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Somm simmert

Die Schwätzerin und der Dampfkochtopf in der «SonntagsZeitung».

Irgendwie bilden die beiden ein Traumpaar. Auf der einen Seite Gülsha Adilji. Die versucht in krampfhafter Jugendsprache, nichtige Anlässe zu nichtigen Kolumnen mit nichtigen Worten umzuschreiben.

Diesmal hat sie sich den Weltfrauentag ausgesucht, der sich leider nicht dagegen wehren kann: «Nicht nur das System benachteiligt mich, auch mein endokrines System bzw. mein Zyklus fuckt mit meiner Laune, Resilienz, Schlafqualität, meinem Wohlbefinden, Energielevel etc., dazu kommen Traumata, die ein Mädchen halt so auf den Weg mitbekommt, die werden ihr ungefragt in den Lebensrucksack reingewürgt.»

Hat das jemand verstanden? Nicht wirklich, aber das macht nichts, die Autorin selbst wohl auch nicht. Noch eine Kostprobe: «ALLE Mikrofone gehören an solchen Tagen vor die Gesichter von FLINTAS!» Auch nicht verstanden? Da kann ZACKBUM helfen; FLINTAS sind «Frauen, Lesben, inter, nicht-binäre trans und agender Personen». Immer noch keine Ahnung, was das sein soll? Tja, da können wir auch nicht mehr helfen.

Auf der anderen, bzw. auf der gleichen Seite: dem hier können wir erst recht nicht mehr helfen. Wenn er nicht gerade das Geld seiner Investoren mit dem Randgruppen-Blättchen «Nebelspalter» verröstet, darf er bei der SoZ wüten. Das ist dann nicht weniger merkwürdrig als das Gestammel von Adilji. «Moralischer Bankrott», donnert Markus Somm. Und erzählt nochmal die Geschichte nach, wie ein fudamentalistischer Wahnsinniger auf einen Juden eingestochen und ihn lebensgefährlich verletzt hat.

Da haben zwar schon so ziemlich alle alles drüber geschrieben, aber halt Somm noch nicht. Somm ist Historiker, also erzählt er nochmals die Geschichte des Mordes an einem Juden anno 1942 nach. Die wurde zwar auch schon x-mal erwähnt, aber eben noch nicht von Somm.

Aber dann betritt er doch etwas Neuland und ortet einen moralischen Bankrott. Bei dem 15-jährigen Messerstecher, seinem Umfeld, seiner Familie, bei denjenigen, die ihn zu dieser Tat angestachelt haben? Nein, Somm ist entschieden origineller:

«Dass junge Menschen, darunter auch manche Christen oder ehemalige Christen, an Demonstrationen teilnehmen, wo offen zum Genozid an den Juden aufgerufen wird – denn nichts anderes bedeutet der englische Code «From the River to the Sea», auch wenn semantische Appeaser sich auf den Kopf stellen – dass dies unter unseren Augen mit freundlicher Genehmigung einer rot-grünen Stadtregierung geschieht: Es ist ein moralischer Bankrott.»

Somatische, Pardon, semantische Appeaser, das ist wenigstens originell; genauer gesagt origineller Unfug. Aber immerhin.

Somms Bankrotterklärung besteht darin, dass er die Ausübung des Demonstrationsrechts, auch unter Verwendung von Slogans, die ihm nicht passen, aber nicht strafbewehrt sind, als Bankrotterklärung einer Regierung denunziert, die ihm auch nicht passt.

Aber lieber eine solche rot-grüne Stadtregierung als ein Somm, der bestimmen dürfte, welche Slogans erlaubt sind und welche nicht.

Somm läuft weiter Amok: «Wir, oder genauer: unsere Politiker und Behörden, bringen es offenbar nicht mehr fertig, eine der vornehmsten Staatsaufgaben, die Herstellung von Sicherheit für alle, zu garantieren.» Ob er wohl weiss, was er da schreibt? Das sei ein «Staatsversagen», behauptet Somm. Dass es der Staat nicht verhindern kann, dass Menschen zu Tode kommen, auch durch Gewalttaten? Nichtmal ein orwellscher Überwachungsstaat könnte das völlig ausschliessen, also ist die Behauptung, das sei ein Staatsversagen, Unfug. Oder ist jeder Ermordete in der Schweiz, jeder Verkehrstote, jedes Unfallopfer ein Staatsversagen?

Aber damit ist sein verbaler Amoklauf noch nicht zu Ende: «Wir haben es weit gebracht – mit unserer Naivität, unserer Schwäche, unserer Feigheit, die sich hinter menschenrechtlichen Ausflüchten versteckt, hinter bürokratischen Rücksichten, hinter dem elitären Unwillen, realistisch zu werden.»

Schwäche, Feigheit? Menschenrechtliche Ausflüchte? Was will der Mann denn? Stärke, Mut, weg mit den Menschenrechten? Er traut sich da nicht, konsequent weiterzugehen und flüchtet sich in die Geschichte: «Die drei Haupttäter (des Judenmords, Red.) von Payerne wurden 1943 mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft, einer galt als minderjährig (19) und erhielt 20 Jahre.»

Also wäre es laut Somm mutig, das Jugendstrafrecht über Bord zu werfen und den Messerstecher lebenslänglich wegzusperren, wenigstens aber für 20 Jahre? Wieso nicht gleich Kopf ab, das wäre doch wenigstens eine Ansage. Und wenn wir schon dabei sind: pädophile Straftäter gehören kastriert, Mörder hingerichtet, Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Adilji und Somm auf einer Seite. Ein Alptraumpaar, eine wöchentliche Zumutung für den Leser.

If You Gotta Go, Go With a Smile!

Es gibt Organe, die gibt es gar nicht. Oder doch?

«Wenn du gehen musst, geh mit einem Lächeln.» Sagt Jack Nicholson mit seinem sardonischen Lächeln als Joker. Irgendwie erinnert der Zustand zweier Medien unwillkürlich daran. Die bilden in ihrer Art die ganze Misere des modernen Journalismus ab.

Mit grossem Trara gestartet, seither unaufhaltsam auf dem Weg nach unten. Beide mit Anspruch, aber ohne nennenswerten Inhalt. Zwei verschiedene Konzepte, aber eine Gemeinsamkeit: anhaltende Erfolglosigkeit.

