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Emma is back

Wir machten uns schon Sorgen um das Postergirl der Virologie. Entwarnung.

Sie gehört zweifellos in die zweite Reihe der Wissenschaftler, die verzweifelt versuchen, aus ihren 15 Minuten Ruhm mehr zu machen.

Im Gegensatz zu Christian Althaus – der das aus verständlichen Gründen nicht kann – kämpft Emma Hodcroft auch mit den Waffen einer Frau. Nein, das ist keine sexistische Bemerkung:

Welch verwegenes Make-up für eine Wissenschaftlerin.

Nun kam Althaus nach längerem, unfreiwilligem Schweigen bei der NZZ zu Wort. In einem nichtssagenden Interview, dessen Inhalt schon längst zu Recht vergessen ist. Aber der Name wurde richtig geschrieben, ein Foto gab’s auch, was will der Wissenschaftler mehr. Vielleicht springt ja doch noch ein Lehrauftrag oder gar eine bessere Anstellung raus. Marcel Salathé hat das schliesslich auch geschafft.

Eine Uni, eine Abteilung, zwei publizitätsgierige Wissenschaftler

Nun kommt die Antwort von der Berner Epidemiologin Hodcroft. Sitzt die nicht mit Althaus im gleichen Labor? Sprechen die denn gar nicht miteinander? Aber gut, wir kennen uns bei den Gepflogenheiten in den eisigen Höhen der Fachwissenschaft nicht aus.

Buhu, sagt Emma Hodcroft.

Leider folgt auch dieses Interview dermassen stark dem ewig gleichen Drehbuch, dass jedes Virus beim Lesen Selbstmord vor Langeweile begehen würde. Aber ZACKBUM ist hart im Nehmen, im Dienste seiner Leserschaft.

Also, das ewige Skript hervorgenommen und abgehakt. Zuerst muss immer eine Packungsbeilage zitiert werden, Standardformel ist, dass wir «erst wenige Daten haben und die Variante deshalb kaum kennen». Das soll davor schützen, bei nachfolgenden Horrorgemälden in Haftung genommen zu werden, wenn sie mal wieder nicht eintreffen.

Man muss aber kritisch anmerken, dass es Hodcroft doch etwas übertreibt.

«… lässt sich nur schwer voraussagen … erschwert zusätzlich … bin aber nicht sicher, ob wir genügend Informationen haben … auch das wissen wir noch nicht genau.»

Wenn wir zusammenfassen dürfen: nix Genaues weiss man nicht. Hier könnte man nun das Interview frohgemut abbrechen, aber das ist ja nicht der Sinn der Sache.

Wann gibt Hodcroft endlich mal Gas?

Also, nächster Punkt, Gas geben. Allerdings, das gibt Abzug, sowohl in der Kür- wie in der Pflichtnote, Hodcraft eiert dann noch bis fast am Schluss durchs Interview mit Einschränkungen, Abwägungen, Fragestellungen, Verästelungen.

Aber, bevor dem Interviewer der Angstschweiss ausbrach, besann sich Hodcroft darauf, dass sie ja mindestens ein Titelquote und sonst noch einen scharfen Satz sagen muss, also buhu machen. Sonst war die Übung ja für die Katz.

Allerdings strapaziert sie die Nerven des armen Journalisten (von den Lesern ganz zu schweigen) schon sehr; erst in der allerletzten Antwort auf die allerletzte Frage rückt sie wenigstens mit einem Titelquote raus:

«Mit oder ohne diese neue Variante sind wir in Europa bereits in einer sehr schlechten Situation. Die Virusvariante in Südafrika ist momentan erst ein Funken, der uns keinesfalls davon ablenken sollte, dass wir bereits in einem brennenden Haus sitzen. Wir haben mit Delta sehr grosse Probleme bei uns.»

Allgemeines Aufatmen; Titel und Lead sind gerettet, der Buhu-Faktor ist sichtbar vorhanden, kann man bringen. Nur, mit Verlaub, dieses Quote umfasst haargenau 300 A. Wozu um des Virus willen, wozu muss sich der Leser dann durch die übrigen 6800 A quälen?

