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Labbriger Text über einen besoffenen Kokser

Schlimmer als dass Daniel Ryser in der WeWo schreibt, ist, was er schreibt.

Man sieht das bübische Grinsen, als Roger Köppel im fernen Vietnam in die Tasten haute: «Wir freuen uns sehr, Daniel Ryser im Kreis unserer Autoren begrüssen zu dürfen.» Das Vergnügen dürfte von nicht allzu vielen Lesern geteilt werden.

Denn die Texte von Tom Kummer sind unlesbar, weil man bei ihm nie weiss, ob er etwas Wirkliches beschreibt oder mal wieder flunkert. Der Text von Ryser ist unlesbar, weil man einen solchen Charakter nicht ernst nehmen kann.

Wer sich die Seiten 55 bis 66 der aktuellen «Weltwoche» dennoch antut, erfährt im Wesentlichen, was in einem besoffenen Ami vorgeht, der sich den letzten Rest von Verstand weggekokst hat und – geschützt von der umfassenden Meinungsfreiheit der USA – einen Schwachsinn nach dem anderen raushaut. Aufgeschrieben wird das von einem ebenfalls besoffenen Journalisten, der furchtbar gerne ein Wiedergänger von Hunter S. Thompson wäre, den er ausgiebig lobhudelt, obwohl das überhaupt nichts zur Sache tut.

Wenn ein Möchtegern den Sound von Thompson nachahmen will, ergibt das dann eine Schlusspointe, die so unappetitlich ist wie die Ansichten von Gavin McInnes. Der ist entschuldigt, er will krampfhaft eine originelle Saftwurzel sein («Wenn ihr einen Pädophilen auf der Strasse seht, erschiesst ihr ihn nicht?»), Ryser ist nicht entschuldigt, der kann nur widerlich sein: «Mein Fotograf textet … Ich war gerade unter der Dusche am Masturbieren. Fucking hell. Gott hat uns für das bestraft, was wir gestern getan haben! … Was für eine verdammte Scheisse.»

Das könnte ein versteckter Hinweis darauf sein, dass Ryser der WeWo schon unterstellte, sie führe einen extremen Kulturkampf und es tummelten sich «Verschwörungsideologen» in ihr, während Köppel als Marionette Bannons die Schweiz mit Scheisse fluten wolle.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass nun Ryser die WeWo mit der verschwörungsideologischen Scheisse von McInnes füllt.

Es lohnt nicht, die wirren, widersprüchlichen und markigen Sprüche des Gründers der «Proud Boys» wiederzugeben, einer gewalttätigen rechtsradikalen Spinnertruppe, deren Anführer (und Nachfolger von McInnes) die nächsten 22 Jahre im Knast sitzt, weil er einer der Rädelsführer des Sturms auf das Kapitol war, weil Loser Trump nicht akzeptieren wollte, dass er wieder mal verloren hatte.

McInnes weiss, was er seinem Image schuldig ist und spielt seine Rolle, so wie der angebräunte Björn Höcke seine Rolle als verfolgende Unschuld spielt, wenn er wieder mal einen Nazi-Spruch rausgehauen hat. Ryser hingegen möchte eigentlich nicht nur Thompson sein, sondern gleich auch noch Bukowski und Burroughs in Personalunion. Damit überhebt er sich aber gleich dreifach. Trotz angeblich 20 Bieren und jeder Menge Whisky hat Ryser einmal einen klaren Moment: «Sie, liebe Leserschaft, mögen sich fragen: Wen interessiert denn bitte ein Geschichte über solch einen Rüpel?»

Das hätte sich auch Köppel fragen sollen, anstatt 12 reichlich bebilderte Seiten auf den Leser loszulassen. Denn so repetitiv wie der Text sind auch die Fotos. Ein Irrer mit Gewehr (3 mal), ein Irrer auf Töff (2 mal), ein Irrer mit tätowiertem nackten Oberkörper (2 mal), ein Irrer mit Krawatte im TV (2 mal), furchtbar lustige Stilleben (6 mal).

Ob Geschäftsmann Köppel dachte, die Kosten, einen Ryser nach New York zu schicken und einen Fotografen aus Las Vegas einfliegen zu lassen, die müssen auf 12 Seiten verteilt werden? Wie bei Köppel-Interviews ist auch hier wieder schmerzlich bemerkbar: wenn der Chef einen Spleen hat, dann kann den Besitzer, Herausgeber, Verleger und Chefredaktor keiner bremsen. Der muss lernen: Aufmerksamkeit erregen und der Branche sagen «ätsch di bätsch», das ist lustig. Es um den Preis eines Ryser-Texts zu tun, das ist unlustig.

Es wäre problemlos möglich gewesen (wie bei den meisten Texten von Thompson auch), den Erguss auf ein Drittel einzudampfen. Dadurch wäre der Inhalt nicht weniger schwachsinnig geworden. Aber kürzer.

720 Grad Wendehals

Kunst geht nach Brot. Sagt sich auch Daniel Ryser.

Es war schon immer ein grosses Missverständnis, dass die WoZ oder gar die «Republik» Daniel Ryser für einen Gesinnungslinken und Kritiker alles Rechten hielten.

In Wirklichkeit wollte (und will) der Mann lieber wie Hunter S. Thompson sein, der Erfinder des Gonzo-Journalismus, der seine Artikel mit der Kettensäge schrieb und sich selbst dabei allem aussetzte, inklusive gewaltigem Drogenkonsum.

Im Februar 2005 erschoss sich Thompson an seinem Schreibtisch; Ryser lebt natürlich noch. Obwohl er immer behauptet, er schreibe über was und wie es ihm gerade drum sei, ist er problemlos zu liebedienerischen Werken fähig. Womit er schon mehrfach sein Renommee als ernstzunehmender Journalist schwer beschädigte.

Da war sein feiges Schweigen bei der Affäre Roshani. Als Nicht-mehr-«Magazin»-Mann hätte er, genau wie die schreibende Schmachtlocke Daniel Binswanger, Erhellendes beitragen können, ob die Anschuldigungen einer frustrierten Ex-Mitarbeiterin zutrafen oder nicht.

Dafür fabulierte er über Tamedia als «Zerstörungsmaschine», die angeblich über eine hasserfüllte Kämpferin gegen Hass und Hetze hergefallen sei. Kleines Problem: der Bericht bestand lediglich aus Gerüchten, keinem der namentlich in seinem Artikel vorkommenden Protagonisten gab er Gelegenheit zur Stellungnahme.

Darauf und auf eine Stapel von Ungenauigkeiten, Schludrigkeiten und Fake News mit 25 präzisen Fragen hingewiesen und um Stellungnahme gebeten, blieb er stumm.

