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Vincenz: die andere Seite

Jahrelang krochen ihm die Medien überall rein. Zu Recht.

Kein Organ zu klein, um Scharfrichter zu sein. Eigentlich könnte sich die Justiz den heute beginnenden Prozess auch sparen. Er findet nicht zu Unrecht in einem Theatersaal statt. Unsere Schwarzweiss-Medien haben schon lange von Weiss auf Schwarz umgeschaltet.

Drei Jahre dauerte die quälende Untersuchung durch einen Staatsanwalt, bis der endlich eine Anklage hingewürgt hatte. Noch nie in der jüngeren Geschichte wurde die Öffentlichkeit so rundum und kontinuierlich mit allen saftigen Details der Untersuchung bespasst.

So ziemlich jedes Dokument, das dazu dienen konnte, den Ruf des gefallenen Starbankers zu ruinieren, wurde an die Medien durchgestochen. Herausragend dabei der Oberchefredaktor von Tamedia, der sich nicht zu schade war, immer wieder als Lautsprecher zu dienen. Ohne sich ein einziges Mal zu fragen, in welche Dienste er sich da stellte.

Selbst die dicke Anklageschrift fand schneller den Weg in die Öffentlichkeit als zu den Angeklagten. Um den Medien genügend Zeit zur Nachbearbeitung zu lassen, brütete dann das Bezirksgericht Zürich ein Jahr lang über einem Prozesstermin. Nun ist’s so weit, und als weiterer Höhepunkt juristischen Schaffens stellt sich heraus, dass nicht genügend Prozesstage eingeplant wurden.

Nun ist’s endlich so weit, der Prozess beginnt

Denn überraschenderweise wird bei einen Staatsanwalt, sieben Angeklagten und einem Privatkläger länglich das Wort ergriffen, Plädoyer gehalten. Wer konnte das auch ahnen.

In einer letzten Climax geben die Qualitätsmedien nochmal alles und kehren  die letzten Krümel aus ihren Archiven. Denn sie wissen: dann ist’s mal vorbei, endet der Prozess mit einem Urteil und garantiert mit einem Weiterzug ans Ober- und dann ans Bundesgericht. Aber das dauert wieder.

Der «Blick» gerät ins Stottern und bringt den gleichen Artikel zweimal …

Vincenz hat tatsächlich dermassen viele Angriffsflächen geboten, mit seinem unseligen Hang zum Halbseidenen und mit Rotlicht Beschienenen, mit seinem Hang zum Spesenrittertum und mit seinen Versuchen, sich die Taschen zu füllen, dass jeder Kleinschreiber genügend Anlass findet, moralisch mit dem Zeigefinger zu wackeln und sich zu entrüsten.

Welch ein Leistungsausweis des gefallenen Starbankers

Dabei geht völlig vergessen, dass Vincenz auch was geleistet hat. Als er 1999 bei Raiffeisen antrat, war das ein Verbund meist verschnarchter Bauernbanken. Provinz- und Lokalfürsten wachten eifersüchtig über ihre Herrschaftsgebiete. Moderne IT, modernes Banking, Anlagemöglichkeiten, selbst banale Sicherheitsmassnahmen: alles unbekannt. Es gab noch Filialen, da wurde das Bargeld in der Schublade eines Holzschranks aufbewahrt.

Als Vincenz 2015 abtrat, war er zur nationalen Berühmtheit geworden und Raiffeisen zur Nummer drei im Schweizer Finanzmarkt, zur Nummer eins bei der Hypothekenvergabe. Mit Geschick, jovialem Charme und der ewigen Aussage, dass er nicht etwa der Boss sei, sondern sogar 300 Chefs habe, hatte Vincenz ein kleines Wunder vollbracht.

Finanzkrise, Steuerstreit, Schwarzgelder, Skandale: als wäre er (und seine Bank) aus Teflon, alles perlte von Raiffeisen ab. Er konnte sogar, im Sinne seiner Bündner Bundesrätin, offen das damals noch heilige Schweizer Bankgeheimnis in Frage stellen.

Er wurde nicht nur von den Boulevardmedien gehätschelt, als Gast an allen Promi- und Cervelat-Anlässen, immer zu einer Homestory bereit, immer bereit, den einfachen Bündner Wandersmann zu geben, den Naturburschen mit Berglercharme.

Dabei pfiffen es damals schon die Spatzen von den Dächern in St. Gallen, dass er eine unselige Vorliebe für Stripclubs und leichte Damen hatte.

Aber wer Erfolg hat, ist unantastbar. Im schreienden Kontrast dazu wirtschafteten seine Kollegen die einstmals grossen Traditionsbanken UBS und CS an den Rand des Abgrunds. Vernichteten Milliardenwerte, zerstörten Reputation und Renommee, beschmutzten den Namen mit einer Kette von Skandalen, Flops, sogar kriminellen Handlungen.

Sie fuhren die Banken fast gegen die Wand und den Börsenwert in den Keller – während sie obszöne Gehälter abkassierten, Boni im geschmacklosen Bereich.

Seine Kollegen schaufelten Millionen – er schuf Mehrwert

Demgegenüber wurde das Gehalt von Vincenz gedeckelt. Er schuf dann für ein Zehntel des Einkommens seiner Versagerkollegen echten Mehrwert – was ihn kräftig angurkte. Ob er dann für die Selbstbereicherung zu unerlaubten Mitteln griff, das wird der Prozess erweisen.

Was die aktuelle Berichterstattung über ihn allerdings mit ausgewogener Information, Faktentreue und allen Qualitätsmerkmalen zu tun haben soll, mit denen die Mainstreammedien dafür werben, mit einer Milliarde Steuergelder unterstützt zu werden?

