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Kunst kommt von Können

Also wird’s etwas schwierig für Tamedia.

Redaktor Christoph Heim dekretiert: «Sammlung Bührle»: Was darf bleiben, was muss weg?» Der Mann hat schon seit der Eröffnung des Neubaus diese Attraktion Zürichs mit Häme und Geschimpfe verfolgt. Duftmarke: «Mit der Sammlung Bührle wird das Museum zum Schaufenster privater Sammler. Das ist ein Rückschritt in feudalistische Zeiten.»

Auch zur Nachfolge an der Spitze der Kunsthausgesellschaft hatte Heim eine klare Meinung: «So geht das nicht.» Jetzt übertrifft er sich aber selbst. Er hat nochmals den Provenienzbericht der Bührle-Stiftung «vom Dezember 2021 auf Hinweise durchsucht, welche Bilder auf der Kippe stehen und – vorbehaltlich genauerer Untersuchungen – wahrscheinlich zurückgegeben werden müssen».

Das tut er im Vorgriff auf die Überprüfung dieser Ergebnisse durch den Historiker Raphael Gross, deren Ergebnisse erst in einem Jahr zu erwarten sind. Zunächst macht sich Heim mal wieder lächerlich. Im Pluralis Majestatis schreibt er: «Wir haben exklusiv» diesen Bericht «durchsucht». Was soll an der Lektüre eines seit Jahren öffentlich einsehbaren Berichts «exklusiv» sein?

Oder würde Heim auch schreiben, wenn er einen Blick auf den SBB-Fahrplan geworfen hat, er habe den «exklusiv durchsucht»? Und vielleicht eine bisher unbekannte Verbindung gefunden? Wir wischen uns mal wieder die Lachtränen ab.

Wer übrigens auch ganz exklusiv diesen Bericht durchsuchen will: bitte sehr.

Das Ergebnis dieser Untersuchung war übrigens – wie ZACKBUM hier exklusiv enthüllt – folgendes:

«Nach Auffassung der Sammlung Emil Bührle können heute von den 203 Werken im Bestand 113 Werke der Kategorie A (lückenlos erforschte, unproblematische Provenienz) zugordnet werden. 90 können der Kategorie B (nicht lückenlos erforschte Provenienz, aber ohne Hinweis auf problematische Zusammenhänge) zugeordnet werden.
Werke der Kategorie C (nicht lückenlos erforschte Provenienz und Hinweis auf möglicherweise problematische Zusammenhänge) sind nach heutigem Kenntnisstand keine im Bestand, Werke der Kategorie D (eindeutig problematisch) gibt es seit 1948 keine mehr in der Sammlung Emil Bührle.»

Der Bericht hält zudem fest:

«Heute kann festgestellt werden, dass die als Dauerleihgabe im Kunsthaus Zürich gezeigte Sammlung Emil Bührle keine Fälle von ungeregelter Raubkunst enthält. Nach derzeitigem Wissen fallen fünf Werke im Bestand unter die Kategorie sogenannter Fluchtkunst, also Werke, die nach 1933 von ihren NS-verfolgten Eigentümern in die Schweiz transferiert und hier dem Kunsthandel übergeben wurden. Die Stiftung hat deren Erwerbsgeschichte detailliert analysiert und kann davon ausgehen, dass diese Werke unter Wahrung der Interessen ihrer früheren Eigentümer über den Schweizer Kunsthandel in den Besitz von Emil Bührle gelangt sind.»

Das lässt nun an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig. Aber nicht für den Exklusiv-Forscher Heim. Er stapelt nochmals schon längst bekannten und abgetischten Unsinn aufeinander. Nehmen wir dafür sein erstes Beispiel. Gustave Courbet: «Portrait du sculptuteur Louis-Joseph Leboeuf». Heim zeichnete dessen Handänderungen nach und behauptet dann faktenfrei: «Wenn die Ullstein-Erbin aus Not verkauft haben sollte, dann gehört dieses Porträt zu den ersten Bildern, für die von der Bührle-Stiftung aktiv nach Erbberechtigten gesucht werden müsste.»