Dann versuchte er sich mit «Sprache der Gewalt» und erreichte ein neuerlich liefergelegtes Niveau. Aber der absolute Tiefpunkt war seine Schmiere «Reise ans Ende der Demokratie». In dieser Artikelserie über angebliche «Info-Krieger» wollte er zusammen mit Basil Schöni ein «ganzes Netzwerk aus rechten etablierten Journalistinnen und verschwörungsideologischen Akteuren» enttarnt haben. Fast alles, was ausserhalb von WoZ und «Republik» Rang und Namen hat, kam darin vor. Kleiner Schönheitsfehler, fast typisch für Ryser: ein einziger der zahlreich in diesem Denunziationsstück Angepinkelten bekam die Möglichkeit zur Stellungnahme, zur Widerrede. Sonst niemand.

Besonders sein Fett ab bekam natürlich Roger Köppel: ««Flute den Raum mit Scheisse» gibt Steve Bannon aus den USA den Takt vor. Am extremsten führt diesen Kulturkampf in der Schweiz die «Weltwoche», wo sich inzwischen Verschwörungs­ideologen tummeln.» So krakeelte noch Mitte 2022 Ryser in der «Republik».

Zuvor hatte er bereits – auch mit unlauteren Mitteln – eine geschwätzige Biographie über Köppel verfasst, in der mit privaten Details aus dessen Jugend und Liebesleben nicht sparte. Ein eher unappetitliches Werk.

Nun aber, Wunder über Wunder, ist die gegenseitige Liebe zwischen Ryser und «Republik» oder WoZ zerbrochen. Er wurde zuerst ruppig freigestellt, dann fristlos gefeuert. Die ihm versprochene Möglichkeit zur Stellungnahme wurde ihm verweigert. Ein personelles Schmierenstück der «Republik», assistiert von der WoZ, die offenbar den Abgang ihres Stars auch nicht verdaut hatte.

Da lediglich wie üblich anonyme Vorwürfe gegen Ryser erhoben wurden, verzichtet ZACKBUM auf weitere Details.

Nun geht Kunst nach Brot, und auch ein Starreporter muss seine Miete und andere ihm wichtige Dinge bezahlen. Noch 2022 hatte Ryser liebevoll ein Spinnennetz pinseln lassen, in dem neben dem «Nebelspalter», «Der Ostschweiz», «Uncut News» auch ein Platz für die «Weltwoche» reserviert war.

Wie nah sich Köppel und der Scheissefluter Bannon seien, beschreibt Ryser, sich selbst zitierend:

«2017 schickte Roger Köppel dem Alt-Right-Vordenker und «Breitbart»-Chefredaktor Steve Bannon einen euphorischen Brief. Im selben Jahr hatte die «Weltwoche» bereits Reden von und Interviews mit Bannon publiziert. Der Brief war eigentlich nicht für die Öffentlich­keit bestimmt. Aber der ständig überaus gestresste Köppel liess ihn acht­los in seinem Büro herum­liegen, während er den Co-Autor dieses Textes für die Arbeit an seiner Köppel-Biografie «In Bade­hosen nach Stalingrad» bei einem verabredeten Interview warten liess.»

Und statt Anstand und Briefgeheimnis zu wahren, fotografierte Ryser den Brief und zitierte ihn genüsslich. Um Köppel dann runterzuputzen: «Roger Köppel und Daniel Stricker: wütende, monologisierende Männer auf den Platt­formen Youtube, Locals, Rumble.»

Noch schlimmer: «Wenn Bannon etwas sagt, sagt es bald auch Köppel. Das war 2017 so, als Köppel Bannon in die Schweiz eingeladen hat, und so ist es heute immer noch. Wenn Bannon Putin lobt, macht das zwei Tage später auch Köppel.»

So eine Marionette ist dieser Köppel, gleichzeitig bietet er eine Plattform für Kulturkampf und ein Tummelfeld für Verschwörungsideologen. Eigentlich will Köppel den Schweizer Raum mit Scheisse fluten.

Das ist also ein Herausgeber, ein Chefredaktor und ein Organ, in das aufrechte Journalisten wie Ryser nicht mal mit zugehaltener Nase und geschlossenen Augen eindringen würden. Oder höchstens, um eine neue «Enthüllungsstory» über rechte Netzwerker zu recherchieren.

Aber Zeichen und Wunder:

Das Cover der neusten WeWo. Titelboy ist der Gründer der rechtsextremen «Proud Boys», die bei der versuchten Stürmung des Kapitol eine besonders üble Rolle spielten. Das muss dann sicherlich wieder so ein typischer verschwörungsideologischer, den Prinzipien des rechten Netzwerks gehorchender Demagogieartikel sein.

Vielleicht, aber es gibt da einen, der das wohl nicht darüber sagen würde:

Man muss es schwarz auf weiss sehen: der Autor dieser Titelgeschichte ist – Daniel Ryser.

Köppel scheint ein unglückliches Händchen für dubios-schräge Typen zu haben. Da war mal Kenneth Angst (der in der Ryser-Biographie geradezu widerwärtig über Klöppels angebliches Liebesleben auspackt). Da ist leider immer noch Tom Kummer, der Erfinder des deutschen Fake-Journalismus. Und da ist nun Daniel Ryser.

Das Problem bei ihm ist: wer so über den Chefredaktor und das Organ hergezogen ist, macht sich völlig unglaubwürdig, lächerlich, wird zur peinlichen Kreatur, verliert jeden Anstand, jede Glaubwürdigkeit, ist dermassen charakterlos, dass man sein Werk gar nicht erst lesen mag, wenn er dann anschliessend auf dessen Payroll auftaucht..

Hier tut sich niemand einen Gefallen. Köppel sich selbst und seinem Blatt nicht, und Ryser sich natürlich erst recht nicht.

Für einen solchen Wendehals kann man nur die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock paraphrasieren. Der Ryser kann seinen Kopf nicht nur um 180 Grad, sondern gleich um 360 drehen. Ach was, um 720 Grad. Bis es allen umstehenden Zuschauern übel wird.

 

Die verdienstlosen Preisträger

Der «Schweizer Journalist» verlieh die Journalistenpreise. Welch unwürdiges Schauspiel.

Es war ein Anlass von Insidern über Insider mit Insidern. Aber dennoch fürs Publikum lehrreich. Der «Schweizer Journalist» verlieh Montagabend die Journalistenpreise in gefühlten 27 Kategorien. Ausgewählt wurden die Preisträger per Abstimmung, die Shortlist wurde von einer Jury erstellt.

Die Preisträger repräsentieren idealtypisch das Elend des Schweizer Journalismus. Als «Kulturjournalistin des Jahres» wurde Simone Meier ausgezeichnet. Was Meier mit Kultur zu tun hat? Ungefähr so viel wie «watson» mit Journalismus. Seit sie launig schrieb, dass Hitler Juden «gecancelt» habe, halten wir uns die Nase zu, wenn ihr Name genannt wird.