Nichts hat sie damit zu tun, einfach nichts. Skandalisierung, Einseitigkeit, Hetzjagd, rumtrampeln auf einem, der schon am Boden liegt, vorverurteilt wurde und sich niemals mehr von dieser Rufschädigung erholen wird. Völlig unabhängig davon, ob er am Schluss verurteilt oder freigesprochen wird.

Noch zwei Monate, bevor Vincenz als bislang einziger Bankenlenker in U-Haft kam, bekam er vom heutigen Oberchefredaktor der «Blick»-Gruppe Christian Dorer Gelegenheit, sich in einem «was wollten Sie schon immer mal sagen»-Interview reinzuwaschen und gegen alle Vorwürfe zu verteidigen. Mit diesen typisch kritisch-unkritischen Fragen, die in solchen Fällen gestellt werden.

Müsterchen: «Haben Sie sich bereichert?» – «Das stimmt absolut nicht.»

Es gilt bis heute die Unschuldsvermutung. Was für ein Witz. Für die Schweizer Massenmedien gilt sie garantiert nicht.

Leistungsabfrage

Salome Müller, bald Ex-Tamedia, und Aleksandra Hiltmann: was leisten die eigentlich?

Die beiden haben sich etwas geleistet. Einen gelungenen Versuch, mit bislang völlig unbelegten Behauptungen den Ruf ihres Arbeitgebers zu bekleckern. Unerträgliche Zustände, triefend vor Sexismus, Frauendiskriminierung, demotivierend, gravierend, in die Flucht treibend.

So ihr vernichtendes Fazit in einem Protestschreiben, das sie pünktlich zum Tag der Frau vor drei Monaten auf die Rampe schoben und durch Jolanda Spiess-Hegglin in die Öffentlichkeit schieben liessen. Ohne dass das alle Unterzeichnerinnen gewusst oder gar gebilligt hätten.

Tamedia eierte (Pardon) eine Weile rum, um dann markig zu verkünden, dass nun das Bestreben sei, auf allen Hierarchiestufen 40 Prozent Frauenanteil zu etablieren. Seither wird gemunkelt, dass sich im Geheimen Männerverteidigungsgruppen bilden, die konspirativ ihren Überlebenskampf vorbereiten.

Weil man von den beiden Rädelsführerinnen nach ihrem Auftritt bei «10 vor 10» nicht mehr viel hörte: was tun die eigentlich sonst so? Stehen doch bei Tamedia, diesem Schweinebackenkonzern, auf der Gehaltsliste und verdienen ziemlich gut, sowie sicher und mit Fringe Benefits sowie generösen Fortbildungsmöglichkeiten.

Leistung in einem Mondzyklus gemessen

Also, neben motzen, fordern und leiden, wie sieht denn die Leistungsbilanz aus? Nehmen wir einen Mondzyklus, moderner formuliert: den Ausstoss in den letzten 30 Tagen. Wir schicken voraus, dass beide Journalistinnen den Verlag zusammen so rund 20’000 Franken gekostet haben dürften. Lohn, Lohnnebenleistungen, Sozialversicherungen, Arbeitsplatz plus Infrastruktur.

Wir nehmen auch hin, dass ZACKBUM hier mal wieder typisch männliches Leistungsbewusstsein, Konkurrenzdenken, Längenvergleich usw. an den Tag legt; also all das, was sensible Frauen so hassen. Zu Recht, kann man bei diesen beiden Grossschriftstellerinnen nur sagen. Ganz knapp die Nase vorn hat in diesem Zeitraum – Aleksandra Hiltmann. Sie hat einen Output von ganzen zehn Wortmeldungen. Grob unterteilt in 3 Kommentare und 7 Artikel, worunter auch Interviews fallen.

Also jeden dritten Tag durfte man etwas von Hiltmann lesen. Wir hier bei ZACKBUM.ch halten es umgekehrt; jeden Tag drei Stücke. Dafür unbezahlt. Aber eben, blödes Machogetue. Ausserdem kommt es doch auf den Inhalt, nicht die Menge an. Nun ja, eine einfühlsame Kolumne über ihren «Impfarm», ein Stück über die Unsichtbarkeit von Menstruationsblut in der Öffentlichkeit, das setzt natürlich ein Niveau, zu dem wir hier nichtmal hinaufblicken können. Oder hinab? Egal, Output 10.

Im Schlafwagen durch den Journalismus

Salome Müller bringt es in der gleichen Periode, also in einem Monat, Pardon, auf ganze 8 Stück. 1 Kommentar, 5 Artikel und zweimal ist sie als Mitautorin erwähnt. Also alle vier Tage wurde die Welt besser, weil sich Müller zu ihr äusserte. Ist ja auch nicht nix. Aber auch nicht viel mehr.

Kassensturz: 1111 Franken liess sich Tamedia jedes Werk der beiden Damen kosten. Ein teurer Spass, eigentlich, viel Spass hat’s auch nicht gemacht. Nicht mal den Autorinnen, denn sie mussten ja ihr Werk weiterhin unter frauenunwürdigen Zuständen verrichten, demotiviert, belästigt, ohne Anstand behandelt.

Aber immerhin, Müller hat sich – völlig freiwillig – für die Freiheit entschieden, den Ausbruch, den Aufbruch. Zukünftig müssen sich die triebhaften Machomänner von Tamedia ein anderes Objekt ihrer unsauberen und unanständigen Gedanken suchen. Denn Müller wird demnächst eine Lücke hinterlassen, die sie nicht nur vollständig und unmerklich ersetzt. Sondern es geht jetzt schon ein Aufatmen durch die Reihen. Der Männer, selbstverständlich. Aber auch der Leser, die nicht mehr länger mit Gendersternchen und ähnlichem Unsinn belästigt werden.