Schlagwortarchiv für: Blick

Bli, blü, blöd

Der «Blick» arbeitet weiter am Leserunterhaltungsprogramm. Bravo.

Hier ist die Antwort auf die Frage, wie viele «Blick»-Journalisten es braucht, um eine Schlagzeile in den Sund, Pardon, Sand zu setzen:

Die Antwort ist: fünf reichen für eine Hölle.

Manche mögen das als Journalismus bezeichnen, ohne vor Lachen loszuprusten:

ZACKBUM nimmt zudem belustigt zur Kenntnis, dass es nun auch einen «Teamlead Wirtschaft-Desk» gibt. Wir verlangen ultimativ eine Gebrauchsanweisung für all die Titel der Häuptlinge beim «Blick». Und wir möchten wissen, wie viele Häuptlinge pro Indianer inzwischen chefen, leaden, offizieren und sonstwie wichtig tun.

So, und nun kann man aus Mitleid oder Mitgefühl lachen:

Einfach zur Klarheit: um das zu lesen, bekommt der «Plusser» nicht etwa Geld, sondern muss Geld zahlen.

Nun kommen wir zur Rubrik «wo die News von gestern heute gemacht werden»:

Liebe «Blick»-Officers, Heads, Chefs und Team-Leads: haltet Ihr es wirklich für eine gute Idee, eine News vom 5. März auch am 11. März noch zuoberst auf der Homepage unter «People» zu halten? Wo die «Vorbereitung für Montag» am Montagnachmittag eigentlich vorbei ist und auch bekannt, welche der nominierten Filme was gewonnen haben.

Oder ist das einfach ein kühner Versuch, den Leser zum Lachen zu bringen? Und wenn ja, wieso versteckt ihr ihn dann hinter der Bezahlschranke? Dass Ihr in der Lage seid, die Aktualität zur Kenntnis zu nehmen, zeigt Ihr doch verschämt und klein unten drunter:

Aber den Rekord in alt, angestaubt, aber immer noch brandaktuell zuoberst in der Rubrik hält dieser Artikel:

Er stammt sage und schreibe vom 26. 2., immerhin allerdings 2024. Er wurde um 14.54 Uhr aufgeschaltet und rasant um 14.55 Uhr «aktualisiert». Und seither ist an seiner Aktualität nichts mehr zu rütteln; er ist sozusagen zeitlos aktuell. Und wird den «Blick»-Leser vielleicht noch lange begleiten.

Und noch das Absackerchen zum Nachglucksen? Bitte sehr, ZACKBUM sagt nur: Nutzwert, Service, Lebenshilfe.

Klitzekleiner Wermutstropfen: Ob dieses Ei noch geniessbar ist? Schliesslich stammt es von der SI Style. Das ginge ja noch, aber der Ratgeber wurde am 11. Dezember 2023 verfasst …

 

 

Lachen ist gesund

Es ist Sonntag, Kontrastprogramm zu den traurigen Niederungen in den Medien.

Wir beginnen mit einer Meldung, die nun Alt und Jung verblüffen wird:

Dieses Geheimnis hat ihr NZZ-Schönschreiber Sacha Batthyany entlockt, der sonst gerne Interviews mit mediengeilen Nutten führt. Wer hätte das gedacht? ZACKBUM legt noch einen drauf: das Leben führt zum Sarg. Wer früher stirbt, ist länger tot. Fehlt nur noch die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Ach doch, ist ja bekannt: 42.

Dann gibt es Illustrationen und Titel, da prustet man schon los und ist froh, dass man den dahinter stehenden Quatsch nicht lesen muss:

The one and only «watson», und dabei ist’s nicht mal eine «Analyse» von Philipp Löpfe. Aber das hier ist eine:

Die Analyse-Wurst, der ist das wurst.

Trump zwar auch, aber woran erkennt man, dass eine Redaktion ihn nicht mag? Nein, nicht an den Ausführungen der Parallelwelt-Reporter. Sondern schon am Foto:

Wollen Sie von dieser Schnute geknutscht werden, fragt «20 Minuten» seine erschreckten Leser. Oder gilt das schon als visuelle sexuelle Belästigung?

Das St. Galler «Tagblatt» zeigt hingegen, dass Appenzellerinnen nicht nur Käse machen, sondern auch zum Fürchten sein können:

«Was guckst du?» auf Rhoderisch, oder: wotsch Lämpe?

Eine etwas eigene Auffassung zeigt der «Blick», was ein sinnvoller Beitrag zum Weltfrauentag sein könnte:

Karen Schärer, «Teamlead Gesellschaft» (den Titel kannte ZACKBUM noch nicht), weiss mehr. Sie verrät es aber nur an «Blick+»-Leserinnen, was ein wenig gemein ist. Denn möchten nicht wir alle die Antworten auf diese Fragen wissen? «Warum es problematisch sein kann, wenn Frauen sich angewöhnen, mit dem Vibrator zum Orgasmus zu kommen» oder «Welches Sextoy mit KI es für Männer gibt».

