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Aber hallo, liebe NZZ

Der neue Feuilletonchef Benedict Neff langt kräftig zu. Bravo.

Es herrscht Elend, Zähneklappern, Gewäffel und Gejammer auf dem Schweizer Medienmarkt. In einer seltsamen Volte werfen sich Linke und Alternative dafür in die Schlacht, dass schwerreiche Medienclans mit Steuermilliarden unterstützt werden.

Geschenke für Multimillionäre, was für eine Verwirrtheit, was für ein Verrutschen aller Massstäbe. Das ist bei der NZZ entschieden anders. In jeder Beziehung. Denn der NZZ-Verlag ist ausgesprochen für das verabschiedete Mediengesetz als «Kompromiss», und somit entschieden gegen das ergriffene Referendum.

Was bei Tamedia, CH Media oder Ringier völlig ausgeschlossen wäre, ist bei der NZZ offenbar gelebte Liberalität. Schon der zweite Redaktor knallt den Befürwortern der Steuermilliarde schwer eine vor den Latz.

Spitzenleistung an Klarsicht.

Der neue Feuilletonchef langt richtig zu

Diesmal ist es immerhin der frischgebackene Feuilleton-Chef Neff. «Die verlorene Glaubwürdigkeit der Schweizer Grossverleger», so lautet der Titel seines Kommentars, und in dieser Preislage geht es weiter.

Neff bringt die Schizophrenie auf den Punkt:

«Die geplante Förderung der Schweizer Medien droht an der Urne zu scheitern. Und dies zu Recht. Aus liberaler Sicht sind die Subventionen abzulehnen. Aber auch Linke dürfen sich fragen: Brauchen schwerreiche Unternehmer wirklich Staatshilfe?»

Natürlich nicht, erklärt Neff. Mehr noch; die Verlegerclans würden immer mit der Wichtigkeit ihrer Aufgabe hausieren gehen und damit, dass die Glaubwürdigkeit das grösste Kapital der Medien sei. «Umso mehr wundert man sich, dass der Verlegerpräsident und seine Verbandskollegen so fahrlässig mit der Glaubwürdigkeit des Journalismus umgehen.» Zack.

Im Gegensatz zum Gesülze von Linken und vom Verlegerverband bringt es Neff auf den Punkt:

«Bei den Familien Coninx (TX Group), Ringier (Blick) und Wanner (CH-Media) handelt es sich um reiche bis schwerreiche Familien, die über Jahrzehnte vorzüglich am Mediengeschäft verdient haben und immer noch gut verdienen.»

Neff zieht den Exponenten dieser schwerreichen Familien die Hosen stramm. Sowohl Ringier-CEO Marc Walder wie Pietro Supino von Tamedia sprächen von «primitivem Populismus» der Gegner der Mediensubventionierung, von «purer Polemik». Neff: «Mit Stilkritik reagiert oft, wer nicht in der Lage ist, die Argumente des Gegners auseinanderzunehmen.» Tschakta.

 

Clanbildung ist in Schottland gut, aber nicht in den Medien.

Neff verarbeitet die wenigen Argumente der Befürworter zu Kleinholz

Neff hat einen Lauf:  «Für die Glaubwürdigkeit privater Medienunternehmen ist die grösstmögliche Unabhängigkeit von zentraler Bedeutung.»

Der Coninx-Clan würde von der Medienförderung am stärksten profitieren, konstatiert Neff, dabei kontrolliere der Clan bereits 40 Prozent der veröffentlichten Meinung in der Deutschschweiz und 70 Prozent in der Westschweiz.

«Wer glaubt, dieses Zeitungskonglomerat habe sich in den letzten Jahren um den Journalismus besonders verdient gemacht, irrt. Obwohl sich der Verlag ein eigenes Korrespondentennetz gut leisten könnte und dies der Förderung von Schweizer Journalisten zweifellos dienen würde, stammt der Ausland-Teil bis auf wenige Artikel aus der «Süddeutschen Zeitung».» Zackbum.

