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Die Aue zur Gärtnerin gemacht

Familie Lebrument wird lustig.

Offensichtlich hat die Niederlage im Radiostreit gegen Roger Schawinski dem Haus nicht gutgetan. Um auch mal wieder positive Schlagzeilen zu generieren, hat Somedia eine Mitteilung in eigener Sache lanciert: «Als zweiter Verlag in der Schweiz» habe man nun eine Ombudsstelle.

Das soll eine direkte Anlaufstelle für Leser sein, wenn die zum Beispiel eine Beschwerde zum journalistischen Wirken des Medienhauses haben.

Ein Brauch, der im angelsächsischen Journalismus geboren wurde und auch bei deutschsprachigen Medien immer mehr um sich greift. Der Ombudsmann hat dabei die Aufgabe, diese Beschwerden ohne Nennung des Urhebers an die zuständigen Stellen weiterzuleiten und um Auskünfte oder Erklärungen zu bitten. Das wiederum wird veröffentlicht. Leser-Blattbindung, Anliegen ernst nehmen, unbürokratisch, Blabla.

Nun ist der Ombudsmann bei Somedia eine Ombudsfrau. Wäre sie ein Mann, hätte man dort den Bock zum Gärtner gemacht. Allerdings ist Susanne Lebrument eben eine Frau. Wer meint, vielleicht sei in Graubünden Lebrument halt ein häufiger Name, hat sich allerdings getäuscht.

Diese Lebrument stammt aus dem Lebrument-Clan und ist im Hauptberuf Vizepräsidentin und Delegierte des Verwaltungsrats von Somedia. Also völlig unparteiisch und unvoreingenommen. Wie sagt sie so richtig: «Viele Leserinnen und Leser kennen mich bereits seit vielen Jahren und vertrauen mir.»

Absolut, auch viele Leser hatten nicht den ganz grossen Löffel dabei, als der Herr Hirn vom Himmel regnen liess. Als erstes Mütterchen der völligen Unabhängigkeit und der unbeeindruckt-kritischen Haltung der Redaktionen darf Lebrument in einem Wohlfühl-Interview in «Die Südostschweiz» unwidersprochen sagen:

«Das Spezielle in einem Medienunternehmen ist, dass die Unabhängigkeit und die Eigenständigkeit der Redaktionen gewahrt werden. Nur so können sie professionell und unabhängig berichten. Wir bei Somedia sagen immer, die Redaktionen sind sankrosankt. Der Unternehmensführung würde es nie einfallen, inhaltliche Vorgaben zu machen. Denn Leserinnen und Leser merken schnell, wenn die Redaktionen irgendwo jemanden nach dem Mund reden.»

Das tun natürlich die Organe des Lebrument-Clans niemals. Nehmen wir nur die objektive Berichterstattung zum Bakom-Entscheid, dem «Radio Südostschweiz» keine Konzession mehr zu erteilen. Da weiss Pierina Hassler in der Print-«Südostschweiz»: «Tatsächlich reagierten viele Hörerinnen und Hörer mit Unverständnis auf den Konzessionsentzug – zum Beispiel mit entsprechenden Kommentaren in den sozialen Medien. Und nicht nur sie. Auch Politikerinnen und Politiker, Vertreter aus Wirtschaft, Sport und Kultur wollten sich in irgendeiner Weise für das «Radio vu do» einsetzen.»

Dafür sei auch gleich eine Petition mit Unterschriftensammlung gestartet worden. Die Initianten, «darunter bekannte Namen wie die Bündner Hockeylegende Renato Tosio, der Musiker und Musikproduzent Lou Zarra sowie der Sportarzt Beat Villiger, fordern, dass der Konzessionsentscheid des Bakom rückgängig gemacht wird».

Beeindruckend die Liste von Prominenten. Besonders Sportarzt Villiger (gerade 80 geworden, ZACKBUM gratuliert) zeigt, dass man auch noch im hohen Alter aktiv werden kann – und mal wieder in die Medien kommt. Welche Unterstützung erfährt eigentlich Schawinski mit seinem «Radio Alpin», der gewonnen hat? Das verrät uns «Die Südostschweiz» allerdings nicht. Ombudsfrau Lebrument, übernehmen Sie!