Nun ist ZACKBUM natürlich etwas abgelenkt und muss hier schliessen; ein Sextoy mit KI wartet …

 

 

Ab wann wird’s kriminell?

Auch der «Blick» warnt vor Putin.

Und wie:

Leider müssen ungefähr 99,9 Prozent aller «Blick»-Leser draussen bleiben, der Beitrag verbirgt sich hinter der Bezahlschranke. Das ist auch nicht ganz schlecht so, denn eigentlich sollte er an einer Qualitätsschranke scheitern. Aber worum geht es?

Trommelwirbel, düster dräuende Musik: «Was hat Moskau vor? Kommt es zu einer weiteren Invasion? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.»

Also doch, überfällt der irre Kremlherrscher nun doch noch die baltischen Staaten? Polen? Deutschland? Die Schweiz? Zunächst kann man da Entwarnung geben: «In Osteuropa ist die Alarmbereitschaft erhöht worden, nachdem in einem Land massive hybride Operationen verzeichnet worden sind. Hinter den Angriffen soll der Kreml stehen.»

Wer denn sonst; aber wer schlägt hier die Alarmglocke? «Es war Alexandru Musteata, der Direktor des Nachrichten- und Sicherheitsdienstes in der Moldau, der über hybride Operationen in einem «noch nie dagewesenen Ausmass» informierte.»

Na, der weltweit anerkannte Warner Musteata ergreift das Wort. Sekundiert wird er vom nicht minder weltberühmten Ulrich Schmid, angeblich Russland-Experte an der Uni St. Gallen, der erklärt: «Er meint den Oligarchen Ilan Schor, dessen prorussische Partei im vergangenen Jahr vom moldauischen Verfassungsgericht als verfassungswidrig verboten wurde

Ja furchtbar, die Republik Moldau, seit 1990 ein eigenständiger Staat, seither in Problemen mit Transnistrien, soll im Fokus russischer Expansionsgelüste stehen, nachdem das mit der Ukraine bekanntlich fantastisch geklappt hat. Da will nun leider kein ernstzunehmender «Experte» in Warnsignale einstimmen, also schaut man auf der Reservebank der Pensionäre nach: «Ralph D. Thiele (70), Vorsitzender der deutschen Politisch-Militärischen Gesellschaft und Präsident von EuroDefense Deutschland, sagt zu Blick über die Wirkung hybrider Angriffe:» das, was man halt so über hybride Angriffe verzapft.

Und was will der Gottseibeiuns im Kreml eigentlich? «Im vergangenen Jahr tauchte ein Geheimpapier auf, das besagte, dass Russlands Präsident Wladimir Putin (71) das kleine Land bis spätestens 2030 von Moskau abhängig machen wolle.» Ist das auch immer blöd mit Geheimpapieren, dass sie dann nicht mehr geheim sind.

Will nun Russland nochmal einmarschieren? Blöd für den «Blick»: ««Eine Invasion halte ich für eher nicht opportun», sagt Thiele, «weil sich die russischen Truppen hier in eine schwierige taktische Lage bewegen, die unnötig Streitkräfte bindet.»»

Was will aber der Westen mit Moldau? Nur Gutes, versteht sich: «Es geht in erster Linie darum, das arme Land zu stabilisieren und an den Westen zu binden. Im kleinen Land herrscht ein monatliches Pro-Kopf-Einkommen von nur 200 Franken

Da sieht man’s mal wieder. Putin will destabilisieren und einmarschieren. Der Westen hingegen will stabilisieren und das Durchschnittseinkommen steigern. Zwei ganz verschiedene Ansätze. Der Erfolg solch westlicher Massnahmen zeigt sich überall. In Vietnam, Kambodscha, Irak, Syrien, Libyen und nicht zuletzt in der Ukraine.

Heiteres Beruferaten

«Was bin ich?» Wahnsinn ohne Methode bei Ringier.

Die Liste der Heads, Chiefs, Chefredaktoren, Blattmacher, Tagesleiter und Ressortleiter in der glücklichen «Blick»-Familie ist lang:

Noch nicht lang genug, findet die «Geschäftsleitung» Ladina Heimgartner, der weitere Chiefs und sogar ein «Managing Director» unterstellt sind.

Besonders die Aufgaben der Heads «of Programmatic & Digital Products» oder «of Media Service Print & Digital» würden uns interessieren. Aber wahrscheinlich würde ZACKBUM die Antworten nicht verstehen, wir haben dafür zu wenig Heads, Chiefs und, schnief, nicht mal einen Managing Director. Der Titel ist übrigens aus dem Banking geklaut, dort bezeichnet er ein Mitglied der Bonus-Kaste.

