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Haut den Trump

Was tun, wenn die Nachrichtenlage flau und das Wetter heiss ist?

Da möchte auch der Redaktor aus seiner Verrichtungsbox heraus und etwas die Füsse ins Wasser halten, solange es das noch gibt. Also bietet sich doch ein Objekt der Berichterstattung an, bei dem man die Titel wirklich aus dem Stehsatz nehmen kann. Man muss sie nicht mal abstauben, denn sie werden fleissig rezykliert.

Beginnen wir mit dem absoluten Klassiker, dem all time favorite, der kann nur über einem Artikel eines einfallslosen SZ-Redaktors stehen, der es ins Qualitätsorgan von Tamedia geschafft hat:

Mit Verlaub, für Trump wird es schon seit Jahren eng und enger. Inzwischen ist es so eng, dass nicht mal mehr ein einziges Haar seiner Fönfrisur noch in den Spalt passt.

Gleich zwei Standards verbrät nau.ch in einem einzigen Titel:

Der arme Mann, in seiner bedrängten Enge gerät er auch noch unter Druck, zudem wird er mit Fragen beworfen.

Fehlt da noch einer? Richtig, aber die SDA schafft Abhilfe und füllt die schmerzliche Lücke:

Eng, Druck, Fragen, im Visier, Kampf, viele Fronten. Kein Wunder, muss sich der arme Mann jeden Tag orange Farbe ins Gesicht malen.

Wo’s um die Wiederaufbereitung abgenudelter Titel geht, darf natürlich «watson» nicht fehlen:

Auch ein Doppelmoppel der Einfältigkeit. «Akte Trump», das hört sich immer so schön nach Strafuntersuchung, nach Gerichtsakte an. Ergänzt durch eine von zwei Möglichkeiten. Der Konjunktiv oder das Modalverb. Gut, für «watson»-Redaktoren: Die Möglichkeitsform oder das Modulieren einer Aussage. Modulieren bedeutet, aber lassen wir das, hopeless.

Fehlt noch einer im Reigen? Natürlich, der Blöd-«Blick». Bitte sehr:

Wurde Trump ausgeliefert? Ist er verzweifelt? Gibt es einen Verräter? Ein einziger Titel, so viele offene Fragen.

Behält denn wenigstens die NZZ trotz hoher Temperaturen einen kühlen Kopf? Nicht unbedingt:

Auf den fiesen Vergleich muss man auch erst mal kommen.

 

UBS: Die Bank, die’s kann

Prioritäten setzen. Das lernt jeder Anfänger im Grundkurs Management.

Grosse Ehre:  Ich darf mich sozusagen in eigener Sache verteidigen. «Die Ostschweiz» hat vor Kurzem meinen Artikel veröffentlicht «Mindestens drei Massstäbe». Darin vergleiche ich die Handlungen der Verwaltungsräte und Geschäftsleitungsmitglieder von UBS und Credit Suisse mit dem Fall Vincenz. Ich werfe dabei jenen Bankführern vor, dass sie eine katastrophale Leistung abliefern, dafür üppig bezahlt werden und mit weisser Weste, sowie wohlgefüllten Taschen, abschwirren.

Besonders kritisch betrachte ich den VR-Präsidenten der UBS. Er kam zur Bank, weil er als ehemaliger Chef der Deutschen Notenbank über ein europäisches Netzwerk zu verfügen schien, zudem vom Fach sei. Allerdings fiel er – ausser durch sein exorbitantes Gehalt und Einstandsgeschenk – in seiner fast neunjährigen Amtszeit nicht weiter auf.

Axel Weber geht ans Gerät

Nun sah er sich, wie Urs Rohner damals bei der Credit Suisse, dazu verpflichtet, sich um die Nachfolge von Sergio Ermotti als CEO zu kümmern. Und präsentierte den CEO der holländischen ING-Grossbank. Da Axel Weber sich von Anfang klar für ihn aussprach, war das Ergebnis der Suche klar: Ralph Hamers wurde gekrönt und trat sein Amt auch schon an.

Allerdings: Die ING hatte gerade eine sehr hässliche Verwicklung in einen riesigen Geldwäschereiskandal mit einer Rekordbusse von 775 Millionen Euro beigelegt. Hamers war ungeschoren davongekommen, er habe von nichts gewusst. Das genügte Weber.

Aber inzwischen ist klar: Hamers ist Objekt einer Strafuntersuchung in Holland. Die möglicherweise in einer Anklage enden wird. Spätestens dann wäre er als CEO der UBS nicht mehr tragbar. Zudem hat Knall auf Fall die Vorzeigefrau im VR der UBS, die für Corporate Governance zuständige Professorin Beatrice Weder di Mauro, den Bettel hingeworfen. Sie steht nach neun Jahren für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung.

Begründungslos, und so ansatzlos, dass die UBS mitsamt der Mitteilung des Abgangs nicht einmal einen Nachfolger präsentieren konnte. Zu allem Elend hängt noch das Damoklesschwert einer 4-Milliarden-Busse in Frankreich über der Bank.