Im von Heim «exklusiv» durchforschten Bericht heisst es zu diesem Bild, es falle unter die Kategorie «A 5». Das bedeutet: Kategorie A steht für «lückenlos geklärt, unproblematisch», und Kriterium 5 bedeutet, dass das Werkt «als «Fluchtgut» nach der im Belgier-Bericht gegebenen Definition in die Schweiz gebracht und hier nachweislich unter Wahrung der Interessen ihrer Eigentümer verkauft wurde».

Nun kann man natürlich an der jahrelangen und unter Beizug international anerkannter Koryphäen erstellten Provenienz-Forschung der Bührle-Stiftung herummäkeln. Man kann sie als Gefälligkeitsgutachten, als überholt, als neueren Erkenntnissen oder Definitionen nicht mehr entsprechend kritisieren.

Aber auch das nächste von Heim als problematisch aufgeführte Werk, «Le Jardin de Monet à Giverny» wird laut der Bührle-Stiftung unter A 5 eingeordnet.

Völlig abstrus werden die Beispiele, an deren Verkauf der Kunsthändler Walter Feilchenfeldt beteiligt war. Dessen Sohn hat schon mehrfach öffentlich klargestellt, dass sein Vater Bührle ausgesprochen dankbar war, dass er ihn korrekt mit den Käufen von Kunstwerken unterstützte und dass sein Vater bis zu seinem seligen Ende nur in den höchsten und respektvollen Tönen über Bührle sprach, Wie man daraus eine Problematik nachträglich erfinden will, braucht schon eine gewisse Bösartigkeit.

Nachdem Heim diesen kalten Kaffee nochmals aufgewärmt und als exklusive Mischung angepriesen hat, kommt er zu absurden Schlussfolgerungen:

«Es ist also davon auszugehen, dass schon im Jahr 2024, wenn die Resultate der von Raphael Gross geleiteten Provenienzforschung der Bührle-Stiftung vorliegen, einige der hier besprochenen Werke aus der Ausstellung entfernt werden müssen.» Wieso sollte davon auszugehen sein? Weil Heim das behauptet?

Aber er geht noch einen Schritt weiter zur angeblichen Millionenfrage: Schliesslich stellt sich die alles dominierende Frage: Wer bezahlt die Millionenbeträge, wenn die Stiftung Bührle als Eigentümerin nicht einfach Bilder restituiert, sondern im Sinne einer fairen und gerechten Lösung mit den Erben einen Vergleich anstrebt, sodass die Bilder im Museum bleiben können

Wieso sollte die Bührle-Stiftung denn das tun, wenn es reine Spekulation ist, dass der rechtmässige Besitz an diesen Kunstwerken, die bereits unzählige Male auf ihre Provenienz untersucht wurden, angezweifelt werden sollte?

Zu diesem Thema hat sich auch schon die schreibende Schmachtlocke von der «Republik» unsterblich lächerlich gemacht. Daniel Binswanger kroch kritiklos einem Nachfahren eines einstmals wohlhabenden Exilanten in der Schweiz auf den Leim und blamierte sich ungeheuerlich.

Heim schreibt einfach ein weiteres Kapitel im unendlichen Fortsetzungsroman: Bührle, Waffenhändler, Raubkunst, Schweinerei. Diese Mischung ist natürlich auf den ersten Blick verführerisch. Ein Waffenhändler wird mit Geschäften mit Nazi-Deutschland reich und kauft damit verfolgten Juden auf der Flucht für Butterbrote ihre Kunstwerke ab.

Das passt schön ins Bilderbuch der Demagogie. Aber leider, leider: die Realität gibt’s nicht her.

Also erhebt sich doch bei Redaktor Heim die Frage: Darf er bleiben – oder muss er weg?

Dichtung und Wahrheit, Teil 3

Wie stellt man Gerechtigkeit her, nach so vielen Jahren und so viel Unrecht?

Hier geht’s zu Teil eins und zu Teil zwei.

Wer kann das viele, viele Jahre später noch unterscheiden? «Auch Leben ist eine Kunst», war der Sinnspruch von Max Emden. Das Nachleben der von ihm erworbenen Kunstwerke ist dagegen ein Trauerspiel.

Soll es darum gehen, ein Unrecht wieder gutzumachen? Ist es statthaft, was damals Recht war, heute als Unrecht zu denunzieren? Das trifft sicherlich auf die Raubzüge der Nazis gegen jüdische Besitztümer in ihrem Einflussbereich zu. Trifft das auch auf die Schweiz zu?