Während die Indianer immer mehr zu einer aussterbenden Spezies werden in der Hölle des Newsrooms, kann es gar nicht genug Häuptlinge geben. Denn, of course, da fehlten doch noch zentral wichtige Headchiefs oder Chiefheads, vielleicht sogar Directors. Die Lücken sind nun gestopft.

Es gibt zwei Co-Leiterinnen «Media Creation». Endlich gesellt sich auch noch ein Leiter «Content Hub» zu all den anderen, nun ja, Overheads.

Was leitet denn der Leiter «Content Hub», wörtlich übersetzt Inhaltsnabe? «In seine Verantwortlichkeit fallen das Team Formate (Podcasts/digitale Videoformate), die Teams Service/Health, Mobilität, Izzy, die Magazine Bolero und Millionär und weitere Specials», weiss persönlich.com zu berichten.

Hä? Vielleicht kann es uns der Chief Content Officer erklären? «Tim (Höfinghoff, Red.) sieht das Zukunftspotenzial von RMS und glaubt daran, dass wir mit verstärkter Kooperation viel zu gewinnen haben. Mit seiner Vita ist er ein optimaler Brückenbauer zwischen Digital und Print.» Schön, dass er etwas sieht, ZACKBUM tappt hier völlig im Nebel.

Und «Media Creation»? «Die Abteilung umfasst Produktion & Korrektorat, Art Direction & Layout, Visuals, Foto- und Bildredaktion sowie Video Technology & Production. Geleitet wird dieser Bereich von Conny Tovar und Sandra Fröhlich.» Hä? Steffi Buchli, hilf! «Mit dem Media Creation Hub haben wir einen zentralen Bereich für alle unsere Services geschaffen. Sandra und Conny kennen nicht nur unsere Marken und Mitarbeitenden sehr gut, sondern auch die Bedürfnisse und Werkzeuge, die für unsere Inhalte und Titel notwendig sind.»

Das ist wunderbar, dass da noch jemand alle Marken und Mitarbeiter kennt. Von den Bedürfnissen und Werkzeugen ganz zu schweigen.

Es erhebt sich allerdings die drohende Frage: wie sieht denn da eigentlich das Organigramm so aus? Also wer ist wem unterstellt, wer darf wem in den Hintern treten, wer muss wozu beigezogen werden?

Vielleicht so:

Oder gar so?

Also zum Beispiel, wenn Media Creation, ohne Content Hub, aber mit dem Head of Growth Management und dem Head of Programmatic & Digital Products ein Kick-of-Meeting abhält, müssen da nicht diverse weitere Heads und Chiefs wenigstens im cc stehen? Oder in die Videoschalte aufgenommen, aber stumm geschaltet werden? Und was sagt da der Head of Editorial Departments dazu? Glücklicherweise nichts, denn die Stelle ist «vakant».

Ladina Heimgartner teilte dem Ringier-Verlag via «Sonntagszeitung» mit, dass sie nicht SRG-Direktorin werden wolle, obwohl sie sich eine Bewerbung ernsthaft überlegt habe. «Ich bin hier noch nicht fertig. Im Gegenteil, wir haben erst begonnen», lässt sie sich zitieren. Das ist eine ernstgemeinte Drohung, die Ankündigung, dass noch viele Heads und Chiefs und Directors diesen Frühling spriessen werden. Während anderen die Federn abgenommen werden.

Aber es ist eine gute Nachricht für die SRG. Wobei, in der Pole Position scheint nun Susanne Wille zu fahren. Aber wieso soll es der SRG besser gehen als Ringier?

Wenn der Journalismus am Ende ist,

dann bemerkt man das an untrüglichen Zeichen.

Ein kleiner Querschnitt durch die vier Leitmedien der Schweiz, plus eine Zugabe. Wenn sie ganz unten angekommen sind.

Natürlich ist in der Pole Position das einzige Organ mit einem Regenrohr im Logo:

Eine Redaktion, die ernsthaft ihre Leser auffordert, ein Bild vom Meerschweinchen einzuschicken, die ist am Ende. Ein «Blick» ins real existierende Elend.

Aber auch eine Redaktion, die ihre eigene Kolumnistin lobhudelt, ist nicht weit vom völligen Elend entfernt. Überraschend, dass es sich um die NZZ handelt.

Ganz martialisch, kriegerisch, sozusagen bellizistisch geht’s bei CH Media zu:

«Den Schalter im Kopf umlegen»? Das hätte aber zwei Voraussetzungen. Einen Kopf und drin einen Schalter. Ob Journi Remo Hess wohl weiss, wo der Ausdruck «geistige Landesverteidigung» herkommt?

