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Bond mit Bobos

Alle haben nun drüber geschrieben, wir haben «No Time to Die» gesehen. Und waren not amused.

Dylanologen heissen die Freunde Bob Dylans, die ihn unverdrossen durch alle Tiefen und Niederungen seiner Karriere begleiten. Durch seine religiöse Phase und durch die nicht mehr endende Phase des Krächzgesangs.

Bond-Fans mussten sich durch verschiedene Inkarnationen des Geheimagenten kämpfen. Mit dem seit 2006 amtierenden Daniel Craig meinte man, endlich wieder einen echten Bond gefunden zu haben.

Zwar nicht mit so eleganter Lebensart wie Sean Connery, dafür aber auch nicht wie diese ironisierenden Kleiderständer danach und auch nicht so überagierend gefährlich-böse wie Pierre Brosnan, den man immer mit einer schreibenden Schmachtlocke verwechseln wollte.

Grosse Wumme, kleine Gefühle: geht.

Sondern ein echter Handwerker des Todes. Seit dem «Zerrissenen Vorhang» von Hitchcock wurde nicht mehr so deutlich vorgeführt, dass Abmurksen manchmal gar nicht so einfach ist. «Geschüttelt oder gerührt?»: «sehe ich aus, als ob mich das kümmert?» Gute Antwort. Die kurze Verliebtheit, das Tränchen im Auge, als seine geliebte M in seinen Armen stirbt, okay, das geht noch knapp.

Dass Bond ein Kind hat, nun, er kann sicherlich nicht Anhänger von safer Sex sein, ganz klar. Aber eine mit bebender Stimme vorgetragene Liebeserklärung? Spätestens hier möchte der Zuschauer auch gerne die Lizenz zum Töten. Besser, zum Erlösen.

Grosse Gefühle, keine Wumme: geht nicht.

Natürlich schlägt es dem härtesten Geheimagenten aufs Gemüt, wenn er grössere Teile seines Abenteuers in einem braunen Cordanzug mit Hosenträgern bestreiten muss. Dagegen ist die chinesische Wasserfolter ein Klacks.

Immerhin muss er keinen Bollinger mehr trinken, aber immer noch Omega tragen, was auch nicht viel besser als diese Sprudelbrause ist. Der graugemusterte Anzug von Tom Ford, der offenbar zeigen wollte, dass er ausser Smoking auch noch was kann, sass dann auch wieder zu knapp, war zu kurz und machte auch keinen Spass.

Zum Sterben hässlich: da herrscht schlechte Laune.

Kein Wunder, dass Bond eigentlich den ganzen Film über schlechte Laune hatte. Wohl auch, weil die neue schwarze 007, die aber ihren Platz kennt und diese «just a number» wieder an ihn ehrfürchtig abtritt, der Bösewicht, dem selbst ein vernarbtes Gesicht keine andere Aura als «zum Knuddeln» gibt; selbst der als schwul geoutete Q: alles nur Reverenzen an den Zeitgeist, unnötig, die Handlung behindernd, den Film unnötig lang machen.

Die symbolische Szene des Films

Gut, die Action ist noch von altem Schrot und Korn. Da fliegen Wagen durch die Luft und Bond auch, da darf der alte Aston Martin nochmal zeigen, was Panzerung plus eigebaute Gadgets alles hergeben. Aber gleichzeitig ist das auch der symbolische Moment des Films.

Bond liefert sich die übliche Autoverfolgungsjagd mit den unermüdlich nachwachsenden Bösen, seine Liebste an der Seite. Aber er wird eingekreist, von allen Seiten unter Feuer genommen. Der böse Handlanger des Bösewichts feuert unablässig näherkommend eine Runde nach der anderen in die Panzerglasscheibe. Aber Bond sitzt katatonisch am Steuer und betrachtet das Treiben. Melancholisch, müde, desillusioniert, schlecht gelaunt.

Hat der Mann vielleicht eine Laune.

Erst auf die Aufforderung «tu was!» wacht er wieder auf und waltet seines Amtes. Maschinengewehre hinter den Scheinwerfern raus, mit Vollgas um die eigene Achse, alles niedermähen und im Rauchvorhang verschwinden. Aber selbst das hat gedauert.

Das Ende, wir wollen nicht so bösartig wie die WeWo sein und verraten es nicht, nun ja. Selbst der einzige Bond, der auf seinem Höhepunkt aufhörte, hatte dann nochmal einen Rückfall. «Never say never again», damit ruinierte Sean Connery fast die Figur Bond und sich selbst als Bond-Darsteller. Es wurde auch schmerzlich bewusst, wie wichtig die emblematische Musik ist.

