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Reza Reinfall

Sprecht nicht mit diesem Mann!

Wer mit dem frischgebackenen Chefredaktor des «SonntagsBlick» ein paar Worte wechselt, tut das auf eigene Gefahr. Während seine Oberchefin Ladina Heimgartner gerade Loblieder auf die neue Bezahlschranke beim «Blick» singt, weil die angeblich Qualität garantieren würde, benimmt sich Reza Rafi – im Duett mit seiner interimistischen Chefin Steffi Buchli – qualitätslos unanständig.

Marco Rima machte den Fehler, mit Buchli und Rafi mehr als ein paar Worte zu wechseln, genauer, ein Interview zu führen. Rima ist nicht nur einer der erfolgreichsten Komiker der Schweiz, sondern wurde als Kritiker der Corona-Massnahmen vom «Blick» kräftig gebasht. Denn bekanntlich sorgte die Standleitung zwischen Ringier-CEO Marc Walder und dem damaligen Gesundheitsminister Alain Berset dafür, dass all dessen Fehlentscheide angehimmelt wurden, dagegen wurde Rima als angeblicher «Corona-Leugner», Verschwörungstheoretiker und auf Abwege geratener Irrwisch beschimpft.

Also dachte sich Rima, der leider an das Gute im Menschen glaubt, dass Ringier ihm hier eine Gelegenheit geben wollte, ein paar Dinge klarzustellen, schliesslich wurde ihm zugesichert, dass er frei reden dürfe und nicht zensiert werde.

Bei der Orthografie helfen Korrekturprogramme. Gedankenleere ist allerdings nicht korrigierbar. Zum banalen Anfängerwissen gehört, wie man ein mündlich auf Schweizerdeutsch geführtes Interview verschriftlicht. Das ist keine Kunst, sondern biederes Handwerk.

Manche Interviewpartner sprechen druckreif, andere mäandern, umkreisen eine Antwort, brechen ab, setzen neu an. Wie es halt in einem Gespräch üblich ist. Die Aufgabe des Journalisten ist dann, daraus eine schriftliche, lesenswerte Fassung zu destillieren, die den Wesensgehalt der Antwort möglichst nahe am Sprachgebrauch des Interviewten wiedergibt.

Das lernt der Journalist in Anfängerkursen. Falls er keine besucht hat, bringt es ihm ein erfahrener Kollege, ein Textchef, ein Produzent bei.

Wenn gleich zwei Chefs den Ständeratskandidaten Rima interviewen, sollte das Resultat chefwürdig sein. Insbesondere, da die Ausgangslage komplex ist. Hier Ringier mit seinem direkten Draht zum damaligen Gesundheitsminister Berset, mit seiner beflissenen und lobhudelnden Unterstützung aller staatlicher Massnahmen während der Pandemie.

Dort Rima, der sich vom Comedian zum besorgten Kritiker dieser Massnahmen wandelte. Dafür vom «Blick» mit Anlauf in die Pfanne gehauen und gebasht wurde. Als angeblicher Heuchler, der Corona-Entschädigungen bezog, aber die Regierung kritisiere. Dass es sich lediglich um eine ungenügende Ausfallsumme handelte, die allen Zuger Künstlern ausbezahlt wurde und mit der lediglich 80 Prozent des durch die Massnahmen entstandenen Schadens gedeckt wurde, verschwieg «Blick».

Bei dieser Vorgeschichte hätte man besondere Sorgfalt bei der Verschriftlichung erwarten dürfen. Schon alleine deswegen, weil Buchli und Rafi wussten, dass Rima ihre Fassung zum Autorisieren bekommt.

ZACKBUM konnte Einblick in die SoBli-Fassung nehmen. Es ist erschütternd. Es ist eine Verschriftlichung auf einem Niveau, die jedem Praktikanten um die Ohren geschlagen würde, begleitet von der Frage, ob er sich nicht vielleicht einen anderen Beruf suchen möchte.

Man will den beiden «Blick»-Heros fast zubilligen, dass sie absichtlich und bösartig mit dieser Holper-Stolper-Fassung Rima als Depp darstellen wollten. Es ist aber wohl noch schlimmer: sie können es nicht besser.

Ein Chefredaktor muss nicht schreiben können. Aber wenn er es tut, dann sollte er ein gewisses Vorbild sein. Ein Chefredaktor muss nicht interviewen können. Sollte er es tun, muss das Resultat Minimalansprüchen an Niveau und handwerklicher Beherrschung genügen.

Kostprobe? Bitte sehr. Die Eingangsfrage lautete, ob Rima wirklich Lust habe, sich als Ständerat in komplizierte Dossiers einzuarbeiten. Seine Antwort in der «Blick»-Version:

«Erstens müsste ich mich in gewisse Themen einlesen. Zweitens reagiere ich auf gewisse Entscheide, die gerade eben im Ständerat gefällt wurden. Windkraft in den Bergen, zu Null Stimmen! Aber ich komme von woanders her, ich bin nicht der klassische Politiker. Ich komme von einem Ort her, an dem die Familie zuvorderst steht. Die Familie ist der Anfang der Politik. Die Familie ist die Kinderstube, in der die Auseinandersetzung, der Umgang miteinander gelehrt wird.»

So ging’s dann holterdipolter weiter. Kein Wunder, dass dem Komiker hier der Hut hoch und der Humor verloren ging. Also redigierte er kräftig, was erlaubt ist. Zudem strich er Passagen und ersetzte sie durch ihm wichtigere Anliegen. Was grenzwertig ist.

Im professionellen Journalismus, das räumt sogar der SoBli ein, ist das durchaus üblich. Oder anders gesagt: wäre der Interviewtext so vom Kommunikationsfuzzi von Berset zurückgekommen, hätte der «SoBli» ihn ehrfürchtig unverändert abgedruckt.