Vereint im Elend mit allen anderen ist natürlich auch Tamedia, das ist so sicher wie der Furz nach der Zwiebel:

Es ist immer wieder beelendend, wenn völlig unbedeutende Journis sich dazu aufschwingen, Politikern Betragensnoten zu erteilen (Scholz «verhält sich ungeschickt und naiv») und gleich noch Mutmassungen über den Gemütszustand eines weiteren Politikers anzustellen («Putin darf sich freuen»). Das ist aber nett von Stephan Israel, dass er dem russischen Präsidenten diese Erlaubnis erteilt.

Es geht tief hinunter, wollen wir noch versuchen, den absoluten Tiefpunkt zu erreichen? Bitte sehr:

Wer so etwas ernsthaft als «Analyse» bezeichnet, dem ist nicht mehr zu helfen. Meine Güte, Philipp Löpfe.

Wie er seinen Hintern retten will

Wie flickt man ein eigenes Fehlverhalten?

Cédric Wermuth liefert ein Musterbeispiel, wie man mit der Instrumentalisierung der Medien versuchen kann, Schadensbegrenzung vorzunehmen.

Als der SP-Co-Präsident ankündigte, dass er sich eine zweimonatige Auszeit nehmen werde, war das Medienecho verhalten. In der Schweiz respektiert man weitgehend das Privatleben von Politikern. Als Nathalie Rickli oder Jacqueline Badran Auszeiten nahmen, um einem Burnout zu begegnen, bekamen sie von Freund und Feind eigentlich nur Sympathieadressen.

Auf diesen Bonus hoffte offensichtlich auch Wermuth, bevor er mit Kind und Kegel in die Ferne flog. Seine Rückkehr gestaltete sich dann weniger idyllisch. Denn auch mit feinster Rabulistik lassen sich ein paar Tatsachen nicht wegplappern.

– Wenn jemand Flüge innerhalb Europas verbieten will, selbst aber für ein verwackeltes Selfie mit dem damaligen Wahlsieger Olaf Scholz nach Berlin jettet, hat er ein Glaubwürdigkeitsproblem. Wenn er dann mit der ganzen Familie nach Vietnam und auf die Philippinen fliegt, statt es mit einer Radtour in den Schweizer Bergen zu probieren, verschärft sich das ungemein.

– Mit den ausgedehnten Familienferien hat Wermuth offensichtlich gegen Bestimmungen des Parlamentsgesetzes verstossen, das Absenzen nur aus wichtigen Gründen oder wegen Krankheit erlaubt.

– Mit seiner Lustreise verarscht Wermuth seine Wähler, die von ihrem SP-Nationalrat politische Leistung für sein üppiges Honorar erwarten.

– Mit seinem Familientripp verarscht Wermuth die Schweizer Steuerzahler, die das schliesslich finanzieren und selbst nur davon träumen können, mal zwei Monate bezahlten Urlaub zu machen.

Also ist die Ausgangslage eher kritisch bis bewölkt. Was tun? Schadensbegrenzung ist das Stichwort; ein «jetzt rede ich», ein «ich breche mein Schweigen» ist angesagt. Natürlich in einem gesinnungsfreundlichen Umfeld, wo kritische Fragen als Wattebäuschchen daherkommen und man Wermuth mit schwiemeligen Antworten («Herr Glarner darf selbstverständlich seine Meinung zu meiner Auszeit haben») davonkommen lässt.

Hier darf sich Wermuth ungestört ausjammern:

«Mehrere Ratskolleginnen und -kollegen, gerade auch bürgerliche, haben mir zu meinem Mut gratuliert. Viele haben mir gesagt: Ich könnte das nicht. Es hat mich etwas traurig gestimmt, dass offenbar viele Angst haben, das Gesicht zu verlieren, nur weil sie sich Zeit für sich und ihre Familie nehmen. Das halte ich für eine grauenhafte Vorstellung von Führung und Leben.»

Hat er sich damit, dass ihm Jacqueline Büchi bei Tamedia einen Schaumteppich für die weiche Landung auslegte, einen Gefallen getan? Funktioniert die Nummer ich bin ein sensibler woker Mann, der  dem männlichen Führungsprinzip eins in die Fresse haut?

Zumindest Tamedia weiss er dabei auf seiner Seite. Der Gesinnungsgenossenkonzern legt sogar noch nach: «Eine mehrmonatige Auszeit, wie sie sich SP-Chef Cedric Wermuth genommen hat, ist auch bei Führungspersonen in der Wirtschaft nichts Aussergewöhnliches mehr», weiss Isabel Strassheim, die sich sonst nicht immer sehr glücklich um die Basler Chemie kümmert. Allerdings muss sie einräumen: «Normalerweise ist ein Sabbatical ein unbezahlter Sonderurlaub.» Hat also mit den bezahlten Ferien Wermuths eigentlich nichts zu tun. Der übrigens Co-Präsident ist und Cédric heisst.