Die TX Group habe dabei nach den Regeln des Kapitalismus gespielt, Marktanteile aufgekauft und die Kosten gedrückt. Alles erlaubt.

«Stossend und bigott wird es aber, wenn ein solches Unternehmen die hohle Hand macht und die Steuerzahler bittet, für die angeblich notwendigen Investitionen aufzukommen, die es selbst schon lange nicht mehr tätigen will.»

Dass hier die «Republik» und Tamedia vereint im Kampf für die Steuermilliarde seien, das ist in den Augen Neffs wirklich nur noch ironisch zu verstehen. «Die klassenkämpferische Attitüde der «Republik»-Journalisten ruht in diesem speziellen Fall aber: Gemeinsam mit Supino freut man sich auf die künftigen Millionen.»

Mit liebevoller Unterstützung der Klassenkämpfer von der «Republik».

Fazit: «Dass die Verleger nicht die Kraft haben, sich aus der Umarmung der Politik zu befreien, ist bedauernswert.» Das nennt man mal eine Breitseite, einen Blattschuss. Ein Kommentar zum Einrahmen.

Es ist auch mehr als ironisch, dass einzig die NZZ, von Linken gerne bis heute als Sprachrohr des Kapitals geschmäht, so klare Worte findet. Gegen die Interessen des Kapitals, gegen den eigenen Verlag, der sich auch auf Subventionsmillionen freut.

Die NZZ erledigt die Denkarbeit und kritisiert die Unterstützung reicher Clans mit einer Steuermilliarde. Linke Exponenten werfen sich für Multimillionäre in die Bresche. «World gone mad», so nannte der alte Weise Bob Dylan vor Jahren eine Song-Sammlung. Wie recht er doch hat.

Hauskrach bei der NZZ

Verlag und Redaktion sind bezüglich Mediensubventionen unterschiedlicher Meinung.

Der «Klein-Report» förderte Erstaunliches zu Tage. Der NZZ-Verlag hält die beschlossene Medienförderung für einen «sinnvollen politischen Kompromiss», die Redaktion ist hingegen strikt dagegen.

Spannende Ausgangslage beim bevorstehenden Abstimmungskampf, wenn das Referendum gegen die vom Parlament beschlossene zusätzliche Subventionierung der Privatmedien zustande kommt. Davon ist auszugehen, also hat ZACKBUM bei der Medienstelle der NZZ nachgefragt, was denn nun Sache ist.

Die Fragen wurden schriftlich gestellt und beantwortet.

ZACKBUM: Ist es Ausdruck gelebter Liberalität, dass Verlag und Redaktion öffentlich diametral unterschiedlicher Meinung sind?

NZZ: Das ist in der Tat Ausdruck der gelebten redaktionellen Unabhängigkeit – die ja in beide Richtungen gehen kann. Es ist aber auch nicht so, dass die Meinungen völlig auseinandergehen. Seitens Verlag hat man sich schon seit Jahren positiv zum Ausbau der Indirekten Presseförderung (Vergünstigung Posttaxen) gestellt und sieht durchaus die kritischen Punkte bei der (direkten) Online-Förderung. Während die Redaktion sich aus grundsätzlichen Überlegungen gegen das gesamte Medienpaket stellt, vertritt der Verlag hier eine etwas «pragmatischere» Position, die auch eingebunden ist in die Entscheidungsfindung im Rahmen des Verlegerverbands (VSM), der ja in erster Linie die politische Interessenvertretung für die Branche wahrnimmt. Innerhalb des Verbands haben wir uns als Unternehmen schon früh zum politischen Kompromiss – und damit zu einem Ja zum Medienpaket – bekannt. Es geht dabei nicht nur um die NZZ, sondern vor allem auch um die kleineren regionalen Verlage, für welche die vorgesehene Medienförderung zum Teil existenzielle Bedeutung hat. Und als Unternehmen müssen wir auch die Interessen unseres Gemeinschaftsunternehmens CH Media vertreten. Inhaltlich spielt zudem eine Rolle, dass die heutige Marktsituation im Medienbereich keine nach liberalem Lehrbuch ist, sondern verschiedene Marktverzerrungen kennt (öffentliche Finanzierung der SRG, Postmarkt etc.). Auch vor diesem Hintergrund lässt sich eine Unterstützung des Medienpakets aus liberaler Sicht gut vertreten.

