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Der Präsident und der Porno

Geeiertes zu einem peinlichen Prozess.

Hatte Donald Trump, der bekanntlich als tiefreligiöser Mensch der Meinung ist, dass er allen Frauen an die Pussy fassen kann, im Jahre 2006 mit der Pornodarstellerin mit dem vulgären Pseudonym «Stormy Daniels» einen One-night-Stand? Sagt sie, bestreitet er.

Wieso geht das jemanden, abgesehen von seiner Frau, etwas an? Weil er vor den Wahlen 2016 für  ihr Schweigen 130’000 Dollar bezahlt haben soll. Nun gibt es da ein kleines Problem: solche Zahlungen sind nicht illegal. Er soll sie aber versteckt haben, also Bilanzfälschung. Das ist hingegen in New York ein Kavaliersdelikt. Wieso dann einen Prozess deswegen?

Weil der Staatsanwalt die gewagte Konstruktion anwendet, dass diese Bilanzmanipulation vornahm, um ein anderes Vergehen zu bemänteln. Dafür muss aber die Schweigegeldzahlung gegen Steuergesetze verstossen haben, um ein Delikt zu werden. Zudem erfolgte sie, wenn überhaupt, über Trumps damaligen Fixer aller Probleme, über den Anwalt Michael Cohen.

Der hat sich von Trump abgewandt, als er von ihm fallengelassen wurde. Er ist Zeuge der Anklage, aber gleichzeitig auch ein verurteilter Lügner, der ein starkes Motiv hat, Trump in die Pfanne zu hauen. Und dann gibt es noch die Pornodarstellerin selbst, der man unterstellen kann, dass sie gerne ihre 15 Minuten Ruhm auslebt.

Auf der anderen Seite ist es das erste Mal, dass sich ein ehemaliger und nochmals für dieses Amt kandidierender Präsident vor einem Strafgericht verantworten muss.

Daraus ergibt sich eine so komplexe Ausgangslage, dass die meisten Medien an der Darstellung scheitern. Denn in der Schweiz sind alle grossen Medienkonzerne in Abstufungen Trump gegenüber nicht ganz objektiv, um das mal zurückhaltend auszudrücken.

Also diese schmierige Angelegenheit benutzen, um auf Trump einzudreschen, die ganze Latte von weiteren Verfahren aufzählen, damit seine charakterliche und sonstige Nichteigung für das Amt herbeischreiben? Oder warnend darauf hinweisen: wenn es gelänge, Trump juristisch von der Kandidatur auszuschliessen, hätten die USA ein gröberes Problem.

Schliesslich ist es dort nirgends unüblich, dass sich Politiker selbst oder ihre nächste Entourage Dinge zuschulden kommen lassen, die eigentlich für das höchste Staatsamt disqualifizieren. Man denke nur an Biden-Ukraine-Connection, wo Papa Biden höchstpersönlich mit der Macht des Vizepräsidenten dafür sorgte, dass ein seinem Sohn unangenehm auf die Pelle rückender Staatsanwalt gefeuert wurde.

Und natürlich hat Trump eine ganze Latte von gescheiterten Geschäften hinter sich, man denke nur an seine grossartige Trump University, die schnell nicht einmal mehr University heissen durfte und ein reiner Bluff war.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Medien immer noch ein wenig gebrannt sind, dass sie beim damaligen Duell Trump gegen Hillary Clinton bis zur letzten Sekunde an der Überzeugung festhielten, der ersten US-Präsidentin gratulieren zu können.

Erschwerend kommt auch noch hinzu, dass man den zunehmend senil werdenden Biden nicht wirklich als bessere Alternative verkaufen kann. Da ist der Plan der Demokraten nicht aufgegangen, seine Stellvertreterin in der ersten Präsidentschaft zu einer valablen Kandidatin als seine Nachfolgerin aufzubauen. Obwohl Kamala Harris (nicht nur Frau, sondern auch noch dunkel) Lobeshymnen und Vorschusslorbeeren bis zur Brechreizschwelle bekam, hat sie sich als Flop erwiesen.

Was tun? Das Einzige, was bleibt, da sind sich die Massenmedien einig, ist eine Dämonisierung von Trump. Wenn er nochmals an die Macht käme, würde er nicht nur den üblichen Blödsinn wie beim ersten Mal machen, sondern sich vielleicht zum Diktator aufschwingen. Die US-Verfassung aushebeln. Checks and Balances vernichten. Die Demokratie zerstören.

Aber all dieses Geeier hat beim Konsumenten wieder mal nur eine Auswirkung: zunächst gelangweiltes Überblättern oder Scrollen, dann Ignorieren. Und schliesslich die Frage beantworten, wozu man eigentlich noch viel Geld für diese Lektüre ausgeben sollte.

So ist mal wieder das Desaster hausgemacht. Intelligente Analysen, horizonterweiternde Reportagen, erkenntnisreiche Darlegungen? Der alte Dreisprung – Darstellung, Analyse, Einordnung – wird konsequent verstolpert.

Um nur ein Beispiel zu geben: was sagt es eigentlich über den aktuellen Zustand der US-Demokratie aus, dass der Wähler sich zwischen einem senilen und einem Amok-Greis entscheiden muss? Ist das alles, was die US-Politik zu bieten hat? Und wenn ja, ist dann nicht ein möglicher Sieg Trumps beängstigend, sondern diese Auswahl?

Es gäbe so viele interessante Fragen zu beantworten. Aber nachzuplappern, was die Agenturen über einen Prozess berichten, der sich sowieso noch sehr lange hinziehen wird, das ist einfacher. Und dem herrschenden Niveau in der Hölle der Newsräume angemessen.

 

 

«Blick» in die USA

Man kann die Berichterstattung wirklich nicht mehr ernst nehmen.

Von Tamedia hat sich ZACKBUM diesbezüglich schon verabschiedet. Nun sagen wir auch leise Servus zum einzigen Organ mit Regenrohr im Logo. Denn da gluckert nur verdünntes Wasser durch. Wie das geht? Keine Ahnung, aber es geht.

