Schlagwortarchiv für: Krise

Falscher Titel, macht aber nix

Löpfe ist der Mann fürs Doofe bei «watson».

Der Titel ist reisserisch: «Der seltsamste Fast-One-Night-Stand meines Lebens». Oh, Pardon, ZACKBUM meint natürlich diesen hier: «Was ist in China los?» Ja was denn nur, ist ein Reissack umgefallen? Nein, viel schlimmer, vermeldet Philipp Löpfe im Blatt für Intelligenzler und Freunde der Quantenphysik «watson». «Rekordhohe Jugendarbeitslosigkeit und sinkende Konsumlust». Au weia. «Die Finanzgemeinde», also das Gemeindemitglied Löpfe, «wird durch die neusten Zahlen aus China aufgeschreckt».

Huch, welche Zahlen? Die Jugendarbeitslosigkeit sei auf «über 20 Prozent geklettert, ein trauriger Rekord der jüngeren Vergangenheit». Nun ja, in der jüngsten Vergangenheit, nämlich im Jahr 2022, kratzte sie auch schon mal an der 20-Prozent-Schwelle. Aber solche Hintergründe würden ja nur stören. Und woher hat Löpfe diese Zahl? Aus offiziellen chinesischen Quellen? Nein, sie sind von Goldman Sachs. Das ist etwa so intelligent wie neue Zahlen über die Schweizer Wirtschaft nicht vom Statistischen Bundesamt, sondern von einer Amibank zu beziehen.

Löpfe hat noch eine zweite Zahl auf Lager. Der «Index der Einkaufsmanager» sei von April auf Mai von «49,2 auf 48,8 Punkte gesunken». Das hat er von «Statista» abgeschrieben, samt der Erläuterung, dass ein Wert unter 50 Punkten eine «sich abschwächende Wirtschaft» anzeige. Nun beruht diese Zahl auf einer Meinungsumfrage, auf nicht mehr oder weniger. Auch da kommt es darauf an, wer sie macht und wem man glaubt. So sagt das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin, der Index sei von 50 auf 49,5 Punkte gefallen. Also auf einen Wert, der oberhalb des von Löpfe behaupteten liegt.

Nachdem er so zweimal den feuchten Finger in die Luft gehalten hat, zitiert er den «Chefökonom für China bei Goldman Sachs», der von «mangelndem Vertrauen» und «schwächelnden Investitionen» spricht. Was nicht wirklich verwundert, da er wohl den Zahlen seines eigenen Hauses schlecht widersprechen kann. Ob die zutreffen oder nicht, das ist eine andere Frage.

Letzter «Beweis»: der CEO der US-Bank JPMorgan «und der derzeit unbestrittene Star in der Banken-Szene» warne vor «Unsicherheiten» bei der chinesischen Regierungspolitik. Was der Chefökonom von «watson» dabei vielleicht übersieht: zwischen den USA und China wachsen die Spannungen, wirtschaftlich sehen die Amis China immer mehr als ihren Hauptkonkurrenten und -feind.

Also sind diese Aussagen ungefähr so objektiv, wie wenn man russische Quellen zur Beschreibung des wirtschaftlichen Zustands der Ukraine herbeiziehen würde. Aber damit kommt Löpfe erst in Fahrt: «Nicht nur die Investoren werden nervös, auch die Rohstoffpreise sind angesichts der sinkenden Nachfrage aus China ins Rutschen geraten

Öhm, also beispielsweise der Preis für ein Barrel Brent Rohöl ist tatsächlich von knapp 124 US-Dollar auf unter 76 gefallen. Allerdings in einem Jahr

Dann schwingt sich Löpfe zu den Begriffen «Decoupling» und «De-Risking» auf. Der erste soll ein Abkoppeln der westlichen Wirtschaft von China postulieren, der zweite eine Verminderung des Risikos einer Abhängigkeit. Beides ist Geschwätz, denn gerade die USA sind der grösste Schuldner Chinas, oder umgekehrt ist China der grösste Gläubiger der militärischen Supermacht. Dazu die Abhängigkeit von Lieferketten, der Absatzmarkt China, die Importe aus China: gerade die USA würden sich tief ins eigene Fleisch schneiden, wenn sie einen Wirtschaftskrieg mit China beginnen würden.

Daher fallen auch die Kritiken daran, dass China auf Sanktionen gegen Russland pfeift und das Handelsvolumen stetig ausweitet, von US-Seite eher verhalten aus. Da prügelt man lieber auf die Schweiz ein; die ist klein und schwächlich.