Feuer im Dach, aber man muss Prioritäten setzen

Also genau der richtige Moment, um sich über einen angeblich «in jeder Hinsicht unsorgfältigen und ehrverletzenden Artikel» zu beschweren. Und das auf allen Kanälen. Drohender Anruf eines Anwalts beim Chefredaktor von «Die Ostschweiz», mir wird bedeutet, dass die UBS sehr, aber sehr ärgerlich werden könne, wenn ich nicht darauf hinwirke, dass der Artikel vom Netz genommen wird.

Während ich so bearbeitet wurde, deutete der Anwalt an, dass Fürchterliches passieren könne, aber wenn der Artikel subito verschwinde, dann habe man ja Zeit für Verhandlungen. Ausserdem würde man dann gerne eine Liste aller Beanstandungen am Artikel rüberwachsen lassen. Um des lieben Friedens willen nahm die «Ostschweiz» den Artikel mal vom Netz.

Die Liste der «Beanstandungen» war dann aber ein Zensur-Wunschkonzert, wie man es selten erlebt. Nach der einleitenden Bemerkung, dass der ganze Artikel «journalistisch in jeder Hinsicht unsorgfältig und ehrverletzend» sei, man zudem «besonders stossende Stellen» markiert habe, kommen dann insgesamt 8, darunter der Lead und ein ganzer Absatz, gelb markierter Stellen.

Ausriss mit gelb markierten Zensurwünschen.

Was für einen Anwalt schon ein starkes Stück ist – oder Ausdruck höherer Verzweiflung. Eine völlige Umkehrung der Beweislast. Anstatt zu begründen, was genau an diesen Stellen zu bemeckern wäre (damit man darauf reagieren könnte), besteht hier die ganze juristische Arbeit aus einer Rufschädigung mir gegenüber, plus einem gelben Wunschkonzert.

Weber hat sich offensichtlich höchst persönlich aufgeregt

Erschwerend kommt hinzu, dass die UBS gerade aktuell etwas grössere Probleme hat, als sich über angebliche Ehrverletzungen ihres VR-Präsidenten zu erregen. Da von allen im Artikel erwähnten Personen nur er als ehrverletzt leidet, ist der Schluss naheliegend, dass er sich höchstpersönlich aufgeregt hat und sein Gewicht in die Waagschale warf, dass gegen diese Majestätsbeleidigung etwas unternommen wird, aber zackzack.

Ich durfte dann die Organisation der Gegenwehr übernehmen. Also fragte ich beim Chef Corporate Communication der UBS an, wo genau das Problem liege. Gleichzeitig schrieb ich dem Anwalt, dass ich die pauschale Abqualifizierung meines Artikels auch als ehrverletzend ansehe. Zudem hätten wir, wie es sich gehört, gerne eine Begründung zu jedem Wunsch nach Streichung gesehen. Falls das nicht bis am nächsten Morgen vor 9 Uhr eingegangen sei, stellen wir den Artikel wieder online.

Um 8.15 Uhr klingelte mein Telefon. Seither weiss ich, wie ich meine Bedeutung einzuschätzen habe. Denn am Gerät war der General Counsel der UBS. Das einzige Mitglied der Geschäftsleitung, das alle Wirren und Katastrophen überstanden hat. Weil er der Mastermind hinter vielen cleveren Schachzügen der Bank ist.

GL UBS redet mit GL ZEYER: Kommunikation

Auf der Ebene GL der UBS, GL von ZEYER: Kommunikation flutschte es dann. Man zeigte sich gegenseitig kurz die Instrumente, um dann übereinstimmend zu finden, dass man es doch nicht eskalieren lassen wolle. Also einigte man sich auf höchster Ebene, beide Seiten boten die Hand für einen Kompromiss, und die Kuh war vom Eis.

Ich darf also konstatieren: Die UBS hat zurzeit mal wieder einige, ziemlich grobe Probleme. Personeller und finanzieller Art. Von all denen, wo noch der Deckel draufgehalten wird, ganz zu schweigen. Also sollten eigentlich der VR-Präsident, der CEO und auch der General Counsel ihre ganze Energie auf die Lösung der wichtigsten Probleme konzentrieren.

Wir brauchen eine neue Frau im VR, wir brauchen vielleicht einen neuen CEO. Wir brauchen eventuell dann auch einen neuen VR-Präsidenten. Und was ist eigentlich mit dieser 4-Milliarden-Busse in Frankreich?

Glasklar Prioritäten setzen: finde ich gut

Pipifax, meint die UBS. Zuvorderst der VR-Präsident, Anwälte, CC und auch der oberste Chefjurist setzen klar Prioritäten. Was machen wir in Bezug auf diesen Scheiss-Artikel von Scheiss-Zeyer in der Scheiss-Ostschweiz?

Ehrlich gesagt, würdigt das endlich meine Bedeutung. Das letzte Mal, schon eine Weile her, wollte mich die Credit Suisse totprozessieren. Und aktuell zeigt die UBS, dass in Krisensituationen nur glasklare Prioritäten Erfolg versprechen. Finde ich gut.