Da hätten wir den einschlägig bekannten «USA-Kenner» Peter Hossli. Der vernachlässigt seine Pflichten als Leiter der Ringier Journalistenschule und gurkt auf Redaktionskosten durch die USA. Und beglückt den Leser mit Erkenntnissen wie: «Der Verlierer der republikanischen Vorwahlen am Super Tuesday heisst: Joe Biden (81). Dabei stand der Präsident bei den Republikanern gar nicht zur Wahl.» Ist’s auch gaga, so hat’s doch Methode. Aber glücklicherweise schützt die Bezahlschrank fast alle «Blick»-Leser davor, damit belästigt zu werden.

Aber die News von gestern ist von heute aus gesehen schon längst versickert. Denn nun gilt:

Warum? Weil der Mann so schrecklich geliftet ist, dass er wie eine Mumie auf Urlaub aussieht? Auch hinter der Bezahlschranke verborgen, räsoniert Samuel Schumacher: «Der US-Präsident legte in seiner Rede zur Lage der Nation einen brillanten Auftritt hin.» Da fragt man sich zunächst: was erlauben sich Schumacher? Der ist kein Head, kein Chief, kein Leiter, kein Chef, der ist einfacher «Ausland-Reporter» mit einem Auslauf, der ungefähr so gross ist wie sein Desk in der Hölle des Newsrooms.

Was hat denn Joe Biden gewuppt? «Eine Stunde und sieben Minuten lang sprach, ja rief Biden seine Rede mit ganz wenigen Versprechern in den Saal, zeigte sich kämpferisch und witzig, gut gelaunt und zuversichtlich.»

Wahnsinn. Gibt es auch Wermutstropfen? Ach, kleine, ganz kleine:

«Klar: Biden musste sich hie und da räuspern (eine Folge seines Säurereflux, unter dem etwa jeder fünfte Erwachsene leidet). Klar: Hie und da verhaspelte sich der auffällig schnell sprechende Präsident. Aber: Biden war witzig.»

Säurereflux, hat fast jeder, kein Problem, sagt Dr. med. Schumacher. In Rücksichtnahme auf den angenommenen IQ des «Blick+»-Lesers (Devise: wie kann man nur so blöd sein, dafür Geld auszugeben), macht Schumacher immer schön ein Fazit: «Stark! Trump wird schäumen! Biden ergreift im Nahen Osten die Initiative.»

Wunderbar, der Mann ist in einen Gesundbrunnen gefallen und hat Rejuvenierungspritzen gekriegt. Oder doch nicht? «Über weite Strecken hielt sich der US-Präsident an die sorgfältig ausgearbeiteten Sätze seiner Rede.» Aber dann, oh je: «Sobald er improvisieren muss, wird’s rasch schwierig für Biden. Und: In den drei bereits festgelegten Debatten gegen Donald Trump im Herbst wird er keine Teleprompter haben

Da machen wir doch auch mal ein Fazit, dem «Blick»-Niveau angepasst. Der 81-jährige Präsident ist noch in der Lage, einen Text weitgehend stotterfrei vom Teleprompter abzulesen, den ihm die besten Wortschnitzer der USA gebastelt haben. Super Leistung. Weicht er einmal davon ab, kommt er ins Haspeln und Stolpern. Beunruhigend.

Fazit: Hossli und Schumacher sollten sich mal ins Vernehmen setzen. Fazit: ist ein geliftetes, weisse Gesicht unter schütterem und schlecht drapiertem Haar abschreckender oder ein mit zu viel Bräuner zugeklatschtes Gesicht unter einer hellorangenen Fantasiefrisur, auf die Kim der Dickere eifersüchtig ist?

Schwierige Frage. Aber nicht einmal darauf antwortet der «Blick». Thema erledigt.

Aus dem letzten Loch pfeifen

ZACKBUM gibt mal wieder auf; Fabian Fellmann ist stärker als wir.

Wir müssen leider den gequälten Tagi-Leser mit dem Vielschreiber alleine lassen. Denn das hält man irgendwann im Kopf nicht mehr aus.

Nachdem Fellmann in seinem vorletzten Erguss noch so tat, als hätte Nikki Haley wenigstens Achtungserfolge erzielt und repräsentiere ungefähr ein Drittel der republikanischen Partei, während sie nicht mal ein Zehntel der Delegiertenstimmen von Donald Trump erobert hatte und immer mehr zur Ritterin der traurigen Gestalt wurde, musste er nun zur Kenntnis nehmen, dass sie selbst aufgegeben hat (wäre es nach ihm gegangen, hätte sie noch weiter von Sieg zu Sieg, bzw. Achtungserfolg, bzw. Niederlage eilen sollen).

Aber auch aus ihrem Abgang melkt Fellmann noch Kritisches gegen Trump: «Doch dann verdarb sie ihm die Siegerlaune und kritisierte ihre Partei hart.»

In der Parallelwunschwelt, in die sich Fellmann beunruhigend hineingesteigert hat, sieht das so aus: «Am Ende ist es einmal, ein letztes Mal wohl, nicht Donald Trump, der im Kampf um die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner die Schlagzeilen macht.» Zumindest im Weltblatt Tagi, dessen Erscheinen in Washington jeweils atemlos erwartet wird.

Dann büschelt Fellmann alles hin, was er noch an Lobenswertem zu Haley zusammenkratzen kann. Er erwähnt den kleinen Unterschied von knapp 1000 gegen 89 Delegiertenstimmen. Aber: «So wirkt Trumps Dominanz noch viel erdrückender, als sie es im Vorwahlkampf war.» Denn eigentlich war es ein knappes Kopf-an-Kopf-Rennen, wenn man im Wolkenkuckucksheim von Fellmann wohnt.