Natürlich, es handelt sich um die «Republik» und um den «Nebelspalter». Die Retterin der Demokratie lässt uns live an ihrem Niedergang teilnehmen:

Grosse Töne spukt sie immer noch: «Die Aufgabe der Republik ist, brauchbaren Journalismus zu machen. Einen, der die Köpfe klarer, das Handeln mutiger, die Entscheidungen klüger macht. Und der das Gemeinsame stärkt: die Freiheit, den Rechtsstaat, die Demokratie

Aber offensichtlich ist das Interesse an nicht so brauchbarem Journalismus abnehmend. Wobei man inzwischen von einer Realsatire sprechen muss:

Schwülstig wird verkündet, dass «der strategische Fokus» inzwischen auf «Stabilität» liege: «Zu- und Abgänge bei Mitgliedschaften und Abonnements müssen sich dafür über das Jahr die Waage halten.» Dieses fokussierte strategische Ziel hat die Zeitschrift der guten Denkungsart das letzte Mal im April 2023 erreicht …

Immerhin ist eine neue Bescheidenheit ausgebrochen, das Ziel, 33’000 Abonnenten zu erreichen (und das entsprechende Geld gleich mal vorab rauszuballern), ist gestrichen (und das Geld weg).

Inhaltlich gibt es wenig bis nichts zu berichten. Dermassen langweilig, vorhersehbar und flachbrüstig ist er. Oder will jemand ernsthaft wissen, was die schreibende Schmachtlocke … Eben. Schlagzeilen machte die «Republik» letzthin nur, weil sie ihren Steuerstreit beilegen konnte und sich brutal von ihrem Starreporter trennte. Der war übergriffigen Verhaltens beschuldigt worden, sollte die Gelegenheit eingeräumt bekommen, seine Beschuldiger zu konfrontieren – und wurde stattdessen ohne diese Selbstverständlichkeit fristlos gefeuert.

Der «Nebelspalter» ist eher nebulös, was seine Zahlen betrifft. Seitdem ZACKBUM enthüllte, dass er es auf nicht mehr als 4000 zahlende Abonnenten gebracht hat, ist Ruhe im Karton. Brutale Entlassung kann er auch; von einem Tag auf den anderen trennte sich Markus Somm vom Chefredaktor der Printausgabe. Der wird stalinistisch nicht mal mehr in der Liste der Chefredaktoren des Nebi erwähnt. Dafür prangt nun Somm mit grossem Foto als «Verleger und Chefredaktor» über der Selbstbespiegelung «über uns». Sein Motto «Wir sind liberal, dass es kracht», nimmt er zu wörtlich; die Bombardierung Moskaus zu fordern, das ist krachig, aber nicht sehr liberal. «Der Nebelspalter hat Humor», auch das würden immer weniger unterschreiben, angesichts des unterirdischen Niveaus der Karikaturen letzthin:

Fäkal-Humor mit Einlauf.

Überhaupt hat die Kaperung der Printausgabe durch Somm & Co. dem Blatt nicht gutgetan. Angefüllt wird es mit gut abgehangenen Somm-Texten. Im Gegensatz zu den Republikanern ist er ein fleissiger Schreiber; inhaltlich hat er allerdings auch nicht viel mehr zu bieten.

Bei beiden Organen kann man eine Frage stellen, deren Antwort tödlich ist. Was hat man verpasst, wenn man sie nicht zur Kenntnis nimmt, nichts dafür zahlt, sie lesen zu dürfen?

Nichts.

 

Riecht der «Nebelspalter» einen Furz?

Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Der «Nebelspalter» hat eine gloriose Geschichte hinter sich. Hier wird ein neues Kapitel geschrieben:

Wenn einem Geschmack furzegal ist, wenn man es auf dem Weg nach unten krachen lassen will, dann schaut man sich eine solche Karikatur nicht an, um sich damit ein gewisses Körperteil abzuwischen, sondern man druckt sie.

Für diejenigen, die die Bildaussage nicht ganz verstehen sollten, legt die Zeile noch nach: «Die Schweiz unternimmt einen neuen Einlauf». Das ist nun auch brüllend komisch, aber weil es wehtut. Kriecht die Schweiz nun der EU in den Hintern oder versucht sie es mit einem Einlauf? Kranker, kaputter Humor.

Nicht mal die Beschreibung der eigenen Historie stimmt: «Während die Printausgabe bis auf weiteres unverändert erscheint, hat der neu lancierte digitale «Nebelspalter» zum Ziel, die Zukunft des älteste Satire-Zeitschrift für die kommenden hundert Jahre abzusichern.» In Originalrechtschreibung.

Das war vielleicht tatsächlich mal die Absicht, bevor es sich zeigte, dass der digitale «Nebelspalter» wohl kaum die nächsten hundert Jahre überstehen wird. Sein Oberjehudi, obwohl in seiner Jugend Trotzkist, neigt dabei zu geradezu stalinistischer Geschichtsschreibung:

Komisch, gab es da nicht auch mal einen gewissen Ralph Weibel als Chefredaktor, bis der vom Oberjehudi fristlos gefeuert wurde, als die x-te Wende im Hause «Nebelspalter» anstand?  So ging’s jedenfalls durch die Medien:

Aber das sind für den Oberjehudi wahrscheinlich Vertreter der Lügenpresse. Wer da Chefredaktor war oder ist, das bestimmt nur er. Unliebsame Personen werden getilgt, wie weiland unter Stalin.

Armer «Nebelspalter». Nachdem auch die hirnrissige Idee gescheitert ist, digital auf krachledernen Politjournalismus zu machen, während der Print-Nebi weiterhin mit leicht angestaubtem Charme die Wartezimmer ziert, wird nun das Heft führerlos umgekrempelt. Womit man sich dann vollkommen vom Stammpublikum verabschiedet.

Eigentlich wäre es umgekehrt viel besser geworden. Statt ein unfreiwilliges Witzblatt aus nebelspalter.ch zu machen, hätte man doch dazu zurückkehren können, dass im Internet einfach der gute, alte Inhalt des Nebi wiedergegeben wird.

Damit hätte man ungeheuerlich Geld gespart und Leser gewonnen.

