlich die Vernunft geblieben war; die Unvernunft einer «die Welt ist eine Scheibe»-Religion bekam er hautnah zu spüren.

Das frömmelnde Gequatsche ist zudem 32’000 A lang; keiner traut sich, dem Verleger, Chefredaktor und Besitzer Einhalt zu gebieten, wenn der Buchstabendurchfall hat.

Dann noch etwas Trump-Lob, natürlich «Gratulation, Ueli Maurer», ein Porträt des «Philosophen und Aktivisten» Martin Sellner, geschrieben von Urs Gredig unter dem Pseudonym Philipp Gut. «Danke, Amerika», auch das muss mal wieder sein, Tamara Wernli und Anabel Schunke und David Schärer bleiben uns natürlich nicht erspart, und selbst der unverwüstliche Hansi Leutenegger, der allerdings auch jeden Scheiss mitmacht, bekommt seinen Auftritt.

Gäbe es nicht «Literatur und Kunst» oder die Peanuts, man wüsste mal wieder nicht, wieso man die «Weltwoche» kaufen oder gar lesen sollte. Nr. 4, 2024. Wir merken uns: Von hier an kann’s nur bergauf gehen.

 

Geschützte Werkstatt

Auch nebelspalter.ch unterliegt dem Fluch der Mäzene.

Wer ein Polster von ein paar Millionen Franken einsammelt, um dann loszulegen, hat eine gewisse Narrenfreiheit. Das tut meistens nicht gut.

«TagesWoche», «Republik», «bajour», ein hübsches Polster verleitet zu allerlei Narreteien. Das gilt auch für nebelspalter.ch. Wie Verleger und Chefredaktor Markus Somm und Geschäftsführer Christian Keller im ersten grossen Interview auf persoenlich.com einräumen, muss nach 20 Monaten kräftig auf- und umgeräumt werden.

Wie auch ZACKBUM mehrfach bemängelte, waren hier nicht besonders Internet affine Herren in die Fänge eines Luftikus geraten, der ihnen nicht nur eine proprietäre CMS-Lösung aufs Auge drückte, sondern auch noch als Geschäftsführer und als Inserateverantwortlicher versagte.

Wir liessen die sogar mal von zwei Cracks analysieren und wären auf eine Reaktion aus dem Hause Nebelspalter gespannt gewesen, denn die Webseite war ein Desaster. Leider war da dann nix.

Einen eigenen Maschinenraum basteln, wie das auch die «Republik» tat, das ist bei einem ausreichenden Angebot von Open-Source-Programmen arroganter und teurer Wahnsinn. Eine harte Paywall hochzuziehen und an ihr festzuhalten, auch. Beinahe werbefrei erscheinen ebenfalls. Und schliesslich nicht auf den Namen Somm setzen, sondern ausgerechnet ein traditionelles Satire-Magazin im Print weiterzuführen und im Internet neu aufzustellen, das war auch Wahnsinn.

Im Interview bestätigen die zwei die von ZACKBUM schon im Mai genannte Zahl von rund 4000 Abonnenten. Das ist ein radikales Minderheitenprogramm, das keinesfalls dem Aufwand entspricht, der dafür betrieben wurde. Schon die Werbekampagne reihte sich in die untauglichen Versuche ein, Aufklärung für Corona zu betreiben oder gute Stimmung für das Milliarden-Subventionspaket für reiche Verlegerclans zu machen. Sie war ein Totalflop.

Zudem ist der nebelspalter.ch verschlossen wie eine Auster, wenn es um die Beantwortung von Fragen geht. Nach mehreren Versuchen hatte ZACKBUM aufgegeben.

Nun aber wird das grosse Aufräumen angekündigt. Die Payroll wurde bereits dramatisch verkleinert. Nun wird die Webseite neu aufgesetzt («wir werden alles neu machen»). Das bedeutet mit anderen Worten: Die Unsummen, die ins eigene CMS gesteckt wurden, waren rausgeschmissenes Geld. Der Hersteller des alten CMS, Geschäftsführer und Inserateverantwortliche musste gehen, taugliche und untaugliche Mitarbeiter ebenfalls.

