Du kannst nicht …
«Blick» und Bibel: teuflische Mischung.
Das Blatt der Frömmigkeit und stillen Andacht hatte mal eine Idee. Das ist löblich. Einer der vielen Häuptlinge des Blatts mit Regenrohr im Logo kriegt sich vor Stolz darüber gar nicht ein:
«Der höchste Massstab des Christentums sind die zehn Gebote. Der Rest war Handwerk, geleitet vom einfachen, einprägsamen Sprachduktus der Bibel. So kam es, dass die zehn Gebote heute an den Kiosken präsenter sind als in manchen Kirchen.»
So salbadert Andreas Dietrich auf «persönlich.com». Und so sieht das Wunderwerk aus:
Nun ist das mit den 10 Geboten natürlich auch so eine Sache. Es gibt zum Beispiel verschiedene Versionen. Vom lutherischen kleinen Katechismus über den Katechismus der katholischen Kirche und der evangelischen. Die unterscheiden sich nicht grundlegend, aber doch in mehr als Nuancen.
Offenbar hat sich der «Blick» weitgehend an die katholischer Version gehalten, mit Ausflügen ins Lutherische. Aber gut, das ist ja okay, damit jedes Gebot auf einer Zeile Platz hat, denn es gibt ja auch weltliche Zwänge.
Nun ist es aber eher blöd, dass in den zehn Geboten keine Rede von sexuellem Missbrauch an Kindern ist. Also kann in diesem Sinn die Kirche schlecht «ihre eigenen Gebote verhöhnen». Das ist zwar eine starke Ansage, sie liegt aber höchstens im Streubereich der Wahrheit.
Das ändert natürlich nichts an diesem Skandal, der allerdings in Fortsetzungen die Geschichte der katholischen Kirchen seit Jahrzehnten begleitet.
Die Wurzel des Übels liegt bekanntlich in dem Zölibat, also der sexuellen Enthaltsamkeit und Ehelosigkeit von Gottesmännern. Auch das ist eine komplizierte Geschichte; einige Jahrhunderte lang durften Priester zum Beispiel nach der Weihe nicht mehr heiraten, vorher war aber okay. Oder es war die Wiederverheiratung untersagt.
Erst so um 1135 wurde dann dekretiert, dass Priester ehelos zu leben hätten. Das hatte den grossen Vorteil, dass Erbschaften an die Kirche als Geschenke für Gott angepriesen werden konnten, da ja Priester selbst nichts an Nachkommen vererben könnten.
In der Bibel gibt es dieses Gebot nicht, es wird aus der unklaren Formulierung «um des Himmelreichs willen» oder aus dem unverheirateten Leben von Christus abgeleitet. Wobei die Rolle von Maria Magdalena in seinem Leben eher unklar bleibt.
Dazu gibt es unzählige auslegungsfähige Bibelstellen im Neuen Testament. Also auch eine komplizierte Kiste.
Wie steht es nun aber mit sexuellen Beziehungen zu Minderjährigen? Da gibt es immerhin eine klare Aussage von Jesus: «Wer aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein um seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist.» (Matthäus 18,6).
Feinsinnige Kirchenmänner könnten nun natürlich einwenden, dass sich das nur auf getaufte Christenkinder beziehe. Ausserdem musste natürlich noch ausgelegt werden, was alles unter «zum Bösen verführt» zu verstehen ist, ausser der Abfall vom Glauben.
Also ist alles mal wieder ein wenig komplexer, als es der plötzlich fromme «Blick» darstellen kann. Der ja überhaupt ganz handzahm geworden ist:
Screenshot «Blick».
Ist es unchristlich, darauf hinzuweisen, dass wohl auch so mancher Gottesmann mit irdischem Vergnügen jeweils auf die Seite drei wartete? Wo er jahrelang so belohnt wurde:
Womit ZACKBUM natürlich keinerlei religiösen Gefühle verletzen möchte … Wie schrieb «Blick» zur Abschaffung launig: «Früher war ein BLICK ohne Seite-3-Girl undenkbar. Die Zeiten haben sich geändert: Heute sollen andere Themen die Leser scharfmachen.» Das, muss man leider sagen, gelingt eher schlaff …