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Objektive Tamedia

Schmierenjournalismus im «Landbote».

«Bässe wummerten aus den Boxen, ein Sprecher machte übers Megafon ein paar Ansagen. Sonst blieb es ruhig – bis ein überraschender Zaungast auftauchte, sich vor den Transparenten breitmachte und sich sogar einen Weg durch die Masse bahnen wollte: SVP-Nationalrat Thomas Matter. Die linken Aktivisten erkannten den Mann, der 260’000 Franken ins SVP-Wahlkampfkässeli gesteckt hat, natürlich sofort und drückten ihn bestimmt weg. Auch ein Getränk bekam Matter noch ab. «Verzieh dich!», schrie es aus der Masse.
Komischer Zufall?
Was bloss hatte Matter da gesucht, vor der Versammlung Linksautonomer? Eine gezielte Provokation

Eigentlich wäre das ein Fall für die Oberchefredaktorin Raphaela Birrer. Aber wetten wir, dass ihr das völlig schnurz ist? Was? Nun, diese Schmiere im «Landboten», Teil des Qualitätsmedienkonzerns Tamedia. Der beschäftigt Qualitätsjournalisten wie Leon Zimmermann, der nach einer solchen Entgleisung in jedem anständigen Medienhaus per sofort freigestellt und entsorgt würde. Allerdings bekam er beim Verfassen dieses Stücks Haltungsjournalismus Unterstützung von Till Hirsekorn, und der ist immerhin «Leiter der Stadtredaktion» beim «Landbote».

Selbst dem Jungredaktor Tim Wirth im «Ressort Zürich Leben» des «Tages-Anzeigers» gelingt eine objektivere Beschreibung des Vorfalls. Ausser, dass man dem SVP-Politiker natürlich «Verpiss dich jetzt, Alter» zurief:

Immerhin ist der Tagi in der Lage, die lange Liste von ähnlichen Attacken auf Exponenten der SVP oder auch den inzwischen parteilosen Regierungsrat Mario Fehr anzuführen. Die Urheber waren immer Linksradikale, deren unerschütterliche Sicherheit, für das Gute zu sein, problemlos auch böse Taten legitimiert.

Aber zurück zur «Landbote»-Schmiere. Denn das ist der Artikel von Anfang bis Ende. Schon der Lead ist an Häme und Parteilichkeit kaum zu überbieten: «Die Kundgebung zum zehnten Jahrestag der eskalierten Tanzdemo auf dem Archplatz blieb friedlich. Daran änderte auch der überraschende Auftritt eines bekannten Zürcher SVP-Nationalrats nichts.»

Es war eine unbewilligte Demo, nebenbei. Laut eigener Aussage machte sich nun der SVP-Nationalrat Matter nicht «breit», sondern wollte von einer SVP-Wahlveranstaltung ganz in der Nähe den direkten Weg zum Parkhaus nehmen, wo sein Auto abgestellt war. Er war dabei der offensichtlich falschen Auffassung, dass er keinen Umweg nehmen müsse, nur weil ein paar Linksautonome dem «System» mal wieder Saures geben wollen und «gegen die kapitalistische Stadtentwicklung», was immer das sein mag, demonstrieren.

So viel zu «sich sogar einen Weg durch die Massen bahnen wollte». Was hier dazutut, dass er ins SVP «Wahlkampfkässeli» gespendet habe? Soll er damit als widerlicher und reicher Kapitalist gebrandmarkt werden? Er wurde beschimpft, drangsaliert und ausserdem wurde ihm ein gefüllter Trinkbecher an den Kopf geworfen, was filmisch dokumentiert ist. Oder aber, wenn man dem «Landboten» glauben will, aber das sollte man besser nicht tun, er wurde «bestimmt weggedrückt» und «bekam auch ein Getränk noch ab». Ausserdem wurde ihm zivilisiert «verzieh dich» gesagt, keinesfalls «verpiss dich, Alter» gegrölt.