Hinter einem WoZ-Trio belegte Maurice Thiriet, der Chefredaktor von «watson», in dieser Kategorie den zweiten Platz. Als «Reporterin des Jahres» wurde Luzia Tschirky ausgezeichnet. Wohl dafür, dass sie es konsequent schafft, zur falschen Zeit am falschen Platz zu sein und sich eine schusssichere Weste überzustreifen, wenn die grösste Gefahr vom Strassenverkehr hinter ihr ausgeht. Der Preis «Wirtschaftsjournalistin des Jahres» ging an Patrizia Laeri. Verständlich, dass Lukas Hässig als Zweitplatzierter hinter ihr der peinlichen Ehrung fernblieb. Bei ihr darf die Frage erlaubt sein, was sie mit Wirtschaft und was sie mit Journalismus zu tun hat. Wahrscheinlich so viel wie «ElleXX» mit feministischer Geldanlage.

Es geht aber noch besser. «Recherchierjournalist des Jahres» wurde Fabian Eberhard. Wohl dafür, dass er bei einer seiner Recherchen nicht mal das Büro des Internetradios «Kontrafunk» aufspüren konnte. Und wenn Daniel Ryser von der «Republik» der «Gesellschaftsjournalist des Jahres» ist, dann ist Daniel Binswanger keine schreibende Schmachtlocke, sondern eine moralische Instanz. Konsequenterweise wurde die humorlose Brachialkomikerin Patti Basler «Kolumnistin des Jahres».

Das alles ist schwer zu toppen, aber es gelang. Denn die Laudatio auf den «Journalist des Jahres» Christof Gertsch vom «Magazin» hielt Mikael Krogerus, ebenfalls «Das Magazin». Anwesend waren im Weiteren Philipp Loser vom «Magazin» und Daniel Binswanger, Ex-«Magazin» und Chefredaktor a.i. der «Republik».

Nun wurde Gertsch vom Chefredaktor des «Schweizer Journalist», der zudem eine entlarvende Recherche zu den Vorgängen ums «Magazin» publiziert hatte, dezent gefragt, wie es denn so sei, wenn man selbst mal im Rampenlicht der Medien stünde. Da verstummte Gertsch, stammelte dann Unverständliches, um sich schliesslich zum Satz aufzuraffen, dass er dazu «aus tausenderlei Gründen» nichts sagen wolle. Die sanft-hartnäckige Nachfrage beantwortete er mit einem verdrucktsten «nein».

Aber immerhin sagte er damit einige Worte mehr als alle anderen Memmen vom «Magazin», die weiterhin eisern an ihrem Schweigegelöbnis festhalten und sogar den Augenkontakt mit dem anwesenden ZACKBUM-Redaktor tunlichst vermieden.

Wenn man zu einer Feier eingeladen ist, sollte man aus Respekt vor dem Gastgeber darauf verzichten, seinen Gefühlen zu ungehemmt Ausdruck zu verleihen. Aber diesen gebauchpinselten charakterlichen Mängelexemplaren zuschauen zu müssen, wie sie Preise abholten, wichtig taten und es gleichzeitig an einem Funken Zivilcourage vermissen liessen, das forderte schon einiges an Selbstbeherrschung ab, um ihnen nicht vor die Füsse zu spucken.

Inhaltlich hat der «Schweizer Journalist» dank neuem Chefredaktor durchaus an Format gewonnen. An würdigen Preisträgern muss noch schwer gearbeitet werden.

 

Wo ist der Skandal hin?

Nur was man erfindet, hat man exklusiv.

Am 18. Februar vermeldete die «Republik» in ihrem Newsletter: «Jetzt auch die «Schweizer Familie». Diese Woche unterschrieb ein Gross­teil der Redaktion dieser Zeitschrift einen Protest­brief an die Geschäftsleitung von Tamedia. Die Journalisten kritisieren darin den Umgang mit Mobbing, Sexismus und Diskriminierung bei Tamedia.»

Das Organ der guten Lebensart stellte das in einen Zusammenhang mit einem «seit Jahren vergifteten Betriebsklima bei Tamedia». Und dem Protestbrief von 78 erregten Tamedia-Mitarbeiterinnen vom März 2021. Alles schlimm, nichts ändere sich, dazu der «Fall Canonica», und dann noch: «Eine Auswertung der Republik zeigt nämlich: Von den 78 Unterzeichnerinnen des Protest­briefs von 2021 arbeitet heute ein Drittel nicht mehr bei Tamedia.»

So viel von der Märchenstunde der überbezahlten und unterbeschäftigten «Republik»-Redaktoren. Die entscheidende Frage stellten sie auch in diesem NL nicht: wieso sagen Daniel Binswanger, immerhin Chefredaktor a.i., und Daniel Ryser, zwei ehemalige Tamedia-Mitarbeiter, nicht, wie es denn im «Magazin» wirklich zu und her ging?

Weil sie nicht die Arschkarte gezeigt bekommen wollen, ganz einfach.

Stattdessen blühende Fantasien, Rachefantasien, die die «Republik» schon mit ihrer unendlich langen Serie über Tamedia auslebte. Offenbar ist man dort unglaublich nachtragend, seit die «SonntagsZeitung» den Versuch der «Republik», an der der ETH einen Skandal herbeizuschreiben, in der Luft zerrissen und beerdigt hatte.

Das sind die Hintergründe. Der Vordergrund: Wie die «Republik» wissen müsste, wurde kein einziger der über 60 anonymisierten Vorwürfe im Protestbrief bis heute verifiziert. Die Unterzeichner verstiessen mit diesem öffentlichen Anschwärzen ihres Arbeitgebers gegen Treu und Glauben und arbeitsrechtliche Bestimmungen. Wohl nicht zuletzt deswegen sind viele von ihnen mehr oder minder freiwillig gegangen, andere wurden schlichtweg nach einer gewissen Schamfrist gefeuert.

Der «Fall Canonica» wird immer mehr zu einem «Fall Roshani», zu einem «Fall Spiegel», zu einem Fall all der Medienorgane, zu denen auch die «Republik» gehört, die mit angeblichen anonymen Quellen arbeiteten, von denen angefüttert wilde Behauptungen aufstellten und auf die Unschuldsvermutung bei Canonica schissen.

Damit aber nicht genug. Seit dieser Meldung vom 18. Februar hat man von diesem neuen, famosen «Protestbrief» aus der Redaktion der «Schweizer Familie» kein Sterbenswörtchen mehr gehört. Was die Frage auslöst: gibt es ihn überhaupt? Beinhaltet er wirklich einen Protest über Mobbing, Sexismus und Diskriminierung? Oder ist er – wie schon viele angebliche Skandale zuvor – der Fantasie von unterbeschäftigten, aber überbezahlten «Republik»-Schreibern entsprungen?

Soll mit solchen Enten diese Zahl weiter nach oben geschraubt werden?

Denn obwohl das Geld bereits mit vollen Händen ausgegeben wird, fehlen zu den nötigen 33’000 Zahlern noch ein paar …

Demagogie vom Feinsten

Die «Republik» feuert 76’850 Buchstaben ab. Gegen die «Info-Krieger».

«Trump und Pandemie haben einen Nährboden für ein Medien-Ökosystem geschaffen, in dem Fakten keine Rolle mehr spielen.» Aus diesem System melden sich Basil Schöni und der einstmals ernstzunehmende Daniel Ryser von der «Republik» – weitgehend faktenfrei.