Haley zeigte, dass sie nicht nur eine ständige Verliererin ist, sondern auch noch eine schlechte. Oder wie Fellmann formuliert:

«Schliesslich wünschte sie Trump doch alles Gute, fügte aber vielsagend hinzu: «Ich wünsche jedermann alles Gute, der amerikanischer Präsident wird.» Deutlicher konnte sie als beinharte Republikanerin nicht zum Ausdruck bringen, dass ihre Unterstützer sich getrost dem Demokraten Joe Biden zuwenden dürfen. Sie hoffe, dass Trump sich jetzt darum bemühe, ihre Wähler zu umwerben, bemerkte sie zum Schluss. «Es ist nun an ihm.»»

Ganz anders Trump, der Scheinriese, der eigentlich ein Loser ist. Denn in der freien Interpretation Fellmann sagte der: ««Wir wollen eine Einheit sein, und wir werden eine Einheit sein, und das wird sehr schnell geschehen.» Damit gestand der wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat indirekt ein, dass er doch Mühe hat, die ganze Partei hinter sich zu versammeln, machte aber noch keine Anstalten zu konkreten versöhnlichen Gesten.»

Man muss sich den wiederholten Wahnsinn nochmals auf der Zunge zergehen lassen: «Haley konnte insgesamt nur zwei Vorwahlen für sich entscheiden: in der Hauptstadt Washington und nun in Vermont. Ihre Ergebnisse zeigten indes durchwegs, dass Trump nicht gut ankommt in städtischen Gebieten, bei Frauen und Wahlberechtigten mit höherem Bildungsabschluss.»

Die Wirklichkeit, meilenweit von diesem dünnen Pfeifen entfernt, lautet schlichtweg: so dominant ist nur ganz selten ein Kandidat durch die Vorwahlen gerauscht und hat seine wenigen Konkurrenten mit einer Hand aus dem Feld geschlagen, während er mit der anderen seine Frisur ordnete.

Als letzte Hoffnung hatte Fellmann noch zuvor geunkt, dass Trump vielleicht langsam das Geld ausgehe, während Joe Biden prall gefüllte Kassen habe. Aber nun, oh Schreck:

«Mitten in den Super-Wahltag platzte die Nachricht, dass Trump am Sonntag eine auserlesene Gruppe von möglichen Geldgebern in Mar-a-Lago empfangen hatte – darunter Elon Musk, den Eigentümer des sozialen Netzwerks X, wie die «New York Times» berichtet.»

Himmels willen, hört man Fellmann aufstöhnen, Amok Trump mit Amok Musk, das Ende der Welt ist nahe, wie der «Spiegel» schon vergeblich warnte. Auch in Fellmanns Berichterstattung spürt man, wie der Mann zunehmend verzweifelt, er noch die letzten Reste an Hoffnung zusammenkratzt, dass der Welt Trump als Präsident erspart bleiben möge. Bevor es, bevor alles zu spät ist.

Aber vor diesem Weltende erleichtert sich ZACKBUM seine Last. Die Tamedia-Leser begleitet von nun an unser Mitgefühl, aber wir bleiben in dieser Welt und winken Fellmann auf seiner Expedition in die Weiten des Weltalls zu. Fabian im Wunderland der Imagination, Fantasie und Einbildung.

Oder deutsch und deutlich: eine Schande seines Berufs.

Gerichtete Richter

Verfassungsexperte Fellmann weiss es besser. Die zweite Lieferung.

«Viehschau-Berichterstattung», das qualifiziert zu Höherem. Zu Höchstem, sozusagen. Der Oberste Gerichtshof der USA hat entschieden, dass es nicht angeht, Donald Trump die Teilnahme an den Vorwahlen in Colorado zu verweigern. Einstimmig.

Das hätten sie besser nicht getan, denn damit zogen sie den Zorn des Obersten Oberrichters Fabian Fellmann auf sich. Der hat zwar nur eine kleine Stimme im Qualitätskonzern Tamedia, die erhebt er aber unerschrocken.

Allerdings widerspricht er sich selbst, was ihm aber in seiner richterlichen Überheblichkeit, Pardon, Unabhängigkeit, gar nicht auffällt. Denn einerseits konzediert er: «Das jüngste Urteil der obersten Richter in Washington zu Trump ist schlüssig.» Aber bevor die Judges erleichtert aufatmen können, gibt ihnen Fellmann gleich Saures: «Aber insgesamt entsteht das Bild eines Gerichts, das ihm die Grenzen nicht entschieden genug aufzeigt

Ja was denn nun, ent- oder weder? Huhn oder Ei? Schlüssig oder nicht entschieden genug? Beides kann’s eigentlich nicht sein, ausser in der juristischen Präzisionslogik von Fellmann.

Denn der nimmt sie Stück für Stück auseinander. Mit der Einstimmigkeit hätten die ihre «Unparteilichkeit bekräftigen» wollen. Aber das durchschaut Fellmann sofort: «Allerdings haben sie dieses Ziel verfehlt, unter anderem, indem eine Mehrheit der Richter viel weiter ging.»

Wie das? «Die fünf Richter» hätten «dabei Trump und seinen Helfern faktisch eine politische Amnestie ausgestellt».

Nun geht der Verfassungsjournalist noch in den Nahkampf, bei einer Viehschau würde er Hörner, Mund und Hufe genauer untersuchen. Hier: «Juristisch mag es auch schlüssig sein, dass sich die Richter nicht mit der Frage befassten, ob Trump wegen des versuchten Staatsstreichs als Aufständischer gelten sollte. Doch insgesamt ist das Verhalten des Gerichts fragwürdig.»

Zwischen schlüssig und fragwürdig ist oft nur eine ganz feine, rote Linie, die nur Berufene entdecken, die über eine entsprechend grosse Lupe verfügen. Wie Fellmann.

Diesem Gaul schaute Fellmann ins Maul und will ihn nicht mal geschenkt. Aber er braucht noch eine Schlusspointe. Die lahmt dann sehr und ist noch mehr entlarvend: «Es entsteht das Bild eines Gremiums, das dem orangen Jesus seine Grenzen nicht entschieden genug aufzeigt – bis es zu spät ist.»