Das wurde teilweise eher ruppig inszeniert; man hatte sowieso den Eindruck, dass sich vor allem Somm eher in einer geistigen Wagenburg befand und sowohl übel- wie gutmeinende Ratschläge abtropfen liess. Es soll zu eher chaotischen Szenen innerhalb der Redaktion gekommen sein, wie die berühmten Insider berichten.

Sicherlich rudert jedes Start-up am Anfang, sicherlich macht man Fehler, sicherlich kann man daraus lernen. Aber Start und Performance des Internet-Nebi waren bislang ein gigantischer Fehler. Dabei sind genügend Medienkenner an Bord. Aber Internet ist eben nicht das Gleiche wie Print, das mussten schon manche schmerzhaft merken.

Wenn man sich dann noch einen Auftritt und eine Paywall und ein CMS und eine Werbefreiheit aufschwatzen lässt, ohne sofort den Stecker beim Verantwortlichen zu ziehen, dafür die Payroll aufbläht, dann würde man normalerweise auf dem Friedhof der doch nicht so guten Ideen landen.

Aber aktuell zeigen gleich drei Beispiele, dass man als Untoter problemlos weiterleben kann. Wenn man zwar im Koma liegt, aber künstlich beatmet wird und immer wieder eine Geldspritze verpasst bekommt.

Es ist allerdings von aussen nach wie vor schwer zu entschieden, welcher der drei Versuche – «bajour», «Republik» oder nebelspalter.ch – der überflüssigste ist. «bajour», über das wir uns wirklich auch nicht mehr äussern wollen, ist sicherlich der peinlichste, inkompetenteste und irrelevanteste. Die «Republik» wird wohl dank Mäzenen, die schliesslich immer noch die leise Hoffnung haben, ihre Darlehen vielleicht mal wieder zurückzukriegen, weiterhin als Zombie durch die linke Glaubensblase wanken.

Nachdem nebelspalter.ch nach 20 Monaten einen veritablen Neustart versucht, ist immerhin eine gewisse, wenn auch verlangsamte Lernfähigkeit zu konstatieren. Allerdings: neben allen Formalien und Internetgebräuchen ist halt schon etwas anderes das Wichtigste bei jedem Medium. Der Inhalt, oder neudeutsch der Content.

Da ist nebelspalter.ch trotz gewaltigen Schreibanstrengungen von Somm und den wenigen verbleibenden Getreuen wie Feusi eher schwach auf der Brust. Gäbe es Philipp Gut nicht, der freundlicherweise gelegentlich einen Primeur und Aufreger dort deponiert, wäre der nebelspalter.ch kein einziges Mal in den übrigen Medien erwähnt worden. Sicher, denen passt die ganze Richtung nicht. Aber wenn ein Knaller produziert wird, müssen sie wohl oder übel darauf anspringen.

Dann wünschen wir gutes Gelingen beim Neustart. Und weisen diskret darauf hin, dass das in den mehr als zwei Jahren der Existenz von ZACKBUM noch nie nötig war. Wir haben ein völlig ausreichendes CMS mehr oder minder von der Stange. Wir haben einmal ein wenig Geld für ein Erscheinungsbild samt Logo ausgegeben. Und wir sind vor allem schlank aufgestellt. Deshalb gibt es hier keinen Grund, irgend etwas zu ändern oder zu verbessern. Ausser natürlich die Tippfähler.

Aber es gibt genügend Leser, die die uns genüsslich um die Ohren schlagen. Diesen Spass wollen wir denen doch nicht verderben.

Walder will Kleinholz machen

Ein Artikel, drei Klagen. Da ist einer ziemlich sauer.

«Goliath gegen David: Gleich mit einer dreifachen Klage gehen der Ringier-CEO und die Medienkonzerne Ringier sowie Ringier Axel Springer Schweiz gegen die Branchenplattform vor. Sie monieren eine Persönlichkeitsverletzung und unlauteren Wettbewerb.» Philipp Gut berichtete als Erster von einem frisch entbrannten Rechtsstreit.