Der Feind, die «Info-Krieger», sind klar definiert: «Das Ökosystem dieser Gegen­erzähler besteht aus Einzel­akteuren. Bloggerinnen, Kolumnisten, Telegram-Influencerinnen, Buchautoren, Journalistinnen, Klein­verlegern und auch ganzen Medien­unternehmen.»

Natürlich müssen Namen genannt werden: «Medien wie «Weltwoche», «Nebelspalter» oder «Die Ostschweiz», wo sich teilweise offene Verschwörungs­ideologinnen als Autoren tummeln, sehen sich als Opfer des Kultur­kampfs, der Pandemie­massnahmen und ganz allgemein des Staates. Videostreamer Daniel Stricker sieht sich als Opfer von fast allem. In der «SonntagsZeitung» und der «Neuen Zürcher Zeitung» finden sich zwar keine Verschwörungs­erzählungen, aber die Erzählung ist oft identisch: Man sieht sich als Opfer des Kultur­kampfs, der «Cancel-Culture», der SRG.»

Etwas überraschend, dass auch die NZZ und die SoZ in den Topf geworfen werden. Das mag aber seinen Grund darin haben, dass beide Organe Fake-Skandal-Storys der «Republik» in der Luft zerrissen haben. Denn man ist nachtragend.

Die Liste der namentlich erwähnten Info-Krieger oder Infokriegsstätten ist beeindruckend lang (in der Reihenfolge des Erstauftritts): Daniel Stricker, Tito Tettamanti, Konrad Hummler, «Weltwoche», «Nebelspalter», «Schweizer Monat», «Die Ostschweiz», Donald Trump, Peter Thiel, Ronnie Grob, Markus Somm, Reto Brennwald, David Rubin, Joe Rogan, Alex Baur, Dominik Feusi, Philipp Gut, Stefan Millius, Alex Jones, Milosz Matuschek, «Uncut News», «Politically Incorrect», Steve Bannon, Thomas Matter, Joyce Küng, Neal David Sutz, «Rebel News», Daniel Regli, Nicolas A. Rimoldi, Andreas Thiel, Boris Reitschuster, Prisca Würgler, Michael Bubendorf, Daniele Ganser, Stefan Molyneux, David Duke, Richard Spencer, Milo Yiannopoulos.

Logisch, dass die tapferen Demagogen von der «Republik» nur mit ganz wenigen dieser Mitglieder einer rechten Medienverschwörung gesprochen haben. Ist halt «Republik»-Stil: in die Pfanne hauen funktioniert am besten, wenn dem Opfer keine Gelegenheit zur Gegenwehr gegeben wird.

Ein Spinnennetz aus «Info-Kriegern», fein animiert.

Nachzutragen sind noch zwei bedeutende Abwesende: Christoph Blocher – und René Zeyer.

Wie oberflächlich und nachlässig hier recherchiert wird, sei an einem einzigen Beispiel erklärt. «Diese Leute, die selber entweder sehr mächtig oder zumindest wort­mächtig sind und gleichzeitig erzählen, dass wir von «den Mächtigen» nur angelogen oder zensiert werden, eint die Faszination für einen mächtigen Meister der Lügen: den Ex-US-Präsidenten Donald Trump, der in seiner vier­jährigen Amtszeit nachweislich mindestens 30’573-mal gelogen oder falsche Behauptungen aufgestellt hat.»

Dabei bezieht sich die «Republik» auf eine Liste, die die «Washington Post» führt. Schon 2017 ergab ein genauer Blick auf die Kriterien, was hier als «Lüge» gebrandmarkt wird, dass es sich um reine Demagogie der WaPo handelt. Der Artikel «Jetzt wäre erst recht Präzision gefragt», erschien in der «Medienwoche» und ist abrufbar. Aber der Autor bietet Anlass zum Verdacht, dass es sich um einen Info-Krieger handeln könnte.

Irr an diesem Irrflug der «Republik» ist, dass es den Autoren nicht auffällt, dass sie im Kampf gegen angebliche Verschwörungstheoretiker und Info-Krieger selbst genau das Gleiche machen, was sie ihnen vorwerfen. Faktenfreie Demagogie:

«Willkommen zu einer Reise ans Ende der Demokratie.»

Zum Lieblingsfeind haben sie sich Daniel Stricker erkoren. Aus einem einfachen Grund; mit ihm haben sie ausnahmsweise geredet, und sein Videoblog eignet sich bestens, um ihn als Kristallisationspunkt von allem Üblen in der Schweiz zu denunzieren:

«Stricker-TV, das ist der Lebens­inhalt eines Mannes in seinen Fünfzigern, der Tesla-Aktien besitzt und glaubt, das geheime Muster hinter dem Welt­geschehen gefunden zu haben. Stricker-TV ist auch der Ort, wo sich in den letzten zwei Jahren die verloren gegangene Abgrenzung rechter Medien gegenüber Verschwörungs­erzählungen manifestierte – von «Weltwoche», «Schweizer Monat» und «Nebelspalter». Wo die Allianz von seriösem Journalismus und wirren Lügen offenbar wurde, wo ein Durch­einander von Verschwörungs­freaks und Leuten aufeinander­treffen, die im Schweizer Journalismus teilweise einfluss­reiche Positionen besetzen.»

In diesem Absatz ist alles drin, was eine haltlose Verschwörungstheorie ausmacht.

Immer, wenn man denkt, dass die «Republik» einen absoluten Tiefpunkt erreicht hat, von wo es nicht mehr weiter nach unten gehen kann, beweist sie das Gegenteil. Hinzu kommt noch eine sozusagen systembedingte Unfähigkeit. Denn wer, ausser der zu bedauernden Plattform ZACKBUM, liest denn fast 80’000 Anschläge Gequirltes, Verwirrtes, demagogisch Aufgepumptes, Faktenfreies und bösartig-einseitiges Rüpeln, bei dem fast alle ans Kreuz genagelten Personen oder Institutionen nicht mal um Stellungnahme angefragt wurden.

Wohlgemerkt: für diesen Riesenriemen mit einer ganzen Schar von namentlich Denunzierten haben die beiden Recherchier-Genies der «Republik» aktuell mit haargenau einer einzigen Person gesprochen. Mit Stricker, der dann auch ausführlich vorgeführt wird. Alle anderen (mehr als 30!), alle angerempelten Medien werden ungefragt in den Verschwörungstopf geworfen.

Fragt da einer, wieso denn ZACKBUM den Autoren keine Gelegenheit zur Stellungnahme gab? Aus zwei Gründen. Das hier ist ein Kommentar. Und wer zweimal nicht auf Anfragen reagiert, bekommt keine dritte Chance.

Die «Republik» betreibt übelsten Verschwörungstheorie-Journalismus, der Verschwörungs-Journalismus denunzieren, entlarven will. Dabei entlarvt er sich nur selbst.

Wumms: Republik

Es geht nichts über Eigenleistungen. Kann man für 6 Mio. doch erwarten.