Oranger Jesus? Biden ist der weisse Methusalem? Putin der Beelzebub? Und der Oberste Gerichtshof der USA ist die Muppetshow? Bis es für alle, für uns alle aber vor allem für Fellmann zu spät ist. Denn zu früh kann es nicht sein. Oder so.

Umso bedeutungsloser die Meinung der Journalisten wird, desto lauter krähen sie sie hinaus.

Pfeifen im Wald, Part xxx

Kann man peinlich steigern? Fabian Fellmann versucht’s.

Was soll man zu einer solchen «Analyse» noch sagen? «Donald Trump verschafft sich am Super Tuesday einen entscheidenden Vorsprung für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner. Doch der Wahltag offenbart auch seine grösste Schwäche.»

Worin besteht die denn?  Nun, da hätten wir dieses gravierende Schwächezeichen: «Mit Vermont gewann Nikki Haley nach der Bundesstadt Washington bereits die zweite Vorwahl. Auch in Virginia trat Trumps Schwäche offen zutage. Haley, von sämtlichen Kommentatoren längst abgeschrieben, konnte ihm mehr als ein Drittel der Stimmen abringen.»

Ein Kandidat hat 995 Delegiertenstimmen, der andere 89. Der eine Kandidat hat die Kandidatur im Sack, die andere Kandidatin hat ihren Ausstieg verkündet. Weil sie nicht nur von allen Kommentatoren (ausser dem tapferen Fellmann) «abgeschrieben» ist, sondern das auch selber eingesehen hat (im Gegensatz zu Fellmann).

Aber man kann, wenn man nur laut genug pfeift, noch mehr Schwächezeichen bei Trump entdecken: «Aber Haley hat bewiesen, dass mehr als ein Drittel der Republikaner auch genug hat von Trumps Chaos, seinen Rache- und Diktatorenfantasien. Ohne ihre Stimmen aber kann er am 5. November nicht gewinnen.»

Haley allerdings erst recht nicht, weil sie trotz diesem Drittel aussichtslos im Rennen gelegen hat. Aber was soll auch Logik in einer Analyse. Wenn sie von Fellmann stammt.

Das ist noch nicht alles. Kommt es dann zum Zweikampf zwischen einem senilen Greis und einem Amok-Greis, dann hat der Mann mit der gewöhnungsbedürftigen Frisur über zu viel Bräuner im Gesicht noch mehr Schwächen: «Trump betreibt schon seit 14 Monaten Kampagne, und seine Geldbeutel leeren sich. Biden verfügt über prall gefüllte Kassen, die er in den kommenden, entscheidenden Monaten konzentriert einsetzen kann. Das Rennen um die US-Präsidentschaft kann beginnen – der Ausgang ist offen

Da bleiben auch einige Fragen offen.

  1. Wieso heisst dieses Stück demagogischer Polemik «Analyse»?
  2. Wieso wird der verbliebene Tamedia-Leser damit belästigt?
  3. Wieso hat Fellmann nicht das geringste Schamgefühl und kein Gespür für Peinlichkeit?
  4. Kann jemand einen einzigen Grund nennen, wieso das geldwert sein soll?
  5. Warum müssen hier 4452 Zeichen verschwendet werden? Weil es die Gefässpolitik im Kopfblattsalat nicht kürzer zulässt?
  6. Wieso schreibt Fellmann nicht einfach: Ich finde die Vorstellung, dass Trump wieder Präsident wird, zum Kotzen und wünsche ihm bis dahin alles Schlechte? Das wäre wenigstens mal eine ehrliche Ansage.

Und die Bonusfrage: Wieso betreibt Tamedia Etikettenschwindel und bezeichnet etwas, das man noch ganz knapp als Kommentar rubrizieren könnte, als «Analyse»? Seit wann ist Pfeifen im Wald eine Analyse? Weiss Fellmann überhaupt, was das ist?

Damit er nicht in Wikipedia nachschlagen muss: «Eine Analyse ist eine systematische Untersuchung, bei der das untersuchte Objekt in seine Bestandteile (Elemente) zerlegt wird.»

Ähnlichkeiten mit der «Analyse» von Fellmann wären rein zufällig und nicht beabsichtigt …

Neues aus Absurdistan

Putin ist eigentlich ganz anders. Er kommt nur so selten dazu.

So könnte man eine gute Zeile von Udo Lindenberg anwenden, wenn man das neuste Friedensgedöns in der «Weltwoche» liest. Da behauptet doch Wolfgang Koydl: «Dokumente belegen: Russland wollte keinen Krieg, sondern Frieden und Stabilität in Europa. Doch der Westen lehnte ab.»

Schon fatal, dass also der kriegslüsterne Westen den friedensliebenden Präsidenten Putin sozusagen dazu zwang, die Ukraine zu überfallen. Pardon, zu entnazifizieren. Nein, eine zeitlich begrenzte Spezialoperation durchzuführen.

Seine kühne Behauptung stützt Koydl auf «Dokumente» die schon lange bekannt sind. Sie wurden im Dezember 2021 den USA und der NATO vorgelegt. Darin waren russische Vorschläge für zwei Verträge enthalten.

Sie umfassten Forderungen wie: «Alle Mitgliedstaaten der Nordatlantikvertrags-Organisation verpflichten sich, von jeder weiteren Erweiterung der Nato abzusehen, einschliesslich der Ukraine und anderer Staaten.»

Oder: «Die Vertragsparteien verzichten auf die Stationierung von Kernwaffen ausserhalb ihrer nationalen Hoheitsgebiete und bringen solche Waffen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrags bereits ausserhalb ihres Hoheitsgebiets stationiert sind, in ihr nationales Hoheitsgebiet zurück. Die Vertragsparteien beseitigen alle bestehenden Infrastrukturen für die Stationierung von Kernwaffen in ihren nationalen Hoheitsgebieten.»