Dann fragt der objektive Reporter anzüglich: «Was bloss hatte Matter da gesucht? Eine gezielte Provokation?» Das «verneint er auf Anfrage», hängen sich Zimmermann/Hirsekorn ein objektives Feigenblättchen um. Dabei ist die Botschaft doch klar: Natürlich wollte Matter sich «breitmachen», einen «Weg durch die Massen bahnen», natürlich wollte er provozieren.

Die Polizei hingegen liess sich nicht provozieren und bot sogar an, auf Antrag eine Notbewilligung zu erteilen. Das kam aber bei den linken Chaoten gar nicht gut an:

«Die Demonstranten reagierten meist mit Pfiffen auf die Ankündigungen der Polizei. Zudem skandierten sie ihre Parolen und brachten einen Leiterwagen mit Musikboxen mit. «Oisi Stadt, oises Quartier, weg mit de Yuppies, weg mit de Schmier», dröhnte es in Form eines Rap-Songs über den Platz. Ein Slogan, in den auch die Anwesenden immer wieder einstimmten.»

Könnte man hier vielleicht ein kritisches Wort erwarten? Aber doch nicht bei diesem Autorenduo. Es steht zu vermuten, dass die Mehrheit der Leserschaft des «Landboten» nicht unbedingt mit den Ansichten und dem Vorgehen von rund 200 Linksautonomen sympathisiert. Was sich auch in der Mehrheit der über 100 Leserkommentare niederschlägt.

Es ist möglich, dass einen Jungspund rote Wallungen überfallen und er einen solchen Text in den Computer haut. Es ist unverständlich, dass ein leitender Redaktor mitgeschrieben hat. Es ist unglaublich, dass ein solcher Text alle angeblichen Qualität- und Kontrollstellen passierte.

Er ist ein weiterer Beweis für die These von ZACKBUM: Tamedia geht nicht an einer allgemeinen Medienkrise zugrunde, sondern durch das Missmanagement der Chefetage – und die Verbohrtheit und Unfähigkeit zur klassischen Newsberichterstattung der Redaktion.

Wenn man wie beschrieben oben – und auch in diesem Mief von Blasenjournalisten in ihrer luftdicht abgeschossenen Gesinnungswelt – kräftig aufräumen würde, hätte Tamedia noch eine Chance. Aber das wird nicht passieren.

 

 

Tamedia: Berner Modell für Zürich

Tamedia will auch im Kanton Zürich Redaktionen zusammenlegen. Am 17. November werden die Betroffenen informiert.

Droht dem Landboten, den Zürichsee-Zeitungen und dem Zürcher Unterländer ein ähnliches Schicksal wie der Berner Zeitung und dem Bund? Erstmals konkret wurde vor kurzem die WoZ: «Die Redaktionen von Bund und Berner-Zeitung – die momentan in Kurzarbeit und im Homeoffice sind – sollen ab April 2021 aus Spargründen vollständig zusammengelegt werden. Zuvor will Tamedia dem Vernehmen nach eine ähnliche Übung mit ihren Zeitungen im Kanton Zürich durchziehen. Siebzig Millionen Franken sollen eingespart werden, davon ein siebenstelliger Betrag in Bern».

Zackbum.ch weiss: Am Dienstag, 17. November, werden die Tamedia-Redaktionen informiert. In einem ersten Schritt geht es um die Zusammenlegung der Kantonsredaktionen des Tages-Anzeigers und der Zürichsee-Zeitungen. Darüber hinaus sollen auch vermehrt Artikel ausgetauscht werden zwischen den Zeitungstiteln.