Wie viele Mitarbeiter der «Republik» braucht es, um in einer Woche ganze 9 eigene Werke rauszupusten? Genau, rund 50 Nasen. Alles andere sind NL, Briefings – oder eingekaufte Beiträge, beispielsweise aus der «Financial Times».

Greift der ehemalige Recherchierjournalist Daniel Ryser in die Tasten, kann man den Redaktionsschwanz schon am Anfang erahnen: «In einer früheren Version schrieben wir über die Credit Suisse: «Sie versicherte 2021 Investitionen für 1,1 Milliarden Dollar bei mehreren Atomwaffen­herstellern und stellte für 885 Millionen Dollar Kredite für Investitionen in Atomwaffen bereit.» Wir haben diese Stelle mittlerweile leicht präzisiert.»

Auch so wichtige Themen wie «Baby an Bord» verdienen natürlich besondere Aufmerksamkeit und viele, viele Buchstaben.

Den Vogel schiesst aber wie meist Daniel Binswanger ab. Er beschimpft in seinem Wort zum Samstag die sogenannten «Putin-Versteher», die sich nun «aus der Verantwortung stehlen» würden. Sagt ausgerechnet der Wendehals, der zuerst begeistert über den Erweiterungsbau des Kunsthauses Zürich war («eine der grossartigsten privaten Impressionistensammlungen»), um dann mit Zehntausenden von Buchstaben Gift und Galle über die Ausstellung zu speien («Die Bührle Connection», denn schlecht adaptierte Filmtitel sind auch Binswangers Liga).

Der kann sich gar nicht aus der Verantwortung stehlen. Dazu müsste man erst mal eine haben. Oder eine Haltung. Aber wie soll man das von einer schreibenden Schmachtlocke im Wind auch verlangen.

 

Sittenverluderung

Sind Medienanfragen inzwischen überflüssig? Oder das eisige Schweigen als Normalfall.

Das erste Mal begegnete ZACKBUM das Phänomen in geballter Form, als 78 Tamedia-Journalistinnen – nicht alle freiwillig – mit einem Protestschreiben an die Öffentlichkeit gelangten. Sie beschwerten sich über demotivierende, diskriminierende, sexistische und unerträgliche Zustände auf den Redaktionen.

Allerdings enthielt das Schreiben dermassen viele Ungereimtheiten, dass es dringlichen Bedarf nach Aufklärung gab. Da sich die 78 Unterzeichner als Kollektiv verstanden, machte sich ZACKBUM mehrfach die Mühe, allen umfangreiche Fragenkataloge zuzustellen, mit der Bitte um Beantwortung in reichlich bemessener Frist.

Die Reaktion bestand jeweils aus einigen automatischen Ferienabwesenheitsmeldungen und zwei, drei Reaktionen, dass man die Fragen nicht beantworten wolle. Ab dem zweiten Mal – denn es stellten sich immer mehr Fragen – gab es nur noch Abwesenheitsmeldungen und eine einzige genervte Antwort, dass man doch schonmal klargestellt habe, dass man nicht antworten werde. Schliesslich versuchte es ZACKBUM noch mit einem genauso offenen Brief wie die Protestierer – auch vergeblich.

Reaktion eines Journalisten auf eine Medienanfrage.

Das verblüfft insbesondere, weil man doch erwarten könnte, dass Frauen des Wortes, erprobt in journalistischen Praktiken, die Möglichkeit zur Stellungnahme gerne ergreifen würden. Aber nein, wilde Behauptungen aufstellen, sie mit anonymisierten und daher nicht überprüfbaren «Beispielen» unterfüttern, aber darüber keine Rechenschaft ablegen, das wurde wohl als seriöses und kompetentes Verhalten gesehen.

Auch «Fairmedia» ist weder fair, noch media

«Fairmedia» bezeichnet sich als «Kompetenzzentrum für Medienrecht». Abgesehen davon, dass es mit der Kompetenz so eine Sache ist: hier kann man doch als Selbstverständlichkeit erwarten, als gelebte Fairness, dass journalistische Anfragen beantwortet werden.

Erwarten kann man das schon, erleben nicht. Zunächst gibt es einmal sogar eine telefonische Reaktion. Anschliessend wird aber das Zitieren ausdrücklich untersagt. Dann gibt es noch einmal eine schriftliche Reaktion – und seither herrscht eisiges Schweigen auf Anfragen. So wollte ZACKBUM unlängst wissen, wie sich denn «Fairmedia» zum Entscheid des Gleichstellungsbüros positioniere, das dem Verein Netzcourage bereits zugesagte finanzielle Unterstützung abstellte, weil der Verein sich nicht an die Spielregeln beim Bezug von Steuergeldern gehalten habe.

Die Frage drängt sich auf, weil «Fairmedia» eine eigene Fanpage für Jolanda Spiess-Hegglin aufgeschaltet hat, wo man unter «Team Jolanda» Spendengelder abdrücken soll.

Aber da bleibt «Fairmedia» in aller Fairness einfach stumm. Genau wie die Interimspräsidentin von «Netzcourage» selbst. Sie ist zwar auf der Medienmitteilung mit E-Mail-Adresse angegeben und stünden für «weitere Auskünfte» zur Verfügung. Probiert man das allerdings aus, antwortet tiefes Schweigen.

Auch «Netzcourage» bleibt lieber stumm

Spiess-Hegglin selbst – ebenso wie ihre Anwältin – beantwortet ebenfalls keine Fragen. Aber immerhin, sie leistet sich den Scherz, die Fragen auf den sozialen Medien zu veröffentlichen; gespickt mit ein paar launigen Kommentaren (der Fragesteller sei «zackdoof» und «altersmässig eher Richtung Gnadenhof»). Damit bringt sie ihren damals noch reichlich vorhandenen Fanclub ins Hyperventilieren.

Aber genauso wie die plötzlich zurückgetretenen Vereinspräsidentinnen hält es niemand für nötig, auf höflich formulierte Fragen zu antworten. Immerhin im zweiten Anlauf bequemt sich dagegen SP-Medienstar Fabian Molina zu einer Antwort; nicht ohne darauf hinzuweisen, dass er «in der Tat auch noch anderes zu tun» habe, «als auf Ihre unqualifizierten Gehässigkeiten zu reagieren

Dabei wollte ZACKBUM nur von ihm wissen, ob er angesichts seiner Forderung, sofort 10’000 Afghanen in der Schweiz Asyl zu gewähren, selbst bereits sei, vielleicht zwei aufzunehmen. Diese Frage war weder unqualifiziert, noch gehässig.

Politiker, der einer Medienanfrage gewahr wird.

Ganz allgemein ist zu konstatieren, dass hier eine zunehmende Sittenverluderung stattfindet. Es gehört zu den Gebräuchen und ungeschriebenen Gesetzen, dass man auf Medienanfragen reagiert. Zumindest mit einem «pfeif dir eins, ich sage nix.»

Auch das Gegenteil gibt’s – kritisieren, ohne zu fragen

Handelt es sich um inhaltlich berechtigte Fragen, um die Gelegenheit, zu einer Kritik im kritisierenden Artikel selbst Stellung zu nehmen, wäre es fast obligatorisch. Denn umgekehrt gibt es immer mehr Beschwerden, dass Menschen oder Institutionen mit Anlauf in die Pfanne gehauen werden, ohne dass sie Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen.