So nebenbei

Was im Medienlärm so untergeht: 400’000 Unterschriften.

Natürlich kann man hier von persönlicher Betroffenheit sprechen. Dann auch ZACKBUM-Redaktor René Zeyer, sonst nicht so Anhänger von öffentlichen Bekenntnissen, hat die Petition, die von der Emma-Herausgeberin Alice Schwarzer lanciert wurde, unterschrieben.

Inzwischen ist er damit einer von rund 400’000. Das ist durchaus eine beeindruckende Zahl. Während aber über jeden Pipifax von persönlicher Betroffenheit eines Redaktors langweilig und langfädig berichtet wird, ist dieser Unterschriftenrekord den Mainstream-Medien nicht mal eine Randnotiz wert.

Aschgrau.

Buebetrickli mit UKW?

Radiopionier Roger Schawinski feierte einen Etappensieg. Aber jetzt schlägt die Staatsbürokratie zurück.

Man soll einen alten Piraten nie unterschätzen. Im Alleingang brachte er eine Petition mit über 60’000 Unterschriften auf den Weg. Damit kippte Roger Schawinski die Absicht, in der Schweiz die Ausstrahlung per UKW demnächst abzustellen.

Das hatten die Beteiligten, also SRG, BAKOM und die Vereinigung der Privatradios, so untereinander abgekartet. Die Privatradios stimmten zu, weil ihnen dafür als Zückerchen erlassen wurde, sich nochmals um ihre Konzessionen bewerben zu müssen. Nur einer verweigerte damals sein Einverständnis. Na und, sagten sich die übrigen Privatradios, Schawinski lebt halt in der Vergangenheit, wir in der Zukunft.

Seither sangen sie das Hohelied der Abschaltung, die DAB-Technologie sei ein prima Ersatz dafür, zudem koste die Fortführung der UKW-Ausstrahlung ein Gewehr oder sogar zwei; der Präsident der Privatradiovereinigung sprach sogar von einem «mehrstelligen Millionenbetrag», der eingespart werden könnte.

Auf Nachfrage von ZACKBUM, wie er denn auf diese Zahl komme, drückte er aber auf die Räuspertaste und ging spontan in eine Sendepause. Unhöflich und inkompetent, auf eine Bitte um Stellungnahme nicht einmal mit einem «rauch’s dir» zu reagieren.

Viele gute Kräfte sind gegen eine UKW-Abschaltung

Die beiden ehemaligen Medienminister Moritz Leuenberger und Doris Leuthard, unter deren Regie die Abschaltung beschlossen worden war, schlugen sich hingegen auf die Seite Schawinskis und verlangten einen Marschhalt.

Denn Tatsache ist: DAB oder DAB+ ist kein sinnvoller Ersatz. Für diese Technologie spricht lediglich, dass sie mit Dutzenden von Steuermillionen gepusht wurde. Die bittere Wahrheit ist aber: UKW wird dereinst vom Internet-Empfang abgelöst werden. DAB+-Empfangsgeräte werden dann genauso zu Elektroschrott wie zuvor die DAB-Empfänger.

Nun schaffte es Schawinski, die beschlossene Abschaltung zumindest aufzuschieben. Ein Triumph, aber so schnell geben sich Beamte natürlich nicht geschlagen. Schliesslich hat das für Konzessionen zuständige Bakom jahrelang in Abstimmung mit der SRG diese DAB-Technologie promotet – inzwischen in ganz Europa alleine auf weiter Flur.

Nun versucht es das Bakom offenbar mit einem Buebetrickli. Wie Schawinski auffiel, fehlt in der Vernehmlassung für das neue Konzessions-Konzept für Privatradios ein entscheidender Punkt: die Erwähnung der Verbreitungstechnologien.

Immer noch im Kämpfermodus: Roger Schawinski.

Auf Deutsch und auf Nachfrage räumt das Bakom ein, dass es neuerdings ab Anfang 2025 UKW nicht mehr geben soll. Punkt. Warum? Darum.