Der NATO sollte es also verboten werden, weitere Beitrittsgesuche wie beispielsweise von nordischen Staaten entgegenzunehmen. Die USA sollten einseitig alle ihre Atomwaffen aus Europa abziehen und beide Seiten sollten sie einmotten. Zur Freude der übrigen Atommächte wie China, Indien, Frankreich, England oder Israel.

Das sind Forderungen, die nicht wirklich als ernsthaftes Verhandlungsangebot betrachtet werden können. Sie sind so absurd, wie wenn Selenskyj heute einen bedingungslosen Abzug aller russischen Truppen und die Einsetzung eines Kriegsverbrechtertribunals ausschliesslich zur Aburteilung russischer Straftaten verlangt – als Voraussetzung für Verhandlungen.

Das als «Beleg» aufzuhübschen, dass Russland keinen Krieg, sondern «Frieden und Stabilität» gewollt hätte, ist ungefähr so glaubwürdig wie Präsident Putin, der noch kurz vor Beginn der Invasion behauptete, dass Truppenzusammenzüge an der ukrainischen Grenze lediglich für Manöver vorgenommen würden.

Selbst unterstellt, Russland habe das gewollt. Selbst unterstellt, es gab Provokationen in der Ukraine, selbst unterstellt, es gab zumindest mündliche Zusicherungen nach der Wiedervereinigung Deutschlands, dass es keine NATO-Osterweiterung geben werde: das alles ändert nichts an dem Fakt, dass Putin unter Bruch internationaler Verträge und der versprochenen Unantastbarkeit des ukrainischen Staatsterritoriums zuerst die Krim annektierte und schliesslich militärisch in die Ukraine einfiel.

In der gescheiterten Absicht, durch eine schnelle Eroberung der Hauptstadt und der Sicherstellung von Versorgungslinien diese Spezialoperation in wenigen Tagen zu beenden. Selten ist ein Invasionsplan kläglicher gescheitert, und die USA sind Meister in gescheiterten Invasionsplänen.

In der Geschichte will offiziell nie jemand einen Krieg. Es wird ausschliesslich verteidigt, zurückgeschossen, allenfalls auf eine Provokation reagiert. Natürlich wird auch immer auf Hilferufe reagiert, werden Massenvernichtungswaffen gesucht, muss ein grausamer Diktator, ein faschistisches Regime beseitigt werden.

Selbstverständlich haben die USA bei ihren unzähligen Militärinterventionen seit dem Zweiten Weltkrieg immer nur Freiheit und Demokratie verteidigt. So wie die UdSSR und später Russland andere hehre Werte in Ungarn, der Tschechoslowakei, Afghanistan, Georgien und schliesslich in der Ukraine.

Das ist das übliche Propagandagedöns. Wir wollten Frieden. Wir kamen in Frieden, aber natürlich bewaffnet, um den Frieden zu verteidigen.

Dabei geht es hier ausschliesslich um imperiale Politik. Um Grossmächte zu bändigen, gibt es nur Verträge und die Hoffnung auf ihre Einhaltung. Die Ukraine hatte so einen Vertrag, sein Bruch macht Russland zum Paria unter den Staaten und Putin zu einem noch grösseren Lügner als Trump.

Das ist so lachhaft und durchschaubar, dass man sich mal wieder wundert, wieso die «Weltwoche» ihre Spalten für eine solch billige, durchschaubare Propaganda hergibt.

Ach, und Roger Köppel verkündet ungefragt, warum er Trump wählen würde. Weil er auf einen notorischen Lügner, einen Betrüger, einen grossmäuligen Narzissten und Versager, einen gescheiterten Geschäftsmann und überführten Kriminellen steht? Wir wollen es gar nicht wissen. ZACKBUM ist nur froh, dass weder Köppel noch wir in den USA wählen dürfen. Denn die Wahl zwischen dem kleineren Biden und dem grösseren Trump, zwischen einem senilen Greis und einem Amok-Greis, ist wirklich nicht einfach.

Pfeifen im Wald, Part x

Haben die Berichterstatter kein Gefühl für Peinlichkeit?

Diesmal ist Fabian Fellmann dran. «Seit Sommer 2021 berichtet der Nidwaldner als USA-Korrespondent aus Washington, D.C. Der Politologe lernte den Nachrichten-Journalismus unter anderem bei der Viehschau-Berichterstattung für die lokale Zeitung.»

Schon für eine solche Selbstbeschreibung braucht es unterentwickeltes Schamgefühl. Nun musste Fellmann in den saueren Apfel beissen. Donald Trump hat auch in South Carolina den Caucus gewonnen. Da stimmt für einmal, wenn er sagen würde «huge, gigantic, never before». Denn dort, wo seine letzte verbliebene Konkurrentin mal Gouverneurin war, holte er zwei Drittel der Stimmen – und alle 44 Delegierten. Nikki Haley «gewann keinen einzigen Distrikt – und null Delegierte», muss Fellmann einräumen und bilanziert bitter: «Es war die letzte reale Chance für seine einzige verbliebene Widersacherin, Nikki Haley, dem Platzhirsch noch gefährlich zu werden. South Carolina ist ihr Heimatstaat, sie war dort Gouverneurin, und bei der Vorwahl konnten nicht nur Republikaner mitmachen, sondern auch Demokraten.»

Das ist also keine Niederlage, sondern eine Klatsche, noch schlimmer als das, was dem Staatsanwalt im Vincenz-Prozess widerfuhr. Es ist eine Demütigung, eine krachende Niederlage, da wächst kein Gras mehr. Haley wird dadurch nicht länger zur Verliererin, sie wird zur Witzfigur, bemitleidenswert, Objekt tiefen Bedauerns, Anlass für Fremdschämen.