Spielt es in diesem Fall eine Rolle, welche Politik die Schweiz gegenüber Juden im Allgemeinen verfolgte? Spielt es eine Rolle, wie der Käufer zu seinem Vermögen kam?

Gerechtigkeit, wenn es so etwas überhaupt gibt, wird nicht durch Rechthaberei hergestellt. Einem Dialog ist es sicher nicht zuträglich, wenn der älteste Sohn des Verkäufers öffentlich behauptet, man habe ihm damals von Seiten der Stiftung «ins Gesicht gelacht». Einem Dialog ist es auch nicht zuträglich, wenn der Präsident der Stiftung formaljuristisch wird und festhält, dass alle Ansprüche sowieso längst verjährt seien.

Handelt es sich hier um einen Streit, bei dem damaliges Unrecht ziemlich genau 80 Jahre später geheilt werden soll? Schaffen da Kampfbegriffe wie «unter Ausnützung einer Notlage von Juden abgepresste Kunstwerke, bezahlt durch Einkünfte aus Waffenlieferungen an die Nazis», Gerechtigkeit?

Wieso bricht dieser Konflikt erst jetzt wieder aus? Die Herkunft der Werke in der Bührle-Sammlung war schon längst vor der Eröffnung der Ausstellung im Kunsthaus Zürich bekannt. Untersucht, umstritten, wieder untersucht, immer noch umstritten. Wobei die Stiftung bestreitet, dass etwas umstritten sei. Seit 2010 ist öffentlich auf der Webseite der Stiftung ein Bericht über die Lebensumstände von Juan Enrique oder Hans Erich Emden sowie über den Bildverkauf einsehbar – und niemals bestritten.

Muss nun 20 Jahre nach seinem Tod, 80 Jahre nach dem Tod von Max Emden, Unrecht geheilt werden? Verblasst der Streit um diesen Monet vor dem Riesenunrecht, das Emdens in Deutschland angetan wurde, ohne nennenswerte Sühne bis heute?

Kann die Stiftung als Wahrheit verkünden, dass es keinen einzigen Fall von problematischer Provenienz eines Kunstwerks in ihrem Besitz gebe? Dass alle allfälligen Restitutionsforderungen zu Recht zurückgewiesen worden seien – oder in Form von Vergleichen erledigt wurden?

Will hier ein Erbe am gewaltigen Wertzuwachs eines Gemäldes profitieren, dessen heutiger Schätzpreis von über 25 Millionen Franken überhaupt nichts mit den damaligen Preisen zu tun hat?

Wie unterscheidet man zwischen Dichtung und Wahrheit?

Ist es Dichtung oder Wahrheit, dass diese Wertsteigerung nicht zuletzt durch öffentliches Ausstellen entstand? Weiss man, was mit dem Gemälde geschehen würde, sollte es tatsächlich in den Besitz der Erben übergehen?

Dichtung oder Wahrheit, einem solchen Gespinst, solchen Verwicklungen, die tief in dunkle Kapitel der europäischen Geschichte zurückreichen, denen kann man nur – wenn man an Wahrheit interessiert ist – mit feinem Besteck beikommen, mit dem archäologischen Pinsel viel eher als mit dem Zweihänder oder dem Vorschlaghammer.

Das perfekte Feindbild.

Wie absurd die Debatte geworden ist, beweist eine kleine Auslegeordnung. Status quo ist, dass diese Werke als Leihgabe im Kunsthaus Zürich hängen. Ihre Herkunft und die Biographie des Sammlers ist in einem eigenen Raum dokumentiert. Was für Alternativen dazu gibt es?

  1. Der Leihgeber zieht die Sammlung wieder zurück.
  2. Einzelne Werke werden der Öffentlichkeit entzogen, bis ihre Provenienz nochmals abgeklärt wurde.
  3. Die Sammlung wird verstaatlicht.
  4. Einzelne Werke werden an die Erben der Verkäufer zurückgegeben
  • nur an die, die das fordern
  • aus Gleichbehandlungsgründen an alle
  1. Es wird auch für diese Sammlung der Begriff «NS-bedingter Kulturverlust» angewendet oder das Prinzip der «freiwilligen» Rückgabe, das vom Kunstmuseum Bern in Bezug auf die Gurlitt-Sammlung angewendet wird.
  2. Es werden weitere Kommissionen einberufen, die mit Steuergeldern finanziert nochmals versuchen, die Provenienz aller Kunstwerke zu überprüfen.