Viel zu viel Verneigung vor den modernen Zeiten

Auch hier ging man wohl zu sehr dem Zeitgeist auf den Leim. Schon die Kastratenstimme im Titelsong von «Spectre» muss unter «schnell vergessen» abgebucht werden. Adele mit «Skyfall» war noch  grosses Kino. Aber die Flüsterstimme von Billie Eilish? Es muss ja nicht unbedingt wieder die Opernstimme von Shirley Bassey (unvergessen «Goldfinger») sein, die als einzige drei* Titelsongs singen durfte.

Aber Abgesang, Schwanengesang, Elegie statt Gefahr, Gefiepse statt Fanfare, das ist auch nicht nachhaltig.

Darf eine Frau schneller schlucken als Bond?

Craig hat’s im wahrsten Sinne des Wortes hinter sich. Natürlich ist Bond unsterblich, alleine schon, weil er immer noch eine Geldmaschine ist. Nun haben die Produzenten ein Weilchen Zeit, über die Positionierung des Nachfolgers nachzudenken.

Kleine Wumme, grosse Gefühle: geht auch nicht.

Wenn’s eine einigermassen niveauvolle Kampfmaschine mit Lebensart und Kenntnis aller guten Dinge im Leben wird, die aus Überzeugung tötet und am liebsten in Handarbeit, kommt’s gut. Wenn sie dazu noch säuft und raucht und Frauen flachlegt (oder sich von Frauen flachlegen lässt), kommt’s gut. Wenn sie nachdenklicher als Connery oder angefasster als Roger Moore ist, auch gut.

Aber bitte kein Weichei, keine Frau, kein Selbstzweifel, kein Gefühlschaos, kein sensibler Mann. Ausser, man will aus Bond eine Karikatur machen, und das gab’s auch schon. Hat aber nicht funktioniert.

Bond mit nostalgischem Liebesweh? Geht überhaupt nicht.

*Nach Leserhinweis von zwei auf drei korrigiert.

No time to die but to cry

Darf man über etwas schreiben, das man nicht kennt? Natürlich, machen doch alle.

ZACKBUM bekennt: ewige Liebe zu James Bond. Natürlich ist Sean Connery unerreicht. Niemand danach hatte solche Augenbrauen und einen so brutal-männlichen Gesichtsausdruck, wenn es richtig zur Sache ging.


Natürlich gab es eine Reihe von Fehlbesetzungen, von Roger Moore über Timothy Dalton bis Pierce Brosnan. Aber seitdem Daniel Craig übernahm, ist alles wieder gut. Mit einer solchen Unterlippe kommt wieder echtes Bond-Feeling auf.

So muss Bond schauen. Wenn man auf ihn schiesst und auch sonst.

Nun ist der letzte Bond mit Craig ein echter Hindernis-Bond. Schon längst abgedreht, schon längst angekündigt, dann kam Corona. Und blieb. Aber jetzt ist es soweit, der Film hatte offiziell Kino-Premiere. Und es gab schon Glückliche, die ihn tatsächlich gesehen haben.

Wir nicht. Na und? Die meisten Journalisten schreiben doch heutzutage über Dinge, die sie nicht gesehen haben. Nicht verstehen. Keine Ahnung davon haben. Aber das hindert sie doch nicht daran, ihre Meinung zur Weltpolitik, zur Wirtschaft, zu Pandemiefragen, zu Reden von Bundesräten abzusondern.

Meinung? Was heisst da Meinung; es werden Ratschläge erteilt, Forderungen aufgestellt, es wird kritisiert, zurechtgewiesen und gewarnt. Also tun wir das auch. Es gibt Stills, auf denen man Bond in einem Cordanzug sieht. Cord! Wenn etwas nicht geht, dann das.

 

Bond, Cord Bond? Suspenders Bond? 

Das verlangt nach der Lizenz zum Töten. Denn Bond war der einzige Action-Held mit Lebensart. Gut, die Zeiten sind schon länger vorbei, als er Dom Pérignon trank, weil das vielleicht nicht der beste, aber einfach der klassische Jahrgangschampager ist. Seit Bollinger bezahlt, säuft er halt diese Sprudelbrause.

Wo ist sie hin, die Lebensart?

Die Zeiten sind auch vorbei, wo er einen Bösewicht mit dessen mangelhaften Weinkenntnissen überführte. Wir haben auch ertragen, dass sich Craig in viel zu eng und knapp geschnittenen Anzügen von Tom Ford mit den Bösewichtern prügeln musste. Bei Brosnan rissen es die Brioni-Anzüge auch nicht raus, so nebenbei.

Aber mit Ford wurde immerhin ein neues Preisniveau erreicht. Der Zweiteiler ist ab schlappen 3500 Franken erhältlich, der Dreiteiler für 4500. Soll’s noch ein Mantel obendrüber sein, legen wir nochmal knapp 5000 drauf. Dass Bond Omega-Uhren und schon lange keine Rolex mehr benutzt, auch da geht Geld vor Stil.