Oder nicht? Oder nicht, meint Fellmann. Denn er zaubert eine Erklärung aus dem Hut, ungefähr so gesucht wie die Versuche von Flatearthlern, die Erde zur Scheibe zu erklären:

«Warum gibt Haley nicht einfach auf? Weil die Mehrheit der Amerikanerinnen und Amerikaner nicht zufrieden ist mit der Auswahl zwischen dem 81-jährigen Joe Biden und dem 77-jährigen Donald Trump. Und weil die 52-Jährige und ihre Geldgeber einen verzweifelten Kampf führen um die Seele der republikanischen Partei

Äh, selbst wenn das so wäre: offensichtlich sieht aber nur eine kleine Minderheit Haley als Möglichkeit, dieser angeblichen Unzufriedenheit der Mehrheit Ausdruck zu verleihen. Und «verzweifelter Kampf und die Seele»? Seit wann haben Parteien Seelen, und wie verzweifelt müssen diese Geldgeber sein, dass sie weiter Geldbündel zum Fenster rausschmeissen, in einem längst verlorenen Kampf?

Wogegen denn? Na, gegen den Gottseibeiuns: «Er hat weite Teile der Partei seinen persönlichen Interessen unterworfen, er lässt im Kongress die Migrationspolitik sabotieren und die Ukraine-Hilfe blockieren, regieren ist ein Ding der Unmöglichkeit geworden.» Also werden die USA gerade nicht mehr regiert? Im Paralleluniversum Fellmann offensichtlich.

Was tut denn Haley, ausser eine krachende Niederlage nach der anderen einzustecken? «Haley führt Trump damit vor Augen, dass er die politische Mitte nicht aus den Augen verlieren darf.» Obwohl er ohne das sämtliche Delegiertenstimmen einheimst?

Zum Schluss von Fellmanns Irrlichtern war der Titel dieser Serie «Pfeifen im Wald» noch nie so angebracht. Sollte Trump die Wahl verlieren oder über einen der Prozesse stolpern, wolle Haley bereit sein, Tagträumer Fellmann: «Es wären kathartische Momente, die Gelegenheit für Politikerinnen wie Haley und ihre Unterstützer, auf den Ruinen der republikanischen Trump-Partei wieder eine Grand Old Party aufzubauen, die ihren Übernamen einigermassen verdient und mehrheitsfähig ist.»

Ähem, sollte Trump aber gewinnen, dann wäre doch seine republikanische Partei mehrheitsfähig, oder nicht? Macht nix, das hätte doch mit Logik zu tun, pfuibäh. Stattdessen pfeift Fellmann aus dem letzten Loch, beziehungsweise im Wald, beziehungsweise lässt Haley pfeifen: ««Wenn die Zukunft des Landes auf dem Spiel steht, gibt man nicht auf.» Es ist derzeit eines der wenigen ermutigenden Zeichen für den Zustand der ältesten Demokratie der Welt, dass sie im Rennen bleibt.»

Einfach noch zum Verdeutlichen: dass eine Verliererin trotz einer krachenden Niederlage nach der anderen nicht aufgibt, um noch weitere krachende Niederlagen zu kassieren, das sei ein «ermutigendes Zeichen»?

Ein Boxer kassiert einen Kinnhaken nach dem anderen, steht wieder auf und sagt: ein ermutigendes Zeichen. Zack, wird er wieder auf die Bretter geschickt. Steht auf und sagt …

Leider gibt es in der Politik keinen Ringrichter, der einen solchen Irrwisch vor sich selbst schützt.

Huhn oder Ei

Wo liegen die Ursachen der allgemeinen Verblödung?

Kann sich die nordkoreanische oder russische Bevölkerung einigermassen wirklichkeitsnah über Dinge informieren, die nicht in deren unmittelbaren Lebenswirklichkeit liegen? Obwohl die Welt noch nie so kommunikativ erschlossen war wie heute, besteht diese Lebenswirklichkeit weiterhin aus  wenigen Quadratkilometern.

Was in Europa passiert, in den USA, in Uganda, auf den Kommodoren, in Tuvalu, Russland oder Nordkorea, das müssen wir aus zweiter Hand entnehmen. Entweder besteht diese zweite Hand aus dem unkontrollierten Krakeelen auf den asozialen Medien, mittels derer sich immer grössere Teile der Bevölkerung «informieren». Also davon, was sich wirklich abspielt, keine Ahnung haben.

Oder aber, wir müssen uns auf Nachrichtenagenturen und Korrespondenten verlassen. Sofern sie der Landessprache mächtig sind, was bei der Mehrzahl der China-Berichterstatter beispielsweise nicht der Fall ist, versuchen die, ein möglichst realitätsnahes Bild der Gesellschaft, ihrer Denkweise, von politischen Entscheidungsprozessen zu liefern.

Hervorragend gelingt das im Fall Russlands. Dort ist der Präsident wahlweise verrückt, krank, grössenwahnsinnig, machtgierig, ein Verbrecher, hat Minderwertigkeitskomplexe, brütet in finsterer KGB-Manier ein Mordkomplott nach dem anderen aus, blutrünstig, hinterlistig, sobald er den Mund aufmacht, lügt er.

Ähnliches gilt allerdings, muss man der Gerechtigkeit halber sagen, auch für den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in den USA. Während aber Russland bekanntlich eine Autokratie mit der Karikatur von freien Wahlen ist (bei denen es zum grossen Verdruss Putins leider kein Gegenkandidat schafft, die strenge Prüfkriterien für eine Teilnahme zu erfüllen), sind die Berichterstatter aus den USA etwas ratlos, wie sie ihren Lesern erklären sollen, dass schon wieder rund die Hälfte der Amis spinnt, bekloppt ist, Vollklatsche.

Selbst beim nordkoreanischen Dickerchen mit der speziellen Frisur verstehen die wenigsten Nordkorea-Versteher auf fernen Beobachtungsposten, dass der perfekt die «mad man»-Strategie umsetzt, was ihm (bislang) das Überleben an der Macht garantiert.