Normalerweise greift sonst der Interviewer zum Telefonhörer und rauft sich mit dem Interviewten in einem manchmal länglichen und strapaziösen Gespräch zusammen. Ein Geben und Nehmen. Nur ganz, ganz selten gelingt das nicht.

Hier aber bekam Rima die trockene Antwort: «Nein, wir wollen dieses Interview nicht veröffentlichen.» Mit der freundlichen Bitte um Verständnis. Okay, dachte sich Rima, dann halt nicht. Wir haben’s probiert, hat nicht funktioniert. Shit happens. Deckel drauf.

Das dachte er solange, bis er am Sonntag das Schmierenblatt aufschlug und dort auf zwei Seiten eine Hinrichtung lesen musste. Er habe wild herumgefuhrwerkt im Text, verändert, so gehe das nicht. Auf einer Seite wurde nochmals mit ihm abgerechnet, was ein Leichtes ist, wenn das Opfer nicht widersprechen kann. Rima sei vom «Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs» geworden, wird er angepflaumt.

Das ist schon mal unanständig. Widerwärtig wird’s, wenn das ausgelassen wird, was in den ganz seltenen Fällen sonst passiert, wenn eine Redaktion den Nicht-Abdruck eines Gesprächs publik macht und begründet. Dann wird das mit Beispielen untermauert, wieso solche massiven Veränderungen nicht akzeptiert werden konnten und auch keine Einigung über eine gemeinsame Fassung möglich war.

Rafi und Buchli verzichteten aber konsequent auf Beispiele. Wer die Originalversion gesehen hat, versteht, warum. Rafi und Buchli verzichteten auch darauf, mit Rima in den Clinch zu gehen, welche Veränderungen akzeptabel seien und welche nicht. Sie baten um Verständnis für ihren Entscheid – und hatten zeitgleich bereits die öffentliche Hinrichtung Rimas auf dem Schirm.

Das ist kein Beitrag zur Qualitätssteigerung. Das ist handwerklich ein Pfusch. Das ist zudem hinterfotzig und bösartig. Rima zitiert in diesem Zusammenhang einen grossartigen Gedanken des amerikanischen Verlegers Joseph Pulitzer, dessen Preis niemals in diesem Leben und im nächsten ein «Blick»-Schreiberling bekommen wird:

«Eine zynische, käufliche, demagogische Presse wird mit der Zeit ein Volk erzeugen, das genauso niederträchtig ist wie sie selbst

Daran arbeitet der Ringier-Verlag unermüdlich. Angeführt von Figuren wie Rafi und Buchli, denen man jegliche Kenntnis journalistischer Ehre absprechen muss. Dass sie Meinungsbüttel sind, ist nicht ihre schlimmste Eigenschaft. Sie beherrschen nicht einmal ihr Handwerk, sollten als Chefredaktor aber Vorbild sein.

Eigentlich müssten beide nach einer gewissen Schamfrist entlassen werden. Das wäre endlich mal ein Entscheid von Ladina Heimgartner, Marc Walder oder Michael Ringier, dem man aus vollem Herzen applaudieren könnte.

Rafi reimt sich

auf Reinfall. Schon als Stellvertreter konnte er es nicht.

Gieri Cavelty war ein armes Schwein. Als Häuptling fast ohne Indianer musste er jeden Sonntag einen Schatten des alten «SonntagsBlick» herstellen. Dabei jede Menge Vorgaben berücksichtigen. Feminismus, links, SVP pfui, Impfungen gut, Berset, Walder, Heimgartner, und dazu auch noch ein freundliches Gesicht machen.

Das hält man im Kopf nicht aus, also ergriff Cavelty offiziell die Chance, im Leben noch mal was Neues zu machen, nämlich Lehrer. Das ist der zweitoriginellste Abgang, seit Daniel Meier seinen Posten bei der NZZamSonntag gegen eine Lehre als Velomech vertauschte.

Ganze 31 Mal musste ZACKBUM sich mit Cavelty befassen, aber Abgegangenen wollen wir nichts Böses nachrufen. Immerhin auf 19 Erwähnungen bringt es Reza Rafi, davon 17 vor seiner Zeit als Chefdarsteller. Als Stellvertreter musste er natürlich noch beflissener das abliefern, was man höheren Ortes erwartete. Er kam damals nicht weiter als bis zur Wohnungsklingel, schrieb aber dennoch eine «Reportage» über «Das stille Netzwerk der Freiheitstrychler». ZACKBUM schrieb: «Wenn Journalisten zu Mietmäulern werden, ersäuft der Beruf in der Schmiere der verborgenen Parteilichkeit.»

So bediente er und diente er. Verdienter Lohn: jetzt ist er Chef geworden. Aber, leider, leider, schon in seinem ersten grösseren Artikel in dieser Eigenschaft zeigte er bedenkliche Kenntnislücken, was die Rahmenbedingungen für eine Schweizer C-Niederlassung betrifft.

Da geht doch noch was, dachte sich Rafi – und produzierte gleich den nächsten Reinfall. Unterstützt von der interimistischen Oberchefredaktorin Steffi Buchli versuchte er, Marco Rima zu interviewen. Bei solchen komplexen journalistischen Unterfangen gibt es drei mögliche Ausgänge.

Das Interview erscheint. Das Interview erscheint nicht. Plus die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, aber es wird nachgetreten. Normalerweise passiert das, wenn eine Kommunikationsstelle das Gesagte völlig umschreibt, inklusive neue Fragen, die gar nicht gestellt wurden. So ein Interview erscheint einfach stillschweigend nicht – oder die Redaktion legt offen, was da alles rumgeschraubt wurde.