Obwohl kaum die Hälfte aller Autos in der Schweiz mit DAB-Empfängern ausgerüstet sind, obwohl es noch mindestens sieben Jahre dauern wird, bis für die Verkehrssicherheit nötige 90 Prozent DAB empfangen könnten.

Es gibt einen peinlichen Grund für dieses Verhalten

Der einzige Grund für dieses Buebetrickli liegt auf der Hand. Würde das Bakom, wie es vernünftig wäre, die Abschaltung von UKW flexibel so handhaben, dass sie erst erfolgt, wenn eine allgemein verwendete Ersatztechnologie vorhanden ist, dann würde das bedeuten, dass diese via 5G und VoIP erfolgt. Nicht mehr über DAB+.

Das wiederum würde bedeuten, dass zum zweiten Mal alle Käufer solcher Empfangsgeräte Elektroschrott entsorgen dürften. Und das wiederum würde offenkundig machen, dass sich das Bakom, zusammen mit der SRG, einen multimillionenteuren Flop geleistet hat.

Obwohl dafür kein einziger Sesselfurzer persönlich zur Verantwortung gezogen würde: das mag der Beamte nicht. Das würde an seiner Selbsteinschätzung kratzen, dass er vielleicht nicht der Schnellste und Hellste ist, aber dafür korrekt, akkurat und verantwortungsvoll. Keinesfalls ein Verschwender von Steuergeldern und keinesfalls der Schuldige dafür, dass Millionen von Empfangsgeräten entsorgt werden müssen.

Nach der gewonnenen Schlacht ist vor der nächsten

Schawinski muss schon wieder zur Attacke blasen, denn: «Eine inhaltliche Begründung» für die Abschaltung 2025 lieferte das Bakom nicht.

«Damit aber will sich das zuständige Bundesamt schon wieder in die Büsche schlagen. Zuerst taten sie das mit dem Hinweis auf eine «Branchenvereinbarung», die dann grandios kollabierte. Jetzt im Hinblick auf die Neukonzessionierungen.»

«Dagegen gilt es nochmals anzutreten», ruft Schawinski auf persoenlich.com zum neuerlichen Gefecht.

Wofür sind die Mainstream-Medien eigentlich noch gut?

Immer fragwürdiger wird hier die Informationspolitik der grossen Verlegerclans. Vor allem Wanners CH Media verfügt über eine nette Kollektion privater Radio-Stationen. Nach einer eher unglücklichen Intervention von Wanner Junior herrscht hier Schweigen. Schawinski, Petition, Verschiebung des ursprünglich beschlossenen Termins zur Abschaltung?  Ach, war da was?

Schlimmer noch: Das Referendum gegen das verabschiedete Mediengesetz ist zustande gekommen.

Die Agentur SDA waltete ihres Amtes und machte eine Meldung daraus. Alle grossen Medienkonzerne der Schweiz beziehen ihre Artikel von der SDA. Hier handelt es sich zudem um ein Thema, das sie unmittelbar betrifft. Schliesslich sollen ihnen eine Milliarde Steuerfranken zugehalten werden. Darüber muss nun im Februar 2022 abgestimmt werden. Aber: Schweigen im Blätterwald. Vierte Gewalt, Informationsauftrag, wichtig, seriös, Qualität? Pipifax.

UKW als Nostalgie-Funk. Hätte CH Media gerne.

 

Zwei «Radioexperten» im Interview

Tamedia kommt seiner Berichterstatterpflicht nach. Aber oberlausig.

Man sollte alle Seiten zu Wort kommen lassen. Gutes journalistisches Prinzip. Dafür sollte einer sorgen, der sich mit dem Thema bereits auskennt. Gutes journalistisches Prinzip. Offenbar hat bei Tamedia Sandro Benini das Dossier UKW gefasst.

Er startete auch ziemlich fulmimant in diese Thematik, indem er ein durchaus ausgewogenes Stück vorlegte, um dem Leser die verschiedenen Positionen in der UKW-Debatte näherzubringen. Also eigentlich gibt es da nur zwei. Diejenigen, die für eine Abschaltung der UKW-Ausstrahlung in der Schweiz sind – und diejenigen, die dagegen sind.