Es gäbe noch weitere Spielarten, aber allen ist gemeinsam: die gesamte Sammlung, oder zumindest Teile davon, würden der Öffentlichkeit entzogen werden.

Alle verlieren, auch die Wahrheit

So kann es nur Verlierer geben. Die Wahrheit gehört dazu. Einzig profitieren tun alle, die sich hier ihr eigenes Süppchen kochen wollen, ihre politischen Urteile und Vorurteile ausleben, mit billigen Propagandabegriffen die Lufthoheit über dem Stammtisch der öffentlichen Meinung erobern wollen.

Also letztlich nicht nach Wahrheit oder gar Gerechtigkeit suchen, sondern nur nach öffentlicher Aufmerksamkeit. Durch einseitige Skandalisierung oder gar durch absurde Forderungen nach Rückkauf eigener Werke, weil die nicht in der Nähe dieser Sammlung hängen dürften.

In der Woke-Gesellschaft das übliche Vorgehen. Mangels eigenem Leiden vergreift man sich an fremdem, längst vergangenem. Um dann bühnenreif und mit geradezu schillerschem Überschwang («nimm das, Schurke») eine jämmerliche Performance abzuliefern.

Das gilt bedauerlicherweise für eigentlich alle Beteiligten an diesem künstlichen Trauerspiel. Die Stiftung als Rechtsnachfolgerin des Käufers hätte genügend Zeit gehabt, sich auf die absehbare Welle an Kritik vorzubereiten. Das hat sie unterlassen, blieb zunächst sprachlos, um dann mit einer dilettantischen Pressekonferenz mehr Öl ins Feuer zu giessen.

Das Kunsthaus als Gastgeber für die Ausstellung verwickelte sich ebenfalls unnötigerweise in Widersprüche und Fragwürdigkeiten, liess es an aller Sensibilität gegenüber einem solch aufgeladenen Thema missen.

Die Zürcher Regierung bedient jedes Vorurteil, dass man gegenüber opportunistischen Politikern nur haben kann. Die Stadtpräsidentin jubelte noch bei der Eröffnung des extra für diese Sammlung errichteten Erweiterungsbaus und badete in der hellen Sonne dieses neuen kulturellen Highlights, das Zürich als Museumsplatz in die Oberliga weltweit befördert.

Als erste Kritiken laut wurden, reagierte sie abwiegelnd, dann mit dem üblichen Rückzug, dass hier nochmals untersucht und abgeklärt werden müsse. Inzwischen, nachdem der Wind etwas stärker bläst, sieht sie auch plötzlich Probleme und Schwierigkeiten bezüglich einer weiteren Ausstellung der Werke.

Nach der missglückten Pressekonferenz sägt sie nun kräftig am Stuhl des eigentlich erst per Ende 2022 abtretenden Kunsthaus-Direktors und würde es begrüssen, wenn dieses «Dossier» so schnell wie möglich an seine Nachfolgerin übergehen würde.

Wieso nicht gleich wieder rauben?

Die Süppchenkocher auf längst Vergangenem, aber noch nicht Erledigtem, fordern mehr oder minder unverblümt Einblick in vertrauliche Vertragswerke und entweder die Rückgabe diverser Gemälde oder gleich die Verstaatlichung, getarnt als «Schenkung» an das Kunsthaus. Nachdem diese Verträge veröffentlicht wurden, brach grosse Enttäuschung aus: es gab nichts zu skandalisieren.

Eine Schenkung einfordern, das ist nassforsch. Würden sich solche Vergleiche nicht verbieten, kämen Analogien zum Vorgehen in dunklen Zeiten des letzten Jahrhunderts in den Sinn.

Sozusagen als materiell gewordener Ausdruck einer zunehmenden Hysterie fordert ein nicht mehr kandidierender Stadtrat sogar, dass man Kunsthaus eine Bührle-Kanone auf den Marmorboden mitten in Ausstellung stellen solle. Damit würde «die Finanzierung der Sammlung aus Kriegsgewinnen» gleich sichtbar.