Allerdings ist die Reaktion der Leser in den Kommentarspalten gelinde gesagt durchwachsen. Die NZZ hält sich bislang vornehm zurück und nimmt (noch) keine Stellung. CH Media aus den Stammlanden Wermuths schleimt sich nicht gerade so ein wie Tamedia, gibt aber Wermuth das letzte Wort gegenüber dem anderen Aargauer Andreas Glarner und endet die Berichterstattung spitz: «Auch bei Glarners Partei, der SVP, entscheiden Fraktionsmitglieder ziemlich frei, ob sie an Kommissionssitzungen teilnehmen oder sich vertreten lassen.»

Also die auch, wieso wir dann nicht, und überhaupt.

Ganz anders sieht es lustigerweise beim «Blick» aus, der angeführt vom alten Meinungsträger Frank A. Meyer zunehmend kritisch gegenüber der SP wird. Hier darf sich der Leser aus der «Community» austoben, wird über den Vorstoss Glarners breit (und wohlwollend) berichtet.

Ist es Wermuth also gelungen, die Medien geschickt zu bespielen, sich sympathisch rüberzubringen, Verständnis für seine Familiensupersonderreise zu wecken?

Die Antwort ist klar: nein. Im Gegenteil. Das Geschleime im «Tages-Anzeiger» ist nicht hilfreich, sondern kontraproduktiv. Einfach deswegen, weil eine solche wochenlang Fernreise mit der ganzen Familie auf Kosten des Steuerzahlers und unter Vernachlässigung der Pflichten, für die er gewählt wurde, nicht vermittelbar ist. Zu weit von der Erlebniswelt der Bevölkerung entfernt. Ausserhalb der eigenen Gesinnungsblase nicht goutiert wird.

Wer behauptet, für den Werktätigen, der «um acht aufstehen muss» einzustehen, muss in seiner eigenen Lebensführung gewisse Grenzen akzeptieren. Eine Umweltaktivistin, die zur Umweltkonferenz nach Dubai fliegt, macht sich lächerlich. Ein Fluggegner, der mit der ganzen Familie nach Vietnam und auf die Philippinen jettet, auch.

Dabei hat Wermuth ein übliches Politikerproblem. Er ist so sehr von sich selbst überzeugt, dass er meint, jegliches eigenes Verhalten schönschwätzen zu können, das Klavier sensibler, inkludierender, woker Mann zu bedienen, bringe genügend Punkte.

Europäische Politiker haben bis heute nicht gelernt, worin US-Kollegen Meister sind. Fehlverhalten, auch schweres? Zuerst abstreiten, wenn es zweifellos nachgewiesen wird oder offenkundig ist: mannhaftes Hinstehen vor die Kameras und Mikrofone, Dackelblick aufsetzen und «ich bereue, ich entschuldige mich, ich habe mich und meine Wähler enttäuscht, ich werde es nie mehr tun, ich bitte um eine zweite Chance» knödeln. Klappt (fast) immer.

Hätte auch bei Wermuth funktionieren können. So aber hält er den Parlamentarierreisli-Skandal schön am Köcheln.

«Blick» für ältere Leser

Das Gedächtnis. Das Problem, Die Lösung.

Viele Senioren leiden unter dem Problem, dass sie wohl schon vergessen haben, was das ist, wenn sie allenfalls eine 13. AHV-Rente bekommen werden. Denn der Zahn der Zeit nagt, während lange zurückliegende Ereignisse wie die eigene Hochzeit noch präsent sind, leidet das Kurzzeitgedächtnis immer mehr. Und mancher Senior fragt sich insgeheim, wer denn dieser Mensch ist, der jeden Morgen daneben im Bett liegt.

Solche Alltagsprobleme werden weithin unterschätzt, darauf werden auch kaum Rücksichten genommen. Ein deutscher Talkshowgast brachte das mal genial auf den Punkt. Seine Frau sage, er denke mit dem Hintern. Allgemeines Erstaunen im Publikum über diese vermeintliche Beleidigung. Aber dann löste er auf. Das stimme, denn er stehe immer mal wieder auf, mache zielstrebig drei Schritte – um dann zu bemerken, dass er schon vergessen hat, wohin er denn strebte. Also setze er sich wieder, und in diesem Moment falle es ihm wieder ein. Daher denke er tatsächlich mit dem Hintern.

«Blick» hat da allerdings eine originelle Lösung gefunden, setzt einen Kontrapunkt zum heutigen, schnelllebigen Journalismus, wo nicht einmal der Journalist selbst noch weiss, was er gerade geschrieben hat.