Also kommt Löpfe zum Schluss: «Ein Abkopplung hingegen würde Firmen wie Apple vor kaum lösbare Probleme und die deutsche Autoindustrie ins Verderben führen. Und China hätte dann ebenfalls weit gravierende Probleme als arbeitslose Jugendliche.»

Ach, genau, da hat er ja seinen Blindflug durch die Welt gestartet, bei den arbeitslosen chinesischen Jugendlichen und der angeblich schwächelnden Wirtschaft. Um dann bei der Unmöglichkeit des Entkoppelns zu landen.

Aber schön, hat er darüber geredet. Verstanden hat’s nur niemand; er selbst wohl auch nicht.

Hyperventilieren ist nicht gesund

Banken, Ukraine, Rentenreform. Himmels willen …

Für die modernen Sparmedien gibt es zwei Ausnahmezustände. Der eine: es ist nichts los. Es ist wirklich nichts los. Dieser Ausnahmezustand wird dann mit einer ausführlichen Betrachtung und Beschreibung des eigenen Bauchnabels bewältigt. Der Leser bekommt ungefragt Beziehungsprobleme, Essgewohnheiten, Alltagserlebnisse, Kindergeburtstage und andere Nebensächlichkeiten serviert. Soweit tiefe Einblicke in die physische und psychische Verfassung des Journalisten.

Die gehobenere Form besteht darin, der Schweiz, der EU, der Ukraine, Russland, China, ja überhaupt der ganzen Welt mal wieder zu geigen, was sie zu tun und zu lassen hätte. Was sie falsch macht (fast alles) und was sie richtig macht (sehr wenig).

Beide Themen werden jeweils mit dieser gravitätischen Unwucht der eigenen Bedeutungsschwere abgehandelt. Das ist leider eine zunehmende Erkrankung vieler Schriftwerke. Umso unbedeutender, unwichtiger die Meinungsäusserungen von Journalisten werden, desto mehr pumpen sie ihre Werke mit vermeintlicher Wichtigkeit auf, geraten schnell in den Diskant, werden kreischig, behaupten wie der Irrwisch Seibt, dass es nun um alles gehe, um wirklich alles.

Dabei geht es meistens nur darum, im Print Spalten zu füllen und im Digitalen den Eindruck einer Themenfülle zu erwecken, die gar nicht existiert.

Der zweite Ausnahmezustand besteht darin, dass mehr als ein grosses Ereignis zeitgleich passiert. Denn seit mehr als einem Jahr ist der Grundbrummton durch den Ukrainekrieg gegeben. Wenn dann noch ein Erdbeben in der Türkei dazukommt, ist schnell einmal die Belastungsgrenze des normalen Journalisten erreicht.

Glücklicherweise haben es Erdbeben aber so an sich, dass sie schnell stattfinden, ihre Verheerungen aus dem Stehsatz beschrieben werden können, der Reigen von Fachleuten, Betroffenen, Schuldigen und überlebenden wird vorgeführt, und dann ist auch wieder gut.

So etwas wie die neuste Rentenreform ist schon sperriger. Eher kompliziertes Thema, irgendwie bedeutend, aber wo soll man noch Platz finden neben der Ukraine? Vor allem, wenn ja wie immer aus heiterem Himmel ein völlig unerwartetes Problem über uns hereingebrochen ist: der Credit Suisse geht es nicht so gut.

Da tut zum Beispiel Tamedia, verflixt, das heisst doch «Tages-Anzeiger», auch in Bern oder Basel, also da tun die Organe des Coninx-Clans das, was für sie inzwischen das Höchste der Gefühle ist. Sie richten einen «News-Ticker» ein, damit der überforderte Redaktor die Agenturmeldungen einfach per copy/paste ins Internet rammen kann.

Und es wird ein eigenes «Gefäss» mit eigenem Titel und eigenem Auftritt geschaffen. Hier heisst es originellerweise «Krise bei der Credit Suisse». Bei der UBS wäre es dann wohl «Unfall bei der UBS», bei den Genossenschaftern «Reibungen bei Raiffeisen», bei der Post «Panik bei Postfinance» und bei der ZKB als letzte der systemrelevanten Banken vielleicht «Zackbum bei ZKB». Dagegen würden wir natürlich energisch Einsprache erheben.

Aber auch bei der «Krise bei der Credit Suisse» wird getan, was man kann. Also nicht viel. Bei Tamedia (wir wollen uns diese Bezeichnung, auch Priska Amstutz zu Ehren, nicht abgewöhnen) gibt’s das obligaten Interview mit dem Fachmann, die «Antworten zur Rettung der Credit Suisse», die bange Frage «Bahnt sich eine Finanzkrise an?» und den kritischen Titel «Der Bundesrat tagt – und schweigt».

