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Ein Medienanwalt in eigener Sache

Das mit der Pressefreiheit ist für Daniel Glasl nicht so sehr in Stein gemeisselt.

Rechtsanwalt Glasl hat sich einen Ruf als energischer Verteidiger von Medienopfern erarbeitet. Wie den meisten Anwälte ist ihm dabei die wahre Reputation des Klienten ziemlich egal.

Die «Weltwoche» unterstellte zwei Uni-Historikern eine Liaison und deshalb eine Art von Beziehungskorruption. Daniel Glasl als Vertreter der beiden jedenfalls nachmaligen Turteltauben sieht darin eine Persönlichkeitsverletzung. Auch Carl Hirschmann, der verzogene Millionärserbe, von Beruf vor allem Sohn, gehörte zu Glasls Mandanten. Was den armen Tamedia-Konzern teuer zu stehen kam.

Schon anlässlich jenes Falles giftete Glasl gegen den Bannerträger des Boulevard, Matthias Schwaibold, der ein Urteil zugunsten von Hirschmann kritisiert hatte. Der Disput verblieb im exklusiven Leserkreis der einzigen medienrechtlichen Fachzeitschrift.

Nun geht’s um die Pressefreiheit

Kein Wunder, dass er sich nun auf einer grösseren Plattform aus anderem Anlass, aber in gleicher Rollenverteilung abspielt. Schwaibold hatte als einer der Ersten darauf hingewiesen, dass die geplante Streichung des Wortes «besonders» in Artikel 266 der Zivilprozessordnung einen weiteren Schlag gegen die Pressefreiheit darstellt. Denn damit werden Massnahmen gegen Medien noch einfacher, auch und gerade die superprovisorischen Massnahmen. Was Schwaibold als Zensurgefahr kritisierte.

Wogegen Glasl aktuell in der NZZ als die obere Instanz für Medien- und Rechtsfragen auftritt. Sich als Leiter der Fachgruppe Medienrecht des Anwaltsverbands präsentierend und damit quasi höhere Legitimation erheischend. Der zuvor in der NZZ publizierte Gastbeitrag Schwaibolds rufe «nach einer korrigierenden Einordnung». Diesen Ruf hat zwar ausser Glasl niemand gehört, aber kein Grund zu schade, mit einer Replik auch etwas mediales Licht auf sich zu lenken.

Die Streichung des Wörtchens «besonders» sei völlig richtig, meint Glasl. Und glasklar daher das Ergebnis seiner korrigierenden Einordnung: «Die geplante Gesetzesänderung ist geboten und angemessen. Die Zensur bleibt verboten, und nichts wird zu Makulatur.» Auch dann, wenn ein geplanter Beitrag schon superprovisorisch vor Erscheinen (und ohne Anhörung des Medienunternehmens!) verboten werden könne, wofür schon ein schwerer und nicht erst ein «besonders schwerer» Schaden ausreichen soll.

Bevor wir aufatmen, welcher Einordnungsprozess geht denn dem voraus? «Wer behauptet, eine «superprovisorische Massnahme gegen periodisch erscheinende Medien» sei ein Akt der Zensur, vergisst, «dass die Medien eine Verantwortung für die Einhaltung des Rechts haben». Was nirgendwo steht und ausser Glasl vermutlich auch nur andere Medienopferanwälte behaupten.

Drohende weitere Rechtsverletzungen werden erwähnt

Mehr noch: Die Medien seien durch die nur auf sie gemünzte Verwendung des Wortes «besonders schwer» privilegiert – in anderen Zusammenhängen genügen für vorsorgliche Massnahmen «bereits die Annahme eines schweren Nachteils». Bloss geht es in «anderen Zusammenhängen» nicht um Grundrechte wie Meinungs- und Medienfreiheit, und zu deren Schutz war das «besonders» denn auch mit Bedacht 1985 zum Gesetz gemacht.

Dass ausserdem die «drohende Rechtsverletzung» auch noch zu «bestehender oder drohender Rechtsverletzung» erweitert werden soll, erwähnt Glasl zwar. Welche Auswirkungen diese doppelte Änderung aber haben würde, lässt er lieber unter den Tisch fallen. Wie viel einfacher wird doch die Abwägung von Persönlichkeitsrechten und des Informationsauftrags der Medien sein, wenn sie kein Sonderfall mehr sind, weil das «besonders» nicht mehr stört. Was sehr wohl auch eine Bremse gegen die Superprovisiorien ist: Denn wer am Artikel 266 etwas ändert, erweitert damit auch den Anwendungsbereich des Artikels 265, was Glasl zu verschleiern sucht.

Weshalb wir den Positionsbezug von Glasl etwas einordnen wollen. Als Vertreter von «Medienopfern» zieht er für vorzugsweise gut betuchte Mandanten in die Schlacht. Und was vereinfacht seine entsagungsvolle Schwerstarbeit mehr als die völlig neutral und objektiv von ihm befürwortete Streichung eines hinderlichen Wortes?