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Wo bleibt die Bööggin?

Keine dummen Scherze mehr in geschlossenen Veranstaltungen.

Wer meint, er könne im engeren Freundeskreis angeheitert oder nüchtern sexistische, rassistische, exkludierende, postkolonialistische Vorurteile transportierende Scherze machen: aufgepasst. Trägt das jemand dem Qualitätskonzern Tamedia zu, dann steht nicht nur der Böögg im Feuer, sondern auch der Scherzkeks.

Es gehört zum Brauchtum, dass vor der Verbrennung des Winters die Zünfter sich in geschlossenen Veranstaltungen bespassen. Wenn man entre nous ist und der Alkohol nicht rationiert wird, kommt es zu gewissen Enthemmungen. Das ist völlig normal und erlaubt. Weder bei solchen Gelegenheiten noch im eigenen Schlafzimmer muss man damit rechnen, dass Geschehnisse an die Öffentlichkeit gezerrt werden.

Ausser, man engagiert den falschen Kameramann. Dann passiert Folgendes: «Der Vorfall wurde von dieser Redaktion publik gemacht.» Das liegt immerhin im Streubereich der Wahrheit; «diese Redaktion» veröffentlichte Material, das nicht für die Veröffentlichung bestimmt war und ihr zugespielt wurde. Und regte sich fürchterlich über den Inhalt auf:

«In der zweiten Hälfte des dreiviertelstündigen Showblocks betritt ein Mann die Bühne, dessen Gesicht schwarz angemalt ist. Er trägt eine schwarze Kraushaarperücke, einen Bastrock und hält einen grossen Knochen in den Händen.»

Falls jemandem die Widerwärtigkeit dieses Auftritts nicht klar sein sollte: «Das wird in der Fachsprache Blackfacing genannt. Die Kritik daran: Privilegierte Personen machen sich über eine Gruppe lustig, die in der Gesellschaft Diskriminierung erfahren hat.»

Gnadenlos fährt der Tagi in seiner Rekonstruktion fort: «Neben dem Geschminkten stehen ein als Frau verkleideter Mann mit blonder Perücke sowie eine Frau ganz in Schwarz und mit Federschmuck. Während des Gesprächs steckt sich der schwarz angemalte Mann den Knochen zwischen die Beine. Lacher im Publikum.»

ZACKBUM resümierte damals: Merke: wer Blackfacing macht, ist nicht wirklich lustig. Wer sich darüber erregt, ist wirklich lächerlich.

Die Tagi-Redaktoren David Sarasin, Jan Bolliger und Corsin Zander waren damals ausser sich und hofften auf einen Riesenskandal: «Das ist mehr als bloss ein misslungener Scherz. Damit schaden sie Zürich – das Sechseläuten hat noch immer eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus.» Aber ein paar Monate später mussten sie frustriert vermelden: «Skandal-Auftritt am Zunft-Ball: Blackfacing am Sechseläuten hat keine juristischen Konsequenzen».

Damit versanken die Herren erschöpft in tiefer Weinerlichkeit und Betroffenheit. Deshalb übernimmt nun Sascha Britsko: «Zürcher Zünfte wollen nicht mehr diskriminieren», titelt sie. Womit sie unterstellt: Früher wollten die das? Sonst schreibt sie Meldungen zusammen oder verbreitet harte Kritik an allen Diversanten, die doch der Ukraine tatsächlich Verhandlungen empfehlen, Titel «Sind Sie noch ganz bei Trost

Nun aber kehrt sie ins Lokale zurück. «Die Zünfte haben neu einen Leitfaden gegen Diskriminierung». Auch das hat sie nicht selbst rausgekriegt, sondern sie zitiert in guter Sitte und Tradition das «Regionaljournal» von SRF. Gut so: «Damit wolle man gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit und Sexismus vorgehen, sagt das ZZZ dem «Regionaljournal»», echot Britsko.

Damit folgen die Zürcher Zünfter den Basler Fasnächtlern, welch seltene Kollaboration. «So steht im Leitfaden beispielsweise, dass diskriminierendes Verhalten wie Beschimpfungen nicht zum Geist des Sechseläutens passe». Damit ist ZACKBUM vollumfänglich einverstanden. Beschimpfungen müssen nicht sein.

Allerdings will das Zentralkomitee der Zürcher Zünfte (ZZZ) seinen «Leitfaden» nur als Empfehlungen verstehen: «Wir können und wollen nicht befehlen, sondern einzig empfehlen, damit das Sechseläuten weiterhin ein fröhliches und von kommerziellen und politischen Einflüssen unabhängiges Fest bleibt», lässt sich der Mediensprecher des ZZZ zitieren.

Apropos Diskriminierungen. Dass lauter Männer auf Pferden, die nicht um ihr Einverständnis gefragt werden, um einen brennenden Holzstoss herumreiten, wobei auch mal einer auf den Latz fällt, dabei komische Fantasieuniformen tragen und furchtbar wichtig tun: ist das vielleicht nicht diskriminierend? Und wenn zuvor jemand so geschmacklos ist, sich ein Baströckchen anzuziehen und das Gesicht schwarz anzumalen, ist das wirklich diskriminierend?

Nehmen wir mal an, ein Tagi-Redaktor findet es lustig, seine Angetraute nach vielen Ehejahren damit zu überraschen, dass er im Schlafzimmer den wilden Schwarzen gibt, ist das diskriminierend? Das ist vor allem etwas, was die Öffentlichkeit schlichtweg einen feuchten Dreck angeht.