Aber wenn die Devise ist «Geld verrösten und Leser verlieren», dann ist dieses Titelblatt natürlich konsequent. Damit sind wir bei der Aufzählung aller Gaga-Aktionen bei Nummer 31 angelangt, wobei die Liste keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

In der nicht lustigen Geschichte des Niedergangs des Nebi wurde schon mal versucht, aus ihm eine Art «Titanic» zu machen. Vergeblich. Nun also Versuch zwei, mit Volldampf auf den Eisberg zuhalten. Und dann nur noch gluck, gluck, gluck. «So sad», würde Donald Trump völlig zu Recht sagen. Zum Untergang des Humors.

Geheimpläne

Was ist ein Geheimnis, wenn es keins mehr ist?

Bundesratswahlen sind eigentlich stinklangweilig. Wenn es davor nicht jede Menge Hofintrigen, Geheimpläne, die sogenannte Nacht der langen Messer und im roten Bereich drehende Intriganten und Strippenzieher gäbe.

Da wird zurzeit herumgeboten, dass der Sitz von FDP-Bundesrat Cassis wackle, der Mitte-Politiker Pfister in den Bundesrat gewählt werden könnte, die beiden offiziellen Kandidaten für die Nachfolge von Berset nicht. Oder ein Grüner, der sich todesmutig aufgestellt hat, obwohl er keine Chance hat.

Dafür gebe es jede Menge Geheimpläne. Würden die enthüllt, kämen halt neue Geheimpläne zum Einsatz. Das schreibt nicht geheim, sondern öffentlich der Bundeshauskorrespondent des «Nebelspalter» in seinem «Bundeshaus-Briefing». Das wäre das übliche Gedöns von parteipolitischen Gestocher im Ungefähren.

Aber Dominik Feusi gibt eine interessante Verschwörungstheorie zum Besten. Interessant, weil Feusi nicht nur Parteipolitiker, sondern auch Journalisten darin verwickelt:

«Tamedia-Redaktor Philipp Loser besprach das Vorgehen mit der SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. Besiegelt wurde der Deal mit einer innigen Umarmung im Eingang der St. Jakobshalle.
Philipp Loser soll von einem «Geheimplan» der SVP schreiben, wonach diese im ersten Wahlgang für den Sitz von Ignazio Cassis ihre 67 Stimmen Martin Candinas geben soll.»

Sinn der Übung, laut Feusi: So könne die SP der Mitte einen zweiten Bundesratssitz verschaffen, ohne eine Retourkutsche bezüglich Berset-Nachfolge befürchten zu müssen. Was machte dann Loser? «Was für die Behauptung noch fehlte, war die Beweisführung. Die Gelegenheit dazu ergab sich gestern Donnerstag: Alt-Bundesrat Christoph Blocher wurde gesehen, wie er in Bern vom Intercity aus Zürich in den Zug ins Wallis umstieg. Das reichte Loser für die Behauptung, die SVP-Spitze habe sich in Spiez zu einem geheimen Treffen versammelt, um das Vorgehen zu besprechen. Ausser Loser wurde auch Francesco Benini mit dem Gerücht bedient, damit es sowohl in den elf Tamedia-Blättern wie in den 18 CH Media Zeitungen erscheint. Dies bestätigen mehrere Personen, die von Loser und Benini mit dem Gerücht konfrontiert wurden.»

Da aber Feusi diesen Geheimplan enttarnt haben will, würden nun weder Loser noch Benini entsprechende Artikel schreiben, behauptet Feusi.

Was ist davon zu halten? Wenn es wirklich solche Kontakte, solche Abfütterungen und solche Pläne geben sollte, in die CH Media und Tamedia verwickelt wären, wäre das ein weiterer Sargnagel für die Glaubwürdigkeit der Massenmedien. Hat sich hingegen Feusi diese Story aus den Fingern gesogen, wäre es ein weiterer Sargnagel für den «Nebelspalter».

Wie es sich beim Stochern im Nebel gehört: Wir werden es wohl nie erfahren, was hier Fantasie und was Wirklichkeit ist.

 

Trauerspiel «Nebelspalter»

Schlimmer geht immer.

Könnte es sein, dass Markus Somm der Welt zeigen will, wie man ein journalistisches Unternehmen mit Anlauf gegen die Wand fährt? Mit der Methode: rums. Rückwärtsgang, Vorwärtsgang, Vollgas, rums. Rückwärtsgang, Vorwärtsgang, Vollgas, rums …

Es gibt zwar, wie für den Schuldigen an der Explosion bei einem Spital im Gazastreifen, noch keine unbezweifelbaren Beweise dafür. Aber auch hier gibt es eine Indizienkette, wobei allerdings gilt: im Zweifel für den Angeschuldigten. Oder vielleicht doch nicht.

Die Kettenglieder:

  1. Für ein liberal-konservatives Polit-Medium den Namen «Nebelspalter» zu kaufen, ist gaga.
  2. Die Print-Ausgabe weiter wie bisher laufen zu lassen, aber einen davon völlig verschiedenen Internet-Auftritt zu basteln, ist gaga.
  3. Eine harte Bezahlschranke von Anfang an ohne Teaser oder Versucherli zu errichten, ist gaga.
  4. Die Werbekampagne war gaga.
  5. Auf ein schweineteures CMS als Insellösung einer Kleinfirma zu setzen, war gaga.
  6. Den Hersteller gleich auch noch zum Geschäftsführer und Inserateverwalter zu machen, war gaga.
  7. Ohne Knaller zu starten und dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu laufen, war gaga.
  8. Teure Formate zu produzieren, herrschaftliche Büroräume anzumieten, jede Menge Mitarbeiter einzustellen, war gaga.
  9. Eine «Assistentin der Chefredaktion» zu beschäftigen und als solche auszuweisen, war gaga.
  10. Die Stelle nach x-Wechseln zu streichen – ist nicht gaga.
  11. Nach dem ersten Fehlstart das erste Redesign zu machen, war gaga.
  12. Keine Zahlen bekannt zu geben und erst nach der Enthüllung von ZACKBUM, dass es trübselige 4000 Abonnenten gibt, das zuzugeben, war gaga.
  13. Sich viel zu spät vom CMS-Bastler, Geschäftsführer und erfolglosen Inseratekeiler zu verabschieden, war gaga.
  14. Nochmals viel Geld für ein neues CMS auszugeben, einen anderweitig engagierten Geschäftsführer einzustellen, war gaga.
  15. Brutal die Workforce runterzuholzen, nachdem sie zuerst gewaltig aufgebläht wurde, war gaga.
  16. Die chaotischen Redaktionsabläufe sind gaga.
  17. Den Chefredaktor Print brutal zu feuern, war gaga.
  18. Zu verkünden, Print nun an online heranzuführen; Relaunch, und dann ein oberpeinliches erstes Heft vorlegen, ist gaga.
  19. Den gefühlt x-ten Relaunch der Webseite durchführen, der die wenigen Leser nicht wirklich überzeugt, ist gaga.
  20. Die harte und eloquent verteidigte absolute Bezahlschranke zuerst aufweichen, dann immer mehr aufweichen und schliesslich ganz wegfallen zu lassen, ist gaga.
  21. Es mit Inseraten zu versuchen, die sich Nicht-Abonnenten vor der Lektüre anschauen müssen, ist gaga.
  22. Kaum solche Inserate haben, ist gaga.
  23. Eines der wenigen Inserate überall aufpoppen lassen, ist gaga.
  24. Eine simple Scroll-Lösung mit zwei Spalten als neues Design zu wählen, ist gaga.
  25. Einen Relaunch ohne Knaller-Artikel zu machen, ist gaga.
  26. Die wenigen Redaktoren am Laufmeter schreiben zu lassen, ist gaga.
  27. Das Geld der Investoren zu verbrennen, indem man am lebenden Objekt ständig herumoperiert, ist gaga.
  28. Primitive Darstellungprobleme wie Worttrennungen nicht im Griff haben, ist gaga.
  29. «Somms Memo» und andere Zweitverwertungen mangels genügend Content anzubieten, ist gaga.
  30. In einem prominent platzierten Artikel um das Problem herumschreiben, dass die israelische Siedlungspolitik von der UNO als klarer Verstoss gegen Völkerrecht verurteilt wird, ist gaga.

Aber vielleicht hat Somm einen Geheimplan. Er möchte den «Nebelspalter» zu einer Art «Titanic» machen. Aber statt Satire und Karikaturen über die Welt, soll der Gaga-Sinn darin bestehen, selbst die Satire und die Karikatur zu sein. Das wäre kühn, aber wie die Titanic zum Untergang verurteilt.

Somm und der Relaunch

Seine Relaunchs sind nicht lustig.

Es ist eine inzwischen zweieinhalbjährige Leidensgeschichte. Im März 2021 erschien der «Nebelspalter» online ganz anders und ganz neu. Markus Somm hatte 100 Investoren dazu überredet, auf seine unternehmerischen Fähigkeiten zu vertrauen und je 100’000 Franken zu investieren. Selbst legte er noch einiges mehr drauf.

Damit wurde der «Nebelspalter» gekauft, das älteste Schweizer Satiremagazin, gegründet 1875. Seit vielen Jahren ist es aus einem anständigen Wartezimmer nicht wegzudenken. Seit vielen Jahren ist es nicht so, dass seine Witze und Witzchen auf dem Niveau von «Titanic» spielen. Aber witzig wollte Somm gar nicht sein, er wollte eine klar liberale neue Plattform neben der «Weltwoche» aufbauen.

Dafür den Namen «Nebelspalter» zu kaufen, das Heft weiter im alten Geist erscheinen zu lassen, im Internet auf einen untauglichen Geschäftsführer zu bauen, der ein proprietäres CMS bastelte, das untauglicher war als jede Open-Source-Lösung (dafür aber entschieden teurer), werbefrei erscheinen, obwohl man um Werbekunden buhlte – das war wohl der brutalste Fehlstart der jüngeren Pressegeschichte.

Aber noch viel schlimmer: Es wurde mit grosser Kelle angerichtet; edle Redaktionsräume in Zürich, Mitarbeiter satt, teure Videoformate, dazu aber eine absolute Bezahlschranke. Kein Versucherli, kein Teaser, zahl – oder lass es. Damit verkrachte sich Somm dann noch mit einem kompetenten Internet-Macher, der diesen Wahnsinn nicht mittragen konnte.

Am schlimmsten aber: der dürftige Inhalt spielte sich weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit ab. Transparenz war Somms Sache nicht, eisern schwieg er sich über Abozahlen, Einnahmen, Ausgaben aus. Bis ZACKBUM enthüllte, dass die Online-Plattform erst schlappe 4000 zahlende Gäste zählte. Neuerdings sollen es 4500 sein, das sei alles soweit im Businessplan, behauptet Somm.

Dann das übliche Geruder, wenn einer seine Lernkurve am lebenden Objekt abbildet. Nach Fehlstart sparen. Das grosse Rausschmeissen, neues CMS, Geschäftsführer weg, die meisten Mitarbeiter eingespart (nicht selten auf eher ruppige Art), neuer Auftritt, Wiedererkennungswert zum Anfang null. Die Bezahlschranke wurde gesenkt, durchlöchert, nun buhlt der «Nebelspalter» wie alle anderen auch mit Sonderangeboten und Teasern um neue zahlende Leser.

Dann der nächste Knall: von heute auf morgen schmeisst Somm den verdienten und solidarischen Chefredaktor des Print-«Nebelspalter» raus. Nächste Kehrtwende: während Somm viele Monate erzählt hatte, dass es gar kein Problem sei, im Internet bürgerlich-politisch zu sein, im Print aber klassisch-altväterlich satirisch, sollen nun Internet und Print «zusammengeführt» werden.

Der nächste Flop, denn mitsamt dem Chefredaktor verliessen aus Protest einige Mitarbeiter den Nebi, obwohl Karikaturist in der Schweiz ein hartes Pflaster ist. Aber macht ja nix, dachte sich Somm, der offensichtlich über ein strahlendes Selbstbewusstsein verfügt und die unablässige Reihe von Fehleinschätzungen, Flops und herben Niederlagen auf der Einnahmefront einfach an sich abperlen lässt.