Härtet das ab? Macht das immun? Ersetzt das die vierte Booster-Impfung? Überzeugt das ungeimpfte Arschlöcher? Das wären einmal Fragen, deren Beantwortung man von einer Qualitätszeitung wie dem Tagi doch erwarten dürfte.

 

Es darf gelacht werden: Althaus is back

Und andere Miszellen aus dem bewegten Corona-Leben.

Der Epidemiologe Christian Althaus, wir sind traurig, hat’s nicht richtig geschafft. Immerhin, in den letzten zwei Jahren gibt es über 4000 Treffer in der Mediendatenbank SMD für ihn.

Das ist nicht schlecht für einen Wissenschaftler, der normalerweise völlig unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu Bern wissenschaftet. Am Anfang der Pandemie lieferte er sich noch ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Marcel Salathé.

Denn in der heutigen Mediokratie, in der mediokren Mediokratie, kann es nur einen Hauptexperten geben, der dann in Funk, Fernsehen und Print überall durchgereicht wird. Althaus gab damals alles und prognostizierte sogar «bis zu 100’000 Corona-Tote», um im Aufmerksamkeitswettbewerb die Nase vorn zu halten.

Vergeblich, Salathé setzte sich souverän durch und fuhr in der Pole-Position reiche Ernte ein. Aufstieg, Karriere, fette Fördergelder. Daher ist Salathé nun verstummt, aber Althaus gelingt es weiterhin nicht, die Sonne der medialen Aufmerksamkeit so über sich scheinen zu lassen, dass auch er endlich einen fetten Lehrauftrag an Land ziehen kann.

Keine richtige Alarmsirene

Althaus schwächelte auch deutlich; so fiel ihm Anfang Sommer dieses Jahres nur ein:

«Ich habe grosse Bedenken, wie sich die Epidemie in der Schweiz nun entwickeln wird.»

Das reicht nicht, Herr Forscher, das reicht wirklich nicht.

Nun hatte die NZZ ein Einsehen und gönnt ihm eine ganze Seite Interview. Aber auch diese Möglichkeit zur Selbstpromotion versenkt er kläglich. «Ungeimpfte dürfen die Gesellschaft nicht in Geiselhaft nehmen», schon das Titel-Quote hat einen erhöhten Schnarchfaktor.

«Mögliche Überlastung des Gesundheitssystems, …, könnten vor Weihnachten in eine kritische Situation kommen, … Home-Office, … Impfpflicht nicht durchsetzbar, … dürfte, könnte, würde, hätte».

Das ist nur noch ein Schatten der alten Alarmsirene Althaus. Als er mit Getöse aus der Task Force to the Bundesrat austrat, freute man sich noch auf den Trompeter von Jericho, der uns allen wieder das Fürchten lehren und Impfmauern niedertrompeten würde. Aber nix.

Ach ja, der Burner, so ein Titelquote.

Jedoch: alleine am Donnerstag gibt es über 1000 Treffer für «Corona», das hält alle Newsmedien eindeutig weiterhin über Wasser.

Der ewige Corona-Blues, immer die gleichen Akkorde

Auch hier wandelt man auf den Spuren von Althaus. «Grabesstille im Bundeshaus», vergreift sich ein Tamedia-Kommentator im Ton. Eigentlich ein Fall für Büttner, wie hier die Würde von Friedhöfen geschändet wird. Auf jeden Fall sage der Bundesrat nix dazu, dass sich Corona «zum Kontinentalbrand» entwickelt habe. Ach ja, und was war es vorher? Ein mexikanisches Bier?

Üble Scherze werden mit allem getrieben.

Aber der Tagi kann auch vom Thema Corona-Impfung ablenken: «In Zürich kann man sich künftig gratis auf Syphilis testen lassen». Wunderbar, aber nicht auf Corona. Dabei hat doch tatsächlich der Club «Supermarket»* während einer Stunde keine Zertifikatskontrolle beim Partyvolk durchgeführt. Die sollten sich nun alle auf Syphilis testen lassen.