Die Rafi-Variante: das Interview erscheint nicht, weil rumgeschraubt worden sein soll. Jeglichen Beweis dafür (so sah unsere Variante aus, das wollte Rima) bleibt er allerdings schuldig.Woraus man bei der Glaubwürdigkeit und dem Vertrauen, das der SoBli geniesst, klar schliessen darf: da trat jemand auf die Bremse. Und der (oder die) hiess nicht Rafi. Und auch nicht Buchli.

Oder: mit Alain Berset wäre das nicht passiert.

 

Zwei Gescheiterte

Nicht einmal ein Interview können die Helden vom «Blick».

Normales Handwerk. Zwei Redaktoren empfangen einen Gesprächspartner zum Interview. Aus der mündlichen Aufzeichnung entsteht eine schriftliche Fassung. Im deutschen Sprachraum (im angelsächsischen nicht) wird die dem Interviewten zur Autorisierung vorgelegt.

Nun ist es das Normalste der Welt, dass die Verschriftlichung eine verdichtete, zusammengefasste Variante der Aufzeichnung darstellt. Normales Handwerk. Es ist auch normal, vor allem bei Kontroversen, dass der Interviewte an der ihm vorgelegten Fassung Änderungen vornehmen möchte.

Unter Profis macht man deswegen ab: es gilt das gesprochene Wort. Allerdings liegt das Recht an diesem Wort, wie das Recht am Bild, beim Sprecher. Also ist es eine Frage des Handwerks, dass man sich bei Änderungswünschen zusammenrauft.

Ausser, die interimistische Oberchefredaktorin Steffi Buchli und der frischgebackene SoBli-Chefredaktor Reza Rafi tun sich zusammen:

Auch das kommt ab und an vor. Normalerweise schmeisst man dann das Manuskript in den Papierkorb, bzw. versenkt es im elektronischen Archiv. Aber doch nicht die Restenverwertungsanstalt «Blick».

Wenn schon diese beiden Koryphäen ihre wertvolle Zeit aufwendeten, wenn schon Buchli ein gestelltes Blick TV-Interview mit Marco Rima machte, in der Abteilung Sauglattismus, wenn man dann eine geschlagene Stunde miteinander sprach (was normalerweise für eine Seite gedrucktes Interview reichen würde; beim SoBli wäre es sicherlich auf mindestens drei Seiten ausgewalzt worden), dann kann man dieses welterschütternde Ereignis dem Leser nicht vorenthalten.

Dann erzählt man gerne und hemmungslos die Geschichte des eigenen Versagens. Im Print steht nur Rafi als Autor da, online gesellt sich noch Buchli dazu, obwohl sich am Text nichts geändert hat.

Eingeleitet wird die Story eines gecancelten Interviews mit Nachtreten: «Die Mutation vom Sonnenkönig zum Nachtschattengewächs war nicht mehr zu stoppen.» Welch schiefes Bild, welche Bösartigkeit.

Aber das ist erst der Vorspann: «Am Abend meldete sich seine Frau und Managerin Cristina: So könne man das Stück unmöglich freigeben, ihr Mann werde absolut unvorteilhaft und oberflächlich dargestellt.»

Auch diese Reaktion ist nicht unbekannt, wie der SoBli sogar selber einräumt: «So weit, so gewöhnlich im Medienbetrieb. SonntagsBlick wartete die autorisierte Fassung ab. Am Samstag lag sie vor. Doch fanden sich im abgeänderten Manuskript wohlformulierte Sätze im Polit-Jargon, die der Befragte so nie gesagt hatte. Das ist bei Interviews nicht unüblich, allerdings eher bekannt von Bundesräten oder Firmenchefs; PR-Arbeit eben

Dann die Schlusspointe: «Die SonntagsBlick-Redaktion respektiert das – hält es aber für wenig sinnvoll, ein Gespräch abzudrucken, aus dem die streitbarsten Passagen nachträglich entfernt wurden

Auch das ist erlaubt. Rima darf – wenn eben keine professionellen Abmachungen getroffen wurden – am gesprochenen Wort rumfummeln. Der SoBli darf auf den Abdruck verzichten (was er bei einem Bundesrat zum Beispiel, wenn dessen Nachnamen mit B. beginnt – nein, nicht B wie Blocher – niemals tun würde).

Jetzt kommt aber das Problem. Der SoBli enthält dem Leser vor, worum es hier geht. Hat sich das Umfeld von Rima zu recht über eine unvorteilhafte und oberflächliche Darstellung aufgeregt? Hat Rima mit wohlformulierten Sätzen im Politjargon geglättet?

Man weiss es nicht, man erfährt es nicht.

Problem: bei der mangelnden Glaubwürdigkeit, die sich der SoBli mit viel Arbeit erwirtschaftet hat, nimmt doch kein mündiger Leser diese Erklärung ab. Abgesehen davon, dass ein solches Scheitern nicht dem Interviewpartner anzulasten ist.

Dass gleich zwei Chefredaktoren sich nicht entblöden, das eigene Versagen öffentlich zu machen, ist an Peinlichkeit schwer zu überbieten. Oder doch, durch das Editorial von Rafi. Aber das wäre dann eine echte Überdosis. Wir denken an die Gesundheit unserer Leser und lassen das.

Und dieses Bild ist so was von gestellt
(man beachte das Ladekabel).

Rufmord an Ruefer

Auch die WoZ im Woke-Wahnsinn. Liegt am Personal …

Renato Beck hat schon eine Karriere hinter sich – bei der krachend gescheiterten «TagesWoche». Inzwischen lässt er sich nicht mehr von einer Pharma-Erbin aushalten, sondern wütet bei der WoZ. Und senkt deren Niveau ungemein.