Die Redaktion hat ihre Ablehnung ausführlich begründet. Konnte sie damit den Verlag nicht überzeugen?

Verlag und Redaktion beschäftigen sich schon seit längerer Zeit mit dem Thema der Medienförderung. Wir haben uns immer ganz offen über unsere jeweiligen Positionen ausgetauscht. Die kritischen Punkte der Redaktion werden auch vom Unternehmen sehr wohl verstanden und geteilt. Während die Redaktion hier etwas grundsätzlicher argumentiert, agiert das Unternehmen vielleicht etwas realpolitischer und ist auch in die Entscheidungsprozesse des Branchenverbands eingebunden. Denn als Unternehmen treten wir in dieser Debatte nicht an vorderster Front auf – die politische Interessenvertretung wird primär über den Verband Schweizer Medien wahrgenommen.

Auch der VRP der NZZ hatte sich sehr kritisch gegenüber staatlicher Medienförderung geäussert. Ist er in diese neue Position des Verlags eingebunden?

Selbstverständlich erfolgt hierzu ein Austausch zwischen der Geschäftsleitung und dem VRP, und die Position wird gemeinsam definiert. Es gibt auch keinen Widerspruch zu den erwähnten früheren Äusserungen. Die grundsätzliche Skepsis gegenüber Subventionen und vor allem einer direkten Medienförderung teilt ja auch das Unternehmen NZZ. Am Ende kann man aber bei einem Gesamtpaket nicht mehr differenzieren, sondern nur noch Ja oder Nein sagen, und wir haben uns entschieden, das Paket zu unterstützen, auch weil für uns die Indirekte Presseförderung Priorität hat.

Für den Verwaltungsrat zählt dabei insbesondere folgendes Argument: Der heutige Medienmarkt ist verzerrt. Wir sind vor allem bei den Online-Angeboten einer massiven und unfairen Konkurrenz durch das öffentlich finanzierte Angebot der SRG ausgesetzt. Solange diese Marktverzerrungen nicht behoben sind, rechtfertigt sich auch ein Ausgleich zugunsten der privaten Medienanbieter. Im Vergleich zu den Gebühren der SRG von rund 1,2 Mia. CHF sind die Beiträge aus dem Medienpaket sehr moderat.

Sollte das Referendum zustande kommen, gibt es Vorgaben, wie die Redaktion über den Abstimmungskampf berichten wird?

Selbstverständlich nicht!

ZACKBUM ist kein anderer Fall in der jüngeren Pressegeschichte bekannt, in dem Verlag und Redaktion bei einem wichtigen Thema völlig unterschiedlicher Meinung waren. Wird hier eine Mediation stattfinden?

Das ist nicht nötig, denn wie bereits erwähnt, werden die unterschiedlichen Positionen seit Jahren offen diskutiert und es besteht ein beidseitiges Verständnis für die jeweiligen Argumente. Wir sehen kein Problem darin, dass es hier unterschiedliche Meinungen gibt. Das ist gelebte redaktionelle Unabhängigkeit.

Das oberste Redaktionsmanagement unterliegt der Weisungsbefugnis des VR. Wird der VR diese Befugnis verwenden, um die Redaktion auf seine Linie zu bringen?

Bestimmt nicht. Die redaktionelle Unabhängigkeit wird von uns sehr hoch gehalten und spielt auch hier. Zudem verstehen wir die oberste Verantwortung des Verwaltungsrats ohnehin nicht so, dass dieser der Redaktion zu inhaltlichen Stellungnahmen konkrete Weisungen erteilt.