In Siegerlaune ist hingegen der «Blick», das einzige Boulevardblatt mit eigenem Regenrohr im Titel: «Gegner des Covid-Gesetzes brauchen ein Wunder». Hoffentlich stützt sich das Organ der tiefen Denke und Analyse dabei nicht auf getürkte Meinungsumfragen.

Weitere erschütternde News

Nau.ch will 2 G und Maskenpflicht: «Immer mehr Experten fordern Corona-Verschärfungen». Sonst könnte es auch Schweizern wie dem hier gehen: «Österreicher infiziert sich absichtlich mit Corona – tot!». Nun, wir wollen da nicht in alte Animositäten einsteigen, aber eben, die Österreicher … Die sind nicht alleine; nau.ch weiss auch: «Impfgegnerin: Amerikanerin stirbt nach Wurmkur gegen Corona».

Wollen wir noch einen? Ach ja, es ist immer gut, eine solche Sammlung mit einem herzlichen Lachen zu beschliessen. Richtig, wir wären bei «watson». Hier wird noch tiefer als beim «Blick» gegründelt und Zusammenhänge aus tiefster Vergangenheit werden ans Tageslicht befördert. Das auch noch in einem fast «Republik»-würdigen Artikel. Also von der Länge her, womit wir uns diesmal einen Ausflug ins Zentralorgan für Menschen mit Einschlafproblemen ersparen können.

Dort hätte man die Schuld wohl der SVP und Christoph Blocher in die Schuhe geschoben, aber da ist «watson» geschichtsbewusster. Dennis Frasch gibt die Antwort auf eine wichtige Frage: «Darum haben deutschsprachige Länder ein Problem mit der Covid-Impfung»

Denn die Schweiz, Deutschland und Österreich hätten im Vergleich zu Westeuropa «sehr tiefe Impfquoten». Im Vergleich zu Osteuropa liegen sie aber locker im oberen Mittelfeld, doch das passt hier nicht. Also, warum denn das? Überraschende Antwort:

«Das hat unter anderem mit dem Nationalsozialismus zu tun

Echt jetzt? Weil damals Juden «gecancelt» wurden, wie Plump-Kolumnistin Simone Meier schrieb? Nein, aber weil die den Begriff der «Volksgesundheit» kontaminierten. Das ist nun, muss man zugeben, eine originelle «Analyse». Darauf wäre nicht mal Philipp Löpfe gekommen, und der kommt sonst doch auf ziemlich alles, was schräg und beknackt ist.

Immerhin, für einmal nicht «das erinnert ans Dritte Reich», sondern: «das kommt vom Dritten Reich». Selten so gelacht.

 

 *  Nach Korrekturhinweis …

Rudern mit Wissenschaftlern an Bord

Totkranke sind diesen Monat schon dreimal vor vollen Intensivstationen gestorben. Nicht mitgekriegt?

Eigentlich hätte es Anfang November so sein sollen. Oder am 4 November. Oder am 13. November. Oder am 14. Oder dann halt nächste Woche.

Das sind nur schon die Alarmrufe der hochwissenschaftlichen Task Force für November. Sie versammelt die bedeutendsten Schweizer Forscher. Sie wurde extra für Corona ins Leben gerufen, um den Bundesrat mit allen nötigen Fachkenntnissen ausgestattet zu beraten.

Denn wie soll denn der Berufspolitiker und Gesundheitsminister Alain Berset sonst etwas Sinnvolles zu einer Pandemie sagen? Sinnvolle Massnahmen umsetzen? Geht doch nicht.

Bis an die Zähne mit Wissenschaft bewaffnet

Es gibt zwar schon ein ganzes Gitterwerk von Stäben, in den Kantonen, in den Departementen, für Pandemien und andere Katastrophen. Aber das war wohl gleichzeitig das Problem. Viele Stäbe, kein Durchblick. Also ein neuer Stab, und weil das Wort Stab schon irgendwie verbraucht war, nun also Eingreiftruppe. Lauter Navy-Seals, Special Forces, durchtrainiert und bis an die Zähne mit Wissen bewaffnet.