Beck ist ein Mundverbieter. «Wo die Scharlatane ein und aus gehen», so schimpft er über das Zürcher Volkshaus. Duftmarke: «Dort treten die Stars der Coronaleugner:innen auf, die Komiker Marco Rima und Andreas Thiel. Und Ende Mai sogar der Overlord der deutschsprachigen Verschwörungsszene: Daniele Ganser.»

Zum grossen Unverständnis von Beck wird denen nicht einfach der Saal verweigert, dürfen die tatsächlich vom Recht auf Rede und Meinungsfreiheit Gebrauch machen. Verschärfend kommt noch hinzu, dass sie nicht der gleichen Meinung wie Beck sind. Das geht natürlich gar nicht.

In seinem Denunziationsartikel zitiert Beck sogar einen völlig richtigen Satz : ««Die Geschichte lehrt uns: Die Ersten, die darunter leiden, wenn man andere Meinungen ausgrenzt, sind die Linken», sagt Kaspar Bütikofer, Präsident des Stiftungsrats des Volkshauses.» Nur hat Beck ihn nicht kapiert.

So nebenbei bekennt sich Beck auch zu einer gewissen Bildungsferne: «Wer mit lateinischen Phrasen hantiert, outet sich im Netz wie im übrigen Leben als Wichtigtuer:in.» Wer so die deutsche Sprache vergewaltigt, outet sich im Text als Dilettant.

Für viele Schlagzeilen sorgte Beck mit seinem neusten Streich: «SRF-Kommentator Sascha Ruefer liess eine Aussage aus einer Doku über das Schweizer Fussballnationalteam entfernen. Angeblich fehlte der Kontext. Dabei war der Satz klar rassistisch.»

Zunächst einmal verwendet Beck hier eine falsche consecutio. Zwar nicht temporum, aber das wäre sowieso zu lateinisch für ihn. Sondern das «dabei» ist völlig fehl am Platz. Die inhaltliche Behauptung natürlich auch. Aber um Beck zu zitieren: «Alles der Reihe nach

In einer umfangreichen Dokumentation des Schweizer Farbfernsehens wurde die Teilnahme der Schweizer Fussball-Nati an der WM in Katar nachgezeichnet. Dafür wurde auch der langjährige Kommentator Sascha Ruefer ausführlich interviewt. Gegen Schluss des Interviews wurden noch sogenannte Gegenschnitte aufgenommen, wobei die Kamera immer noch lief, nachdem auch das vorbei war. In seinem vorangehenden und umfangreichen Bemühen, die Persönlichkeit des Captains Granit Xhaka zu beschreiben – mit vielen lobenden, aber auch kritischen Worten  –, sagte Ruefer dann nicht nur off, sondern sozusagen offoff record: «Granit Xhaka ist alles, aber er ist kein Schweizer.»

So aus dem Zusammenhang gerissen hat dieser Satz sicherlich einen gewissen Haut-Gout. Was Ruefer damit wirklich sagen wollte, und was aus dem Kontext auch einwandfrei hervorgeht: für ihn ist Xhaka kein typischer Schweizer. Was als Bemerkung erlaubt sein muss, will man nicht im Woke-Wahnsinn alle solche Äusserungen denunzieren oder verbieten.

Ohne diesen Zusammenhang zu kennen, denn der isolierte Satz wurde Beck offensichtlich von einem Mitarbeiter der Dokumentation zugesteckt, zieht der WoZ-Schreiber vom Leder. Er erwähnt die Verurteilung Ruefers der Doppeladler-Geste des Fussballers in einem Spiel gegen Serbien; eine unappetitliche Provokation. Er erwähnt Ruefers Verurteilung des obszönen Griffs von Xhaka an sein Gemächt. Und will damit untermauern, dass Ruefer sich «obsessiv» an dem Fussballer mit Migrationshintergrund abarbeite.

Und dann eben noch dieser Satz. Zunächst reagierten sowohl Ruefer wie SRF suboptimal. Der Moderator sagte nichts, SRF sagte, dass der Satz aus dem Zusammenhang gerissen sei, man aber nicht die Rechte aufs ganze Filmmaterial habe und daher diesen Kontext nicht herstellen könne.

Nachdem die WoZ mit dieser Denunziation einen medialen Erfolg gelandet hatte, erlaubte SRF dann ausgewählten Journalisten, das gesamte über 60 Minuten lange Interview zu visionieren. Einhelliges Verdikt: so im Zusammenhang war der Satz vielleicht ungeschickt, aber keinesfalls rassistisch zu verstehen. Zudem wurde völlig klar, wieso Ruefer in einer ersten Fassung der Doku auf seiner Streichung bestand, weil er als einzige Aussage von über einer Stunde Interview übrig geblieben war.

Selbst im Mikrokontext kann der Satz nicht als rassistisch denunziert werden. Den beschreibt die NZZ so: «Ruefer fragte den Interviewer, warum Xhaka jeden aufrege. Und er gab die Antwort selber: weil Xhaka alles sei, nur nicht Schweizer. Der Interviewer lachte.»

Damit war der Adler der WoZ bruchgelandet. Kommt halt davon, wenn man sich abfüttern lässt, etwas völlig aus dem Zusammenhang Gerissenes aufpumpt und «Rassismus» kräht.

Hätte Beck etwas Anstand im Leib, hätte er sich schon längst bei Ruefer entschuldigt – so wie der korrekt das  Gespräch mit Xhaka sucht, um sich zu erklären. Aber Ruefer ist halt ein aufrechter Journalist, Beck ein Schmierenschreiber.