Aber hier denkt das Blatt mit dem Regenrohr im Logo an seine älteren Leser, die doch Halt und Erinnerung brauchen:

Die «People»-Aufmacherstory, seit zwei Wochen unverändert muss Freddy Nock selig balancieren, er kann sich schliesslich nicht mehr wehren. «Weshalb musste man mich so fertig machen», fragt er sich die ganze Zeit vergeblich, wie der Leser, der noch nicht unter Gedächtnisverlust leidet.

Auch diese Nonsens-Story mit Ausläufern langweilt den Leser seit mehr als zehn Tagen:

Und geradezu ein Widerspruch in sich selbst ist diese Story unter «News»:

Das Foto ist schon zwei Jahre alt, der Artikel fünf Tage; im Tagesjournalismus eine Ewigkeit.

Und was macht ein Qualitätsorgan, wenn im Fall Vincenz eigentlich für den Augenblick alles gesagt ist? Genau, es bringt die Allzweckwaffe, den «Bankenprofessor», den Rechtsbüttel Peter V. Kunz in Stellung. Der sagt dann profesoral nochmal, was bereits alle anderen gesagt haben: «Es entspricht einer langjährigen Praxis des Bundesgerichts, dass ein erstinstanzliches Urteil die Verjährung unterbricht.» Was aber in klarem Widerspruch zur Absicht des Gesetzgebers steht, dass eine Staatsanwaltschaft nicht ewig Zeit haben darf, um eine Anklage auszubrüten. Das wäre hier nun der Fall, sollte das so gehandhabt werden: «Theoretisch könnte sich die Staatsanwaltschaft 20 Jahre Zeit lassen, bevor sie die Klage erneut beim Bezirksgericht einreicht.» Und der obligate Blick in die Zukunft: «Möglicherweise könnte Vincenz, wenn er erneut verurteilt wird, am Schluss mit einer Strafe auf Bewährung davonkommen, glaubt Kunz.»

Dieser Artikel bekämpft wenigstens den Schlafmangel in Seniorenkreisen. Aber wenn sich der «Blick» aktuell mit einer Prognose befasst, hat er auch wirklich Pech:

Ausgerecht an dem Tag, als ein Kälteeinbruch Schnee bis in die Wohnungen bringt, Winterspaziergänge in klirrendem Frost angesagt sind. Verständlich, dass der «Blick» sonst lieber auf Bewährtes setzt. Auf Abgehangenes, gut Gealtertes. Mit News von gestern und vorgestern kann heute und morgen schliesslich nichts schiefgehen.

 

 

Düstere Zeiten, lustiger «Blick»

ZACKBUM liebt die leichte Muse, die das Ex-Boulevardblatt verströmt.

Vor allem den Humor, der allerdings nicht immer freiwillig ist:

Das ist ein Beitrag zum beliebten Spiel: wer findet die sieben Unterschiede? Zwei Tipps. Die Fotos sind identisch. Es gibt einen Grund, wieso der Titel rechts dreistöckig ist. Aber auf jeden Fall; wer’s nicht herausfindet, kann gratis Bubbles spielen.

Wir nennen diese Marotte von «Blick+» von jetzt an Zeitlupen-Journalismus:

Seit dem 11. Februar balanciert der arme Freddy Nock selig hier mit seinem Velo. Nonstop. Das ist Störung der Totenruhe, also eigentlich nicht lustig.

Auch irgendwie uralt hört sich diese News an:

Sicher, es mag Leser geben, die sich fragen: wer ist Mischa Barton? Wer ist Ben McKenzie? Wer ist das Männlein, wer das Weiblein? Und was ist «O.C. California»? Aber ihnen wird gratis geholfen, ist doch was.

Vermisst jemand die Lebenshilfe? Nein, diesmal gibt’s keinen Griff ins Klo:

Sie können die Antworten nicht abwarten? Rohe Kartoffeln. Rohe Eier. Milch. Vor allem aber, der Geheimtipp, ja keinen Wein in den Tiefkühler. Macht auch immer so ein blödes Geräusch, wenn die Flasche platzt.

Manchmal liegt schon in der «Blick»-Bildmontage eine stille Komik für Kenner:

Wir kommen schon wieder zum vorläufigen Ende, sind aber sicher, dass der «Blick», bis er endlich 750’000 Abonnenten hat (und auch danach!), weiter für viel Spass und Tollerei sorgen wird.

Nun aber noch ein echtes Herzschmerz-Thema, wo der betroffene Leser Trost finden kann bei anderen Lesern, die auch schon das gleiche Schicksal tragen mussten:

ZACKBUM erwartete hier einen getragenen, gefassten, aber mitempfindenden Text. Und musste das hier lesen: «Ganz gleich, ob es sich um einen geliebten Menschen oder dein Haustier handelt: Der Abschied fällt immer schwer!» Vielleicht, aber nur vielleicht bei einem Menschen ein bitzeli mehr, wollen wir doch hoffen.