Da auch diese Eingreiftruppen normalerweise im Geheimen operieren, allenfalls erst nach erfolgreicher Mission sich öffentlich brüsten dürfen, beschloss der Bundesrat in weiser Voraussicht, dass sich alle Mitglieder der Task Force nur nach Rücksprache mit dem BAG öffentlich äussern sollen. Und im Wesentlichen über den Präsidenten, Prof. Markus Ackermann.

Beschliessen darf man ja, aber Task-Force-Mitglied Christian Althaus hat sicherlich nicht vor jedem seiner über 2000 Tweets dieses Jahr um Erlaubnis gefragt. Das BAG hätte es vielleicht nicht so gut gefunden, dass er ständig mit Kassandra-Rufen, Noten für die Regierenden und massiver Kritik an ihnen auffällt.

Allen steigt ihre Position zu Kopf

Auch Prof. Ackermann scheint seine Position zu Kopf gestiegen zu sein. Anstatt zu koordinieren und zu beraten, nimmt der huldvoll in der «Tagesschau» Stellung zu Beschlüssen des Bundesrats. Lobt und tadelt, leicht genervt, dass diese ungezogenen Politiker nie richtig auf ihn hören.

Bundesrat Berset sah sich schon zu der überfälligen Klarstellung veranlasst, dass er durchaus Wert auf die Meinung von Wissenschaftlern lege. Aber regieren, das täten immer noch der Bundesrat und die Kantonsregierungen. Die tragen auch die Verantwortung, im Gegensatz zur Task Force.

Vorauseilender Gehorsam in der Hoffnung auf Belohnung

Die meisten Medien in der Schweiz, also vor allem Tamedia und CH Media, überboten sich lange Zeit in Bravorufen für das Wirken der Task Force, überboten sich mit noch strengeren Forderungen nach Isolation, Lokdown, erneute Zusperrung von Gesellschaft und Wirtschaft.

In der wohl vergeblichen Hoffnung, dass das die Entscheider im Parlament milder stimme, wenn es darum geht, auch der verlumpenden Vierten Gewalt finanziell unter die Arme zu greifen.

Aber das funktioniert alles nicht. Die Medienkonzerne legen zusammen, schrumpfen ein und schmeissen raus. Die Task Force stösst in regelmässigen Abständen schrille Warnrufe aus und fordert drakonische Massnahmen. Sonst sind wir dann mal alle tot.

Spitäler voll, dringender neuer Lockdown

Offenbar etwas erschöpft von den ständigen falschen Warnungen, dass das Gesundheitssystem demnächst an seine Grenzen komme, schwenkte Prof. Ackermann auf sein zweites Lieblingsthema um. Lockdown, sofort. Nehmt Euch ein Beispiel an Österreich. Dieser Kunz hat wenigstens Eier in der Hose.

Gut, das sagte Prof. Ackermann natürlich nicht. Dafür forderte er am Samstag, dass man wieder Bars, Restaurants, aber auch Museen schliessen solle, Konzerte seien ebenfalls zu streichen. Sonst käme die Zahl der neuen Fälle niemals schnell genug wieder runter. Und was dann passiert, das weiss man ja …

Aber neben ständigem Aufheulen der Alarmsirene und anschliessendes Abschalten kann die Task Force noch mehr. Sie fängt an, sich gegenseitig zu kritisieren. Denn kaum hatte Ackermann diese Forderung nach Schliessung vom hohen Katheder verkündet, meldeten sich offenbar einige Task-Force-Mitglieder bei der SoZ, um mitzuteilen, dass das so im Fall intern nicht besprochen worden sei.

Interner Krach und eine genialische Formulierung

Echt wahr, der Präsident ändert eigenmächtig den Text? Aber nein, der Präsident weiss, wie man elegant zurückrudert. Das seien ja nur Forderungen unter der Voraussetzung gewesen, dass die Zahl der Neuinfizierten ungebrochen steigt. Falls das nicht der Fall sei, dann könne man darauf selbstverständlich auch verzichten.