Peinlich und bedauerlich ist, dass nun auch die WoZ in den Kanon der Woke-Wahnsinnigen einstimmt, der Schneeflocken, die bei jeder zweiten Äusserung eine Verletzung von sich selbst oder von anderen Schneeflocken zu verspüren meinen. Peinlich ist, dass sich auch die WoZ nicht bemüssigt fühlt, diesen Fehlgriff richtigzustellen. Was unterhalb einer Entschuldigung das Allermindeste wäre …

PS: Wie jeder Angstbeisser und Kläffer war Beck zu feige, auf einen Fragenkatalog mit genügend Antwortfrist zu reagieren. Denn Dialog und Antworten, dass ist die Sache von Denunzianten nicht. Stattdessen erfüllte er alle Vorurteile, die man gegen Moralapostel wie ihn so hat: «Sie auch noch? Sind Sie jetzt im bürgerlichen Mainstream angekommen?» Mehr hatte er als Reaktion auf höflich-kritische Fragen nicht zu bieten …

Wumms: Andreas Tobler

Talentfrei keilen. Muss man können.

Konzernjournalist Tobler mag es faktenfrei und meinungsstark. Sei es als tiefergelegter Frauenversteher, sei es, um in einem Brachial-Porträt den Chefredaktor eines Konkurrenz-Organs niederzuschreiben, den er schon vor Amtsantritt als untauglich bekrittelte.

Nun arbeitet er sich am Komiker Marco Rima ab:

Dem obrigkeitshörigen Verbeller von allem Unbotmässigem ist Rima schon länger unangenehm aufgefallen. Spätestens, seit der sich als mutiger Kritiker von Corona-Massnahmen positionierte, kann ihn Tobler nicht mehr leiden.

Nun hat Rima ein Kinderlied neu vertont. Dessen Original-Titel kann der woke Tobler gar nicht aussprechen oder niederschreiben:

«Kinderlied aus dem 19. Jahrhundert über die «Zehn kleinen …» (Sie wissen, wie es weitergeht)».

Würde Tobler das Wort «Negerlein» verwenden, müsste er anschliessend den Mund ausspülen und die Finger desinfizieren und sich Gendersternchen auf die Stirn tätowieren.

Rima macht sich im Musikvideo über alle modernen Unarten von Toblers Gesinnungsgenossen lustig. Daher tritt Rima als er selbst, mit Blackfacing, mit Rastalocken und als Indianer auf.

Um seinen Abscheu darüber zum Ausdruck zu bringen, schreibt Tobler über sich selbst: «Mit der Bewirtschaftung von Reizthemen will er sich im Gespräch halten. Er arbeitet also an der Vergrösserung seines Selbst, wie viele, die in die Öffentlichkeit drängen – ausgestattet mit einer grossen Portion Gratismut.»

Erstaunlich, zu welch tiefen Erkenntnissen Tobler über Tobler kommt: «Aber letztlich ist er nichts anderes als das Maskottchen vorgefasster Meinungen.» ZACKBUM würde bei Tobler eher den Begriff Hampelmann verwenden.

Hampelmann vorgefasster Meinungen, his master’a voice, immer bereit, talentbefreit den woken Gesinnungsjournalismus zu bedienen. Er bringt es sogar fertig, die Verbindungen Schweizer Linksradikaler mit dem internationalen Links-Terrorismus in einem Buch nachzuzeichnen – ohne die Rolle auch nur mit einem Wort zu erwähnen, die dabei der ehemalige Tagi-Chefredaktor Res Strehle spielte. Noch 1984 war der Fan von «der Zerstörung des kapitalistischen Staats durch die sozialistische Revolution».

Solange Tobler bei Tamedia schreiben darf, weiss man, dass die Qualitätskontrolle in Zwangsferien ist.

 

Neuer Nasenstüber für Rima

Man wird nicht ungestraft ein sogenannter «Corona-Kritiker».

Der Komiker Marco Rima fand die Corona-Massnahmen zunehmend unkomisch. Also benützte er seine Bekanntheit, um öffentlich auf seine Vorbehalte, Kritiken und Analysen der offiziellen Corona-Politik hinzuweisen.

Zeit genug dafür hatte er, denn natürlich trafen ihn einige Massnahmen ins Mark. Keine Bühnenauftritte mehr, verschobenen Auftritte, verkaufte Tickets, zurückzuzahlende Tickets. Da Rima keine One-Man-Show ist, sondern Aushängeschild eines kleinen Unternehmens, gingen die Verluste in die Hunderttausende.

Nun hat die «Luzerner Zeitung» herausgefunden, dass Rimas Unternehmen im Rahmen von Entschädigungen für Künstler vom Lotteriefonds Zug insgesamt rund 150’000 Franken  Entschädigung bezog.

Dazu zitiert die «Luzerner Zeitung» den Leiter des Zuger Amts für Kultur:

«Anzumerken gibt es noch, dass der Schaden über die vergangenen zwei Jahre in diesem Fall um ein Vielfaches dieser Summe grösser war. Diese Unterstützung war also ein Tropfen auf dem heissen Stein für so ein erfolgreiches Comedyunternehmen.»

Damit ist ein Feigenblatt über diesen Anwurf gelegt: «Obwohl Rima die Massnahmen des Bundes, zu denen auch die Ausfallentschädigungen zählen, kritisierte, bezog er also Corona-Hilfsgelder.»