Wobei seine Financiers erstaunlicherweise weiterhin ruhig halten, obwohl absehbar ist, wann das Startkapital verbrannt sein wird und auch der Nebi das übliche Klagelied zum Abschied anstimmen wird: widriges Marktumfeld, gute Idee, aber schlechte Akzeptanz, leider nicht gelungen, Blabla. Nur eines wird sicher nicht gesagt werden: das ist die Geschichte eines angekündigten Todes, verantwortet von einem begabten Schreiber und unbegabten Unternehmer.

Nun also die Konvergenz online und Print. Die sieht zurzeit so aus: online passiert überhaupt nix, die neue Printausgabe kommt so daher:

Anstelle des geschassten Chefredaktors Ralph Weibel begrüsst den Leser eine «Leiterin Produktion» namens Marina Lutz. Anschliessend dann neu die üblichen verdächtigen: Stefan Millius, Dominik Feusi, Stefan Millius, Stefan Millius, auch mal «Aus dem Archiv, Nebelspalter 1942» (was beweist: damals waren die Nebi-Scherze auch nicht immer besser), Markus Somm (ebenfalls aus dem Archiv, ein rezyklierter Artikel), begleitet von «Aus dem Archiv, 1957», dann wieder, Überraschung, Stefan Millius, abgelöst von, nochmal Überraschung, Markus Somm, dann, mal was Neues, wieder Markus Somm, aber über eine Karikatur aus dem Archiv von 1941, schliesslich Alex Reichmuth, ebenfalls bekannt aus dem Nebi online, dann kommt natürlich Stefan Millius.

 

Dann aber ein Brüller, ein Wimmelbild:

Nach diesem Höhepunkt geht’s zurück ins Tal der Tränen und Verzweiflung:

Hier ist einiges bemerkenswert. Ein Zeichnungswettbewerb: schicken Sie uns Karikaturen von BR Rösti! Zu gewinnen gibt’s nix, aber es wird angedroht, sie im nächsten Nebi zu veröffentlichen. Aber damit der Scherze nicht genug: «Haben Sie ein besonders lustiges Foto oder Meme auf Ihrem Handy?» Auch einschicken, wird auch abgedruckt. Zu gewinnen gibt’s auch nix.

Ein besonderer Leckerbissen ist das Impressum. Die Redaktion besteht aus dem Herausgeber Markus Somm, der hier auch noch Chefredaktor und Verleger ist. Drei Hüte, um eben diese Marina Lutz (Leitung Produktion) herauszugeben, zu verlegen und ihr als Chefredaktor den Weg zu weisen. Denn ausser einer Assistentin ist das dann bereits die ganze Redaktion.

Leider ist das nicht zum Lachen, sondern eher zum Heulen. Wieso das Blatt «Nebelspalter» heisst und nicht «Millius schreibt», ein Geheimnis. Wieso diese 68 Seiten Fr. 11.80 wert sein sollen: ein Geheimnis. Wieso die Scherze aus dem Archiv nach alten Socken riechen: kein Geheimnis. Wieso die neuen auch? Grosses Geheimnis.

Schlimmer noch: das soll ein Relaunch sein? Ein Beispiel für: man kriegt nie eine zweite Chance, einen ersten Eindruck zu machen? Die älteste Regel im Journalismus lautet: am Anfang muss es rums machen, nachlassen kann man anschliessend. Aber hier? Seitenfüller, Lückenbüsser, Rezykliertes, Altbekanntes, aus Verzweiflung ergänzt mit willkürlich und nach keinen verständlichen Kriterien ausgewählten Restanzen aus dem Archiv.

Neustart, Ansage, Positionierung, Absicht, Ziele, Gefässe, Heftrhythmus? Es plätschert dahin, und dann ist mal fertig. Originelles Blattprinzip. Das ist nicht mal ein Blattschuss. Auch kein Plattschuss. Das ist ein Schuss in den Ofen. Dagegen ist selbst der Nebi online gehaltvoll, und das will doch etwas heissen.

Aber geradezu seherisch ist das «Schlusszitat», eine Abwandlung eines bekannten Spruchs von Albert Einstein: «Der Unterschied zwischen Dummheit und Genialität ist, Genialität hat ihre Grenzen.» Sehr, sehr wahr …

Amok Somm

Nebel und spalten, das scheint seine Devise als Chef zu sein.

Der «Nebelspalter» entwickelt sich immer mehr zum Paradebeispiel, wie man es wirklich nicht machen sollte. Grosse Klappe, grosse Ausgaben, ein Fehlentscheid nach dem anderen.

Zunächst setzte die Riege älterer Herren auf den völlig falschen Mann, um essentielle Dinge wie CMS, Marketing, Geschäftsleitung und Einwerbung von Inseraten zu wuppen. Beratungsresistent verkrachte sich Markus Somm schon ganz am Anfang mit einem ausgewiesenen Fachmann, der Somms Ansage, dass es eine absolute Bezahlschranke ohne Wenn und Aber gebe, zu recht als vollgaga kritisierte.

Tolle Büroräumlichkeiten, eine sich aufblähende Payroll, teuer produzierte Selbstbespiegelungs-Videos, redaktionelles Chaos, dafür eine «Assistentin der Chefredaktion», Szenen aus Absurdistan. Lange Zeit erschien das Online-Magazin so inseratefrei wie die «Republik», nur nicht ganz freiwillig. Zahlen wurden wohlweislich keine bekanntgegeben. Dann wurde mal zähneknirschend bestätigt, dass ZACKBUM mit knapp 4000 Abonnenten durchaus richtig liege. Peinlich.

Dann viel fire und kaum hire, im Impressum scheint eine Drehtüre eingebaut zu sein, aus der aber mehr Leute rausgehen als reinkommen. Redesign eins, Redesign zwei, Wechsel des Geschäftsführers, Wechsel des CMS, Redesign drei, das übliche wilde Geruder, wenn ein Schiff Wasser zieht und leise gluck gluck zu machen beginnt.

Inhalt? Nicht nennenswert, nicht bemerkenswert, gepflegte Langeweile. Dem «Nebelspalter» ist es nie gelungen, sich als Stimme in der Öffentlichkeit zu etablieren. Und nun noch das. In der gewohnt ruppigen Manier des Hauses wurde der Chefredaktor der Printausgabe gefeuert. Per sofort freigestellt, und tschüss. Dabei figuriert er sogar noch im Impressum der Online-Version, damit es dort nicht so schmürzelig aussieht. Ein solcher Rausschmiss ohne Vorwarnung einer verdienten Führungskraft schlägt sogar noch die Freistellung Dorers bei Ringier. Das ist einfach rüpelhaft und unanständig.