Dafür werden gleich zwei Koryphäen in die Schlacht geworfen. Aber Markus Brotschi (Bundeshausredaktor) und Charlotte Walser (promovierte Philosophin aus dem «Bundeshausteam») haben die undankbare Aufgabe, aus einem schweigenden Bundesrat einen Artikel zu melken. ZACKBUM kann eine gewisse Bewunderung nicht verhehlen:

«Im Bundeshaus herrschte am Donnerstag so etwas wie knisternde Anspannung.» Das ist schon mal gut, ein starker Anfang. Nennen wir es gebremstes Tremolo, denn es ist ja nur «so etwas» wie angespanntes Knistern. Und die Frage stand im Raum, schwebte unter der Parlamentskuppel, trieb die Volksvertreter durch die Wandelhalle: «Wie würde der Bundesrat reagieren

Um diese Frage zu beantworten, muss das Bundeshausteam seine Muskeln anspannen, die Ohren spitzen, Beziehungen ausnützen, um berichten zu können: «Tatsächlich traf sich die Landesregierung, wie im Lauf des Tages ruchbar wurde, am Nachmittag zu einer Krisensitzung

Trommelwirbel, nun muss aber der Knaller kommen: «Über den Inhalt der Sitzung werde nicht informiert, schreibt die Bundeskanzlei.» Das ist natürlich bitter, aber dem findigen Journi fällt schon noch etwas ein, denn sonst wäre der Artikel ja fertig: «Im Parlament sorgt die Nicht-Reaktion der Exekutive für Verunsicherung. Parlamentarier formulieren gegenüber dieser Zeitung zunächst ihre Irritation, wollen sich später dann aber nicht zitieren lassen.» Ist das aber nochmal ein Pech. Zuerst sagt der Bundesrat nix, dann sagen die Parlamentarier was, wollen aber doch nix gesagt haben.

Was kann da noch helfen? «Ein Insider spekuliert …», das ist immer das Ende jeder ernstzunehmenden Berichterstattung. Aber hier geht’s doch weiter: «Doch nun müsse man «gesetzgeberisch vorsorgen, dass so etwas nie mehr vorkommt», betonte Co-Präsident Cédric Wermuth». Wunderbar, der Vielschwätzer ist immer mit einer Stellungnahme zur Hand, und so bleibt uns allen ein Zitat von Fabian Molina erspart.

Das gibt natürlich Reaktionen: ««Die SP ist vorgeprescht», sagt (Mitte-Präsident, Red.) Pfister.» Damit ist ein Fass aufgemacht: «FDP-Präsident Thierry Burkart ist ebenfalls der Ansicht …», selbstredend «Für den Banker und SVP-Nationalrat Thomas Matter hat die CS nun die Hauptaufgabe …». Nur: offenbar haben es die Grünen und die Grünliberalen nicht rechtzeitig geschafft, etwas in die Mikrophone zu murmeln.

Dürfen wir kurz zusammenfassen: der Credit Suisse geht es schlecht, sie benützt die Kreditlimite von 50 Milliarden, die ihr bei der SNB zusteht. Der Bundesrat hat sich darüber informieren lassen und sagt nichts. Die Parteien sagen das, was sie meistens sagen.

ZACKBUM fragt aber: Wenn dieser Artikel das Niveau der Berichterstattung illustriert, kann man da dem Hause Tamedia die Kompetenz zutrauen, sinnvoll über die Ukraine, die Türkei, China, Russland, die USA und überhaupt die Welt zu berichten? Sieht das bei CH Media besser aus? Oder bei Ringier? Bei den Randgruppen-Postillen? Wenn man die NZZ als Ausnahme gelten lässt: ist das nicht ein unvorstellbares Elend?

Krise in den Medien

Krise könnte Publikum generieren. Könnte.

In Krisen sucht der Mensch Orientierung und Halt. In einer Pandemie möchte er wissen, wie gefährdet er ist. Was er zum eigenen Schutz tun kann. Welche Massnahmen sinnvoll sind, ob Impfungen nützen, welche schädlichen Nebenwirkungen sie haben könnten. Der Mensch zweifelt und hört dies und das.

Eine wunderbare Chance für Massenmedien, ihr Publikum zu vergrössern. Denn sie hätten alle Ressourcen, um als Leuchttürme in dunkler Nacht zu dienen. Was ihnen selbst an Expertenwissen abgeht, könnten sie einholen. Ihre Redakteure könnten ausgewogen, mit kritischer Distanz zu Regierungsmassnahmen und mit gesundem Menschenverstand berichten.