Dann spürt man richtiggehend, wie schwer der LuZ folgendes Eingeständnis fällt: «Rima stellte in jener Zeit, als er bewusst auf Auftritte verzichtete, obwohl er diese hätte durchführen dürfen, kein Gesuch um Ausfallentschädigung

Versuchen wir, der Logik des CH-Media-Schreiberlings Tijana Nikolic zu folgen. Rima hat diverse Massnahmen des Bundes während der Pandemie kritisiert und diese Kritik mit Argumenten untermauert. Zeitweise musste er seine Bühnentournee absagen, zeitweise verzichtete er freiwillig auf Auftritte, weil er nicht wollte, dass sich sein Publikum an die Corona-Vorschriften hätte halten müssen, um ihn zu sehen.

Für diese Zeit stellte er keinen Antrag auf Erwerbsausfall. Für die übrige Zeit tat er das, was sein gutes Recht ist, wobei sogar das zuständige Amt festhält, dass die ausbezahlte Summe nur einen Bruchteil des finanziellen Schadens abdeckt.

Gibt es also am Verhalten Rimas in irgend einer Form oder mit irgend einem Argument etwas zu meckern? Sollte ein Kritiker von Krankenkassenprämien deswegen darauf verzichten, seinen Spitalaufenthalt von der Kasse zahlen zu lassen? Wer findet, die AHV benachteilige die Jugendlichen von heute für die Alten von heute, muss der dann auf seine Rente verzichten?

Darf nur der, der die Corona-Massnahmen nicht kritisiert, Entschädigung beziehen? Eine solche Zurschaustellung ist unterste Schublade. Lohnschreiberei, um einem im Volk durchaus beliebten Coronamassnahmen-Kritiker eine reinzubremsen. Kritisiert Corona-Entschädigungen und kassiert selbst welche, das soll hier insinuiert werden.

Wer staatliche Unterstützung erhält, sollte staatliche Massnahmen nicht kritisieren. Oder auf die Unterstützung verzichten. Das will uns die Autorin wohl sagen. Die «Luzerner Zeitung» kassiert ebenfalls staatliche Unterstützung. Wir sind nun gespannt, welchen Ratschlag Nikolic in eigener Sache hat. Entweder, der Staat wird nicht mehr kritisiert. Oder aber, vor der nächsten Kritik an einer staatlichen Massnahme verzichtet das Blatt auf die Verbilligung der Zustellung. Wir regen an, dass Nikolic den Fehlbetrag aus dem eigenen Sack auffüllt.

Talibanisierung: streiten verboten

Die Überlegenheit freier Gesellschaften lässt sich mit einem gefährdeten Wort erklären: offen debattieren.

Die grösste Gefährdung für eine der ältesten Demokratien der Welt geht weder von der grummeligen SVP, noch von linken Maulhelden aus. Schon gar nicht von Taliban, und auch nicht von einem Virus. Nicht einmal von fundamentalistischen Genderschützern. Sondern von der Gefährdung der freien Debatte.

Wobei alle diese Fanatiker auf ihre Art einen Beitrag zu dieser Gefährdung leisten. Denn die Gefahr erhebt überall ihr hässliches Haupt. Am deutlichsten ist diese Fratze auf den sogenannten sozialen Plattformen sichtbar.

Es ist ein Beweis dafür, dass zu grenzenlose Freiheit in Willkür, Übergriffigkeit, Verblödung und Elend ausartet. Eigentlich könnten auf Facebook, Twitter & Co. Debatten wie noch nie in der Geschichte der Menschheit stattfinden. Über alles und mit allen. Tabufrei, offen, dank Anonymität auch angstfrei vor Repressionen.

Man könnte mit allen kommunizieren oder mit Gleichgesinnten. Man könnte Stärke durch Zuspruch, Erkenntnisgewinn durch Widerspruch gewinnen. Man könnte Welterklärungen abrufen, dank Universalsprachen wie Englisch oder dank Simultanübersetzungsprogrammen mit Menschen kommunizieren, die tausende von Kilometern entfernt in ganz anderen Lebensumständen denken und sprechen.

Man könnte sich selbstbewusst und mit Respekt vor den Ansichten des Andersdenkenden begegnen. Man könnte jeden Tag eine Bereicherungsstunde abhalten, in der man versucht, Einblicke in alle fast 200 Länder dieser Erde zu gewinnen. In Traditionen, Kulturen, Mentalitäten, ins Andere.

Stattdessen sind diese Plattformen, allen voran Twitter, versumpft, verschlammt, unerträglich geworden. Der Stammtisch, die Rechthaberrunde zu später Stunde und mit durch Alkohol gelösten Zungen, die «jetzt rede ich, und du gibst mir recht»-Monologe haben sich ins Digital-Virtuelle erhoben. Dort verpesten Ego-Shooter die Luft, rotten sich Quadratschädel zu Mobs zusammen.

Wer ist stolz darauf, Teil eines Shitstorms zu werden?

Debatte und Widerspruch als einzige Möglichkeit zum Erkenntnisgewinn ist ihnen fremd, geradezu widerwärtig. Ihre Denkperversion zeigt sich darin, dass sie sogar heimlich oder offen stolz darauf sind, Bestandteil eines Scheissesturms zu werden. Ohne eine Sekunde darüber nachzudenken, was diese Bezeichnung aus ihnen selbst macht.

Ihre bedingten Reflexe funktionieren besser als beim pavlowschen Hund. Läutet irgendwo in ihrer Nähe das Glöcklein einer artfremden, abweichenden Meinung, sabbern und kläffen sie los, verbellen den Eindringling, empfinden es als grössten Erfolg, wenn er von der Meute weggebissen wurde.

Leider beschränkt sich dieses Phänomen des Rückfalls in voraufklärerische Zeiten nicht nur auf das geistige Prekariat, das in den asozialen Medien die Klowände des Internets vollschmiert.