Im Allgemeinen funktioniert die Berichterstattung zunehmend nach einem einfachen Prinzip: je konfliktiver ein Thema, desto flacher, einseitiger, repetitiver, klischeehafter, unreflektierter ist die Berichterstattung. Man muss weit, meistens in die angelsächsischen Medien ausweichen, wenn man intelligenten Brainfood serviert bekommen will. CH Media ist genauso flach wie Tamedia, aber immerhin etwas zurückhaltender. Auch die NZZ zeigt deutliche Schwächeanfälle, die dem einmaligen Intelligenzlerblatt nicht anstehen. «Blick», es darf geplusst, Pardon, gelacht werden. WoZ von links, WeWo von rechts eiern auch, wobei die WeWo sich durch eine entschieden grössere Bandbreite auszeichnet, während die WoZ nur den Tunnelblick kennt. Und die «Republik» nimmt ja wirklich niemand mehr ernst.

Auf der anderen Seite: das Angebot findet (zwar schwindende) Nachfrage; reflektiert seine Dümmlichkeit also nur die Dümmlichkeit der Mehrheit der Leser? So nach der Devise: wieso sollen wir den Leser mit einer differenzierten Analyse belästigen, wenn Putin schlecht, Selenskyj gut doch ausreicht? Wieso die komplizierte Gesichte der Ukraine aufblättern, wo doch Russen Untermenschen, Ukrainer Helden reicht?

Wieso auf die fatalen Ähnlichkeiten der beiden Autokratien hinweisen, beide korrupt, mit Pressezensur und ruppigem Umgang mit Oppositionellen? Das will die Mehrheit der Leser nicht. Also kriegt sie es auch nicht.

Wo bleibt da der sonst so gepflegte Erziehungsauftrag? Der tobt sich mehr beim Umweltschutz, Klimaretten und Propaganda für untaugliche Alternativenergien aus. Dass es zur Sicherung der Energieversorgung den sofortigen Baubeginn von mindestens zwei AKW in der Schweiz bräuchte, diese banale Erkenntnis erschliesst sich den meisten Journalisten nicht.

Sogar im Gegensatz zu ihren Lesern. Richtig lustig wird’s da, wenn Tamedia der Mehrheit seiner Leser «kurzsichtigen Populismus» in die Fresse haut. Es gibt also einige Indizien, die darauf hinweisen, dass der durchschnittliche Redaktor dümmer ist als sein durchschnittlicher Leser.

Ist das nun eine gute oder eine schlechte Nachricht? Darüber sollte man nachdenken.

«watson» kann’s natürlich auch

Sicher, der «Blick» ist nicht alleine.

Da wäre mal die Rubrik «Was ich wirklich denke». Diesmal:

Was das ist? Nun, für Leser ohne Scham: beim Vernähen des Damms einer Frau nach der Geburt werde «eine oder mehr Nähte mehr als nötig angelegt.» Warum? «Der Zweck soll darin bestehen, die Öffnung der Vagina zu verengen und dadurch das Vergnügen ihres männlichen Sexualpartners beim Geschlechtsverkehr zu steigern.»

Pfuibäh. Noch widerlicher seien die Männer von beschnittenen Frauen, weiss die anonyme Hebamme. Aber da würde natürlich jede Kommentierung schnell als postkolonialer Rassismus bei völligem Fehlen eines multikulturellen Verständnissen für andere Sitten kritisiert.

Wichtiger noch ist, dass «watson» eine neue Stufe des nassforschen Zugebens eines Plagiats erreicht hat: «Wir gestehen: Bei der Idee für «Was ich wirklich denke» haben wir uns schamlos beim «Guardian»-Blog «What I’m really thinking» bedient. Wir mussten fast, denn die Idee dahinter passt wie die Faust aufs Auge auf unseren alten Claim «news unfucked».» Wahrlich, wie die Faust aufs Auge des Lesers.

Aber zurück zum Altbewährten, dem Listical:

Haben wir gelacht. Das gilt natürlich auch für diese Meldung:

Auch «watson» will gerne etwas für die Bildung seiner Leser tun:

Ein sogenanntes ausführliches Erklärstück, das aber eigentlich niemanden interessiert. Oder will jemand damit beim ersten Date oder der Liebesfeier langweilen?

Hier kann man hingegen von einer aufgespreizten Bild-Textschere sprechen:

Wobei natürlich auch Sexismusverdacht bleischwer in der Luft liegt. Apropos, sex sells, geht immer:

Auch das läuft unter der Rubrik: was wir nie genau wissen wollten.

Aber jetzt wird es ernst, Philipp Löpfe beantwortet die ganz grossen Fragen der Weltpolitik:

Wobei die Spitzmarke «Analyse» ungefähr so zutreffend ist wie bei Raphaela Birrer. Joe Biden sei offensichtlich zu alt, weil er sich ständig verspricht? I wo, stammelt Löpfe: «Weil er in seiner Kindheit gestottert hat, neigt der Präsident zu Versprechern. Das hat er stets getan, ganz abgesehen davon, dass dies eine Eigenschaft ist, die allen älteren Menschen gemein ist, genauso wie ältere Menschen dazu neigen, Dinge zu vergessen und Namen zu verwechseln. Der bloss rund vier Jahre jüngere Donald Trump tut dies ebenso

Im Alter wird der Mensch halt wieder zum Kind, weiss man doch. Und Trump macht’s auch, obwohl er in seiner Kindheit wohl nicht stotterte. Ätsch.

Denn eigentlich sei Biden «schlank und fit», er versuche aber nicht, «sein Alter künstlich zu überdecken. Sein Haar ist weiss geworden, sein Gang zögerlich». Auf der anderen Seite: «Trump hingegen ist gross und dick. Er lässt sich jeden Tag stundenlang schminken und büschelt sein blondiertes Haar so, dass man seine Glatze nicht sieht. Er tritt machomässig auf, tanzt – oder was er dafür hält – zu Disco-Musik und kommt damit durch.»

So weit, so ungerecht. Aber beantwortet Löpfe eigentlich die Titelfrage? Wolle Biden allenfalls freiwillig zurücktreten? Niemals, weiss Löpfe. Könne man ihn dazu zwingen? Keinesfalls. Also: «Geradezu aussichtslos ist es, Biden in den Vorwahlen die Kandidatur streitig machen zu wollen.»