 

Geldregen in offene Münder

Medienkonzerne tröten gerne in die grosse Trompete. Vierte Gewalt, unverzichtbar. Dann stellen sie den grossen Spendeneimer auf.

Es ist eine hochgefährliche Entwicklung. Die sich zudem wiederholt. Seitdem viele Privat-Sender ein paar Krümel vom Milliardentopf der Radio- und TV-Zwangsgebühren abkriegen, sind die Medienkonzerne recht handzahm geworden, was Kritik am Koloss SRG betrifft.

Aufgejault wird nur, wenn im Rahmen der Strategie «digital first» Angebote ausgebaut werden, mit denen sich die Verlage direkt konkurrenziert sehen. Zankapfel ist hier vor allem der News-Auftritt von SRF im Internet. Da wird gehobelt und gebaggert und lobbyiert, dass der möglichst streng eingehagt wird.

Aber wer ausser Kurt. W. Zimmermann weisst schon darauf hin, dass sich im Koloss SRF knapp zwei Sesselfurzer um jeden Journalisten kümmern? Wann las man das letzte Mal etwas über den Wahnsinn, dass im Tessin der Staatssender, Pardon, der staatsunabhängige Verein der grösste Arbeitgeber ist? So neben der Staatsbürokratie?

Martin Kall oder Aston Martin?

Zum Crescendo hat sich das Gejammer seit der Pandemie gesteigert. Weniger Einnahmen, weniger Inhalt, Zentralredaktionen, brutale Sparmassnahmen, ausgehungerte Lokalredaktionen, zum Skelett abgemagerte Zentralredaktionen, Einheitssaucen von Basel bis Bern, von Zug bis St. Gallen, von Aarau bis Luzern, von der Stadt Zürich über den Kanton Zürich.

Aber keinerlei Sparmassnahmen gibt es bei der Phonstärke des Bettelns. Unverzichtbar, besondere Bedeutung, nicht einfach ein profitgieriges Privatunternehmen wie alle anderen auch. Niemals ginge es den Familien Ringier, Coninx, Wanner, Lebrument (und früher mal Hagemanns, aber die haben’s in den Sand gesetzt) um schnöden Mammon. Niemals machte Michael Ringier den kleinen Scherz, dass sich Martin (gemeint war Martin Kall) um den Verlag kümmere, damit er sich um seinen Martin kümmern könne, den Aston Martin.

Aber andere Dienstleister, andere Produzenten können halt nicht so schön staatstragend die hohle Hand machen. Können nicht Politiker so schön mit lobhudelnden Berichten einseifen, wie toll doch das Krisenmanagement funktioniere, wie da Bundesräte, Beamte und Staatswissenschaftler über sich selbst herauswüchsen. Ungeahnte Führungsqualitäten zeigten, den Überblick behielten, Druck standhielten, wahre Supermänner (und Frauen, of course).

Nach Jammern im hohen C wird die Ernte eingefahren

Gelegentlich auch mal ein Nasenstüber, um zu zeigen, dass man es sich mit den Medien nicht verscherzen sollte. Und es hat gewirkt, jetzt können die Verlage die Ernte einfahren. 120 Millionen zusätzlich regnen über die Printtitel herunter; direkt oder indirekt. Aber auch die Internetpräsenz wird mit 30 Millionen Steuerfranken gefördert. Die Hand hinstrecken dürfen Printmedien, Stiftungs- und Mitgliederorgane, Nachrichtenagenturen, Onlinemedien und auch ein wenig die Medienausbildung.

Im Rausch der Milliardennothilfe für eine Not, die der Staat selbst verursacht hat, mag das als Kleckerbetrag erscheinen. Aber mit lediglich 6 Prozent Anteil am 1,25-Milliardentopf für die SRG wurden die Betreiber von Privat-Sendern gefügig gemacht. Weil dieser Zustupf bis zu 60 Prozent des Budgets ausmacht. Also zwischen Sein oder Nichtsein unterscheidet.