Auch in den sogenannten Qualitätsmedien herrscht inzwischen ein Groove, an dem Torquemada seine helle Freude hätte (Kindersoldaten: Namen googeln). Selbsternannte Klein- und Grossinquisitoren verteidigen hier den rechten Glauben gegen Ungläubige. Mit einer Verve, die erschauern lässt. Denn von den fundamentalistischen Irren in Afghanistan unterscheidet sie eigentlich nur, dass sie ausser Maulheldentum und Beherrschung der veröffentlichten Meinung keine Macht haben.

Moderne Worttaliban fäusteln auch in der Schweiz

Hier geht es gegen «Impfgegner», «Coronaleugner», mit einem Wort: verantwortungslose Volldeppen. Selbst das halbstaatliche Portal «blue news» entblödet sich nicht, hier eine immerhin «nicht ganz ernstgemeinte» Typologie aufzublättern, von «Die Fiebrigen»  bis zu den «Verschwörungstheoretiker*innen». Nebenbei: alleine am Gebrauch des Sprachverhunzungswerkzeugs Gendersternchen entfachen sich Sprachkriege, moderne Kreuzzüge gegen Unmenschen und Sexisten.

Wie es sich für ein Boulevardblatt gehört, packen «Blick» und «SonntagsBlick» gleich die grobe Keule aus. Der SoBli-Chefredaktor entblödet sich nicht, Impfgegnern zu unterstellen, sie unterstützen damit die Pandemie («Die Impfgegner machen mit dem Virus gemeinsame Sache».) Der Vergleich zum Mittelalter, wo Seuchenzüge auch damit erklärt wurden, dass Juden die Dorfbrunnen vergiftet hatten, liegt nahe.

Deswegen:

«Der Freak» nach «Blick». Karikatur zum Kotzen.

Das ist so ziemlich das Übelste, was seit «Juden canceln»-Simone Meier in letzter Zeit in der Schweiz verbrochen wurde. Diese Karikatur soll den «Freak» zeigen. Der sonst für alles Gute und Edle kämpfende «Blick»-Journalist Reza Rafi schreibt mit der Klosettbürste als Erklärung:

«Hier reden wir von einem Sammelbecken für Outlaws, Aussteiger und Abgedriftete: Der völkisch denkende Arzt, die radikalisierte Kapitalismusgegnerin und der Goa-Veteran mit halluzinogenen Spätfolgen sind nur drei Beispiele. Typischerweise ist der Angehörige dieser Kategorie männlich, bewegt sich in einer weltanschaulichen Käseglocke und hat sich die vorherrschende Gesellschaft, ihre Politiker und Medien zu Feinden erklärt. Auch pathologische Fälle werden beobachtet.»

Man soll mit der Nazi-Keule vorsichtig hantieren, aber das unter eine Karikatur zu schreiben, die eine Kreuzung zwischen dem «Stürmer»-Juden und dem Komiker Marco Rima darstellt, das ist schon unerhört. Dass es diesen «Freaks» gelungen ist, innert kürzester Zeit mehr als 100’000 Unterschriften unter ein Referendum gegen die Corona-Gesetzgebung zu sammeln, erweckt offenbar den Ingrimm der staatlich subventionierten Medien der Schweiz.

Wieso bleiben Sanktionen, ein Aufschrei aus?

Bedenklich: der Aufschrei aller sonst immer schnell Empörten und Erregten blieb aus. Wählt die SVP ein schwarzes Schaf zur Illustration ihrer Absichten, kriegt sich eine Empörungsmeute kaum mehr ein. Aber hier? Wird der durchdrehende Chefredaktor eingefangen, korrigiert? Wird der verantwortliche Redaktor sanktioniert, entlassen? I wo, sie stehen doch auf der «richtigen» Seite, da ist dann alles erlaubt.

So stirbt die Freiheit scheibchenweise. Die Denkfreiheit, das Salz in der Suppe, der Motor jedes Fortschritts. Wo Aberglaube und Glaubensdoktrinen herrschen, herrscht Mittelalter, Elend und Dumpfheit. So wie in allen islamisch kontrollierten Ländern. Sie mögen dank Rohstoffen reich sein – was aber immer nur von einer korrupten Oberschicht unter Beteiligung des Klerus abgeschöpft wird –, aber sie sind zu Elend, Stagnation, Rückschritt und Untergang verurteilt.

So war das auch in Europa, als die christliche Kirche mit dem Leichentuch der Glaubensdoktrinen jeden Fortschritt erstickte. Aber hier und heute in der Schweiz darf doch noch alles gesagt werden? Selbst diese Haltung wird schon ironisiert, kritisiert, als Freipass für schädliche – soll man sagen volksschädliche – Meinungen von Aluhutträgern, von Freaks halt.

Inquisitorische Rechthaberei erhebt das hässliche Haupt

Es ist eine Perversion der Geschichte, dass vor allem linke Kreise, also die Urenkel der Aufklärung, die Enkel der Kämpfer für Meinungsfreiheit und offene Debatten, zu Vorkämpfern für Sprechkontrolle, Gedankenpolizei und inquisitorischer Rechthaberei werden. Während sie zunehmend die Oberhoheit über die Diskurse verlieren, verkrampfen sie sich immer mehr in einem Sprachfanatismus.

Der äussert sich in erster Linie darin, dass nicht mehr Meinungen als falsch kritisiert – und argumentativ niederdebattiert werden. Sondern dass hinter Standpunkten Haltungen denunziert werden. Nicht mehr: «Wer das sagt, liegt falsch, weil». Sondern: «Wer das sagt, ist». Hier kann man nach Belieben Hetzer, Rechtsradikaler, Rassist, Faschist, Fremdenfeind und alles Schlimme der Welt einsetzen.