Wie wäre es mit Brunnen mit rotgefärbtem Wasser in den Empfangshallen der Schweizer Banken, als Erinnerung an die Blutgelder, die hier aufbewahrt wurden oder werden? Fotos von Tieren in Schlachthöfen in Metzgereien. Darstellungen von Sweatshops der Dritten Welt in Kleiderläden. Nachbauten von engen Tunneln, in denen kleine Kinder nach seltenen Erden graben, in Handyläden.

Der schärfste Kritiker der Ausstellung der Sammlung, der in der «Republik» eine ganze Artikelserie darauf verbriet und dem Enkel des Kaufhauskönigs eine Plattform gab, seine Vorwürfe zu wiederholen, sprach sich zehn Jahre zuvor noch lebhaft für den Neubau und die grossartige Ausstellung aus. Daniel Binswanger ist ein Opportunist, Wendehals und Schwulstschwätzer erster Güte.

Soll die Sammlung der Öffentlichkeit entzogen werden?

Allen Beteiligten ist nicht klar, dass sie daran arbeiten, dass eine der bedeutendsten Sammlungen impressionistischer Kunst der Öffentlichkeit entzogen werden könnte. Allen Beteiligten ist nicht klar, dass sich – je nach weiterer Entwicklung – andere Privatsammler dreimal überlegen, ob sie ihre Kollektionen als Leihgaben an öffentliche Museen weiterreichen.

Ist es so, dass man sich beim Betrachten des blutroten Mohnfeldes von Monet an blutgebadete Schlachtfelder erinnern muss? Ist es so, dass man sich beim Betrachten des mit Wolken hingetupften Himmels an Kamine eines KZs erinnern muss? Haben die drei Frauen im Mohnfeld beim Blumenpflücken ihre Unschuld verloren, weil sie in den Besitz eines Waffenfabrikanten gerieten?

Muss man bei ihrem Anblick an das Lied «Sag mir, wo die Blumen sind?» denken? Muss man sich fragen, wie es sein kann, dass ein solches Gemälde einen Schätzwert von über 25 Millionen Franken hat?

Oder kann man das Gemälde so betrachten, wie es vom Maler wohl beabsichtigt wurde: als erhebender und erbaulicher Anblick einer künstlerisch hochstehenden Verarbeitung der Realität? Als Bereicherung, nicht für den Besitzer, sondern für den Betrachter.

Wäre das naiv, unstatthaft? Oder wäre das die Rückführung eines Kunstwerks auf seinen eigentlichen Sinn und Zweck? Erbauung, Erhöhung, Erweiterung, Einblick, Bewunderung der Kunstfertigkeit eines Malers?

Sollte der Betrachter Scham und Schuld empfinden müssen? Gar die Augen schliessen, den Anblick boykottieren? Oder sollten sich all die öffentlichen Kritiker schämen, die sich in Unkenntnis der Vergangenheit mit geraubtem Leiden schmücken, sich ohne jede Legitimation zu moralischen Scharfrichtern aufspielen?

Wer weiss die Antwort? Wer wohlfeile Antworten hat, sollte besser schweigen. Damit wäre allen und der Kunst gedient.

Der Abschreiber

Was macht Andreas Tobler, Kulturredaktor ohne Kultur?

Tamedia hungert ihr Kulturressort aus. Kostet bloss, bringt nichts, geht bald mal auch ohne. Die «Weltwoche» baut derweil ihren Kulturteil aus und holt sich dafür den ehemaligen Chefredaktor des ehemals angesehenen NZZ-Folios.

Das ist natürlich für Andreas Tobler keine Erwähnung wert. Aus zwei Gründen: er will’s nicht loben, das käme bei Tamedia sicher nicht gut. Er will’s auch nicht kritisieren, denn wer weiss, ob er auch die nächste Sparrunde überlebt – und eine neue Stelle bräuchte.

Allerdings, obwohl er die nötige Flexibilität mitbringt, die heutzutage ein Redaktor auf dem Schleudersitz Kultur braucht: völlige Rückgratlosigkeit findet niemand wirklich toll.

Ohne Rückgrat, aber mit Feigheit

Besonders, wenn sie mit Feigheit gepaart ist. Vor Kurzem haben wir hier mal kurz den roten Faden beschrieben, der sich durch das Werk von Tobler zieht. Er beisst zu, aber er ist ein Angstbeisser. Wird er zum Dialog eingeladen, kneift er.