Angesichts der Tatsache, dass sich in der Schweiz wenige Grosskonzerne den Tageszeitungs-Markt untereinander aufgeteilt haben, in vielen Regionen ein Meinungsmonopol herrscht, das höchstens noch von elektronischen Medien aufgebrochen wird, könnten sie als Plattform dienen, auf der diverse Meinungen, Ansichten, Einsichten aufeinanderprallen. Ein Querschnitt dessen halt, was in der öffentlichen Meinung im Schwange ist.

So könnte das sein. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie die Massenmedien krachend versagten. Ihnen fehlte es an kritischer Distanz zum staatlichen Handeln. Statt ausgewogener und überlegener Berichterstattung boten sie Raum für wahre Corona-Kreischen, herausragend symbolisiert in Marc Brupbacher von Tamedia. Der beschimpfte hysterisch Regierende, wusste alles besser und verbreitete wahre Panikorgien. Die Medien gaben profilierungssüchtigen Wissenschaftlern ungefiltert Platz, wahre Weltuntergangs-Orgien aufzuführen. Es gab einen Wettbewerb, wer mit welcher Anzahl Toter den anderen übertrumpft. Immer schön abgefedert mit «könnte, würde, ist zu befürchten».

Auf der anderen Seite wurde das durchaus kritikwürdige Management der Regierenden mit unkritischem Lob überschüttet. Der CEO eines grossen Medienkonzerns gab sogar als Stallorder heraus, dass seine Redaktionen gefälligst Regierungshandeln positiv zu würdigen, gar zu unterstützen hätten.

Statt Plattform für divergierende Meinungen zu sein, durften Redakteure ihre Privatansichten spazieren führen. Abweichende Meinungen wurden nicht zugelassen, gar stigmatisiert, sogenannte Corona-Leugner wurden beschimpft, karikiert, beschuldigt. Ihnen wurde Fahrlässigkeit, Uneinsichtigkeit, sogar versuchte Körperverletzung an anderen vorgeworfen. Es herrschte weitgehend Rechthaberei und arrogante Überheblichkeit.

Die Quittung folgte auf dem Fusse. Dieselben Medien besannen sich plötzlich ihrer unersetzlichen Bedeutung in einer funktionierenden Demokratie, als kontrollierende und kritische vierte Gewalt. Dafür wollten sie – um das eigene wirtschaftliche Versagen auszugleichen – eine zusätzliche Finanzspritze von einer Steuermilliarde. Mit geschickter Lobbyarbeit bugsierten sie die Milliarde durchs Parlament, dann sahen sie sich mit einem Referendum konfrontiert.

Auch hier reagierten die Mainstream-Medien wie gewohnt. Zunächst ignorierten sie das Referendum, dann nahmen sie es übellaunig zu Kenntnis, und viel zu spät begannen sie, es ernst zu nehmen. Daraufhin veranstalteten die Medienmacher die wohl dümmste und kontraproduktivste Werbekampagne in der jüngeren Geschichte, um für ihr Anliegen Stimmung zu machen. Die Quittung folgte: das Referendum wurde zum Entsetzen der Besitzerclans der Schweizer Medien angenommen.

Darauf erfolgte ein ungeordneter Rückzug von allen wilden Behauptungen, dass ohne diese Milliarde die Pressefreiheit in der Schweiz in ernster Gefahr sei, ein Mediensterben einsetzen würde, die grossen Medienhäuser ihren Aufgaben als kontrollierende vierte Gewalt nur noch unzulänglich nachkommen könnten. Denn dem Publikum war längst klar geworden: das taten sie sowieso nicht mehr, eine zusätzliche Milliarde hätte daran auch nichts geändert.

Aber neue Krisen bedeuten auch immer neue Chancen. Seit dem 24. Februar 2022 herrscht wieder Krieg in lediglich 2000 Kilometer Entfernung. In diesen Krieg ist eine Atommacht verwickelt, die zudem eine wichtige Rolle als Energielieferant für Europa spielt. Natürlich wird diese Abhängigkeit als Waffe verwendet, der Öl- und Gashahn nach Belieben zugedreht.

Auch in dieser Krise sucht der Mensch nach Orientierung und Halt. Wie schlimm wird es, auf welche Energiepreise muss er sich einstellen? Wird es zu Blackouts in der Schweiz kommen, zu kontrollierten Stromabschaltungen? Wie schlimm wird die Heizsituation? Kann ein Normalbürger die Energiepreise überhaupt noch stemmen? Mit welchen Massnahmen kann er sich an der Bewältigung der Krise beteiligen? Welche Spartipps sind sinnvoll, welche absurd? Wie sehen zukünftige Lösungen aus? Ist unsere Landesregierung dieser Krise gewachsen, ergreift sie vorausschauend alle nötigen Massnahmen? Ist der Ausstieg aus der Atomenergie unter diesen neuen Umständen überhaupt noch sinnvoll?