Aber all das kann man hinnehmen, genauso wie die Tatsache, dass es zu «geschüttelt, nicht gerührt» eigentlich keine Variante mehr gibt, die noch nicht ausprobiert wurde. Und «Bond, Pause, James Bond», das kann man wirklich nicht mehr hören. Leider ist dem Zeitgeist geschuldet das weiblich-gehauchte «ach, James» verschwunden.

Und die Bond-Girls?

Überhaupt ist sein Verhältnis zu Frauen zunehmend emanzipierter geworden. Keinen Klaps mehr auf den Hintern, keine anzüglichen Altherren-Witze mehr. Stattdessen seit Vesper Lynd echte Gefühle, gleichberechtige Geheimagentinnen an seiner Seite. Allerdings gab es bislang nur ein einziges Mal eine Oberbösewichtin; dieser Part ist weiterhin Männern vorbehalten. Auch mit wechselnden Erfolgen; an Gerd Fröbe und Curd Jürgens kommt wohl kein anderer heran, vielleicht noch Javier Bardem, aber nicht Rami Malek. Wenn man schon «Lyutsifer Safin» heissen muss, als sei «Octopussy» nicht schon schlimm genug gewesen.

Bond auf der Jagd von Modeverbrechern?

Anscheinend soll auch die Frequenz von One-Linern, also diese trockenen und knallharten Antworten in einem Satz, eher runtergefahren worden sein. Sehr bedauerlich. Aber immerhin, es wird kolportiert, dass Bond zu M sagt:

«Entweder ist Ihr Schreibtisch grösser oder Sie sind kleiner geworden.»

Was nun aber bei keinem Geheimagenten geht, ist «ich habe gekündigt» so zu manifestieren, dass er in einem Jacket in einer Farbe zur Premiere in London erscheint, die sich wohl nicht einmal Frank A. Meyer trauen würde. Und das heisst was.

Bond als Witzfigur (links und rechts), neben Thronfolger-Witzfigur.

Also, wir sind zurzeit mehr geschüttelt als gerührt, machen uns auf alles gefasst, haben schon mal eine klare Meinung – und einen definitiven Ratschlag: Nein, eine Frau kann nicht der/die neue Bond sein. Aber selbst wenn, Cord mit Hosenträgern geht einfach nicht. Niemals. Never. Das ist kein Killer-Dress. Im Gegenteil, das killt.

Geht doch. Passt, sitzt und hat keine Luft.

Aber natürlich werden wir bei Gelegenheit ins Kino gehen und uns auch diesen Bond anschauen. Schliesslich haben wir schon alle 24 Vorgänger gesehen. Mehrfach.

Connery. Sean Connery

Sir Thomas Sean Connery wurde 90 Jahre alt. Und bleibt unsterblich.

Der Sohn eines Fernfahrers und einer Reinigungskraft wurde zuerst zum Bodybuilder, 1950 sogar schottischer Bodybuildingmeister. Schottischer Patriot blieb er sein Leben lang.

Langsam, aber stetig arbeitete er sich als Schauspieler hoch. Viele kleine Rollen, darunter ein Kurzauftritt in «Der längste Tag» ebneten den Weg zur Rolle des kultivierten, reichen und auf allen Gebieten der Lebensart erfahrenen James Bond.

Kein Wunder, dass dessen Erfinder Ian Fleming Connery zunächst ablehnte; zu unkultiviert. Alles danach ist Legende. Dr. No, Goldfinger mit einem unerreichten Gerd Fröbe als Bösewicht, schliesslich «You only live twice». Connery hatte einen Typ des Geheimagenten entwickelt. Kein blosser Haudrauf, sondern einer, der Bösewichte auch an ihrem geschmacklosen Parfum oder an mangelnden Weinkenntnissen entlarvt.

Keiner hat die Klasse von Connery

Zudem nicht nur mit der Lizenz zum Töten, sondern auch gespielt mit einer Lust am Töten. Die markanten Gesichtszüge, die Augenbrauen, die Präsenz, die unsterbliche Musik mit den drohend ansteigenden Akkorden.

Aber schon 1967 wollte Connery aussteigen, er fühlte sich zu eingeengt in dieser einzigen Rolle. 1971 gab er dann seinen vorletzten Einsatz in Diamantenfieber. Seine Nachfolger arbeiteten sich mehr schlecht als recht an der Rolle ab, erst der aktuelle Bond, Daniel Craig, bringt die alte Brutalität wieder zum Vorschein, ohne allerdings die Klasse von Connery zu haben.