Bei den zusätzlich bewilligten Batzeli wird es noch ein hartes Armdrücken zwischen Gross- und Kleinanbietern von News geben. Im Internet kommt ein besonders absurdes Fördersystem zum Einsatz. Nur Plattformen, die vom User Geld verlangen, sollen in den Genuss von Unterstützung kommen.

Was nichts kostet, ist nichts wert?

Also beispielsweise das grösste Portal «20 Minuten online» nicht. «watson» ebenfalls nicht. Auch nicht «Die Ostschweiz». Oder ZACKBUM. Ausser, es wird ein Bezahlmodell hingewürgt, damit der Geldregen nicht vorbeiplätschert.

Neben dem Gehorsam, der Beisshemmung in die Hand, die einen füttert, hat diese Art der staatlichen Subvention noch einen weiteren gravierenden Nachteil. Trotz allem Gedöns über die besondere Rolle und Aufgabe der Medien: wird Nachrichtenvermittlung als Geschäft betrieben, und (fast) alle Anbieter sehen das als Geschäft, dann sollte ein bewährtes Prinzip der Marktwirtschaft gelten.

Wenn es keine Nachfrage gibt …

Ob es ein Angebot braucht, entscheidet der Markt, bzw. der Konsument. Ist der Produzent so blöd, sein Produkt gratis anzubieten oder sich vom Mittelsmann die Werbebutter vom Brot nehmen zu lassen, bietet er sein Produkt zu teuer an, ist es qualitativ lausig, gibt es keine USP, wird sogar weniger für gleichviel Kosten angeboten, dann regelt das normalerweise das Grundprinzip des Kapitalismus.

Solche Buden müssen sich vom Markt verabschieden. Nicht mehr konkurrenzfähig. Zu wenig Nachfrage. Nun gibt es bei Medien schon lange die Unkultur, dass unter beliebigen Vorwänden bei irgendeinem Randgruppenpublikum Unterstützung erbettelt wird. Weil das Organ niemals seinen Aufwand erwirtschaften könne, aber unverzichtbar sei. Sich höher vergreifen als die «Republik» hat noch keiner geschafft: «dringend nötig zur Rettung der Demokratie.»

Wieso soll selbstverschuldete Krise subventioniert werden?

Ob sich das «unabhängiger Journalismus ohne Bullshit» nennt, «News ohne Bla Bla» (und ohne Rechtschreibung), ob eine Stiftung, ein Verein, eine Genossenschaft oder was auch immer hinter einem Newsorgan steht: wer freiwillig dafür etwas bezahlen will, wohlan. Aber warum soll sich der Steuerzahler daran beteiligen? Damit Randgruppenblättchen weiter überleben, damit multimillionenschwere Medienclans weiterhin von üppigen Dividenden sich einen schönen Tag machen können?

Oder kurz: warum soll etwas subventioniert werden, das überwiegend aus eigener Unfähigkeit ins Gebüsch gefahren wurde? Soll da – neben der Landwirtschaft – eine zweite geschützte Werkstatt entstehen? Damit der Kontrolleur vom Kontrollierten finanziert wird? Was für Schwachsinn dabei herauskommt, zeigen unzählige Skandale im Finanzbereich, wo die Prüffirma auch vom Geprüften bezahlt wird.

Aber eine gute Nachricht gibt es: Der Geldregen ist für 2023 angekündigt. Da dürfte es vorher hoffentlich noch ein paar Auslaufmodelle lupfen.

Betteln will gelernt sein

Jeder Profi auf diesem Gebiet weiss: Es kommt auf die richtige Masche an.

Sozusagen die unterste Stufe ist der Drögeler oder Randständige, der genervte Mitbürger an Haltestellen mit dem ewig gleichen Spruch abklappert: «Häsch mer echli Münz?»

Das ersetzt zunehmend das früher gebräuchliche «häsch mer en Stutz?» Aufgegeben wurden die nachgeschobenen Begründungen; «brauche was zu essen», «muss ein Billett kaufen».