Marc Walder, CEO Ringier, die Ringier AG in Zofingen und Ringier Axel Springer Schweiz klagen gegen Ursula Klein und gegen die Press Media AG, die den «Klein Report» herausgibt. Der «Mediendienst der Schweizer Kommunikationsbranche» publiziert normalerweise eher unauffällig vor sich hin.

Nun hat er aber mit dem Artikel «Ringier streicht Bootsausflug und verärgert einmal mehr die Pensionierten» höchsten Zorn beim Medienkonzern ausgelöst. Nicht etwa durch diesen Titel und die Meldung, mit der Streichung hatte CEO Walder eigentlich nichts zu tun. Aber Klein nahm das Thema zum Anlass, einige spitze Bemerkungen über Walders Privatleben zu machen. Daher wird wegen Persönlichkeitsverletzung und unlauterem Wettbewerb geklagt, die Löschung der Passagen über sein Intimleben und eine Genugtuung in der Höhe von 5000 Franken verlangt.

Gut referiert in seinem Artikel (hinter Bezahlschranke) ausführlich die Behauptungen Kleins. Das wollen wir wohlweislich unterlassen, denn auch eine Wiederholung oder ein Zitat schützt nicht davor, auch noch gleich eingeklagt zu werden, wenn der Zorn des Khans noch nicht verraucht ist. Im Original lässt sich der Artikel vom 27. Mai immer noch nachlesen. Das sei ihr in ihrer 35-jährigen Karriere noch nie passiert, lässt sich Klein zitieren: «Brennt bei denen die Hütte

Die Antwort darauf liegt wohl eher in einem anderen Kriegsschauplatz begraben. Denn Klein hatte mit Anlauf gegen das Medienarchiv SMD und Swissdox geklagt, an denen Ringier beteiligt ist – zusammen mit der TX Group und der SRG. Dabei behauptete Klein, dass dort ihre Artikel unter Verletzung ihres Copyrights gespeichert seien. Und da sie tatsächlich eine 35-jährige Karriere hinter sich hat, läpperte sich das gewaltig, sie wollte mal kurz so eine Million erstreiten.

Entsprechend teuer wurde der Prozess vor dem Handels- und dann auch noch vor dem Bundesgericht. Allerdings endete das zweimal mit einer empfindlichen Niederlage für Klein, die keine Million kassieren konnte und stattdessen auf happigen Anwalts- und Gerichtskosten sitzen blieb. Das mag ihren Furor gegen das Haus Ringier erklären. In einem Artikel, der eigentlich mit dem Privatleben von Walder nicht das geringste zu tun hat, ein paar saftige Anekdoten aus seiner Ehe zu erzählen, das war wohl auch nicht sehr geschickt.

Man sieht sich vor dem Friedensrichter, und dann wird wohl auch dieser Prozess seinen Gang durch die Instanzen antreten. Allerdings sieht es auch hier nicht wirklich gut aus für Klein.

 

Auf sie mit Gebrüll

«Club» hört sich nach Ledersessel und Diskussionskultur an. Das täuscht.

Der SRF-«Club» hatte aus aktuellem Anlass geladen. «Mediengesetz – die vierte Gewalt», hiess der etwas verunglückte Sendungstitel. Anwesend waren drei Gegner und drei Befürworter, schön austariert.

Screenshot SRF-Brüll-Club.

Allerdings wurde es nach kurzer Zeit mehr eine Frage der richtig eingesetzten verbalen Blutgrätsche, als eine erkenntnisfördernde Debatte. Heuchler Hansi Voigt warf sich mit seinen altbackenen Argumenten und der Forderung nach Transparenz (ausgerechnet) in die Debatte.

«Wer finanziert’s», fragte ausgerechnet Hansi Voigt.

Die beiden Gegner Philipp Gut und Markus Somm ereiferten sich auf ihre Art. Bei Somm ist das inzwischen auch körperlich wahrnehmbar. Während Gut immerhin relaxt im Sessel lümmelte, bewegte sich Somm relativ schnell auf die Stuhlkante zu und bewahrte mit schneidender Stimme die verbale Lufthoheit.

