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Untaugliche Verknüpfungen (Teil II)

Neben der Vereinzelung durch Selbstidentifikation mittels multiplen Ausgrenzungen, die völlig unfähig zu übergreifender Solidarität machen, gibt es auch das pure Gegenteil.

Nämlich die Verwendung von völlig sachfremden Kriterien zur Kritik von Beurteilungen.

(Hier geht’s zum Teil I)

Konkret, es gibt ja aktuell auf sieben Seiten aufgelistet solcher Vorwürfe im Hause Tamedia. Zum Beispiel. Der (hier ist, wie man unschwer erkennt, ausschliesslich das Geschlecht das Kriterium) männliche Vorgesetzte sagt zur weiblichen Untergebenen: «Sie sind gar nicht belastbar

Nun könnte man diesen Vorwurf normal hinterfragen. Stimmt das, woran kann man das messen, bezieht sich das auf einen konkreten Vorfall, ist das eine schützend gemeinte Beobachtung, ist das Ausdruck verschiedener Perspektiven, was Belastbarkeit bedeutet? Oder beinhaltet das ein Vorurteil gegen Frauen?

Das wäre normal, zweckrational, logisch. Unlogisch, eine reine Behauptung ist hingegen: das sagt ein Mann in diskriminierender, sexistischer Absicht zu einer Frau. Als Patriarch, als Macho, als Alphamännchen, das die Frau immer noch als unterlegenes, schwaches, ungenügendes Wesen in einer Männerwelt ansieht.

Zwei weitere Beispiele als Steigerung

Verschärft äussert sich das in zwei weiteren exemplarischen Vorwürfen. Der zur Beurteilung befähigte und verpflichtete Mann sagt zur Autorin: «Dieser Text ist schlecht. Ungenügend, Nicht verwendbar. Ich erkläre dir kurz, warum.» Diese Erklärung könnte sich der Mann eigentlich auch sparen. Denn er sieht sich – mit dieser Methode – sofort mit dem Vorwurf konfrontiert, dass er sich so abschätzig äussere, weil es eben eine Autorin sei.

Ein weiteres, noch absurderes Beispiel. Bei einem Text, der ausschliesslich von der Perspektive junger Frauen handelte, sagte der ältere Vorgesetzte: «Es ist falsch, was du schreibst.» Darin ist enthalten, dass der ältere, männliche Vorgesetzte alleine durch diese beiden Eigenschaften gar nicht in der Lage ist, hier mitzureden.

Das ist so absurd, wie wenn man sagen würde:

Nur ein Analphabet ist legitimiert, über die Probleme von Analphabeten zu schreiben.

Ein letztes Beispiel, das nicht nur eine unerkannte Höhe der Absurdität erklimmt, sondern höchstwahrscheinlich von der deswegen auch bei den Unterschriften an erster Stelle aufgeführten Autorin des Protestschreibens stammt:

«Als jemand das Thema Gendersternchen vorschlug, hiess es erst, es sei schon genug «Klamauk» zum Thema gemacht worden. Das richtete sich nicht per se gegen eine Frau, aber gegen die Art des gendergerechten, integrierenden Schreibens.»

Hier wird sogar versucht, den nur mit dem Nonsense-Argument «Klamauk» vorgeführten, sicherlich männlichen Opponenten abstrakt zurechtzuweisen, dass er sich damit vielleicht nicht direkt «gegen eine Frau» wende, aber gegen ein «gendergerechtes, integrierendes Schreiben». Was impliziert, dass ein anderes Schreiben, nämlich ohne Gendersternchen, per Definiton genderungerecht und desintegrierend sei. Per Definition? Per reine Rechthaberei, gegen jede Rechtschreiberegel.

Es gibt keine guten oder schlechten Texte mehr

Damit ist der höchste Grad des Schwachsinns erreicht. Es gibt nicht mehr gute, publizierbare, formal und inhaltlich richtige, leserfreundlich aufgebaute Schriftstücke. Wofür es zwar keine objektiven Kriterien gibt, aber in mehreren hundert Jahren Journalismus durchaus entwickelte und anerkannte Massstäbe.

Sondern es gibt nur Texte, die keinesfalls von dazu berufenen Qualitätskontrolleuren beurteilt werden dürfen. Vor allem und eigentlich ausschliesslich, wenn sie einen solchen Text kritisieren, äussert sich darin Sexismus, männliche Arroganz, Unverständnis gegenüber der Autorin. Also ist die Kritik nicht sachlich oder gar sachgerecht, sondern diskriminierend, nicht auf das Werk, sondern auf das Geschlecht der Verfasserin abzielend.

Wenn ein solcher Unsinn in einem angesehenen und nicht gerade kleinen Verlagshaus unwidersprochen trompetet wird, und der Führungsetage bislang nichts Besseres einfällt, als schuldbeladen das Haupt zu neigen «haben mit grosser Betroffenheit gelesen, nicht akzeptabel», dann regiert wirklich das Matriachat in einer Form, die sich alle Vorkämpferinnen für Gleichberechtigung der Geschlechter nicht mal in ihren Alpträumen vorstellen konnten.

Denn «ich bin Mann, Herr im Haus und mir kann keiner» wird einfach ersetzt durch «ich bin Frau, unangreifbar und nicht kritisierbar, mir kann keiner» ersetzt. Das ist genauso absurd, nur entschieden weniger lustig als der alte Macho-Spruch: Warum ist die Frau dem Mann seit Jahrtausenden untergeordnet? Es hat sich soweit bewährt.