Von einem letzten Rückfall mit dem schönen Titel «Never say never again» abgesehen, war’s das für Connery mit Bond. Aber er hatte wohl unterschätzt, dass nicht er prägend für die Rolle war, sondern die Rolle genauso für ihn.

Ein vielseitiger Charakterdarsteller

Dabei hatte er schon parallel zu Bond in Hitchcocks «Marnie» und vor allem in «Ein Haufen toller Hunde» als Gefangener in einem brutalen englischen Militär-Straflager den Beweis angetreten, dass er ein vielseitiger Charakterdarsteller ist.

In den 70er-Jahren folgten weitere gigantisch gute Filme, die aber allesamt keine Kassenschlager waren, so «Verflucht bis zum jüngsten Tag» oder der wirklich abgedrehte Science-Fiction-Film «Zardoz».

1983 zeigte er mit Kim Basinger und Karl-Maria Brandauer als Schurken nochmals, dass er eigentlich der einzige wahre Bond war und blieb. Später trat er mit gemischtem Erfolg in vielen weiteren Filmen auf, wobei man häufig den Eindruck hatte: Wenn er kein Toupet tragen musste, seine Rolle im Wesentlichen aus einigen Grossaufnahmen und der Wiederholung seiner eindrücklichen Mimik bestand, zudem das Honorar stimmte, machte er nicht bei allem, aber bei ziemlich viel mit.

Kein besonders starker Abgang vom Filmgeschäft

Mit «Der Name der Rose» spielte er sich vor allem in Europa wieder in die Herzen der Zuschauer, in Krachern wie «Die Jagd auf Roter Oktober» oder als Vater von Indiana Jones zeigte er allerdings, dass er auch lieblos unter seinem Niveau spielen konnte. Das gilt auch für «Die Unbestechlichen», ein Ausstattungsfilm mit Klamotten von Armani. In «Forrester» lässt er 2000 nochmal seine alte Klasse aufblitzen, die Comix-Verfilmung «Die Liga der aussergewöhnlichen Gentlemen» war dann sein letzter Film, kein gelungener Abgang.

Aber von Bond übernahm Connery viel Lebensart, versuchte sich auch als Maler und verbrachte die meiste Zeit seines Lebens nach dem Film auf den Bahamas, wo auch diverse Bond-Filme spielten. Gerne zelebrierte er seinen Star-Ruhm, auch die Tatsache, dass er wohlhabend geworden war.

Schottischer Patriot und Umweltschützer

Aber das ist auch nicht alles; in «Diamantenfieber» trat er nur auf, um mit seiner ganzen Gage die von ihm gegründete Stiftung für Stipendien und Projekte zur Unterstützung Schottlands zu füttern. Er wurde Veganer, unterstützte die Meeresschutzorganisation Sea Shepherd, setzte sich gegen die Zubetonierung der Küsten der Bahamas ein.

Connery hat einen herausragenden Serienhelden geschaffen. Er hat in allzu vielen, aber auch beeindruckenden Filmen gezeigt, dass er ein Charakterschauspieler mit unglaublicher Präsenz ist. Beides wird ihn überleben. Aber vieles hat er in seinem Leben im wahrsten Sinne des Wortes verspielt, indem er in belanglosen Krachern auftrat. Er wurde engagiert, um den Filmen einen Abglanz des grossen James Bond zu verschaffen. Dass er davon not amused war, liess er gelegentlich in seiner Rolle durchblicken.

Aber Bond, ob er das später hasste oder nicht, war sein Schicksal. Die Walther PPK, sein sardonisches Lächeln, die personifizierte Gefahr und Männlichkeit, die Mischung zwischen brutalem Killer und formvollendeten, kultivierten Gentleman, unerreicht.

Er sorgte bei vielen für Lebensart

Er sorgte bei vielen für Lebensart, ohne ihn hätte ich nicht schon früh von der Existenz eines Dom Pérignon gewusst. Oder dass man bei Brandys die Blends herausschmecken kann. Oder dass sich ein Bösewicht entlarven lässt, alleine schon, weil er einen schlechten Geschmack hat.

Welch ein Monument wäre seine Schauspielkarriere geworden, wenn er sich nicht immer wieder allein um der Gagen willen in das Grenre von Krachbum hätte hineinziehen lassen. Wo er dann höchstens noch leise Zitate von Lebensart neben reine Action stellen durfte.

Connery lebt länger und öfter als nur zweimal

Aber er beweist nun, dass der Titel seines letzten sozusagen freiwilligen Einsatzes als Bond, James Bond, falsch ist: «Man lebt nur zweimal». Nein, Connery/Bond leben noch ganz, ganz lange weiter. Solange es noch Filme, Zuschauer und Kenner gibt.