In Angriffshaltung: Markus Somm.

Eher Randfiguren waren Susanne Lebrument, im Komitee «Die Meinungsfreiheit», Anja Sciarra von «Prime News» und Medienprofessor Manuel Puppis.

Eher relaxt, aber kaum vom Wort zu trennen: Philipp Gut.

Abwesend war einmal mehr Barbara Lüthi, die lediglich Anmoderation und Schlusswort einigermassen professionell über die Rampe brachte. Dazwischen wurde ihr so oft über den Mund gefahren, dass die Sendung eigentlich Anlass für eine Beschwerde wegen Sexismus und Frauendiskriminierung böte.

Gesucht: abwesende Moderatorin Barbara Lüthi.

Wenn zwei Alphamännchen und ein Dampfplauderer aufeinandertreffen, wäre es doch das Mindeste, wenn die Moderatorin die Zügel im Griff behält und die Debatte kontrolliert. In ihrer Verzweiflung klopfte Lüthi aber an die Plexiglasscheibe, die sie von Gut trennte.

Klopf, klopf: so sieht Hilflosigkeit aus.

Das wurde zwar viral und zum Lachschlager, aber es ist wohl nur mit familiären Banden zu erklären, dass der «Club» nicht endlich mal wieder eine kompetente Moderation bekommt.

Wenn dir dein Produzent in die Fresse haut

Lustige Zustände bei Tamedia: Pelda berichtet, Dietziker  beckmessert.

Das muss man auf der Zunge zergehen lassen. Kurt Pelda ist unbestritten einer der besten Reporter der Schweiz. Im Nahen Osten überall im Einsatz, unter Lebensgefahr und mit beeindruckenden Reportagen. Ein profunder Kenner der Gegend und des Fundamentalismus. Zurzeit noch für Tamedia.

Jörg Dietziker ist ein mittelmässiger Produzent, seit Urzeiten bei Tamedia am Schreibtisch sitzend. Dort entweder die Entlassung oder die Frühpensionierung erwartend.

Nun hat Pelda, wie immer gut dokumentiert, einen ausführlichen Artikel über das üble Zusammenspiel zwischen Seenotrettern im Mittelmeer und Schlepperbanden geschrieben. Das ist nicht das erste Mal, dass diese mehr als anrüchige Komplizenschaft thematisiert wird.

 

Zusammen mit seinem Kollegen Ayoub Al Madani hat Pelda wieder einmal genügend Belege zusammengetragen: «Das Mittelmeer ist zum Massengrab geworden für Menschen, die nach Europa migrieren wollen. Das hält manche Hilfsorganisationen aber nicht davon ab, mit Menschenhändlern zusammenzuarbeiten.»

Inhaltlich gibt es am Artikel nichts zu meckern. Das konstatiert auch Dietziker einleitend: «Der Text von Pelda beginnt faktengerecht.» Da ist der Journalist sicher froh, dass ihm der Sesselfurzer aus der Produktion das zubilligt.

Geht mit dem Beckmesser auf die eigenen Leute los.

Aber das bleibt das letzte freundliche Wort von Dietziker. Von jetzt an haut er dem eigenen Tamedia-Mitarbeiter kräftig eins in die Fresse:

«Dann wird das Ganze zu einem unappetitlichen Mischmasch.»

Der Spezialist für Seenotrettungen Dietziker weiss nämlich: «Zudem ist die Verteufelung der Schlepper, auch wenn es darunter sehr zwielichtige Figuren hat, der falsche Ansatz.»

Dann kommt, so sicher wie der Furz nach dem Essen einer Zwiebel, der Nazivergleich. Denn Juden hätten schliesslich auch Schlepper geholfen, weiss Historiker Dietziker. Damit steht sein Urteil über «die EU, die Schweiz – und Herr Pelda» fest: alle drei «blenden in ihrer Geschichtsverleugnung solche Tatsachen gerne aus

Dann wird Dietziker noch ganz persönlich

Dieziker in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf; nun wird’s noch ganz schäbig und persönlich: «Der gute Herr Pelda füllt bald wieder die Lücke des schlechten (Philipp) Gut.» Das nennt man mal ein elegant gesetztes Bonmot. Aber Dietziker kann noch einen drauflegen: «Gut, der während seiner Zeit in Möppels Biotop der nützlichen Idioten mehrfach wegen übler Nachrede verurteilt wurde.»