Was plant Tamedia konkret? Mediensprecherin Nicole Bänninger beantwortet den eingereichten Fragenkatalog nur zusammenfassend. «Um unser Geschäft nachhaltig betreiben und unserer Leserschaft trotz sinkender Einnahmen und des absehbaren weiteren Rückgangs der Printauflagen weiterhin einen unabhängigen, in den Regionen verankerten Qualitätsjournalismus bieten zu können, müssen wir überall Synergiepotentiale eruieren und unsere Kosten reduzieren». Gleichzeitig verlange der Aufbau einer zahlungsbereiten digitalen Leserschaft, «dass wir uns damit auseinandersetzen, welche Bedürfnisse digitale Leserinnen und Leser haben, und unsere Inhalte entsprechend darauf ausrichten – auch in der lokalen und regionalen Berichterstattung».

Achtung: Jetzt wird’s ein bisschen konkreter:

«Dies bedingt eine noch engere redaktionsübergreifende Zusammenarbeit. Wie diese konkret ausgestaltet werden soll, werden wir mit den Redaktionen zusammen über die nächsten Monate prüfen und erarbeiten.»

Und wie sieht’s mit den einzelnen Zeitungstiteln Landbote, Zürichsee-Zeitungen und Zürcher Unterländer aus? Die Antwort lässt vieles offen. Titelstreichungen scheinen durchaus möglich.

«Es ist unsere Ambition, all unsere Zeitungstitel zu erhalten und sie auch weiterhin unterschiedlich zu positionieren.»

Nachfrage von ZACKBUM.ch: «Bleiben die Deckblätter als einzige Referenz an die publizistische Herkunft?» Auch hier antwortet Bänninger eher allgemein: «Mit BZ und Bund in Bern und dem Tages-Anzeiger und den Zürcher Regionalzeitungen in Zürich haben wir in beiden Regionen starke Zeitungen mit eigenen Profilen, die auch ein unterschiedliches Publikum ansprechen. Wie die gesamte Medienbranche stehen wir jedoch vor grossen Herausforderungen: Der Werbeumsatz im Print erodiert kontinuierlich, genauso wie die Umsätze aus den Print-Abos.» Das Deckblattmodell ist und bleibt also eine Option.

Und noch eine Frage: «Gibt es schon Zahlen zur geplanten Anzahl Kündigungen und die geplanten einzusparenden Ausgaben in der Region Zürich?» «Über personellen Veränderungen lässt sich noch keine Aussage machen. Wir versuchen aber stets, nötige Massnahmen so weit wie möglich über Fluktuation, interne Verschiebungen oder andere Anschlusslösungen zu vollziehen», so Bänninger, die zusätzlich zu ihrer Funktion als Kommunikationsverantwortliche Tamedia stellvertretende Leiterin Kommunikation der TX Group ist.

Somedia operiert heute schon so

Ein ähnliches Modell wie das geplante Deckblattmodell in Bern pflegt heute schon die Somedia. Sie gibt in Graubünden die Südostschweiz und das Bündner Tagblatt heraus. Die beiden Zeitungen unterscheiden sich durch die Seiten zwei und drei mit je individuellem Inhalt, sowie verschieden gestalteteten Titelseiten. Wie beurteit die Somedia die Pläne der Tamedia? «Von den Plänen der TX Group habe ich nur aus den Medien erfahren» antwortet Silvio Lebrument, Geschäftsführer Medien der Südostschweiz. Der Sohn von Verleger Hanspeter Lebrument schreibt weiter: «Wenn ich mich auf den Bericht von persoenlich.com stütze, ist vieles noch ungesichert bzw. nicht bestätigt. Daher ist ein Vergleich schwierig». Er stehe aber gerne zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung.

Übrigens unterstützte Christoph Blocher ab 1987 das damals serbelnde Bündner Tagblatt finanziell. 1996 gingen dann Herstellung und Vertrieb des Bündner Tagblatts an die damalige Gasser Media (heute Somedia). «Unter Wahrung einer unabhängigen Redaktion», wie Hansmartin Schmid in einem lesenswerten Buch über «die Geschichte der Churer Presse» schreibt.

Wie es in Bern und Zürich weitergeht, wird man frühestens am Dienstag erfahren.