Wenn das so eine schaumgummiartige Forderung gewesen sein soll, wieso hat er sie dann überhaupt aufgestellt? Vielleicht noch wichtiger: Wieso kündigt die Task Force ständig die demnächst eintreffende Überfüllung der Spitäler an?

Darauf hat Ackermann eine Antwort, mit der er sich für mich den Professorentitel definitiv verdient hat: diese Prognosen würden ja nur dazu dienen, dafür zu sorgen, dass sie nicht eintreffen.

Prognosen machen, damit sie nicht eintreffen

Also, ich warne Mal für Mal vor einem unmittelbar bevorstehenden Lawinenabgang. Der Mal für Mal nicht stattfindet. Werde ich dafür kritisiert, zeige ich völliges Unverständnis und fetze arrogant zurück: Was soll das, ich prognostiziere das doch nur, damit es nicht stattfindet, kann doch nicht zu schwer zum Kapieren sein. Oder braucht man da wirklich einen Professorentitel?

Richtigstellung von höchster Warte

Wissenschaftler regieren nicht die Schweiz. Das musste mal wieder gesagt werden.

Wenn Wissenschaftler populär werden wollen und Journalisten ihnen gerne eine Plattform geben – umso knalliger, desto besser –, dann entsteht eine ungeniessbare Mischung.

Wissenschaftler wie Christian Althaus wollen sich ihre 15 Minuten Ruhm erkämpfen, indem sie Zensuren erteilen, Forderungen aufstellen, Warnungen, falsche Prognosen und weitere Dummheiten auf Twitter veröffentlichen. Sicherlich der geeignete Kanal, um wissenschaftliche Erkenntnisse unters Volk zu bringen.

Das tut Althaus ungefragt und gegen die klare Anweisung des Bundesrats, dass sich Mitglieder der Covid-Task-Force nicht direkt an die Medien wenden und an die Öffentlichkeit nur nach Rücksprache mit dem BAG gelangen sollen.

Althaus entscheidet, mit wem er spricht

Darauf pfeift Althaus, der sich unbekümmert von seiner krachenden Fehlprognose im März, dass es bis zu 30’000 Tote in der Schweiz geben könnte, weiterhin für einen ganz wichtigen Ratgeber hält.

Ausser, er wird von der «Weltwoche» angefragt. Eigentlich könnte man von einem staatlich angestellten Immunologen an der Uni Bern erwarten, dass er etwas für sein Geld tut und für Antworten bereitsteht.

Aber doch nicht Althaus; der erwidert auf seiner offiziellen Uni-Mailadresse:

«Eher würde ich mich mit SARS-CoV2 infizieren, als zu Ihrem publizistischen Inhalt beizutragen.»

Das ist ungehörig, unanständig, geradezu pubertär und eines Wissenschaftlers unwürdig. Offensichtlich ist ihm diese Infektion erspart geblieben, aber die Diagnose liegt nahe: stattdessen hat’s ihm ins Hirn geregnet.

Die Bodentruppen rüpeln, der Chef gibt sein Placet

Während sozusagen die wissenschaftlichen Bodentruppen keilen, rüpeln und sich furchtbar wichtig nehmen, setzt der Leiter der Covid-Einsatzgruppe, die den Bundesrat beraten soll, gleich noch einen drauf. Mit der Attitüde des Königs der Schweiz beliebt es  Martin Ackermann, huldvoll in der «Tagesschau» zu salbadern: «Wir begrüssen die Entscheidungen des Bundesrats.» Brav gemacht, kopftätschel, aber: «Wir gehen davon aus, dass einzelne Kantone zusätzliche Massnahmen treffen müssen.»

Daraufhin lupfte es endlich dem Gesundheitsminister Alain Berset den Hut, und er stellte in der NZZ klar:

«Die Wissenschaftler sind sehr wichtig für uns, aber sie regieren nicht die Schweiz.» Da das der eine oder andere hyperventilierende Wissenschaftler vergessen zu haben scheint, unterstreicht Berset: «Die politischen Entscheide werden von anderen gefällt, vom Bundesrat und den Kantonsregierungen.»