Profi-Bettler, meistens aus dem Osten, haben noch weitere Gags auf Lager. Sie zeigen Amputationsstümpfe, andere Behinderungen, oder sitzen einfach wie ein Häuflein Elend am Boden und verfolgen jeden, der so fahrlässig ist, mit ihnen Blickkontakt aufzunehmen.

Steigerung: Bettelei für eine gute Sache

Eine ganz andere Dimension hat die Bettelei für eine gute Sache. Hier wird es auch nicht mehr betteln genannt, sondern spenden. Für die üblichen Hilfsbedürftigen. Hungernde Kinder, kriegsversehrte Erwachsene, Flüchtlinge, Vertriebene, Kranke. Hier ist die Anmache eher dezent, es wird teilweise auch was geboten; unvergesslich die kleinen Konzerte der Heilsarmee bei der Topfkollekte.

Während hier aber die eigentlichen Adressaten der Spenden eher weit weg und anonym sind, gibt es natürlich noch die direkte Bettelei für einen konkreten guten Zweck. Herausragend hier die Leistung der «Republik». Ihr ist es in relativ kurzer Zeit gelungen, ihre Sympathisanten an ein lustiges Geschäftsmodell zu gewöhnen.

Nach dem Betteln ist vor dem Betteln: Geschäftsprinzip der «Republik»

Das lautet: Wir sind überwältigt von so viel bezahltem Zuspruch. Das reicht nun aber sicher die nächsten Jahre. Unterbrochen durch: Ups, wir brauchen dringend doch noch ein paar Mio., wir haben mal nachgerechnet. Aber jetzt reicht’s dann ganz sicher, vielen Dank. Und das in der Wiederholungsschleife, wobei natürlich die Drohungen etwas schriller werden müssen; das letzte Mal war’s schon die Entleibung, falls nicht genug rumkommt.

Aber sozusagen die Champions League ist natürlich das Buhlen um Subventionen. Unschlagbar sind da die schlauen Bauern. Die müssen nicht mal gross was unternehmen, die Subventionen fliessen eigentlich von selbst, und wenn es mal etwas Gebrüll gibt, zum Beispiel über die Belastung des Grundwassers durch überflüssiges Güllen, das kriegen die Lobbyisten auch wieder weg.

Grosses Gedrängel vor den Geldtöpfen des Staates

Nun ist aber Corona-Time, und da will so ziemlich jeder an die Geldtöpfe des Staats. Deshalb herrscht entsprechendes Gedränge und Gekeile. Welle eins, Welle zwei, staatlich verschuldete Lockdowns, Schadenersatz, Überlebenskredit, Hilfe.

Da haben die Medien ein Argument gefunden, das fast so gut ist wie der treuherzige Blick eines Bauern. Sie sind ja nicht einfach Privatkonzerne, die in den vergangenen Jahrzehnten sich dumm und feiss verdient haben. Sie reagieren nicht nur schon seit Langem mit grossem Geschrei auf Ausweitungsversuche von SRF in den News-Markt im Internet. Das sei ihre Domäne, Finger weg, unfair.

Wieso, kontert das die neue TV-Direktorin cool, wir haben einen Informations- und Bildungsauftrag, auch für die Jungen, und wenn die ihre Informationen meistens aus dem Netz holen, dann müssen wir da präsent sein.

Die Medien haben ein unschlagbares Argument

Aber diese Schlacht ist vertagt, denn die grossen Konzerne konzentrieren sich auf ein anderes Bettel-Argument: Uns steht nicht nur das Wasser am Hals, wir sind nicht nur in unserer Existenz gefährdet, wir sind auch die Vierte Gewalt im Staate, wir sind auch service publique, wir sind unverzichtbar in einer offenen Gesellschaft und modernen Demokratie. Wir kontrollieren, decken auf, informieren, fordern, analysieren. Ohne uns, schwer vorstellbar, ohne uns gerät höchstwahrscheinlich die Schweiz aus den Fugen.