Also eigentlich alle dafür – und einer dagegen. Das ist aber nicht irgendwer, sondern Roger Schawinski. Der hat nach nur kurzer Zeit ein Etappenziel erreicht. Überhebliche Häme gegen ihn ist weitgehend verstummt. Die Zeiten von «nostalgischer alter Mann, der am liebsten Faxe liest und im letzten Jahrhundert steckengeblieben ist», die sind vorbei. Auch die Zeiten von «will’s halt noch mal wissen, so mit 75».

Inzwischen hat die von ihm lancierte Petition – ohne dass er gross die Werbetrommel gerührt hätte – schon über 35’000 Unterschriften erreicht. Politiker, immer gerne dabei, wenn man auf einen fahrenden Zug aufspringen kann, schauen nicht mehr zu, sondern lancieren ihrerseits parlamentarische Vorstösse, um die geplante Abschaltung der UKW-Übertragung zu stoppen.

Schawinski diskutiert mit jedem – hier mit Nick Lüthi im «Talk täglich».

Neben einigen Argumenten und seiner Energie hat Schawinski noch einen weiteren Vorteil. Er kämpft mit offenem Visier – und stellt sich jeder Diskussion. Natürlich lud er sofort Benini in seinen «Doppelpunkt» ein, danach den wohl kompetentesten Befürworter von DAB+. So entsteht Meinungsbildung, offene Debatte, Schlagabtausch, fair und direkt.

Natürlich null repräsentativ, aber das war dann das Ergebnis der üblichen Zuschauerumfrage von «Tag täglich»:

Ein wenig kläglich für die Befürworter.

Aber die anderen sehen das anders

Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um bedauernd festzustellen, dass das bei Tamedia nicht genauso gesehen wird. CH Media, nach einem sehr verunglückten Auftritt des Wanner-Sprösslings, der für das zusammengekaufte Privatradio-Imperium – noch – zuständig ist, gibt man dort Ruhe und leckt sich die Wunden.

Aber Benini kam sicherlich von selbst auf die Idee, ein Doppelinterview mit diesem Titel zu machen: «Nichts spricht für UKW», und «so kontern Schawinskis Gegner». Ein Konter hat immer dann gute Erfolgsaussichten, wenn der Gegner sich nicht wehren kann. Weil er nicht gefragt wird. Hilfreich ist auch, wenn der Interviewer mehr Stichwortgeber als zumindest Kontrahent ist. Und schliesslich hilft es auch, wenn Herkunft, Interessensbindungen und Abhängigkeiten der beiden «Radioexperten», die immerhin eine Seite eingeräumt bekommen, nur verschwommen offengelegt werden.

Der eine «Experte» ist Iso Rechsteiner. Dem Leser vorgestellt als «ehemaliger SRG-Kommunikationschef und heute in der Radiobranche als Berater und Koordinator tätig». Nun ja, dem Leser hätte vielleicht geholfen, wenn man seine Position als Partner der PR-Bude «Kommunikationsplan» erwähnt hätte. Zu deren Kunden gehören, neben dem BAG zum Beispiel, auch SRG und SRF. Aber das tut Rechsteiners Objektivität und Kompetenz als «Radioexperte» keinen Abbruch. Sicher weiss er, wie er bei einem Radioapparat den Ein/Aus-Schalter bedienen kann.

ZACKBUM hat die verschiedenen Rollen Rechsteiners bereits beleuchtet: «Das Geschäftsmodell Iso Rechsteiner».  Dazu gehört auch, dass er immer zur Stelle ist, wenn es darum geht, ein Problem kommunikativ zu vergrössern. Wie bei der Affäre um die Mobbingvorwürfe am Bundesstrafgericht in Bellinzona. Da war ein «Kommunikationsberater» zu Gange, dessen Namen zunächst ums Verrecken nicht herausgerückt werden sollte. Denn Iso Rechsteiner, so der Name, war bereits von der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft mandatiert. Und beides zusammen geht nicht. Genau, meinte Rechsteiner, gleichzeitig mache er da nix. Aber am Vormittag das eine, am Nachmittag das andere, wieso nicht.