Welche Rolle spielen die Alternativenergien, können Photovoltaik, Windräder, Bodensonden, bauliche Massnahmen, ein anderes Mobilitätsverhalten die Krise meistern? Müssen wir mit einem allgemeinen Wohlstandsverzicht rechnen? Geht die Krise vorbei, und wenn ja, wann?

Auf alle diese Fragen (und auf einige mehr) liefern die Massenmedien wieder nur sehr unzulängliche Antworten. Wer könnte aus dem Stand sagen, welche Bedeutung zum Beispiel Alternativenergiequellen in Deutschland, in der Schweiz haben? Wie hoch ist ihr Anteil am gesamten Energiemix? Na? Eben.

Zudem gibt es eine Frage, die die Menschen sehr umtreibt. Ist es denkbar, dass zum zweiten Mal in der Geschichte der Menschheit Atombomben zum Einsatz kommen? Welche Auswirkungen hätte das? Ist es denkbar, dass zum zweiten Mal ein ukrainisches AKW in die Luft fliegt? Welche Auswirkungen hätte das?

Schliesslich: Sind die Sanktionen eine gute Sache? Welchen Schaden richten sie beim Gegner an, welchen Schaden bei uns selbst? Ist die geradezu manische Verteufeln alles Russischen, inklusive Kunst und Kultur, gerechtfertigt oder Ausdruck einer Hysterie? Kann es richtig sein, die Eigentumsgarantie aufzuheben, das Prinzip, dass jeder unschuldig ist, bis ihm eine Schuld rechtsgültig nachgewiesen wurde? Kann es richtig sein, das zweite Prinzip aufzuheben, dass es gegen jede staatliche Zwangsmassnahme möglich ist, den Rechtsweg zu beschreiten?

Wieder stapeln sich die Fragen und Befürchtungen. Niemand weiss alle richtigen Antworten. Wieder nehmen die Medien einseitig Position und Partei ein. Wieder werden abweichende Meinungen nicht zugelassen, Dissidenten verunglimpft, beschimpft. Was früher der Corona-Leugner war, ist heute der Putin-Versteher. Zwei Kampfbegriffe, die an Dümmlichkeit schwer zu überbieten sind.

Das Trauerspiel geht weiter. Die Medien haben aus ihrem Versagen während der Pandemie nichts gelernt. Sie haben zwar zur Kenntnis genommen, dass ihre Glaubwürdigkeit weiter gelitten hat. Sie haben zur Kenntnis genommen, dass sich immer mehr Leser fragen, wieso sie für diese lausige Qualität des Gebotenen noch Geld zahlen sollen. Wieso sie die Privatmeinungen von überforderten und rechthaberischen Journalisten finanzieren sollen. Die nicht mehr recherchieren und ergebnisoffen berichten, sondern schon im Voraus wissen, was sie berichten werden.

Es gibt Journalisten, die zitieren Menschen, die es gar nicht gibt. Es gibt Journalisten, die beschreiben eine Wirklichkeit, die es gar nicht gibt. Es gibt Journalisten, die geben Handlungsanleitungen, die ins Nichts führen. Es gibt Journalisten, die Ratschläge erteilen, deren Befolgung im besten Fall nutz- und wirkungslos ist, im schlechtesten Fall schädlich.

Die intelligente Wiedergabe einer komplexen und komplizierten Realität ist aufwendig. Es braucht Gehirnschmalz, das Vermögen, ohne Scheuklappen die Wirklichkeit so akkurat und unverfälscht wiedergeben zu wollen wie möglich. Es braucht die Fähigkeit, dem mündigen Leser die nötigen Informationen zu verschaffen, aufgrund derer er sich eine eigene Meinung bilden kann. Es braucht den Verzicht auf Belehrung, Rechthaberei, den Verzicht auf arrogante Besserwisserei, hinter der nichts anderes als tiefe Verunsicherung herrscht.

Bislang sprechen alle Anzeichen dafür, dass die Medien, die Massenmedien, auch in dieser Krise versagen. Damit verschärfen sie ihre eigene Krise. Den wohlverdienenden Verlangsmanagern wird weiterhin nichts anderes einfallen als: sparen, noch mehr sparen. Entlassen, ausdünnen, Kompetenz abbauen, Agenturmeldungen, Fremdbeiträge ausbauen. Und als Zückerchen im Elend den verbliebenen Journalisten die Möglichkeit geben, die Leser mit ihren völlig unerheblichen Meinungen zu belästigen. Das einzige Gefäss, das wächst und wächst, ist die Kolumne. Der Kommentar. Der Leitartikel. Das «ich sag› der Welt, wie sie sein sollte, aber leider hört keiner auf mich»-Gewinsel.