Dabei war Ralph Weibel solidarisch und aufrecht bemüht, den absurden Spagat – online neu und politisch aktiv – Print traditionell und dem gepflegten Scherz verpflichtet – mitzutragen. Aber damit fing der Wahnsinn schon an. Wie man ernsthaft auf die Idee kommen kann, den «Nebelspalter» zu spalten und online etwas ganz anderes zu machen als im Print – gaga. Man hat zwar eine der traditionellsten Marken der Schweizer Medienlandschaft gekauft, die steht aber für alles andere als für das, was Somm* daraus machen wollte.

Das ist etwa so, wie wenn man Coca-Cola kauft, um dann Flugreisen anzubieten. Bei Verträgen spricht man von einem Grundlagenirrtum, beim «Nebelspalter» muss man gaga sagen.

Als einzige feste Grössen sitzen Markus Somm und Dominik Feusi auf ihren Stühlen. Bislang. Sie grinsen die wenigen Besucher auch von überall her auf der nochmals neu designten Homepage an. Viel besser geworden ist sie allerdings auch im dritten Versuch nicht.

Wie soll’s weitergehen? Die Frage ist wohl eher: wo soll das enden? Wenn man dermassen viele Fehler macht, dermassen erfolglos ist, dermassen viel Geld zum Fenster rausschmeisst, dann verröstet man schnell einmal die eingesammelten Millionen.

Die neuste Zacke im Zickzackkurs scheint nun zu sein, dass man Print und online näher zusammenführen will. Also das, was online nie sein sollte, nämlich ein Karikaturenblatt, nun mit Karikaturen anfüllen. Und die Printausgabe, die nie ein Politblatt sein wollte, mit Politik füllen. Mit anderen Worten hat man einen weiteren Grundlagenirrtum endlich eingesehen. Und durch zwei neue ersetzt.

Mysteriös bleibt einzig, wieso die Shareholder und der exzellent besetzte Verwaltungsrat diesem Treiben bislang tatenlos zuschaut. Offensichtlicher, dass ein guter Chefredaktor deswegen kein guter Unternehmer sein muss, war’s wohl nie in der jüngeren Pressegeschichte.

Schade eigentlich. Denn man kann Somm ja vieles vorwerfen, aber mangelnden Schreib- und Sprechfleiss sicher nicht. Nur schadet er sich natürlich auch hier selbst, weil sich die Hörer und Leser auf anderen Plattformen zunehmend fragen: Und der will uns die Welt erklären, dabei hat er nicht mal seinen eigenen Laden im Griff?

*Packungsbeilage: René Zeyer schrieb längere Zeit und gerne für die BaZ, als Somm dort Chefredaktor war. Ein guter Chefredaktor, der alle Freiheiten liess und mutig Druckversuchen standhielt.

Abziehender Nebel

Ein Chefredaktor ist noch kein Unternehmer.

ZACKBUM hat eine hohe Meinung von Markus Somm als Chefredaktor. Als er bei der «Basler Zeitung» am Gerät war, konnte René Zeyer dort Artikel veröffentlichen, die im heutigen Weichspülerjournalismus undenkbar wären. Frontalangriffe auf die Credit Suisse, eine Serie über die Räuberhöhle Liechtenstein, und so weiter.

Da sah man rote Köpfe, es trudelten die üblichen Drohschreiben der üblichen Anwaltskanzleien ein – Somm kümmert das nicht; er vertraute darauf, dass der Autor wusste, was geht und wo die Grenzen liegen. Zu recht. Kaum war Somm weg, war es fertig mit der BaZ.

Dass der von Somm bewunderte Christoph Blocher die BaZ verkaufte und sich stattdessen ein Gratiszeitungs-Imperium im Printbereich zulegte – niemand ist vor Fehlentscheidungen gefeit.

Dann gelang es Somm, mit einer kühnen Idee immerhin rund 80 Investoren dazu zu bringen, je 100’000 Franken lockerzumachen. er selbst investierte natürlich auch. Aber selbst bei oberflächlicher Betrachtung von aussen kamen schwere Zweifel, ob das eine gute Idee sei.

Angefangen beim Namen «Nebelspalter», dazu die kreuzfalsche Wahl eines vermeintlichen Gurus, der ältere Herren ohne grosse Ahnung vom Internet flachquatschte. Ein teures proprietäres CMS bastelte, anstatt Open Source zu verwenden, als Geschäftsführer und Inserateverantwortlicher krachend versagte. Eine Paywall-Fixierung in Absurdistan. Nichts gratis, keine Versucherli, Content kostet, wir haben nix zu verschenken, war die Devise. Völlig beratungsresistent war Somm dann auch noch. Ein Crack auf diesen Gebieten mit Leistungsausweis schied im Krach und hat noch Rechnungen offen.

Dazu die üblichen Start-up-Dummheiten. Zu schnell und zu gross aufgeblasene Payroll, unübersichtliche Strukturen, teure Büros, verkniffenes Schweigen gegen aussen über die Zahlen. ZACKBUM veröffentlichte als Erster, dass es jämmerliche 4000 Abonnenten waren, die über die Monate zusammenkamen. Schlimmer noch: ausser Philipp Gut schaffte niemand einen Primeur, einen Knaller, eine Geschichte, die von den Medien aufgenommen werden musste.

ZACKBUM hat mehrfach und ausführlich und besorgt kritisiert. Denn eine dritte kompetente Stimme aus dem konservativ-liberalen Lager täte der Schweiz gut. Aber eine runde Million Startkapital ist schneller verröstet, als es sich der Möchtegern-Unternehmer so vorstellt.

Inzwischen sollen es rund 4500 Abonnenten sein. Nicht nichts, aber weit entfernt von einer tragfähigen Basis. Zweieinhalb Jahre nach dem Start ist die Zwischenbilanz bitter. Rund 800’000 Franken Aboeinnahmen, läppische Inserate, ein wenig schlapper «Sponsored Content», von den vielen, sehr vielen Werbemöglichkeiten macht nach wie vor kaum einer Gebrauch. Kein Wunder, es geht nicht nur um den TKP, sondern vor allem um den Traffic, und der ist weiter so dünn, dass keine Zahlen veröffentlicht werden.