Zwei völlig objektive Radioexperten kommen zu Wort

Also dieser «Radioexperte» ist in erster Linie Meinungsbüttel, Mietmaul, dabei nicht mal sonderlich erfolgreich. Der zweite «Radioexperte» ist Jürg Bachmann. In wahren Leben ist er Präsident von KS, des ältesten Verbandes der Werbebranche der Schweiz. Und auch schon seit 15 Jahren Präsident des Verbandes Schweizer Privatradios. Das macht ihn sicherlich ein wenig zum «Radioexperten». Aber in erster Linie zum parteiischen Vertreter dieses Verbandes, der bekanntlich sich seine Zustimmung zur Abschaltung der UKW-Stationen mit einer stillschweigenden Vergabe und Verlängerung der Radiolizenzen erkaufen liess.

Wie er allerdings ohne rot zu werden im Interview sagen kann:

«Wir haben es hier mit einem frei getroffenen unternehmerischen Entscheid der Radiobranche zu tun»,

das ist mindestens so erstaunlich wie dass es ihm Benini durchgehen lässt. Denn der Entscheid war weder frei, noch unternehmerisch. Er war schlichtweg eine arschkalte Interessensabwägung. Und da weder Rechsteiner noch Bachmann ein besonders emotionale Verhältnis zum Radiomachen haben, waren und sind ihnen alle andere Implikationen völlig egal.

Die guten alten Zeiten …

Deshalb versuchen sie auch, wie alle anderen Gegner von Schawinski, ihn als nostalgischen, emotionalen, aus der Zeit gefallenen Berserker auf Egotrip zu diskreditieren. Aber unabhängig davon, ob er recht hat oder nicht, ob man seine Art mag oder nicht: in den heutigen Zeiten der emotionslosen, verantwortungslosen, nur profitgesteuerten grauen Mäusen in Nadelstreifen ist Schawinski schon alleine deswegen ein Lichtblick, weil er mit Herzblut Radiomacher war und ist.

Daher ist es überhaupt nicht ausgemacht, wie alle Gegner nicht müde werden zu betonen, dass dieser Entscheid so stehenbleibt. Was den grauen Mäusen – das ist ja das wirklich Aschgraue – völlig egal wäre. Wenn nicht so, dann halt anders, solange Subventionen sprudeln und die Einnahmen stimmen, würden die auch wieder auf Mittelwelle senden.

So wurde damals UKW gehört …

UKW: ohne uns

Jammern, betteln, feuern. Alltagsnews aus den Medien. Dann tut einer was – und Schweigen herrscht.

Der Mann ist 75 und muss in einen Jungbrunnen gesprungen sein. Man mag ihn mögen oder sich an ihm reiben: Energie hat Roger Schawinski für zwei. Nach Abstechern in alle Formen von Multiplikatoren ist er seit einiger Zeit zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und macht das, was er wie kein Zweiter kann: Radio.

In seinem Element: Roger Schawinski.

Gegen «Radio 1» senden die übrigen Privatradios Dudelfunk mit unsäglich flachwelligen Wortbeiträgen. Schawinski hat dagegen das Talk Radio in die Schweiz geholt. Zunächst fünf Mal die Woche, nun noch zwei Mal unterhalten sich Experten, Politiker, Wissenschaftler und jeder, der etwas beitragen will, mit Schawinski über alle Aspekte der Pandemie.

Immer frisch, immer live. Immer mit einem Schawinski, der sich überraschen lässt, wer ihm alles als Gesprächspartner vorgesetzt wird. Auf so eine Idee sind die viel ressourcenstärkeren Blödfunker aus dem Hause Wanner und die übrigen Privat- (sowie Staats-) Radiomacher nicht gekommen.

Einer der Unterschiede, wenn einer von Beruf Sohn, der andere Radiomacher mit Herzblut ist. Der andere Unterschied: wenn Schawinski mit einer Entscheidung nicht einverstanden ist, dann tut er was dagegen.

Man kann, darf und soll unterschreiben.