Gerade im Themenbereich Spiess-Hegglin greift das um sich. So veröffentlichte der «Republik»-Schreiber Daniel Ryser ein ellenlanges Stück über die angebliche «Vernichtungsmaschine» Tamedia, die sich vorgenommen habe, Spiess-Hegglin nach allen Regeln der schwarzen Kunst fertigzumachen.

In dem Artikel rempelte er auch mehrere, namentlich erwähnte Mitarbeiter von Tamedia an, von Oberchefredaktor Arthur Rutishauser abwärts. Nur: kein einziger der so Angepinkelten hatte Gelegenheit bekommen, zu Vorwürfen Stellung zu nehmen. Wohl nach der Devise: lass dir eine schöne Polemik doch nicht durch blöde Richtigstellungen kaputtmachen.

Warum Ryser dieses Vorgehen gewählt hatte, das einem Recherchierjournalisten unwürdig ist, hätte ZACKBUM gerne gewusst. Nur: Ryser reagierte nicht auf einen Fragenkatalog.

Das grosse Schweigen

Es wird einsam um Jolanda Spiess-Hegglin. Man verharrt in feigem Schweigen.

Kein Hass- oder Hetzkommentar von der Kämpferin gegen Hass und Hetze im Internet. Nun ja, fast: Es seien harte Tage. «Nicht, weil die alten, widerlichen Typen an ihren Bürotischen sich nahezu einen runterholen, weil sie sehen, dass ich gewisse Sachen nicht bewältigen kann. Sie grölen. Sie lechzen. Weil wir – ich – den ganzen Sommer und Herbst dermassen am Anschlag war.»

Einen runterholen? Wäre eigentlich ein Fall für Netz Pig Cock. Aber es ist kein Anlass für Scherze: «Ich bin so müde», gesteht Spiess-Hegglin. Und stellt unbewiesene Behauptungen auf: «Das Umfeld von Glarner wusste schon vor 2 Wochen, dass uns das EBG die Unterstützungsgelder streicht. Ich hingegen musste mich innerhalb von 24 Stunden organisieren und in Stellung bringen.»

Das linke Gleichstellungsbüro im Department von SP-Bundesrat Alain Berset informierte SVP-Glarner vorab? Echt jetzt?

Aber noch bedrückender ist: Die Medienmitteilung auf Facebook bekam 2 Kommentare und wurde 4 mal geteilt. Dieser Stossseufzer erhielt 34 Kommentare (nicht sichtbar) und 192 Likes.

Hansi Voigt, der sonst keine Gelegenheit auslässt, einer guten Sache mit schlechten Sprüchen zu schaden – verstummt. Ein schlapper Retweet eines anderen, der die kurze Stellungnahme von Spiess-Hegglin tweetet. Dabei ist Voigt im Beirat von #netzcourage, da könnte man etwas Solidarität erwarten. «Das Lamm», Daniel Ryser, alle grossen Worthelden, ohne Worte.

Warum schweigen fast alle, so viele?

«Bajour»? Lieber «6 Optionen, wo du am Sonntag in Basel brunchen kannst» vom 27. Oktober (immerhin 2021) zuoberst auf der Webseite. «Republik»? Sprachlos. All die Twitter-Kings, die Fans, die sofort zuschnappen, wenn ihr Idol «fass» sagte? Ein müder Versuch, «#wirsindnetzcourage» trenden zu lassen, was Spiess-Hegglin gleich munter mit «Neiiiin! Nicht auch noch Platz 1» anfeuert.

Besonders betrüblich ist auch das verkniffene Schweigen von Hardcore-Unterstützern. Der seinem Namen alle Schande machende Verein «Fairmedia» hatte eine eigene Fanpage für Spiess-Hegglin aufgeschaltet, wo man unter «Team Jolanda» Geld abdrücken kann. Der Geschäftsführer und ehemalige «TagesWoche»-Bruchpilot Jeremias Schulthess geruht erst gar nicht, auf die höfliche Presseanfrage zu reagieren, wie sich der Verein denn zu diesem Entscheid des Bundeamts positioniere.

Gleich reagiert auch die Interimspräsidentin des Vereins Netzcourage, obwohl Liliane Ritzi doch als Auskunftsperson für weitere Fragen auf der Medienmitteilung angegeben ist. Von ihr wollte ZACKBUM unter anderem wissen, wohin denn Geschäftsbericht, Kommunikationskonzept und Code of Conduct verschwunden sind, die bis vor Kurzem noch auf der Webseite standen. Damals spreizte man sich, wie transparent man doch sei. Und heute?

Eine fehlende Reaktion ist besonders widerwärtig

Am widerwärtigsten ist aber die Reaktion von ganz anderer Seite, Beziehungsweise das dröhnende Schweigen der erregten 78 Tamedia-Frauen. Man erinnert sich? Deren Protestschreiben über unerträgliche Zustände auf den Redaktionen von Tamedia wurde via Spiess-Hegglin in die Medien eingespeist und sorgte dann für grosses Hallo. Ob das allen Unterzeichnern passte oder nicht: diese Publizität hatten sie ihr zu verdanken.

Nun ist Spiess-Hegglin selbst etwas in einem dummen Rank. Wann, wenn nicht jetzt solidarisch sein? Wo ist denn Salome Müller, Aleksandra Hiltmann, wo sind alle anderen, wenn man sie mal bräuchte? Wenn es etwas Rückgrat bräuchte? Da bislang keine der 78 Journalistinnen geruhte, auf mehrfache höfliche Anfragen von ZACKBUM zu reagieren, haben wir diesmal darauf verzichtet.

Da tun alle so, als wäre Spiess-Hegglin schon waidwund, auf der Verliererstrasse. Da folgt man doch lieber dem Beispiel der beiden Nationalrätinnen Funiciello (SP) und Gysin (Grüne): nichts wie weg. Abtauchen, Schnauze halten. Abwarten, woher der Wind weht, wie sich die Sache entwickeln wird. Und erst dann wieder aus den Löchern kriechen, wenn man weiss, wo der Sieger steht.

Was soll man, was darf man zu den charakterlichen Befindlichkeiten all dieser Menschen sagen? Leider nichts, was nicht juristische Verwicklungen nach sich ziehen würde.

 

 

 

 

Zündeln, zeuseln: Jacqueline Büchi

Blattübergreifende Kampagne: gebt BR Ueli Maurer Saures.

Normalerweise gibt es nicht viel Verbindendes zwischen der «Blick»-Gruppe und Tamedia. Bei der Kopfblatt-Sammlung unter der Ägide des «Tages-Anzeigers», der mit seiner Rumpfredaktion in Zürich den gesamten Inhalt der Blätter von Basel bis Bern bespielt, ergiesst sich eine dünne Einheitssauce in die Spalten allerorten.