Und sonst: «Der Schwurbler Robert F. Kennedy will als Unabhängiger antreten. Dazu gesellt sich erneut die Grüne Jill Stein und der schwarze Exzentriker Cornel West

Also alles Nullnummern. Fazit: «Die Amerikaner stehen somit vor der wenig attraktiven Wahl zwischen einem Grossvater und einem Verrückten.» Trump ist also verrückt? Aber ja, siehe seine NATO-Rempeleien. Und, fast noch schlimmer: «Keine Berührungsängste zu Diktatoren». Und auf dem Foto sieht man – Trump mit dem gewählten ungarischen Ministerpräsidenten Orbán, der sich eine solche Verleumdung verbitten würde, wenn er das Geschwafel von Löpfe zur Kenntnis nähme.

Lässt sich das noch steigern? Ach ja, massenhaft, aber wir lassen es bei der Darstellung unserer Lieblingsrubrik bewenden:

Kleine Preisfrage: wie viele Leser von «watson» sind wohl in der Lage, die richtige Zahl aus «Teil CXVI» zu extrahieren? Im Gegensatz zu allen ZACKBUM-Lesern, natürlich.

WeWo sieht’s anders

Gegen den Strom aus Prinzip, dabei säuft man gerne ab.

Das Weltblatt aus Zollikon hat unbestreitbar eine gewisse Sympathie für den Herrn mit der anstrengenden Frisur und dem konsequenten Bräunungscreme-Unfall im Gesicht.

«Ich sagte, sie haben nicht bezahlt? Sie sind säumig? Nein, dann würde ich sie nicht beschützen. Ich würde sogar Russland dazu ermutigen zu tun, was auch immer zum Teufel es will.»

Das sagte Trompeter Trump bei einer Wahlveranstaltung in den USA, wo die NATO oder Europa oder die Ukraine ungefähr so weit entfernt sind wie der Mond. Das ist hanebüchener Unsinn, und das weiss Trump. Genauso wie seine nachgeschobene Behauptung, er habe als Präsident die übrigen Natostaaten dazu gezwungen, jede Menge Geld in das Bündnis zu pumpen. Aber Trump weiss auch, dass er mit seiner konsequenten «mad man»-Politik immer für Aufreger sorgt und im Gespräch bleibt. Die Reaktion in Europa ist ihm dabei schnurzegal, er richtet sich schliesslich an seine US-Wähler.

Aber dann gibt es einen Journalisten, der ihm diesen Quatsch sogar abnimmt. Wolfgang Koydl von der «Weltwoche» gewinnt den ersten Preis im Gläubigerclub Trumps. «Die Welt ist schockiert, aber er hat recht», glüht er vor Bewunderung. Dann überbeisst er vor Begeisterung: «Da hat er wieder einen rausgehauen! Schnappatmung allerorten. Man kann sich vorstellen, wie Olaf Scholz und Joe Biden die Hände vor den Mund schlugen wie blaustrümpfige Gouvernanten beim Anblick eines nackten Männerpopos.»

In Wirklichkeit haben die sich ins Fäustchen gelacht; Biden zumindest solange, bis er es wieder vergass.

Nach dieser Entgleisung unterstellt Koydl Trump etwas, wovon der Mann sicher noch nie gehört hat: «Zweitens steht Trump in einer Tradition des Isolationismus.» Dabei hätte der wohl Mühe, das Wort nur schon auszusprechen.

Zweites Beispiel. Der Treter-Hersteller On mit dem Saubermann Roger Federer als Galionsfigur steht völlig zu Recht in der Kritik. Bedenkliche Qualitätsmängel, schlechter Service, lausige Löhne, exorbitante Gewinnspanne, die alles schlägt, was sich die Konkurrenz traut. Und die Geschäftsleitung gönnt sich Millionengehälter.

Aber Michael Baumann schwärmt vom «Wunder von Zürich» und mäkelt: «So oder so wirkt die Kritik an der Erfolgsfirma etwas kleinkariert.» Der Kommentator in der WeWo kann die Begeisterung nicht ganz teilen:

«Ich hatte bereits zwei On-Schuhe, Laufschuhe. Mein Fazit: untauglich. Einzig fürs Büro und als Statussymbol geeignet … Und trotzdem sind die ON-Schuhe von schlechter und kurzlebiger Qualität mit einem entsprechend zu hohen Preis … Leider nicht wirklich haltbar, schon 4 Paar Schuhe wurden innerhalb jeweils eines Jahres reklamiert und ersetzt … Kaufte einmal – nie wieder … Leider lässt die Qualität zu wünschen übrig.»

Ein repräsentativer Querschnitt der Meinung von On-Besitzern auf der WeWo. Der K-Tipp zitiert einen Verkäufer von diesen Tretern: ««On-­Schuhe sind klassische Wegwerfprodukte.» Das Wunder von Zürich scheint eher darin zu bestehen, dass man sich mit einem solchen Schrott, geschicktem Marketing, Nachhaltigkeits-Gequatsche und Roger Federer als Aushängeschild dumm und krumm verdienen kann.

Aus der «kleinkarierten» Kritik: On-Treter im Online-Shop für 445 Franken. Herstellungskosten 20.80. Der «Roger Advantage» kostet die Bude in Vietnam 17.86, verkauft wird er für 190 Franken. Schuh-Näherinnen verdienen in Vietnam zwischen 120 bis 170 Franken. Im Monat. Aber «ab 2025» wolle On dort «existenzsichernde Löhne» zahlen, was immer das sein mag.

Für die eigene Existenzsicherung haben die drei Schweizer Firmengründer und ihre beiden Geschäftsführer gesorgt. Sie kassierten 19 Millionen im Jahr. Plus ein Bakschisch von über 80 Millionen nach dem Börsengang. Da lässt sich leicht von nachhaltig und verantwortungsbewusst faseln. Aber für Dummschwätzer Baumann ist Kritik daran «kleinkariert». Auch bei der WeWo funktioniert die Qualitätskontrolle nicht immer. Der Reflex «die anderen dagegen, wir dafür» immer öfter.