Ab nächstem Jahr will die Schweiz – notabene als einziges Land in Zentraleuropa, die Radio-Übertragung auf UKW einstellen. Die SRG geht mit schlechtem Beispiel voran, dann folgen alle Privat-Radios. Alle? Nein, eine Ausnahme gibt’s natürlich. Was soll denn das? «Er war der Erste unter den Privaten, und möchte offensichtlich auch der Letzte sein

Die Ersten werden die Letzten sein?

Sagt Florian Wanner, als Bewährungsprobe zum Chef des kunterbunten Wanner-Imperiums an elektronischen Medien eingesetzt. Er selbst sieht überhaupt keinen Bedarf, etwas gegen diese Abschaltung zu unternehmen. Das ist sein gutes Recht. Nun protestiert aber Schawinski nicht nur auf allen Kanälen dagegen, so zuletzt in der NZZaS mit einem Kommentar. Sondern er hat auch eine Petition gestartet, mit (Stand Montag) über 7000 Unterschriften bislang.

Zudem ist Schawinski bereit, ans Bundesverwaltungsgericht zu gelangen, um das Zustandekommen dieser Entscheidung zu kippen. Ebenfalls am Sonntag holte sich Schawinski den wohl erfahrensten Radiotechniker ins Studio für einen «Doppelpunkt». Markus Ruoss hatte damals einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass das Piratenradio von Schawinski vom Pizzo Groppera aus in bester Sendequalität in Zürich empfangen werden konnte.

Inzwischen ist Ruoss vehementer Befürworter von DAB+ und ebenfalls von der Abschaltung der UKW-Übertragung. Also ein spannendes Battle, das nur entsteht, wenn der Besitzer des Mikrophons einem kompetenten Widerpart Gastrecht gibt. Deshalb gibt es vergleichbare Sendungen auch bei, ähm, also bei, na, verflixt, niemandem. Vielleicht noch im «Talk täglich», früher mal, als Markus Gilli hier noch Gas gab. Und wer hat’s erfunden?

Alles Absprache, alles Schiebung?

Im «Doppelpunkt» liess Schawinski wie nebenbei noch eine weitere Bombe platzen. Er sagt, dass Vertreter der Privat-Radios schon 2016 mit der damaligen Bundesrätin Doris Leuthard die UKW-Abschaltung beschlossen hätten. Als Gegenleistung seien die Senderlizenzen stillschweigend von 2018 bis 2024 verlängert worden.

Das darum, weil Radio Energy 2008 kurzfristig die Lizenz abhanden gekommen war. Darin sieht Ruoss nichts Skandalöses, Schawi schon. Ganz abgesehen davon, dass durch eine Umstellung auf DAB+ aus vielen UKW-Radiogeräten Elektroschrott würde. Die Hörer zahlen diese Umstellung, ist eines seiner stärksten Argumente, zudem ist in jedem zweiten Auto nur UKW-Empfang möglich.

Also eine ganze Latte von Argumenten, eine Petition, ein absehbarer Rechtsstreit, ein nicht ganz unwichtiges Thema. Damit sorgt Schawinski sicher für Aufmerksamkeit in den Schweizer Medien, und sei es nur, um ihm einmal mehr eitle Selbstdarstellung von einem, der nicht loslassen kann, vorzuwerfen.

Es geht. Ohne Duplikate finden sich in der smd haargenau 5 Artikel zu diesem Thema. Bei CH Media schaffte es Schawinski immerhin zu einer Meldung in der Sammelrubrik «Paradeplatz». Nur «persoenlich.com» liefert kontinuierliche Berichterstattung. Ringier, NZZ, Tamedia? Schweigen im Walde, tiefes Schweigen. Ausser einem Kurzkläffer im «Blick», der mal wieder zeigen möchte, was nackter und hässlicher Konzernjournalismus ist; Titel: «Unsinnige Lösung eines nicht existierenden Problems». So sähe das auch, Überraschung, das Ringier-Radio Energy.

Man muss halt Prioritäten setzen

Während ein einziges Wort, von Adolf Muschg in der Sendung «Sternstunde Philosophie» geäussert, hohe Wellen schlägt, ist das Thema «wieso sollte die Schweiz als fast einziges Land UKW-Übertragungen abschalten?» keine Notiz wert. Könnte zwar Hunderttausende von UKW-Empfängern interessieren, denen Schwünge am Reck über die erlaubte und verbotene Verwendung des Begriffs Auschwitz schwer an einem bestimmten Körperteil vorbeigehen.