Hinzu kommt: you never get a second chance to make a first impression. Man kann das alles zuquatschen, Fehler machen gehöre dazu, man lerne, man werde besser. Die Wahrheit ist: viel zu spät wurde das Ruder herumgerissen. Der unfähige IT-Mensch, Geschäftsführer und Werbeverantwortliche gefeuert. Nachdem Unsummen verballert wurden. Die Work Force wurde radikal und brutal geschrumpft. Sichtbar sind eigentlich nur Markus Somm, Dominik Feusi, dazu ein wenig Axel Reichmuth oder Daniel Wahl.

Das Impressum zählt immer noch 12 Redaktoren, dazu neun «ständige Mitarbeiter». Als Reputationsmanagement leistet man sich tatsächlich noch eine «Assistentin der Chefredaktion». Das ist ungefähr so lächerlich wie die «Stabsstelle Chefredaktion» der «Republik».

Eigentlich wäre ja die Brainpower vorhanden. Konrad Hummler ist der Präsident des Verwaltungsrats, dazu Sandro Rüegger. Ob der auch nicht mehr so neue «Geschäftsführer und Verkauf» Christian Keller bislang was gewuppt hat, lässt sich von aussen schwer beurteilen. Er legte die Axt an die auswuchernde Payroll, wobei es dem Vernehmen nach zu eher unschönen Abgängen kam. Aber sonst?

Somm sagte unlängst: «Die 80 Investoren wollen ein Medium, das aufrüttelt.» Aber stattdessen wird einfach durchgeschüttelt. Kosten gespart, strikte Paywall gespült, schon wieder ein neuer Webauftritt, dazu schon wieder eine Werbekampagne. Dazu so originelle Sachen wie Werbevorspann vor dem Artikel – oder zahlen. Also alles das neu durchdeklinieren, was andere schon längst probieren.

Aber das alles ist ja Kosmetik. Sogar die «Republik» schaffte es gelegentlich, mit aufgeblasenen Skandalen die Reichweite zu erhöhen. Dass die dann zusammenfielen wie Soufflees, das ist halt der Unfähigkeit der dortigen Schreibkräfte zuzuschreiben.

Andere Geschäftsleitung, alles Geld schon wieder in den Ofen schieben, das für das erste Redesign ausgegeben wurde, als man einsah, dass der Seitenauftritt und das teure CMS schlicht und einfach Schrott waren. Nun zum dritten Mal neu.

Auch das wird in die Hose gehen, und dann werden die Investoren wohl ernsthaft darüber nachdenken, ob sie schlechtem Geld weiter gutes hinterherwerfen wollen. Nach zweieinhalb Jahren kann man schlecht wiederholen, dass man halt noch am Üben sei.

Was es bräuchte, sind keine Ankündigungen oder selbstkritischen Worte. Sondern die Einsicht, dass Somm als Unternehmer und als Chefredaktor versagt hat. Er schreibt zwar mengenmässig wie ein Weltmeister und bereichert mit seiner Fistelstimme jede Talkrunde, die nicht die Türen vor ihm verrammelt.

Aber was es wirklich bräuchte, wäre Content. Content wie Primeur, wie Skandal, wie «kann man nicht übersehen». Content wie «darüber spricht man in der Öffentlichkeit». Content wie: «an dieser Analyse kommt man nicht vorbei». Aber wer sich schreiberisch und verbal so verausgabt wie Somm, der hat dann keine Zeit mehr, sich um das Wichtigste zu kümmern, was ein Chefredaktor tun sollte: Themen setzen, für Resonanz sorgen, harte Recherchen ansetzen, für Trouble sorgen (lassen). Und auch wichtig: die Abläufe im Griff behalten. Da muss zeitweise ein tolles Chaos geherrscht haben.

Mit einem Wort: Bestandteil des politischen Diskurses werden, an dem man schlecht vorbeikommt. Das muss halt kantig und provokativ, aber gut sein. Denn freiwillig würde Tamedia niemals, CH Media nur bedingt und die NZZ nur im Ernstfall etwas aufnehmen, was der «Nebelspalter» enthüllt hat.

Ach, und nur so als Anregung. Elon Musk traut sich, Logo und Namen von Twitter zu ändern. Kann in die Hose gehen, muss aber nicht. Hier wäre es ein klares Signal, dass man es wirklich nochmal wissen will, wenn man sich vom Namen «Nebelspalter» trennte. Man kann aus einem gehobenem, etwas angestaubten Witzblatt kein scharfes Politmagazin machen – unter dem gleichen Namen.

Das ist bereits ein Grundlagenirrtum. Und wenn ein Geschäft, eine Firma auf so was aufbaut, dann ist sie – bedauerlich, aber unvermeidlich – zum Untergang verurteilt.

 

 

Wumms: Elon Musk

Wollt ihr mich weiter als Chef?

Eines muss man dem erratischen Genie Elon Musk lassen: «Should I step down as head of Twitter? I will abide by the results of this poll.» Das ist mal eine Ansage.

Rund 17 Millionen Twitterer haben an der Abstimmung teilgenommen, ob Musk als Chef des von ihm für 44 Milliarden US-Dollar gekauften Kurznachrichtendiensts Twitter zurücktreten soll oder nicht. Zugleich verspricht er, sich dem Ergebnis zu unterwerfen.

Musk war an verschiedenen Fronten in die Kritik geraten. Zum einen, weil er kurz nach Amtsantritt praktisch die gesamte Führungsriege und die Hälfte der Angestellten gefeuert hatte – während die Überlebenden bereit sein sollten, auch 80-Stunden-Wochen zu schieben. Nach der Devise: besser jetzt im Büro schlafen als zukünftig auf der Strasse.

Dann hatte seine Politik, Konten wieder zu öffnen und andere zu sperren, ebenfalls für Gebrüll gesorgt. Sogar Regierungen äusserten ihr Unbehagen darüber, was mit Twitter zukünftig geschehen könnte, wenn Musk weiterhin herumfuhrwerkt.

Die Twitternutzer haben entschieden: 57,5 Prozent sind dafür, dass Musk zurücktritt.