Da die Medienkonzerne glücklicherweise auch über genügend grosse Trommeln verfügen, auf die sie hauen können, um diese Argumente so laut wie möglich zu verkünden, werden sie natürlich in Bern gehört.

Welcher Politiker möchte es sich schon ohne Not mit Ringier, Tamedia, CH Media oder der NZZ verderben? Zumal die doch weitgehend brav und obrigkeitshörig als Regierungslautsprecher alle Entscheidungen, Wendungen, alles Versagen brav bejubelt, schöngeschwätzt, staatstragend begleitet haben.

Die gefürchteten Entzugserscheinungen drohten

Nun wären die Staatshilfen bereits Ende November ausgelaufen, und wenn man sich mal an einen schönen Geldtropf gewöhnt hat, dann fürchtet man die Entzugserscheinungen wie ein Drogensüchtiger. Also wurde antichambriert, lobbyiert, gejammert und geklagt, auf die eigene Unverzichtbarkeit hingewiesen.

Mit Erfolg. Da der Bundesrat, mit Ausnahme des Finanzministers, sowieso schon seit dem ersten Lockdown nach der Devise verfährt: raus mit der Kohle, wo die herkommt hat’s noch mehr, hat er sich freundlicherweise entschlossen, weitere 20 Mio. für die Medien locker zu machen.

Natürlich, wir sind hier in der Schweiz, wird das Geld nicht mit der Giesskanne verteilt. Der Steuerzahler übernimmt weiterhin die Zustellungskosten der Print-Produkte, und um denen auch inhaltlich das Leben leichter zu machen, dürfen sie weiterhin gratis bei der Keystone-SDA Material beziehen, das sie dann ihren Lesern mehr oder minder als Eigenleistung servieren.

Die Besitzerfamilien werden geschont

Wunderbar; da müssen die Besitzerfamilien der drei grossen Konzerne nicht in den eigenen Sack greifen, sondern können sich weiter ihren Hobbys widmen. Kunst, Autos, Golf.

Wundersam ist allerdings die Begründung des Bundesrats für die Fortsetzung der milden Gaben. Durch die Corona-Krise sei «die strukturelle Krise der Medien» noch verstärkt worden. Das stimmt. Aber ansonsten hat der Bundesrat immer klar verkündet, dass seine Hilfen nicht dafür gedacht sind, Strukturerhaltung zu betreiben. Was als Geschäftsmodell obsolet geworden ist, es vorher schon war, muss weg.

Subventionierte Dampflok gegen Elektrolok

Nun haben es die meisten Medienkonzerne seit Jahren nicht geschafft, das komatöse Geschäftsmodell – Print, bezahlt durch Werbung und Abo – profitabel ins Internet zu verlegen. Ein klassischer Fall eines Strukturwandels. Die Dampflok kommt ins Museum, die Elektrolok fährt schneller, effizienter, umweltfreundlicher.

Aber die Dampflok kann zu ihrem Tort nicht «vierte Gewalt, service publique» sagen. Die Lautsprecher der Medienkonzerne schon. Und wenn etwas sicher ist auf dieser Welt: neue Steuern werden nie mehr abgeschafft. Neue Subventionen nach fast zwei Jahren auch nicht.

Die deutsche Schaumweinsteuer

Als schlagendes Beispiel dient die deutsche Sektsteuer. Kein Witz, diese Schaumweinsteuer wurde 1902 eingeführt. Sie sollte bei der Finanzierung der «kaiserlichen Kriegsflotte» helfen. Nun ist schon seit mehr als hundert Jahren nichts mehr kaiserlich in Deutschland. Und vom Traum, die Weltmeere zu beherrschen, wurde auch Abstand genommen.

40 Jahre lang existierte die Schaumweinsteuer wenigstens im sozialistischen Teil Deutschlands nicht mehr. Inzwischen aber wieder, in ganz Deutschland. Bis heute. Wetten, dass es mit den Mediensubventionen ein ähnliches Schicksal nehmen wird?