Nun, wie denn Abschied nehmen? Da gibt es die Variante Dominique Rinderknecht. Sie «entschied sich dafür, ihren Hund Muffin kremieren zu lassen und die Asche zu Schmuck zu verarbeiten».

Während der Text mit dem Aufruf an die Leser ausklingt, doch bitte eigene Erfahrungen zum Besten zu geben, irritiert dieser Anschluss:

«Alkohol, Flatrate-Partys + Ratespiele mit Drinks»? Empfindliche Gemüter könnten das als pietätlos, gar geschmacklos verurteilen. Aber doch nicht beim «Blick». Schon der erste Kommentator nimmt beide Themen flüssig auf: «viel trinken hilft». So ist auch bei einem traurigen Thema für Spass und Tollerei gesorgt, dank den vielen Heads, Chiefs, Chefs und Leitern, angeleitet von einer wahren Koryphäe.

 

Tatä! «Blick+» hat Abonnenten

Immerhin mehr als der «Nebelspalter». Wir gratulieren.

Allerdings weniger als die «Republik» Nämlich 16’000, die die «Freemium Paywall» zu «Blick+» überklettert haben. Sollen. Das wären 158’000 Franken im Monat Einnahmen. Wobei natürlich eine unbekannte Anzahl Lock- und Gratisabos sind.

Dafür sollen die stolzen Besitzer rund 200 Artikel pro Monat exklusiv lesen können, Pardon, «plussen», wie es in der völlig verunglückten Werbekampagne heisst. Darunter besonders viel Service und Ratgeber. Über die Qualität dieses Angebots hat sich ZACKBUM bereits erschöpfend geäussert.

1,5 Millionen Online-Leser will der «Blick» monatlich haben. Das würde bedeuten, dass sich etwas über ein Prozent dieser Leser entschlossen haben, für diesen angeblichen Mehrwert etwas zu bezahlen. Genauer: aufgerundet 1,07 Prozent.

…………………………………………..
…………………………………………..

 

Zur Illustration. Das sind 100 Prozent, symbolisiert mit 100 Punkten.

.

Das ist ein Prozent, symbolisiert mit einem Punkt. Nein, wir liefern nicht gratis eine Lupe nach.

Aber man kann die Wirklichkeit so oder so sehen, bekanntlich. Eine Registrierungsschranke vor der Paywall sei «vielleicht das Schlüsselelement für unseren erfolgreichen Start gewesen», behauptet Adrian Gottwald gegenüber einer britischen Zeitung.

Denen kann der «Head of Reader Revenue» ja viel erzählen, die interessieren sich sowieso mehr für den Gesundheitszustand von König Charles.

Neben den hochklassigen Zusatzartikeln bekämen die Abonnenten noch mehr Guetzli, weiss Gottwald, «wie Führungen durch die Redaktion und Rabatte auf Veranstaltungen». Also das Übliche halt, wenn man saure Gurken loswerden möchte.

Aber «erfolgreicher Start»? Rund sieben Monate später 16’000 Abos? Nicht mal zehn pro Tag? Man rechne. Um erfolgreich die Paywall richtig hochzuziehen, ohne grausam Traffic zu verlieren, bräuchte es wohl mindestens die Hälfte als Abos vom jetzigen Traffic. Das wären also 750’000. Bei 2300 Abos pro Monat dauert das, Moment, rund 326 Monate. 27 Jahre.

Das hat zwei Vorteile. Die aktuelle Führungscrew mit Heads, Chiefs und Chefs und Leitern ist dann schon längst in die Pension abgeschwirrt. Und den «Blick» wird es so nicht mehr geben.

Also kann man doch sagen:

.

Das ist einerfolgreicher Start.

Opfergang einer Journalistin

Eine «Blick»Redaktorin hat Unfassbares durchgemacht.

Für unsere Leser, die mit diesem Begriff vielleicht nicht vertraut sind:

«Catcalling – das können sexuell anzügliche Bemerkungen, Pfeif- oder Kussgeräusche, aufdringliche Blicke, obszöne Gesten oder Kommentare über das Äußere einer Person sein. Catcalling ist eine Form sexueller Belästigung im öffentlichen Raum.»

Das haben wir natürlich den italienischen Bauarbeitern zu verdanken, die mit dieser Unsitte in der Schweiz anfingen, unter der heute noch Hunderttausende von Frauen leiden. Darunter auch Gina Sergi. Sie hat es auf sich genommen, ihren schrecklichen Alltag für den «Blick» und zur Abschreckung dokumentarisch festzuhalten.