Trostlos. Schlimmer noch: hopeless, wie man auf Englisch sagt. Caso perdido, wie man’s auf Spanisch ausdrückt. Im Arsch, wie man’s unfein, aber zutreffend auf Starkdeutsch sagt.

Hilfe, mein Papagei onaniert!

Bei der Hitze tun einem die Macher der Sonntagsblätter leid. Ein wenig.

Ein Thema, zwei Meinungen. Die NZZaS zieht sich ein Bettlaken über und macht als Schreckgespenst buhu:

Nach dem Run auf Elektroheizöfeli kann das nun zu einem Ausverkauf von Kerzen und Holz führen. Förster müssen Überstunden leisten, um Holzfrevel zu bekämpfen. Ganz anders dagegen die «SonntagsZeitung»:

Also lasst die Finger vom Horten von Kerzen und Holz. Keep cool, kann man nur sagen. Und lasst das mit den Elektroöfen, das bringt doch auch nix, wenn der Strom ausfällt …

Nun ist es bei der aktuellen SoZ so, dass man in den Schnelldurchlauf gehen kann. «Der grosse Check der News-Moderatoren». Der findet statt, wenn die Verzweiflung bei der Suche nach Themen so unangenehm stechend im Raum stinkt wie der Achselschweiss ungewaschener Redaktoren. Der «Fokus» macht einen weiteren Versuch, ganz tief nach unten zu tauchen. Aufmacher ist eine Story über ein Backpacker-Hotel. Ein weiterer Beitrag zur Serie: Journalisten porträtieren Journalisten. Diesmal ist Marc Walder dran, der CEO und Mitbesitzer von Ringier. Aber leider ist das Riesenfoto mindestens so aussagekräftig wie der Inhalt des Artikels.

Wer sich bis hierher durchgequält hat, gibt bei diesem aussagekräftigen Riesenfoto endgültig auf:

Und die NZZaS? Auch sie kümmert sich um Umweltfragen:

Wirklich auf Abwegen, wenn’s das Vieh bis in die NZZaS schafft …

Auch in den heiligen Hallen der Wirtschaft schwitzt man aus dem letzten Loch und saugt sich verzweifelt die Themen aus dem Finger:

Hatte uns denn vergangenen Sonntag auch die NZZaS nichts wirklich Wichtiges zu sagen?

Kann man das auch auf aufgeblasene Artikel und Themen anwenden?

Und fragt da jemand nach dem «SonntagsBlick»?

Sonst noch Fragen …

 

Füttert die Armen!

Eine klare Ansage. Und besser als das Verteilen des Geldes fremder Leut.

Zu den Lieblingsbeschäftigungen aller guten Menschen, die unermüdlich Solidarität einfordern, gegen Diskriminierung ankämpfen, für eine offene Gesellschaft, für Willkommenskultur eintreten, ist das Verteilen von Geld. Nicht vom eigenen, versteht sich.

Entweder mit dem allgemeinen Ansatz: das kann sich doch eine reiche Schweiz leisten. Oder mit dem Ansatz: nur Unmenschen können da zuschauen. Interessant ist dabei, dass es eigentlich immer um das Verteilen von fremdem Geld geht. Sehr, sehr selten um einen eigenen Beitrag.

Denn das persönliche Beispiel, das sollen doch gefälligst andere geben. Am liebsten wird dabei eine Gruppe ins Visier genommen, deren Sozialprestige sowieso nicht sonderlich hoch ist: die Reichen. Entweder die Reichen ganz allgemein oder die furchtbar Reichen.

Wobei unterstellt wird, im erweiterten Sinne des alten Anarchisten Pierre-Joseph Proudhon: «Eigentum ist Diebstahl». Denn kann grosser Reichtum anders als unrechtmässig, zumindest unmoralisch, sicherlich nicht aus eigener Kraft, sondern durch die Ausbeutung anderer erworben worden sein?

Kann es angehen, dass Leute wie Bill Gates oder Carlos Slim oder gar Warren Buffett jeden Morgen wie Dagobert Duck ein belebendes Bad in ihrem bis an den Rand gefüllten Geldspeicher nehmen, während es so viel Armut, Elend, Hunger, Tod auf der Welt gibt?

Grosse Probleme brauchen grosse Lösungen. Wer solche Forderungen aufstellt, fühlt sich ganz gut dabei:

Allerdings ist das an Dummheit nicht zu überbieten. Also alle Profiteure einer Börsenhausse, vielleicht auch die Pensionskasse des Verfassers, sollen rechtmässig erworbene Gewinne spenden? Wunderbar, und wofür genau?

