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Der Bezwinger des Matterhorns

Peter Rothenbühler wechselt das Organ. Damit setzt er ein Zeichen.

Wenn man nicht mehr der Jüngste ist, aber immer noch aktiv, dann wird man zum Urgestein. Peter Rothenbühler (wir haben mal zusammengearbeitet und mögen uns wohl) hat seine Karriereplanung mit der Besteigung des Matterhorns verglichen.

Früh aufstehen, schnell an die Spitze, dort nur kurz jauchzen und gleich an den Abstieg denken. Er hat das Matterhorn bestiegen, und einige Chefredaktorsessel auch. Mehr als das; als er als letzter Notnagel die serbelnde «Schweizer Illustrierte» übernahm, erfand er den Schweizer People-Journalismus.

Er hielt gegen alle Häme durch und machte damit die SI zu einem hochprofitablen Organ. Sehr zum Verdruss eines grossen Teils der Redaktion. In den damaligen goldenen Zeiten des Journalismus mussten wir nur einmal den Redaktionsgang runterlaufen, schon hatten wir wieder drei Kündigungen im Rücken.

Mit seinen Kolumnen auf Wanderschaft

Aber genug der Nostalgie, das Leben ging weiter, 2000 brach Rothenbühler zu neuen Ufern auf, nachdem man ihn bei Ringier nicht mehr wirklich wollte. Nach einem misslungenen Abstecher zu Roger Schawinski zeigte er als Chefredaktor von «Le Matin» nochmals, wie man ein erfolgreiches Blatt macht.

Auch mit seiner Kolumne ging er auf Wanderschaft, bis er wieder bei der SI damit landete. In einem vergnüglichen Interview auf persoenlich.com, das er möglicherweise mit sich selbst geführt hat, begründet er die Wahl banal: «Die hat am meisten bezahlt.»

Mit dem ihm eigenen Geschick und Schalk manövriert er sich durch die Fragen, wieso er schon nach sieben Jahren gehe, normal bei ihm seien doch zehn: «Das sind die neuen zehn Jahre.» Wieso zur «Weltwoche»? «What else, kann ich da nur sagen.» Und der politische Kurs des Blatts? «Den suche ich immer noch.»

Vom Piksen und Quälen

Und wie steht es mit dem Widerhall seiner Kolumnen? «Doch, doch, es läuft gut. Grosse Persönlichkeiten lassen sich immer etwas sagen. Nur die Kleinen weinen, wenn man sie pikst.»

Sticheln kann er natürlich auch nicht lassen, er setzt sogar zu einem wahren Manifest an, was bei ihm eher selten ist: «Ja, ich glaube, die Weltwoche hat eine grosse Zukunft. Ich bin ein Überzeugungstäter, glaube an den freien Diskurs, der heute gefährdet ist. Ich schreibe fortan für eine Publikation, wo das offene Wort etwas gilt, wo es keine Zensur, keine vorauseilende Unterwerfung unter die Hüter der Korrektheit, keine Genderpolizei und keine Diversity-Manager gibt.»

Das kleine Wörtchen «fortan» deutet dezent darauf hin, dass das in seinem bisherigen Organ anders war. Da Rothenbühler wirklich ein treuer Mensch ist, muss man ihn längere Zeit garstig gepikst haben, bis er sich entschloss, dass es nun aber reicht.

Ringier und sein unglückliches Händchen beim Personal

Als ich ihm zum Wechsel gratulierte, fragte ich auch, was denn der eigentliche Grund sei. Darauf schweigt Rothenbühler, denn auch dazu hat er eine unschlagbare Erkenntnis aus seinen jahrelangen Aufenthalten in Schlangengruben gewonnen: Er komme leise und gehe leise. Nur dazwischen gebe es manchmal Mais.

Wie schon bei Helmut-Maria Glogger selig zeigt hier Ringier wieder einmal, dass der Verlag ein eher unglückliches Händchen in seiner Personalpolitik hat. Nachdem eine Rabauken-Truppe aus Deutschland den «Blick» fast an die Wand gefahren hatte und ihn zur teuersten Entschuldigung aller Zeiten zwang, wechselte ein belangloser Chefredaktor den letzten ab. Nun leitet Christian Dorer mit seinem Schwiegersohn-Charme das, was von der «Blick»-Familie noch übrig ist.

Auch die SI ist nur noch ein Schatten ihrer selbst; 20 Jahre ohne Innovation, nur Imitation von Rothenbühlers erfolgreicher Idee, das reicht in den garstigen heutigen Zeiten nicht. Ohne Rothenbühler wird das Blatt noch beliebiger, um ein Lieblingswort des Hausgespensts Frank A. Meyer zu benützen, der Meister der Beliebigkeit.