Dass er nützlich sei, das hat Dietziker nun noch niemand vorgeworfen. ZACKBUM erinnert sich, dass der Produzent schon vor Jahren durch beklagenswerte Unfähigkeit auffiel. Aber deswegen wäre niemand auf die Idee gekommen, mit seinem Namen Schindluder zu treiben.

Hier erreicht der Wahnsinn im Hause Tamedia eine neue Qualität. Zumindest ist es ZACKBUM nicht bekannt, dass schon vorher einmal ein Produzent einem Reporter des eigenen Blatts dermassen und öffentlich über den Mund gefahren wäre.

Besonders putzig ist das Verwenden von völlig sachfremden Behauptungen, weil Dietziker immerhin intelligent genug ist, die Faktentreue und den Kenntnisstand von Pelda nicht anzuzweifeln.

Abmahnung oder gleich fristlose Entlassung?

Von all dem hat der Herr Produzent keine Ahnung, aber, wie es sich für das Haus Tamedia gehört, zu alldem eine Meinung. Die Verteufelung von Schleppern, die Hunderte, wenn nicht Tausende von Menschenleben auf dem Gewissen haben, sei der falsche Ansatz, donnert Dietziker. Also ist der richtige, sie anzuhimmeln? Das wäre wohl das Gegenteil von verteufeln.

Als wäre das nicht schon schräg genug, wirft er dann gleich der EU, der Schweiz und natürlich auch «Herrn Pelda» vor, sie blendeten etwas aus, was gar nie Thema war, und das sei dann «Geschichtsverleugung».

Das müsste eigentlich schon für eine strenge Abmahnung reichen. Dass er in einem verunglückten Wortspiel mit Namen dann noch drauflegt, dass Gut «jetzt PR-Berater» sei und «nach wie vor jenseits von … na ja, Sie wissen schon … und böse – genau wie der gute Pelda», das sollte eigentlich für eine fristlose Entlassung reichen.

Der Gründe gäbe es genug

Zunächst einmal, weil man von einem Produzenten doch erwarten könnte, dass er nicht an der deutschen Rechtschreibung scheitert, dieser bösen. Dann, weil es doch wohl nicht angehen kann, dass ein Mitarbeiter einen anderen öffentlich dermassen anpinkelt.

Hätte es faktische Fehler zu bemängeln gegeben, wäre das wohl ein Thema für eine interne Auseinandersetzung gewesen. Wie Dietziker aber einräumt, gibt es die nicht. Sondern er ledert einfach über einen Kollegen ab, weil ihm die Aussage dessen Artikels nicht passt. Dagegen kann Dietziker zwar keine Argumente anführen, das versucht er aber durch Polemik, Häme und furchtbar verhauene Sprachscherze zu ersetzen.

Sollte Tamedia in irgend einer Form noch Wert darauf legen, ernst genommen zu werden, kann so eine Illoyalität nicht geduldet werden. Natürlich wäre auch eine öffentliche Entschuldigung fällig, wenn jemand in diesem Saftladen noch etwas Rückgrat zeigen will.

Als Philipp Loser im Auftrag seines Herrn einen Konkurrenten und dessen Verlag madig machte und sich dafür entschuldigen musste, war das immerhin ein Versuch, einen Mitbewerber runterzuschreiben. Aber einen Kollegen?

Man stelle sich nur vor, dass Dietziker auch beim Produzieren von Texten dermassen nassforsch seine unqualifizierte Meinung reinmecht. Da muss doch jeder Tamedia-Schreiber echt Schiss kriegen, dass sein Werk diesem aufgeblasenen Rechthaber in die Hände fällt.

