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Coronöse Medienvielfalt

Einfalt statt Differenzierung. Eintopf statt Menü.

Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht. Der Leser ist fassungslos. Kann aber nicht genug kriegen. Ein kurzes Kaleidoskop der Themenbreite der fünf wichtigsten Newsschleudern des Landes.

Zunächst «20 Minuten»

Vorausgesetzt, diese Hitparaden sind tatsächlich gemessen am Leserverhalten, kann man feststellen, dass es mal wieder für den Schweizer nur ein Thema gibt. Ganz knapp schaffen es andere, unwichtige Ereignisse wie die US-Präsidentschaftswahlen noch auf die hinteren Plätze.

Die Hitparade der NZZ

Ansonsten herrscht das klickgetriebene Prinzip: Gib dem Leser, was der Leser will. Nun ist dieses von jedem Verlagsmanager runtergebetete Kalkül so kurzsichtig wie das meiste, was Verlagsmanager so sagen.

Theorie und Praxis

In der Theorie hört es sich toll an: Angebot richtet sich nach Nachfrage, kann man an der Klickzahl messen, also zielt man mit dem Angebot voll in die Nachfrage. Mehr Klicks, mehr Attention, mehr Werbeeinnahmen. Super Sache.

Überhaupt nicht. Fangen wir mal bei den Ratten an, ohne Leser auch nur im entferntesten damit vergleichen zu wollen. Ratten haben ein Belohnungs- oder Lustzentrum im Gehirn. Das ist so eine Art Schaltkreis, der mit Neurotransmittern wie Dopamin funktioniert. Umgangssprachlich deshalb auch als Glückshormon bekannt.

Menschen im Allgemeinen und Leser im Speziellen haben das auch. Nun hat man an Ratten getestet, was passiert, wenn man dieses Belohnungszentrum elektrisch stimuliert. Dafür hat man der Versuchsratte die freie Wahl zwischen zwei Hebeln gelassen. Betätigt sie den einen, gibt’s Futter satt. Betätigt sie den anderen, gibt’s Stimulierung.

«Blick online»

Natürlich verhungert die Ratte lieber, als auf den Futterhebel zu drücken. Was will uns dieses Beispiel sagen? Ganz einfach: Wenn jemand Griessbrei mag, kann man ihm mit Griessbrei eine Freude machen. Die dann irgendwann in Ekel umschlägt, wenn man immerzu und immer wieder Griessbrei anbietet.

Das gleiche Prinzip gilt auch bei den unter Marketing-Leuten so beliebten Meinungsumfragen unter Kunden: Was für Erwartungen haben Sie an unser Produkt? Was würden Sie sich wünschen? In Wirklichkeit zwei völlig bescheuerte Fragen. Die Erwartung ist schlichtweg, dass es seinen Dienst tut, und das zu einem verträglichen Preis. Und Wünsche? Woher soll das der Kunde denn wissen? Aus Hilflosigkeit meint er meistens: na ja, das gleiche Produkt, nur irgendwie besser, dafür billiger.

CH Media

Zurück zu den Lesern als Zielgruppe. Die waten schon seit Tagen in ganzen Seen von Griessbrei, dazu regnet es Griessbrei, sie werden von Werbung zugeschüttet, auf der steht: Noch mehr Griessbrei! Hier gibt es schmackhaften Griessbrei. Nach dem Griessbrei ist vor dem Griessbrei.

Also kann es durchaus sein, dass die Stimulierung des Lustzentrums irgendwann in Unlust umschlägt, in Überdruss, ja in Ekel. Man spricht da auch von Überfütterung. Nun ist es in der jüngeren Mediengeschichte einmalig, dass dermassen monothematisch nur ein Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit abgehandelt wird.

Tamedia

Selbst bei der Finanzkrise von 2008, als immerhin das weltweite Geldsystem knapp vor der Kernschmelze stand, waren die Massenmedien nicht dermassen extrem auf dieses einzige Thema fixiert. Wobei Fixierung nur die eine Seite der Medaille ist.

Fixierung und verwechselbare Ähnlichkeit

Denn neben Fixierung ist auch eine Gleichförmigkeit in der Berichterstattung vorhanden, die vorher nur von kommunistischen Parteizeitungen erreicht wurde. Die Corona-Massnahmen der Regierungen sind zweifellos nötig, Kritik daran ist falsch, wer die Kernzahlen, mit denen all die Massnahmen begründet werden, hinterfragt, ist ein Corona-Leugner.

Wer gar wagt, darauf hinzuweisen, dass schon jetzt unvorstellbare wirtschaftliche Schäden angerichtet wurden, die von einem drohenden zweiten Lockdown noch dramatisch verstärkt würden, ist ein Unmensch, der Finanzielles über den Wert eines Menschenlebens setzt.

Dummheit oder Absicht oder beides?

Und wer – wie der Autor – sich langsam fragt, ob dümmliche Faktenchecks, das ewige Nachbeten und Wiederholen von gleichen Kernbotschaften, von völlig unerheblichen Zahlen nur Ausdruck des elenden Zustands der Massenmedien ist – oder vielleicht auch Absicht dahintersteht, der ist natürlich ein Verschwörungstheoretiker. Und meint sicherlich, das Virus sei von Bill Gates erfunden worden, der es zusammen mit anderen Superreichen allen einpflanzt, um die Weltherrschaft zu erobern.