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Die SZ kriecht zu Kreuze

Nicht mal Haltung bewahren geht.

In der Affäre um die mit Plagiatsvorwürfen konfrontierte stellvertretende Chefredakteurin Alexandra Förderl-Schmid (zurzeit aus dem «Tagesgeschäft» abgezogen) gibt es schon wieder eine neue Wendung.

Nachdem das Magazin «Medieninsider» diese Vorwürfe erhoben hatte, die Chefredaktor Wolfgang Krach von der «Süddeutschen Zeitung» als «Kampagne» zurückwies, veröffentlichte «Medieninsider» auch den Inhalt dieser Redaktionskonferenz. Anlass für die Chefredaktion, alle Mitarbeiter zu bespitzeln um herauszufinden, wer das durchgestochen haben könnte. Aber auch das gelangte an die Öffentlichkeit.

Chefredaktor Krach rechtfertigte diese Bespitzelung damit, dass die SZ ihr Redaktionsgeheimnis schützen müsse, das sei schliesslich das Herzstück und es könne nicht sein, dass Inhalte durchsickerten. Als Sahnehäubchen musste er dann eingestehen, dass der Lauschangriff leider kein Resultat gezeitigt hatte. Die ganze Zeit über blieb die aus der Schweiz importierte Quotenfrau und Co-Chefredaktorin Judith Wittwer stumm wie ein Fisch.

Leider folgte ihre Kollegin und Quotenfrau Raphaela Birrer diesem Vorbild nicht. Die Oberchefredaktiorin von Tamedia, Pardon, von «Tages-Anzeiger» (oder heisst das Ding nun wieder Tamedia?) keifte gegen die angebliche «Hetzjagd» gegen Föderl-Schmid los.

Sie sieht halt den Splitter im Auge von anderen, den Balken im eigenen nicht.

Nun hat die Groteske noch eine weitere Wendung genommen: «Die Verletzung des Redaktionsgeheimnisses ist für uns nicht hinnehmbar. Trotzdem war es nicht verhältnismäßig, mithilfe technischer Mittel nach demjenigen zu suchen, der diese Informationen nach außen weitergegeben hat.»

Was auf der Hand liegt, sieht nun auch der Chefredaktor ein: «wir haben zu wenig im Blick gehabt, dass uns als investigativem Medium vorgeworfen werden kann, mit zweierlei Maß zu messen: dass wir einerseits von Leaks journalistisch profitieren, aber andererseits versuchen, das Leck zu finden, wenn wir selbst Opfer eines solchen Angriffs geworden sind.»

Das kann man als Ausdruck des Bedauerns verstehen; Krach hat bereits Übung in Entschuldigungen (Jens Söring, Igor Levit, Hubert Aidinger, etc.). Während aber Birrer gegen einen angeblichen Hetz-Mob zu Felde zog, ist der Qualitätszeitung Tamedia (Pardon, «Tages-Anzeiger» oder wie das Ding immer heisst, vielleicht mal Müller von Blumencron fragen, den grossen Digitalstrategen) diese neue Volte der Kollegen von der SZ-Chefredaktion keine Zeile wert.

Ist das alles vielleicht peinlich.

First we take München

Und dann irgendwann Zürich.

Früher galt für Sonntagszeitungen: Die Zeitung sollte nicht mehr als ein Kaffee im Restaurant kosten. Mittlerweile hat sich auch das geändert. Der Kaffee im Restaurant kostete 2019 in der Deutschschweiz durchschnittlich 4,22 Franken.

Die Sonntagszeitung hingegen kostet heute 5 Franken. Für den Betrag gibt es in vielen Restaurants sogar ein «Kafi-Gipfeli». Ist die Sonntagszeitung so viel wert? Spätestens seit Anfang 2017 ist diese Frage nicht mehr von ketzerischer Natur, sondern gewinnt immer mehr und mehr an Brisanz. Seit bald vier Jahren teilen sich die «Süddeutsche Zeitung» und der «Tages-Anzeiger» nämlich ein gemeinsames Korrespondentennetz. Die Eigenleistung sinkt stetig.

Wer beide Zeitungen genau liest, erkennt mehr und mehr Artikel, die bereits in der Süddeutschen gelaufen sind und dann mit ein paar Tagen Verspätung in den Titeln der TX Group kommen. Das betrifft den «Tagi», das «Tagimagi» und leider auch das «Flagschiff» Sonntagszeitung.

Wittwer-Geschenk nach München

Umgekehrt hingegen habe ich in der «Süddeutschen» selten einen Artikel eines TX Group-Journalisten gelesen. Ausnahme ist Italien-Korrespondent Oliver Meiler. Der wichtigste Transfer nach München ist eigentlich nur die ehemalige Tagi-Chefredaktorin Judith Wittwer, die in der Redaktion der «Süddeutschen» publizistisch bisher wenig auffiel und als erstes einen grossen Stellenabbau ankündigte.

Zurück zur Sonntagszeitung. Im wichtigen «Fokus»-Bund wurde gestern auf einer Doppelseite das Phänomen des K-Pops erörtert. Autor ist Jakob Biazza von der Süddeutschen. Der Artikel erschien natürlich bereits in seinem Blatt; zwei Tage vor der Sonntagszeitung.

Das Ärgerliche an der Sonntagszeitung ist aber, dass sie den Artikel falsch aufsetzte. Im Lead der Süddeutschen steht:

Pop aus Korea setzt an der Börse gewaltige Summen um. Er beeinflusst die US-Wahl und ist Traumfabrik und Mühle, die ihre Protagonisten auspresst – manchmal bis zum Tod. Über Musik am Limit.

Drei Sätze, drei Schüsse. Da ist alles verpackt: die Strahl- und Wirkungskraft der Songs. Die bittere Kehrseite des Erfolgs und auch die wirtschaftliche Seite.

Die Sonntagszeitung setzte folgenden Lead auf:

Koreanische Musik erobert gerade die Welt. Zum Beispiel BTS: Die Umsätze der Band machen 0,3 Prozent des Bruttoinlandprodukts Südkorea aus. Was steckt hinter dem phänomenalen Erfolg?

Wie viel Alkohol steckte eigentlich hinter, beziehungsweise in der Sonntagszeitung-Redaktion? Koreanische Musik erobert nicht «gerade» die Welt. Der südkoreanische Titel «Gangnam Style» zum Beispiel erzielte auf Youtube als erstes Video über eine Milliarde Zugriffe. Das war 2012. Guten Morgen, Zürich. Und wie interessant ist die Kennziffer 0,3 Prozent? Das entspricht 3 Promille und gibt vielleicht den Alkoholgehalt des Leadtexters an.

Also, wenn schon SZ-Texte mit ein paar Tage Verspätung übernommen werden, dann bitte auch gleich den Lead kopieren. Oder den gelieferten Text zweimal genau durchlesen.