Vieles davon ist nicht mal selber zusammengerührt, sondern wird tel quel von der «Süddeutschen Zeitung» in München übernommen. Einfach minus ß und so. Das sollte man aber zu schätzen wissen, denn es ist meistens verdaulicher als Selbstgebrautes.

Gerade hat sich die «Blick»-Gruppe auf Bundesrat Ueli Maurer eingeschossen. Auf «totalitäre Tendenzen» bei den Massnahme-Kritikern im Allgemeinen, so in der Tradition von Hitler und Stalin, schrieb ein völliger ausgerasteter Chefredaktor Gieri Cavelty.

Und liess es sich nicht nehmen, Ueli Maurer mit erfundenen Zitaten in die Pfanne zu hauen. Da kann nun der Tagi nicht abseits stehen, denn er verfügt über die Allzweckwaffe Jacqueline Büchi.

Nach Dialogverweigerung nun der Frontalangriff

Sie fiel schon in der Vergangenheit unangenehm auf, indem sie Dialogverweigerung mit Kritikern der offiziellen Corona-Politik forderte. Streng brach sie den Stab über der «Arena», die es doch sehr zu ihrem Missfallen gewagt hatte, ein einziges Mal auch abweichenden Meinungen Platz zu geben: «Doch was, wenn Aussagen verbreitet werden, die menschenverachtende Züge annehmen?»

Ja was wohl. Bereuen, Selbstkritik üben, nie mehr tun, meinte Büchi. Als hätte das nicht genügt, ihre antidemokratische Meinung, ihre Absage an Pluralismus unter Beweis zu stellen, darf sie nun in einer ebenfalls ausrastenden Tamedia nachtreten.

«Maurer zündeln zu lassen, ist gefährlich»,

warnt sie am Dienstag. Dabei wurde schon ausführlich gegen das angebliche Zündeln gefäustelt und polemisiert und getobt. Aber halt noch nicht von Büchi, und wer würde sich bei Tamedia schon trauen, einer Frau den Mund zu verbieten? Wer würde sich schon trauen, zu Büchi zu sagen: das ist eine antidemokratische Meinung, die zudem nichts Neues, dafür jede Menge Falsches enthält. Also bringen wir das nicht.

Das traut sich niemand, also muss der Leser leiden. Eigentlich sollten Tagi-Abonnenten einen Club der Masochisten gründen. Denn wer dafür bezahlt, sich quälen zu lassen, ist Masochist.

Büchi quält die Wahrheit und den Leser

Büchi arbeitet mit dem ganzen Instrumentarium einer begabten Quälerin. Maurer habe «das Kollegialitätsprinzip nicht nur geritzt, sondern es verletzt», «populistische Rhetorik wie aus dem Lehrbuch», «raunend berichtete er …»,

«in trumpesker Manier flirtete er zudem mit Verschwörungstheorien».

Kurzum: «was Maurer macht, ist brandgefährlich. Er sabotiert die Arbeit seiner eigenen Regierung.» Ist das alles? Aber nein, was dem Demagogen Daniel Ryser von der «Republik» recht ist, kann Büchi doch nicht zu billig sein:

«Was passiert, wenn der Kampf gegen die Corona-Massnahmen den verbalen Rahmen verlässt, liess sich in Deutschland beobachten: Dort erschoss ein 49-Jähriger einen Verkäufer, mutmasslich wegen der Maskenpflicht.»

Lesen wir hier richtig? Büchi setzt die Amoktat eines Irren in Deutschland mit den Auswirkungen einer Rede eines Schweizer Bundesrats in Beziehung? Nicht nur das, sie fordert mit der Strenge einer Domina Konsequenzen:

«Die Gesamtregierung muss Haltung zeigen und den Brandstifter in die Schranken weisen. Sonst riskiert sie ihre eigene Glaubwürdigkeit – und den Frieden im Land.»

Bevor in der Schweiz dann mal der Bürgerkrieg ausbricht, angeführt von den «Friedenstrychlern» und Ueli Maurer: Gibt es denn auch bei Tamedia kein Schamgefühl mehr? Kein Gespür, wo die Grenzen des für ein Qualitätsmedium Erlaubten liegen?

Qualitätsmanagement, Schranken des Erlaubten?

Wo bleibt das vielgerühmte Qualitätsmanagement, wo sind die Kontrollinstanzen, die Filter, die solches verantwortungsloses, despektierliches und inhaltlich zudem falsches Schreiben kontrollieren, korrigieren, verhindern?

Ist es nun wirklich überall erlaubt, Aussagen zu verfälschen, demagogisch umzudrehen, um daraus eine Meinungssuppe zu kochen, die der Leser auslöffeln muss, auch wenn es ihm dabei hochkommt?

Offenbar ist das allgemeine Bemühen der grossen Medienclans der Schweiz und ihrer ausführenden Organe: tieferlegen. Niveau runternehmen. Den Bereich einer ernstzunehmenden Debatte verlassen. Alle Meinungen zulassen, so dumm, falsch und unqualifiziert demagogisch sie auch sein mögen. Hauptsache, sie passen ins Weltbild.

Folgen einer Bundesratsrede?

Selektive Wahrnehmung einer Selbstzerstörungsmaschine

Der Recherchierjournalist Daniel Ryser denaturiert zum demagogischen Kommentator.

Es ist der Weg nach unten eines Begabten zu beklagen. Daniel Ryser hatte seinen eigenen Sound geschaffen, bei seinen Langzeitreportagen. Er traute sich sogar an ein Buch über den umstrittenen Publizisten Roger Köppel. Unter dem etwas verwirrlichen Titel «In Badehosen nach Stalingrad» wurde eine Abrechnung draus.

Ein durchaus lesenswertes Buch, wenn auch nicht immer mit sauberen Methoden recherchiert. Ryser arbeitet seit einiger Zeit für die «Republik», und das ist leider nicht spurlos an ihm vorbeigegangen.

Anfang August erschien von ihm der Artikel «Die Zerstörungsmaschine» in der «Republik». Seine These:

«Der grösste Medienkonzern der Schweiz» habe es auf Jolanda Spiess-Hegglin abgesehen, sie werde «mit allen Mittel diskreditiert».

Auf den üblichen 23’000 Anschlägen diskreditierte er sich hier allerdings selbst, obwohl er sozusagen als Mahnung sich einleitend aufrief, dass diese «Geschichte präzis erzählt werden» müsse, «aus Fairness gegenüber Spiess-Hegglin».

Das schloss allerdings keine Fairness gegenüber Tamedia ein. Der Artikel strotzte von Unsauberkeiten, Fehlern und polemischen Überspitzungen. Schlimmer noch: Ryser begab sich aus dem Feld der Debatte.

Gesprächsverweigerung und Rechthaberei statt Recherche

Wir stellten ihm damals 25 präzise Fragen, darunter auch die, wieso er gegen ein Grundprinzip des anständigen Journalismus verstossen habe; nämlich sämtlichen in seiner Polemik angegriffenen und namentlich kritisierten Personen keine Möglichkeit zur Stellungnahme einräumte.

Ryser schwieg.