 

«Ist das so korrekt?»

Premiere im «Schweizer Journalist»: Der Chefredaktor verunglimpft einen Medienschaffenden

Und muss sich dafür im Blatt entschuldigen. Eine Nachlese.

 Am 10. Februar hatte David Sieber ein Problem. Der ziemlich neue Chefredaktor des «Schweizer Journalisten» hatte fast alle Artikel für die erste Nummer von 2020 zusammen. Ein Porträt über die Politikchefin beim Blick, eine Geschichte über eine Journalistin auf Weltreise und ein paar alte Kamellen über Beförderungen. Sachen, die in einem Branchenblatt halt so vorkommen. Was dem 57-Jährigen noch fehlte, war eine spannende Geschichte für das 15 Franken teure Heft.

Sieber setzte sich am Nachmittag des 10. Februars nochmals an den Rechner hin und schrieb eine E-Mail an Philipp Gut, Ex- stellvertretender Chefredaktor der Weltwoche. Er habe vernommen, so Sieber, dass der Grund für Guts Abgang bei der Weltwoche ein Verhältnis mit Köppels Sekretärin sei. «Ist das so korrekt?» Eine Deadline fehlte. Gut antwortet ihm am 13. Februar, um 12:41 Uhr: «kompletter Unsinn.»

Die Geschichte war klinisch gesehen also tot. Moralisch gesehen, schon früher. Niemand interessiert sich ernsthaft dafür, ob zum Beispiel die Mutter von David Sieber Sex mit dem Gärtner hatte oder nicht. Man nennt so etwas altmodisch «Privatsphäre».

Leider zu spät

Sieber antwortete Gut: «Danke. Leider sind Sie zu spät. Das Heft ist gedruckt, das Gerücht drin, inkl. Köppels Dementi.» In der Nummer 1/2020 frotzelte dann Sieber alias «Dr. Media» genüsslich, dass nicht nur Gut, sondern auch die Sekretärin entlassen worden seien. Der Haken: Die Sekretärin arbeitete zu diesem Zeitpunkt weiterhin bei der «Weltwoche».

Zackbum wollte von Sieber wissen, wann die Antwort von Gut hätte erscheinen müssen, um das Fiasko zu verhindern. Drei Stunden früher, so Sieber. Wahrscheinlich stimmt das auch nicht. Sieber hätte den Artikel verhindern können. Wie sehr er das wollte, ist eine andere Geschichte. Das Heft wurde erst am 14. Februar gedruckt. Sieber hätte den Artikel darum problemlos verhindern können, indem er die entsprechende Druckseite ausgewechselt hätte.

«Da ist mir der Gaul durchgegangen.»

Gut verlangte ein Dementi in der nächsten Nummer. Sieber realisierte langsam, dass er Blödsinn gemacht hat. «Da ist mir der Gaul durchgegangen», schreibt er Gut. In der nächsten Nummer erscheine das Dementi, verspricht er ihm. In der Nummer 2/2020 steht aber nichts. Sieber rechtfertigt sich gegenüber Gut. Wegen der «internationalisierten» Nummer von 2/2020 sei das Korrigenda nicht erschienen. «Ich hätte Sie informieren müssen, was mir leider unterging.»

Fake News sind überall

Gut hatte langsam die Faxen satt. Er wendet sich an den Presserat und nimmt einen Anwalt. Und nun geht alles plötzlich schnell. Man findet einen Kompromiss: Gut lässt die Beschwerde fallen, Sieber frisst dafür Kreide. In der Nummer 3/2020 entschuldigt er sich «in aller Form für die Falschmeldung».

Das Ganze wirft aber ein schiefes Licht auf den Chefredaktor des «Schweizer Journalisten» und ehemaliges Mitglied des Stiftungsratsausschusses des Schweizer Presserates. In einem Interview antwortete er auf die etwas dämliche Frage, ob Fake News eine Gefahr oder eine Chance für die Medien darstellten, mit «Eine Gefahr. Weil Medien immer mal wieder auch Fake-News-Lieferanten sind. Leider.» Ja, leider.