Es liegen Welten zwischen Afghanistan und der Schweiz. Noch.

«Die Freiheit führt das Volk an»: wäre heute zu sexistisch.

Roger Schawinski im Corona-Stress

Der begnadete Talker Roger Schawinski zeigt Abnutzungserscheinungen. Doch wer soll folgen? Dillier, Hug oder Eisenring?

Seit gefühlt 40 Jahren macht Roger Schawinski seinen Doppelpunkt. Also das legendäre Radio-Interview immer am Sonntag um 11 Uhr. Nun hat es seine Sendung zum ersten Mal gross in den Tages-Anzeiger geschafft. Auf die Kehrseite. Promis, Sex & Crime. Der Grund heisst Corona und Marco Rimas fragwürdige Meinungen dazu.

Andreas Tobler schrieb dazu eine für die Kehrseite eher längliche, aber durchaus lesenswerte Medienkritik. Marco Rima liess sich von Roger Schawinski im Doppelpunkt eine Stunde lang grillieren. Der Spasssvogel mit beachtlicher Karriere in der Schweiz und in Deutschland verlor dabei nie die Contenance, im Gegensatz zu Roger Schawinski. Beim Thema Krebsdiagnose etwa zeuselte Schawinski: «Und? Würdest Du nicht ins Spital gehen und auf Selbstheilung hoffen?»

Gehört Rima zu den Corona-Leugnern?

Rima mache Terror wegen fehlenden Auftritten. Stossrichtung von Schawinskis Trommelfeuer: Rima sei frustriert und gehöre nach seinen beiden geposteteten Videofilmen über seine absolut schrägen Corona-Ansichten zu den Coronaleugnern, zu den Staatskritikern, zu den Rechtsxtremen. Marco Rima konterte immer wieder, er sei einfach ehrlich und wisse zu wenig über Corona, wie auch der Bundesrat und der Staat allgemein. Die Einschränkungen für die Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch etwa für Künstler, seien zu rigide.

«Sterben müssen wir sowieso», findet Rima. Zugegeben: Der 59-Jährige ist eine Person mit grosser Fangemeinde. Wenn er etwas sagt, wird das aufgesogen wie Milch und Honig. Da wäre etwas mehr Besonnenheit angebracht. Aber wie Roger Schawinski ihn in die rechte Ecke drängen und immer wieder mit eigenem «Expertenwissen» auftrumpfen wollte, ist irgendwie noch unglaubwürdiger.

Schlimmer geht immer

Doch es geht noch schlimmer: Schawinski hat während des Corona-Lockdown mit seinem täglichen Coronatalk (10-12 Uhr) überhaupt nicht für Klarheit gesorgt. Oft ging ein solcher Corona-Blödsinn über den Sender, dass die Verunsicherung nur noch grösser wurde. Denn Schawinski liess in der Live-Sendung fast jede noch so krude Ansicht durch. Ein bisschen wie das abgesetzte Nachtwach mit Barbara Bührer, nur viel politischer. Roger Schawinski, der Gründer von Radio 24 und Radio 1 ist so von sich überzeugt, dass er meint, seine Argumente würden immer stechen. Der intelligente Zuhörer könne schon zwischen Gut und Böse unterscheiden.

Doch das stimmt nicht. Schawinskis grösster Fehler war vor Jahren, Roger Köppel jeden Montag in sein «Roger gegen Roger» einzuladen. Dank diesem «Trainingslager» bekam Köppel bessere Eloquenz und eine ideale Plattform, um seine üblen Ansichten zu verbreiten. Dass seit dem Abgang von Köppel Markus Somm im Radio-1-Studio sitzt, macht das Ganze keinen Deut besser. Somm erzählt ähnlich destruktiven Blödsinn einfach eine Oktave höher.

Wo bleibt der Talk-Nachwuchs?

Zeigt Roger Schawinski langsam Abnutzungserscheinungen? Ich meine Ja. Schawinski bringt in seinen Talks immer spürbarer seine eigene Meinung rein und lässt sein Gegenüber immer weniger zu Wort kommen. Am liebsten lässt er eigene Anekdoten aus seinem sicher sehr interessanten Leben Revue passieren. Es wäre also am Besten, er würde abtreten, solange es noch nicht peinlich ist. Denn besser wird der 75-Jährige nicht. Das Problem dabei: Schawinski ist und bleibt immer noch der beste harte Interviewer der Schweiz. Sind Nachfolger in Sicht? Radio-1-intern nicht. Jan Vontobel hat entnervt zu SRF gewechselt. Vorher schon gingen Iwan Santoro und Sandro Brotz.

Und sonst in der Radiolandschaft? Ein Dominic Dillier etwa auf SRF3, eine üble Schnarchtüte. Hannes Hug: viel zu selbstverliebt. Viktor Giaccobbo mit seinem Radio-24-Talk? Völlig belanglos und erschreckend unvorbereitet. Und Yvonne Eisenrings «Wahrheit, Wein und Eisenring: Das ehrlichste Gesprächsformat der Schweiz»? Das ist leider eingeschlafen. Schade. Wo bleibt nur der Talk-Nachwuchs?

Für jüngere Leserinnen und Leser: Roger Schawinski (* 11. Juni 1945 in Zürich) hat den Kassensturz des Schweizer Fernsehens, Radio 24, TeleZüri und Radio 1 gegründet. Von 2003 bis 2006 war er Geschäftsführer von Sat.1. Er hat viele Bücher geschrieben, seine jüngsten Werke sind «Verschwörung! Die fanatische Jagd nach dem Bösen in der Welt» und «Die Schawinski-Methode. Erfolgsrezepte eines Pioniers.»