Auf dem Weg nach unten hat er inzwischen ein neues Niveau erreicht. Offenbar strebt er danach, sich selbst immer mehr tieferzulegen. Er greift zum Kommentar, um auszuführen: «Der Mord an einem Tankstellen-Kassier in Deutschland zeigt auf drastische Weise: Wer mit Begriffen wie «Diktatur» und «Faschismus» aufwiegelt, ebnet den Weg zur Gewalt.»

Streng gegen Linksradikale?

Das ist eigentlich die Spezialität von Linksradikalen, die diese Begrifflichkeit für das uns angeblich beherrschende Schweinesystem verwenden. Ein Blick auf die Webseite aufbau.org genügt, um die inflationäre Verwendung dieser Begrifflichkeiten zu sehen.

Aber das meint Ryser nicht. Denn in der hysterisch aufgeheizten Debatte um Massnahmen zur Pandemie-Bekämpfung findet sozusagen eine Vergesellschaftung dieser Keulen-Begriffe statt. Auch rechtskonservative Kreise beginnen, sie zu verwenden.

Denunziation einer Bewegung aufgrund von Amoks

Herausragend dabei offensichtlich der Irrwisch Nicolas A. Rimoldi. Ein Wirrkopf, der im Trüben fischt und sich als Feindbild für Ryser anbietet, weil er auch auf dem Weg nach unten ist. Vom ehemaligen Jungfreisinnigen zum Sprachrohr absurder Verschwörungstheorien.

Ryser hat ihn verdienstvoll in einem längeren Artikel porträtiert. Was da an Rimoldi auffällt: er will unfassbar bleiben wie Quecksilber. Widerspricht sich gerne und häufig, weicht aus, korrigiert und löscht, lebt offenbar in einer Welt mit abnehmendem Kontakt zur Realität.

Nun hat anscheinend in Deutschland ein Amoktäter einen Tankwart ermordet, weil der ihn zum Tragen einer Maske aufforderte. Der Täter soll seine Bluttat damit begründet haben, dass er ein Zeichen gegen die Maskendiktatur setzen wolle.

Ein Vollirrer. Auf einschlägigen Plattformen, in Telegram-Chatgruppen schäumte danach weitere Irrheit hoch, «wenn’s die richtigen trifft, hab ich nichts dagegen», zitiert Ryser einen verantwortungslosen Spinner.

Soll man ganze Strömungen so disqualifizieren?

Von der Ermordung Martin Luther Kings bis zu den Terrorakten am 11. September im Grossen, von Anschlägen auf Abtreibungskliniken bis zu Sachbeschädigungen durch den Schwarzen Block bei 1.-Mai-Demos im Kleineren, bei den Chaostagen anlässlich des G7-Gipfels in Hamburg: es gibt immer Amoks, die solche Gewalttaten loben, beschönigen, erklären, zum Ausdruck berechtigten Widerstands gegen Diktatur, Faschismus, Imperialismus, im Namen von Rassenwahn oder dem Kampf für ungeborenes Leben erheben.

Im Kopf von geistigen Brandstiftern …

Seit es die Klowände im Internet gibt, ist das öffentlich einsehbar, wenn man sich die Nase zuhält.

Auch in sogenannten Qualitätsmedien gibt es entsprechende Amoks, erinnert sei nur an den Leiter des «Interaktiv-Teams» bei Tamedia. Marc Brupbacher twittert mit dieser Berufsangabe «Sind jetzt alle komplett durchgeknallt in diesem Land», beschimpft Regierende wie Silvia Steiner als «traurigen Clown in einem anti-wissenschaftlichen Polit-Zirkus», ist mit Bundesrat Alain Berset «komplett durch», denn der Gesamtbundesrat ist «komplett übergeschnappt», viele Regierenden verfügen «über die Hirnleistung eines Einzellers». Die Uni Luzern fordert er auf:

«Hey, Uni Luzern, nehmt den Dreck runter, entschuldigt euch bei C. Althaus und publiziert eine Richtigstellung.»

Sicher, er schwafelt nicht von Faschismus und Diktatur, ruft auch nicht zu Gewalt auf. Aber er ist ein Beispiel dafür, dass es überall Amoks gibt. Aber wegen Brupbacher kann man nicht alle Befürworter von Lockdowns oder drastischen Massnahmen als durchgeknallt diskreditieren. Oder alle Mitarbeiter von Tamedia.

Oder wir erinnern an die «rechte-Hetzer»-Kreische Daniel Binswanger in eben dieser «Republik», den Verteidiger der Burka als Ausdruck selbstbestimmten Handelns selbstbewusster Frauen. Deswegen kann man doch nicht die gesamte Crew in Sippenhaft nehmen.

Heinrich Böll würde im Grab rotieren

So wie das Ryser mit Massnahmenkritikern tut. Dazu bemüht er einen heutzutage weitgehend vergessenen deutschen Schriftsteller: Heinrich Böll. Der Literaturnobelpreisträger sagte 1959 in einem Vortrag: «Der Spruch: Wenn Worte töten könnten, ist längst aus dem Irrealis in den Indikativ geholt worden.»

Ein differenzierter Mahner, missbraucht von Ryser.

Ryser zitiert ihn weiter, mit anschliessender strenger Ermahnung: ««Worte können töten, und es ist einzig und allein eine Gewissensfrage, ob man die Sprache in Bereiche entgleiten lässt, wo sie mörderisch wird.» Darüber sollten Leute, die heute ständig von Diktatur sprechen und twittern, dringend nachdenken.»

Teilgebildet, wie Ryser ist, verzichtet er aber darauf, den Zusammenhang herzustellen, in dem Böll das sagte. Holen wir gerne nach:

«In allen Staaten, in denen Terror herrscht, ist das Wort fast noch mehr gefürchtet als bewaffneter Widerstand, und oft ist das letzte die Folge des ersten. Die Sprache kann der letzte Hort der Freiheit sein.»

Böll bezog sich also auf die damals noch frische Erfahrung des deutschen Hitler-Faschismus, darüber sollte Ryser dringend nachdenken. Böll mischte sich damals auch in die Debatte um die Taten der linksterroristischen RAF ein. Dazu schrieb er: «Es ist inzwischen ein Krieg von 6 gegen 60 000 000. Ein sinnloser Krieg.»

Dazu rief er zu Augenmass auf: «Ich habe die Gruppe um Ulrike Meinhof relativiert – ja. Verharmlost nein. Ich habe versucht, die Proportionen zurechtzurücken. Nichts weiter. Wenn Albanien der Sowjetunion den Krieg erklären würde, so fände ich das nicht harmlos, nur fände ich die Situation der Sowjetunion nur relativ gefährlich.»

Proportionen zurechtrücken, darum ging es Böll, darum sollte es vielleicht auch Ryser gehen. Es ist unstatthaft, mindestens ungebildet, wenn nicht absichtsvoll demagogisch, Böll hier als Kronzeugen für Rysers Feldzug gegen Massnahmenkritiker einzusetzen.

Aber wollen wir einen Mann auf dem Weg nach unten aufhalten?