Aber das Thema ist ein Bitzeli komplexer als Auschwitz oder Sophie Scholl. Das macht’s bereits unattraktiv. Und welcher Journalist von CH Media würde sich noch trauen, das Thema überhaupt anzufassen, nachdem sich Sohn Wanner so klar positioniert hat. Oder bei den anderen grossen Medienhäusern, die sich offensichtlich ein Schweigegelöbnis auferlegt haben.

Ein weiterer Grund, wieso die viel beklagte Medienkrise zu guten Stücken selbstgemacht ist.

Packungsbeilage: René Zeyer ist schon diverse Male in Sendungen von Schawinski aufgetreten.

Jetzt alle: Rettet UKW

ZACKBUM darf das: unterschreibt diese Petition! Dann seid Ihr auf der richtigen Seite.

Wenn alte, weisse Männer Gas geben, dann bleibt all den Weltenrettern auf Twitter, den Rechthabern auf Facebook, den übrigen Privatradio-Verwaltern mal kurz der Mund offen.

In (natürlich nur altersmässig) absteigender Reihenfolge:

 

  1. Adolf Muschg mischt sich kraftvoll in die zunehmend inquisitorische öffentliche Debatte ein. Sagt einmal Auschwitz, und schon tobt der Bär, summen aufgeregt die Fliegen, ist keiner zu klein, Denunziant zu sein. Und niemand von diesem Pack merkt, dass es genau das tut, was Muschg kritisiert. Diese Dauererregten darauf aufmerksam zu machen, das ist ungefähr so sinnvoll, wie eine Eintagsfliege zu fragen: und was machst du morgen?
  2. Roger Schawinski ist der einzige Radiomacher in der Schweiz, der wieder eine Idee hatte. Seither macht er sein Talk Radio. Jeweils am Morgen die interessantesten Stunden des Tages. Mit Gästen, Experten, Politikern, Meinungsträgern – und seinen Hörern. Live, schnell, und Roger weiss jeweils nicht, was auf ihn zukommt. Das ist Radio. Alles andere ist Dudelfunk. Und nun hat Schawinski noch eine Idee: «Rettet UKW». Früher war Wimpel an der Auto-Antenne, heute ist virtuelle Unterschrift. Tut nicht weh, ist einfach, muss man machen.
  3. Da muss noch fragwürdiges Eigenlob drangeklebt werden, warum nicht. Am 11. März erschien der letzte Beitrag meiner zwei Mitstreiter, die sich dann vom Acker machten. Seither – mit nur zwei gelegentlichen Guest Stars – macht René Zeyer hier alles alleine. Im Schnitt drei Artikel pro Tag. Jeden Tag. Andere verbraten dafür Millionen. Ich mach’s aus Spass an der Freud. Grüngelber Neid und finsteres Schweigen ist mein Lohn. Aber Kollege Jürg Altwegg nimmt in der FAZ Notiz, was will man mehr:

 

«Für den Publizisten René Zeyer, der das medienkritische Portal „Zackbum“ betreibt, ist der Vergleich dagegen weder skandalös noch falsch. Zeyer springt dem Schriftsteller mit Raul Hilberg, dem Verfasser des Standardwerks über „Die Vernichtung der Juden in Europa“, zur Seite. Muschgs Argumentation entspreche Hilbergs Beschreibung von der Entstehung des Holocausts. Zeyer unterstreicht, dass Muschg die „schrecklichen Vereinfachungen“ der Cancel Culture kritisiert habe. Er zitiert den Schriftsteller differenzierter als die Ankläger: Es sei „das Interessenlose an den eigenen Widersprüchen“, das Muschg der Cancel Culture anlaste.»

So, das Karussell im Jahrmarkt der Eitelkeit steht wieder still. Dann tut was. Unterschreibt, verbreitet, spendet.

  • Wird ein schönes Gefühl werden: endlich mal bei den Siegern zu sein.