«Für die Bewältigung der aktuellen Krise».

Wunderbar, welche genau? Die Pandemie-Krise? Die Wirtschaftskrise? Die Denkkrise? Die Klimakrise? Die Regierungskrise? Es gibt leider so viele aktuelle Krisen, dazu noch im In- und Ausland, da darf man doch mal nachfragen. Nehmen wir an, die 115 Milliarden sollen in der Schweiz verpulvert werden. Wie genau soll damit was «bewältigt» werden?

Wäre das nicht unsolidarisch gegenüber den viel grösseren Krisen auf der Welt? Hätten es afrikanische Staaten nicht viel nötiger als wir hier in der Luxus-Schweiz? So viele Fragen, so keine Antworten.

Sollten wir dann für Börsenverluste spenden?

Es ist davon auszugehen, dass der Verfasser dieses Handzettels selbst nicht an der Börse aktiv ist. Auch nicht für eine Firma arbeitet, deren Aktien dort gehandelt werden. Auch keinen kennt, der das tut. Es auch seiner Bank strikt verboten hat, da mitzuspielen.

Um die Dumpfbackigkeit dieses Unsinns deutlich zu illustrieren: wie wäre es denn im umgekehrten Fall? Wenn 115 Milliarden an der Börse oder sonstwie verlorengingen? Müssten wir dann solidarisch diesen Betrag spenden? Um die dadurch ausgelöste Krise bei den Investoren, bei den Reichen zu bewältigen?

Schliesslich, wenn die Frage gestattet ist: welchen Beitrag leistet denn der Autor dieser Forderung zur Bewältigung der aktuellen Krise, was immer die auch sein mag? Als Dichter, Künstler und Performance-Poet, als Rapper kann er sicherlich sein Scherflein beitragen.

Auch wenn das nur aus wohlfeilen Ratschlägen an andere besteht. Auch wenn er nur Geld verteilen möchte, das ihm nicht gehört. Auch wenn er nur die Welt so simpel machen will, dass er sie versteht. Auch wenn dadurch alles unverständlich wird.

Quo vadis, Tamedia?

So ist das im Journalismus. In Ruhe die Welt ordnen, und dann klirrt’s im Glashaus.

Es ist nicht gerade alltäglich, dass sich der Zürcher Kantonsrat auf eine fraktionsübergreifende Mitteilung verständigt. SVP/EDU, SP, FDP, GLP, Grüne als gemeinsamer Absender? Aber hallo. Nur die fromme CVP-Mitte und die ebenso fromme EVP zierten sich.

Was ist der Anlass dafür, dass SVP und Grüne, FDP und SP gemeinsam zum Griffel greifen? Der Titel der Mitteilung lässt es schon erahnen: «Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen».

Zu diesem fraktionsübergreifenden Kalauer sah man sich angesichts der Berichterstattung aus dem Hause Tamedia veranlasst. Über Frauendiskriminierung im Kantonsrat? Nein, nicht ganz. Sondern über die Querelen am Unispital Zürich, im Speziellen um die Herzklinik.

Irritierend einseitige Berichterstattung?

Da hat auch der «Tages-Anzeiger» «mit der Veröffentlichung von Missständen unbestrittenermassen wichtige Aufklärungsarbeit geleistet», loben die Fraktionen. Um gleich im Anschluss ein sich akzentuierendes Problem von Tamedia anzusprechen: «Mehr und mehr aber hat die personalisierte, zunehmend einseitige Berichterstattung irritiert.»

Den Ergebnissen des Untersuchungsberichts der «Aufsichtskommission für Bildung und Gesundheit» sei deutlich weniger Platz «als der Verteidigung eigener Thesen» eingeräumt worden. Zudem habe sich der Tagi nicht hinterfragt, ob er sich nicht von einem Whistleblower habe instrumentalisieren lassen. Oder ob er seine Sorgfaltspflicht gegen alle Protagonisten und Institutionen «wahrgenommen hat».

Man rafft sich dann sogar zum kleinen Scherz auf: «Dieser Fall zeigt leider, dass sich Journalistinnen und Journalisten auch sitzend verrennen können.»

Natürlich findet es niemand gut, öffentlich in die Pfanne gehauen zu werden. Aber wenn sich fast alle Parteien im Kantonsrat darauf verständigen, Tamedia dringlich nahezulegen: «Lesen Sie die Erklärung des Schweizer Presserats zu den Pflichten von Journalistinnen und Journalisten und nehmen Sie diese ernst!», dann klirrt es nicht nur im Glashaus Tamedia, sondern wegen des Holzgebälks ist auch noch Feuer im Dach.