Abgesehen davon, dass es beunruhigend ist, dass ein Bundesrat darauf hinweisen muss: Entscheiden tun tatsächlich die, die dafür gewählt wurden. Die Verantwortung tragen für ihre Entscheidungen. Der Unterschied zu aufgeregten Wissenschaftlern und Zensuren und Forderungen verstreuenden Journalisten ist auch, dass die Regierenden versuchen, in einer Abwägung aller Interessen, selbstverständlich auch der Wirtschaft, ihre Entscheidungen zu treffen.

Keine Verantwortung für dummes Gequatsche

Der wichtigste Unterschied ist aber, dass weder Althaus noch Ackermann, ebenso kein einziger Journalist Verantwortung für sein dummes Gequatsche übernehmen muss. Liegt er krachend daneben, erzählt er Unsinn, wird er widerlegt, nun ja, ein Schulterzucken, und weiter in der Forschung, weiter im Kommentarschreiben.

Das heisst natürlich nicht, dass Entscheidungen des Bundesrats oder der Kantonalregierungen nicht kritisiert werden dürften. Aber staatlich angestellte Wissenschaftler und Berater müssen keinesfalls öffentlich ihren Senf zu Regierungsentscheidungen geben.

Auch Professorenstellen sind nicht auf Lebenszeit

Vielleicht hilft der Hinweis, dass letztlich mit Steuergeldern bezahlte Professuren oder furchtbar wichtige Funktionen in Beratergremien keine Arbeitsplatzgarantie bis zur Pension beinhalten. Verhält sich ein solcher Angestellter daneben, wird er frech, wird er überheblich, hält er seinen Ratschlag für allem anderen übergeordnet, dann ist es vielleicht Zeit, ihm dafür in der freien Wildbahn Gelegenheit zu geben.

Denn wenn sein Ratschlag so unermesslich wichtig und teuer ist, findet er doch sicher ein Plätzchen, wo man das zu schätzen weiss und auch anständig bezahlt. Ich persönlich bezweifle das zwar, aber wünsche dennoch viel Glück.

«Situation wie eine Woche vor dem Lockdown»

Redaktionen sollten filtern und einordnen. Aber womit?

Eine der wichtigsten Aufgaben jeder Redaktion, ja eigentlich ihre Existenzberechtigung besteht darin, Geschehnisse, Berichte, Standpunkte zunächst einmal auf die Folterbank der Analyse zu legen.

Stimmt diese News überhaupt, wer hat sie bestätigt, was ist die Quelle? Könnte es sein, dass der Verbreiter dieser News von Eigeninteressen gelenkt ist? Kann man eine Studie der Erdölindustrie einfach übernehmen, die zum überraschenden Ergebnis kommt, dass Ölheizungen sehr umweltfreundlich sind?

Die entscheidende Aufgabe einer Redaktion ist also, um dem Konsumenten schmackhaft zu machen, dass der bitte schön Geld für eine Leistung ausgeben sollte, die kunterbunte, komplizierte und nicht unbedingt durchschaubare Welt verständlicher zu machen.

Der Fachmann für alles ist von allem überfordert

Einordnen, gewichten, analysieren, Zusammenhänge herstellen, filtern. So sollte es sein, so ist es längst nicht mehr. Mangels Ressourcen. Mangels Kompetenz. Mangels Fachkenntnissen.

Die heutigen Journalisten sind keineswegs blöder als ihre Vorgänger in besseren Zeiten. Aber wer pro Tag mindestens zwei bis drei Online-Meldungen und dann schon auch noch ein Stück für die Printausgabe raushauen muss, hat schlichtweg keine Möglichkeit, sich einer Meldung vertieft anzunehmen.

Insbesondere, wenn ein vorgefertigter Text der letzten Schweizer Nachrichtenagentur, Keystone SDA, reinflattert. Insbesondere, wenn darin ein Experte, eine Koryphäe zitiert wird. Und da die meisten Zeitungen mit ihren Zentralredaktionen die gleichen Probleme haben, irrlichtert dann der gleiche SDA-Artikel höchstens mit einem leicht abweichenden Titel versehen, durch alle Medien.