Wird er vorgeführt, und es gibt leider kein Gegenargument, keift er. «Kann bitte mal jemand nachschauen, ob es dem Mann gut geht», jammert er seiner Filterblase auf Twitter vor. Verzweifelt versucht er, eine Diskussion in Gang zu bringen, aber auf mehr als fünf Tweets bringt er es nicht. Wobei zwei weitere von ihm selbst sind.

Das ist nun ziemlich erbärmlich. Lässt sich das noch steigern? Aber sicher; er bekommt die persönliche Vorlage, vielleicht doch argumentativ etwas abzuliefern. Aber, alte Gewohnheit bei ihm, er kneift.

Abschreiben geht über studieren

Was macht Tobler eigentlich sonst so, um zu begründen, dass sein Gehalt nicht schlichtweg rausgeschmissenes Geld ist? Nun, er schreibt ab. Denn abschreiben ist immer einfacher als selber recherchieren. So wie ankläffen und dann den Schwanz einziehen einfacher ist, als sich einer Debatte zu stellen.

Also schreibt er die WOZ ab. Es geht um die Sammlung Bührle, die im Neubau des Kunsthauses Zürich zu sehen sein wird. Ein Thema mit Sprengkraft, denn Emil Bührle war bekanntlich Waffenhändler und verkaufte seine Produkte natürlich auch an Nazi-Deutschland.

Das ist nun alles seit Jahrzehnten bekannt und durchgeackert. Aber der Zürcher Stadtrat wollte mal wieder ein Zeichen setzen und bewilligte 180’000 Franken dafür, dass die Geschichte dieser Kunstsammlung nochmals aufgearbeitet werde.

Der Meister der Nacherzählung

Da hat die WOZ ein paar Eingriffe festgestellt, obwohl der Stadtrat versprochen hatte, dass es keine Einflussversuche geben werde. Die Veränderungen sind, mit Verlaub, nur mit viel Fantasie zu einem Skandal hochzuschreiben. Aber immerhin, Chapeau, die WOZ hat das recherchiert und alle Beteiligten um Stellungnahme gebeten.

Nun könnte Tobler einfach schreiben «lest die Story in der nächsten Ausgabe der WOZ». Das reicht aber nicht für 4700 Anschläge, also erzählt er die Story nach. Mehr Kunst kann man von einem Kunstredaktor ohne Kunst nicht erwarten.

Kann Tobler sonst noch etwas, ausser abschreiben, hinter vorgehaltener Hand keifen und jedem offenen Schlagabtausch aus dem Weg gehen? Oh ja. «Instagram löscht SVP-Video», verbellt er.

Hat er wenigstens hier selber eine Story ausgegraben? Leider nein, diesmal schreibt er «watson» ab. Und reichert seine Nacherzählung noch mit dem billigsten Zusatzstoff des modernen Magerjournalismus an: «Ein Experte gibt Antwort.» Worauf? Auf das Offensichtliche: Dass eine gesteuerte Denunzierkampagne Instagram dazu bewegte, das SVP-Video zu löschen. Das aber auf Facebook oder anderen Kanälen bei Instagram weiterhin zu sehen ist.

Also eigentlich eine Story, von der man früher, als es nicht um die Restenverwertung von jedem Furz ging, als zu Tode recherchiert abgehakt hätte. Heutzutage ist das aber dem Katzenvideo-Kanal «watson» eine Meldung wert. Und dem Tagi-Redaktor Tobler eine Abschrift.

Missglückte Retourkutsche

Wie versuchte er, eine Retourkutsche auf unsere Kritik zu landen? «Wenn er Texte schreibt, können wir wenigstens davon ausgehen, dass seine Vitalfunktionen intakt sind», holperte er auf Twitter. Leider können wir dieses Kompliment nicht zurückgeben. Aber vielleicht ist Tobler auch entschuldigt. Seit 2015 versucht er, an der Uni Bern zu promovieren. Als Dr. phil. I kann ich nur sagen: üben. Noch viel üben. Noch ganz viel üben.

Denn der Anspruch ist da: «Damit soll die geplante Dissertation einen Beitrag zur Ästhetik und Geschichte des Gegenwartstheaters leisten.» Wir können es wirklich kaum erwarten, welcher Plagiatsskandal sich da entwickeln wird.