Das ist nun unbestreitbar originell. Und sollte Schule machen. Wie wäre es mit einer Abstimmung unter Facebook-Nutzern, ob Mark Zuckerberg zurücktreten sollte? Das Resultat wäre allerdings von Vornherein klar.

Oder wäre das eine Möglichkeit, endlich doch die Volkswahl Schweizer Bundesräte einzuführen? Oder zumindest die Frage zur Abstimmung zu stellen, ob beispielsweise Bundesrat Alain Berset zurücktreten sollte oder nicht.

Schule machen könnte das auch in Biotopen wie «Operation Libero», «Republik» oder «Nebelspalter». Jeweils die Mitglieder oder Abonnenten könnten darüber abstimmen, ob Sanija Ameti, Constantin Seibt oder Markus Somm wegen erwiesener Unfähigkeit zurücktreten sollten. Da aber auch hier die Resultate vorhersehbar wären, wird das leider nicht geschehen.

Geradezu langweilig vorhersehbar war die Reaktion in den Mainstream-Medien, die Musk nicht mögen. Stellvertretend für alle anderen schrieb der «Digitalredaktor» Matthias Schüssler von Tamedia: «Pseudo-Abstimmung, scheindemokratisches Besänftigungsmanöver». Wäre doch immerhin was, wenn sein Oberboss Pietro Supino es auch mal auf ein solches Besänftigungsmanöver ankommen liesse. Das Resultat dürfte auch nicht anders ausfallen.

Die Echsenmenschen und ich

Die «Republik» weiss mehr. Mehr über alles. Und mehr über alle. Auch über mich.

Von Stefan Millius*

Endlich erfahre ich, dass ich an Ausserirdische glaube.

Und so klingt eine Ferndiagnose der Journalismus-Neuerfinder in einem der letzten Newsletter der «Republik»:

«Am Ende warten die Echsenmenschen. Das sagt Ihnen nichts? Es geht da um die Theorie, dass Ausser­irdische auf der Erde schon lange die Macht übernommen haben. (…) Klingt abstrus – klar. Aber viele Menschen glauben daran. (…) Die meisten davon nicht, weil sie durch­geknallt sind, sondern weil sie irgendwann im Strudel von Falsch­meldungen, materieller Verzweiflung oder Angst den Faden verloren haben. Und weil es Profis gibt, die davon leben, genau diese Menschen immer tiefer in den Kaninchen­bau zu locken. (…) Im Zweiteiler «Die Infokrieger» haben wir Ihnen diese Profis letzte Woche vorgestellt.»

Im besagten Zweiteiler geht es um Medienschaffende und Medien, die sich erdreisten, politisch eher rechts statt links positioniert zu sein. Darunter befindet sich meine Wenigkeit. Meinen Mitverschwörern und mir wird unterstellt (beziehungsweise natürlich nachgewiesen), dass wir Staat und Demokratie unterwandern wollen. Diesem Thema hat die «Republik» das übliche Binge-Writing gewidmet, ZACKBUM hat darüber berichtet.

Viele Behauptungen, keine Belege

Über die dünne Story, wobei nur schon dieses Wort Überwindung kostet, muss man nicht mehr viel sagen. Sehr zu meinem Leidwesen. Denn selbst als aktiver Beteiligter des hinterhältigen Plans hätten mich Details brennend interessiert, die leider fehlen, um die These des «Infokriegs» und seiner Söldner zu stützen.

Wo ist der inkriminierende, überaus geheime Mailaustausch zwischen uns Staatsfeinden, gnadenlos publiziert von der «Republik»? Wo erfahre ich als Leser mehr als das, was ich sowieso weiss, wenn ich Zeitung lese – dass «Weltwoche», «Nebelspalter» und «Die Ostschweiz» in einigen Fragen dieselbe Haltung vertreten und einige Autoren für mehrere dieser Titel arbeiten? An welchem Punkt ist die «Reportage» (auch dieses Wort fällt mir schwer) über eine angebliche Verschwörung mehr als selbst eine reine Verschwörungstheorie?

Haltlose Übertreibungen

Da wird eine journalistische Zuckerwatte, die es beim geringsten Luftzug verbläst, per Illusion zu einer 5-Kilo-Toblerone gemacht. Darüber könnte man ja noch hinwegsehen. Aber regelrecht standeswidrig für jedes Medium wird es, wenn die «Republik» in ihrem Newsletter zu abstrusen Übertreibungen und falschen Bildern greift, um den Erguss zu verkaufen.

Echsenmenschen? Ich bezweifle, dass Roger Köppel, Markus Somm, Milosz Matuschek, Joyce Küng oder irgendeiner der anderen an der Verschwörung beteiligten Personen glauben, unter der Haut von Klaus Schwab, Bill Gates, Hillary Clinton oder Alain Berset verberge sich ein ausserirdisches Schuppenmonster. Entsprechend versucht auch keiner von uns, diese Theorie den Lesern zu verkaufen.

Aber genau das behauptet die «Republik». In dem «Kaninchenbau», den wir offenbar als Falle für unmündige Medienkonsumenten gegraben haben, möchten wir diesen die Legende von den Reptiloiden andrehen. Steht jedenfalls im Newsletter.

Schluss mit «Happy Hour», liebe «Republik»

Bei unserer Arbeit geht es also nicht darum, die Verhältnismässigkeit der Coronamassnahmen zu überprüfen, den Krieg in der Ukraine aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten oder ganz banal die Arbeit von Regierung und Parlament zu kontrollieren, weil das ja sonst längst keine Zeitung mehr macht.

Nein, am Ende des Regenbogens wartet unsere eigentliche Mission – endlich allen klarzumachen, dass wir von Echsenmenschen beherrscht werden.

Gäbe es die «Republik» nicht, würde ich nicht einmal selbst wissen, dass ich an Echsen aus dem All in Menschengestalt glaube. Und gäbe es im Zürcher «Rothaus», dem Sitz der Redaktion, keinen frei zugänglichen Alkohol, hätte es wohl auch diesen Zweiteiler über die «Infokrieger» nie gegeben.

*Stefan Millius ist Chefredaktor «Die Ostschweiz» und publiziert auch in anderen Medien. Unter anderen im Reptilienorgan ZACKBUM.