Es ist eine Reportage des Grauens geworden. «Fast jeden Tag werde ich und ein ganzer Haufen weiterer Frauen in diesem Land verbal sexuell belästigt. Ein Nachpfeifen oder ein Nachrufen auf der Strasse, das nennt man Catcalling.»

Erster Tatort, der Hauptbahnhof Zürich. da sitzt Sergi harmlos vor einem Drink und fummelt am Handy. Kommt ein Catcaller. Der fragt sie doch (auf Englisch), warum sie jemand so lange warten lasse, sie sei doch zu schön dafür. Als sie ihn abserviert, sie warte halt einfach, sagt er höflich, dass sie dann ihren Drink geniessen solle und wunderschön sei.

Furchtbar; es spricht für die Stabilität von Sergi, dass sie nach diesem Catcalling keine psychologische Betreuung brauchte, sondern einfach weitermachte im Spiessrutenlauf. Sie geht zu einem Gleis, um dort zu warten. «Hier erlebe ich den Klassiker», kündigt sie unheilschwanger an. Eine Gruppe von Männern nähere sich. Nun passiert das Unsägliche: «Es wird gepfiffen und mir ein «Hey, Perle» an den Kopf geworfen.» Und dann? Muss sie Pfefferspray zum Einsatz bringen? Nein, das war’s schon mit dem Catcalling.

Dann die Langstrasse, die Sündenmeile von Zürich. Zwei Männer heften sich an ihre Fersen und sagen «hey, Schönheit». Sie reagiere nicht, trotzdem laufen die beiden ihr noch anderthalb Minuten nach. Unerträglich.

Kaum ist sie diesem Übergriff entronnen, sagt doch ein anderer Herr im Vorbeilaufen «Eh, ciao, bella!». Wahnsinn, trotzdem zieht sie weiter in eine Bar. Schon der Türsteher, der ihr einen Stempel auf die Hand drückt, vergleiche sie «absurderweise» damit: «Schön wie du.» Wie erträgt sie das nur? Beim Weglaufen sieht sie mit ihren Augen im Hinterkopf, dass man ihr auch noch «auf den Arsch» schaue. Un-ver-schämt, un-er-träglich.

Aber sie bleibt tapfer und begibt sich an die Bar. Überraschung, nach nicht einmal einer Minute komme schon «der erste Typ». Schon wieder auf Englisch fragt der: «Was kann ich dir zu trinken bringen?» Sie lehnt dankend ab, schon wieder ein Catcalling überlebt. Aber nun kommt es knüppelhart. Sie zieht ihre Jacke aus, und es dauert nicht mal zwei Minuten, «da habe ich einfach eine Hand an der Hüfte». Aber dabei scheint es zu bleiben, denn der erste Mann meldet sich nochmal mit der lustigen Anmache, ob es ihr wohler wäre, wenn sie wüsste, «dass er ein Neurochirurg» sei. Eigentlich sagt er, er sei Neurowissenschaftler, aber Englisch ist Glücksache. Auf ihr dezidiertes «Nein» hin zieht er sich mit der leicht beleidigten Bemerkung, dass sie zu wählerisch sei, höflich zurück.

Und so weiter, und so fort. Als sie dann in der nächsten Bar einer sogar noch kurz am Oberarm berührt, ist die Schmerzschwelle für Sergi erreicht, sie «bricht das Experiment ab». Nun zur psychologischen Betreuung? Fast, in solchen Fällen hat die selbsternannte Agota Lavoyer ihren Auftritt. Sie ist bekannt dafür, sich selbstbewusst lächerlich zu machen. Als «Autorin und Fachexpertin für sexualisierte Gewalt». Wie sie von Sergi erlebt, erlitten, erduldet wurde. Weil Sergi ja erschüttert aufgab, werden nun noch Videoschnipsel von Catcalling worldwide eingespielt. Lavoyer ist bekannt für Absurd-Aussagen wie: «Es sei nicht zuletzt der fehlenden Gleichberechtigung geschuldet, dass sexualisierte und häusliche Gewalt an Frauen in der Schweiz noch immer so verbreitet seien». Sie ist sozusagen die weibliche Ausgabe von Marko Kovic. Apropos, wo ist der eigentlich abgeblieben?

Leider muss ZACKBUM zusammenfassen: wenn das alles ist, was einer Frau im Bahnhof oder an der Langstrasse oder in Bars passiert, dann kann sie den Pfefferspray ruhig zuhause lassen. Und das betroffene, ernste Gesicht auch.

Denn dass Männer mehr oder minder geschickt versuchen, mit einer Frau zu flirten, das ist nur für fanatische Woke-Anhängerinnen, die sich auch beim Anblick eines Mohrenkopfs spontan unwohl fühlen, ein Problem. Worauf wir allerdings immer noch vergeblich warten: Frauen, die sich darüber beschweren, dass sie diskriminiert werden. Indem sie niemand anflirtet.