Hat die Schweiz schon wieder die Kontrolle verloren?

Die Wahrheit ist konkret, also nehmen wir die Berichterstattung über den «Epidemiologen Althaus». Offenbar ein Fachmann, und wenn der behauptet, die Schweiz habe «die Kontrolle» über die Panedemie verloren, wenn der «auf rasche Massnahmen» drängt, dann ist aber ordentlich Feuer im Dach.

Die «SonntagsZeitung» (Artikel hinter Bezahlschranke) gibt ihm in einem Interview eine grosse Plattform, um unwidersprochen seine Unkenrufe auszustossen. Es gehe mal wieder um jeden Tag, es müsse gehandelt werden, dringlich, es sei unverständlich, dass die Verantwortlichen das nicht einsähen, warnt Christan Althaus.

Wenn das ein Mitglied der Task Force des Bundesrats sagt, dann sollten wir alle wohl vorsorglich schon mal unser Testament machen, nicht wahr? Nein, das wäre verfrüht.

Das knackige Titel-Quote ist die halbe Miete

Der Journalist ist heutzutage stolz auf sich, wenn er ein knackiges Quote aus einem Wissenschaftler herausgequetscht hat. «Situation wie im Frühjahr eine Woche vor Lockdown», ist das knackig oder was? Das sieht auch SDA so und macht flugs eine Meldung draus, die flugs durch den herbstlich schütteren Blätterwald rauscht.

Wieso sollen auch die beiden Interviewer, der Recherchier-King Oliver Zihlmann und der Bern-Korrespondent Denis von Burg, Erinnerungen an den damaligen Lockdown haben. Ist doch längst Geschichte, vergessen, Schwamm drüber.

Und weil sie keine Ahnung haben, erinnern sie sich nicht daran, dass damals der gleiche Christian Althaus die Öffentlichkeit damit erschreckte, dass es bis zu 100’000 Tote geben könnte, es müsse dringlich gehandelt werden.

Der gleiche Wissenschaftler lag schonmal knackig daneben

Seine damalige «wissenschaftliche» Prognose stützte sich auf Erkenntnisse des Imperial College zu London. Genauer des damals dort tätigen Wissenschaftler Neil Ferguson. Der ging von «bestenfalls» 250’000 Toten in England, 100’000 Toten in Schweden aus. Und Schweden ist bekanntlich mit der Schweiz vergleichbar.

Ferguson seinerseits hatte schon 2002 mehr als 50’000 Tote in England wegen des damals grassierenden Rinderwahnsinns vorausgesagt. Es waren dann weniger als 200. Ferguson wurde schliesslich als Berater der britischen Regierung gefeuert. In seinem Prognosemodell, das «dazu beitrug, Grossbritannien und andere Länder zu drakonischen Lockdowns zu bewegen», entdeckten Fachleute später eine Schwachstelle, die «als der verheerendste Softwarefehler aller Zeiten in die Geschichte eingehen könnte, was die wirtschaftlichen Kosten und die Zahl der verlorenen Leben betrifft».

Ein Fall für «Mister Corona» Daniel Koch

Es erübrigt sich wohl, darauf hinzuweisen, dass in der Schweiz bislang etwas mehr als 1800 Tote wegen Corona zu beklagen sind. Und ein dermassen irrlichternder Wissenschaftler, der sich auf einen anderen irrlichternden Wissenschaftler abstützte, wobei beide zu Prognosen kamen, die dramatisch von der Realität abwichen, hofft nun auf die Vergesslichkeit der Journaille, und spielt sich wieder als der grosse Warner auf.

Das ist ihm unbenommen, Aufmerksamkeit zu erzielen ist ja erlaubt. Aber vielleicht hätten die beiden Tamedia-Koryphäen vor dem Interview sich von «Mr. Corona», Daniel Koch, etwas briefen lassen sollen. Der nimmt zwar stolze 350 Franken für die Beratungsstunde, aber dann hätten die beiden vielleicht wenigstens eine einzige intelligente oder kritische Frage stellen können.