Die Liste der Probleme wird länger und länger

Man muss inzwischen von einer Krise sprechen. Schmerzliche Reduktion des Angebots, Krankschrumpfung der Redaktion. Einheitssauce, die sich aus Zürich über alle Kopfblätter von Basel bis Bern und anderswo ergiesst. Aushungern der Lokalredaktionen, die gebrochenen Versprechen in Bern, der dividendengetriebene Kurs des Managements, das durch unzählige Profitcenter den Gewinn optimiert.

Eine zunehmende Tendenz, nicht nur in diesem Fall, parteilich in eigener Sache zu werden, sich auf einzelne Personen einzuschiessen. Erinnert sei an den Fall Jean-Claude Bastos. Der Geschäftsmann wurde aufgrund von gestohlenen Geschäftsunterlagen an den Pranger gestellt und ruiniert. Anschliessend stellte sich heraus, dass kein einziger der vielen Vorwürfe vor Gericht Bestand hatte.

Schliesslich ist es den kommentierenden Journalisten deutlich anzumerken, dass Existenzängste, der Bedeutungsverlust der Printmedien, der eigene Bedeutungsverlust zunehmend zu arroganter Rechthaberei führen. Der zurechtweisende, fordernde, Zensuren verteilende, besserwisserische Kommentar wird immer häufiger als Zufluchtsort missbraucht, als Möglichkeit, sich Pseudobedeutung zu verschaffen.

Anfüttern lassen statt eigene Recherche

Eigene Recherche wird – mangels Ressourcen – immer häufiger durch die Verwendung von angefüttertem Material ersetzt. Ein Whistleblower im Fall Unispital, interessierte Kreise im Fall Vincenz, die Teilnahme am Ausschlachten von Hehlerware, euphemistisch als Leaks oder Papers bezeichnet. Dramatische Fehleinschätzungen wie bei den vorletzten Präsidentschaftswahlen in den USA, Konzernjournalismus, fehlende Selbstkritik, zunehmender Gesinnungsjournalismus, abnehmende Funktion als Plattform für freie Meinungsbildung. Schliesslich die kritikfreie und wirtschaftlich getriebene Übernahme von immer mehr Artikeln aus der «Süddeutschen Zeitung», faktisch die gesamte Auslandberichterstattung wird aus München angeliefert.

Die Liste wird immer länger. Dazu noch der Protest von 78 Mitarbeiterinnen über frauenfeindliche Arbeitsbedingungen. Nun auch noch fast der gesamte Kantonsrat, der in seltener Einmütigkeit dem «Tages-Anzeiger» die Kappe wäscht, wie man es so noch nie gesehen hat.

Zeit für energische Massnahmen

Werdstrasse, ihr habt ein Problem. Nicht zuletzt Eure Selbstgerechtigkeit fällt Euch jetzt auf die Füsse. Ihr habt so viele Probleme gleichzeitig, unterfüttert mit einem garstigen wirtschaftlichen Umfeld, dass es mit beruhigenden Geräuschen und den üblichen Ankündigungen der Besserung, der Veränderung, der Neuorientierung nicht getan ist. Denn auch hier stinkt der Fisch vom Kopf. Wer sich all diese Kritik anhören muss, wer zudem als Co-Chefredaktoren von der eigenen Belegschaft so angerempelt wird, nachdem sie schon ins zweite Glied zurückgestossen wurden, die müssen gehen. Zweifellos.

Aber zuerst beschwichtigen

So sieht das Hissen der weissen Flagge mit Buchstaben aus.

Nach einer Denkpause haben Priska Amstutz und Arthur Rutishauser beschlossen, sich «in eigener Sache» zu Wort zu melden. Von allen denkbaren Varianten haben sie sich für das gesenkte Haupt und den blinden Glauben an den Wahrheitsgehalt der Behauptungen im Protestschreiben entschieden: «Wir haben diese Schilderungen mit grosser Betroffenheit gelesen. Zahlreiche erwähnte Beispiele sind nicht akzeptabel. Jegliche Art von Belästigung und Diskriminierung wollen wir nicht tolerieren.»

Es ist berührend und beelendend zugleich, wie hier die Leitungsebene von Tamedia einknickt und sich Asche aufs Haupt streut. Dabei ist bislang keine einzige dieser anonymen Schilderungen verifiziert worden. Dabei gibt es genügend Gegenmeinungen und bedeutende Mitarbeiterinnen, die sich dem hier entstandenen Gruppendruck nicht gebeugt haben. Dazu bald mehr.