Denn peinlich in diesem ganzen Umzug ist ausschliesslich der Tagi, der diesem Pipifax eine ganze Reihe von Artikeln widmet – und sich nicht bewusst wird, wie er sich Mal um Mal damit lächerlich macht.

Dabei ist die wahre Diskriminierung gar nicht adressiert, wie man heutzutage so schön sagt. Da sollten sich alle Beteiligten spontan unwohl fühlen und in sich gehen, dass ihnen das nicht aufgefallen ist.

Wie heisst die Figur schon wieder, die Jahr für Jahr verbrannt wird? He? Böögg. Genau. Und welches eindeutig zugewiesene Geschlecht hat diese Figur? Genau, DER Böögg. Dass das auf Alemanisch auch noch Popel bedeutet, macht es auch nicht besser, denn es ist DER Popel.

Der wie männlich. Wie exkludierend. Mehr als die Hälfte der Menschheit fühlt sich hier nicht vertreten. Zudem trägt der Böögg noch eine Pfeife im Gesicht. Raucher. Und das wird Kindern gezeigt. Wer behandelt deren Schäden? Und wieso gibt es nicht ein Jahr einen Böögg, das nächste Jahr eine Bööggin? Oder überhaupt mal 100 Jahre nur Böögginnen, um all das Unrecht wiedergutzumachen?

Dann kommt aber ein Hypersensibler und sagt: ich fühle mich sehr unwohl. Die Bööggin erinnere ihn unselig an die Hexenverbrennungen des Mittelalters.

Und dann? Nun, lieber Zünfter, liebe Freunde des Sechseläutens: dann ist fertig mit diesem diskriminierenden, rassistischen, ungesunden Brauch. Das wäre wenigstens mal eine konsequente Forderung. Aber eben, auch beim Tagi arbeiten zu viele Weicheier.

Wer ist da der Neger?

Wie Tamedia einen selbst gebastelten Skandal zu Grabe trägt.

Am 19. April hatte der Tagi Fürchterliches zu vermelden: «Blackfacing am Sechseläuten: Zünfter lachen in geleaktem Video über Minderheiten». David Sarasin, Jan Bolliger und Corsin Zander waren ausser sich und wurden ganz bleich vor Erregung: «Wenn Zünfter rassistische und homophobe Scherze reissen, lässt sich das nicht als Entgleisung im privaten Raum abtun

In zittriger Rechtschreibung berichteten sie Unerhörtes: «Ein schwarz angemalter mit einem Knochen in der Hand reisst an einem Zunftball Witze auf der Bühne. Dies zeigt ein Video einer geschlossenen Veranstaltung vor dem Sechseläuten.»

Der für diesen privaten Anlass angemietete Videomann hatte sich nicht entblödet, diese Szenen dem Tagi zuzuspielen, damit der dann aus einer kleinen Geschmacklosigkeit einen internationalen Skandal hochzwirbeln konnte: «Das ist mehr als bloss ein misslungener Scherz. Damit schaden sie Zürich – das Sechseläuten hat noch immer eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus.»

Der Schaden, ausser am Nervenkostüm dreier Tagi-Redaktoren, hielt sich dann allerdings in engen Grenzen. Noch schlimmer, am Donnerstag musste Sarasin vermelden: «Skandal-Auftritt am Zunft-Ball: Blackfacing am Sechseläuten hat keine juristischen Konsequenzen». Dabei hatte der Tagi so darauf gehofft, dass es sich hier um einen Verstoss gegen die Rassismus-Strafnorm handeln könnte.

Die Staatsanwaltschaft hatte auch tatsächlich, sonst gibt’s ja nichts zu tun, Ermittlungen aufgenommen, sogar Anwesende einvernommen. Ausser der Person, die das Video an den Tagi weiterreichte, konnte sich aber niemand wirklich über diesen müden Sketch aufregen, auch nicht die Staatsanwaltschaft. Die beendete die Parodie einer Untersuchung mit einer Nichtanhandnahmeverfügung.

Das nimmt Sarasin zum Anlass, nochmals ausführlich über einen angeblichen Skandal zu berichten. Um seinen anhaltenden Unmut zum Ausdruck zu bringen, zitiert er aus der Verfügung: «Die Staatsanwaltschaft bestreitet nicht, dass der Sketch unangebracht gewesen war. «Die klischeehafte Darstellung eines Schwarzen scheint als verunglückt und dürfte kaum mehr zeitgemäss sein», heisst es in dem Bericht am Schluss. «Allerdings ist es nicht Sache der Strafjustiz, Verhaltensweisen moralisch oder ethisch zu bewerten.» »

Wieso die Staatsanwaltschaft da etwas bestreiten sollte, ist genauso unklar die die Antwort auf die Frage, wieso die Strafuntersuchungsbehörde den Sketch zuerst moralisch und ethisch wertet, um dann zu behaupten, dass sei nicht ihre Aufgabe.

Wie sensibel man heutzutage bei solchen Anlässen sein sollte, belegt diese absurde Abhandlung der Staatsanwaltschaft: «Dass an der Veranstaltung auch rund 30 Angestellte anwesend waren, die die Darbietung «als abstossend empfinden oder sich dadurch sogar verletzt fühlen» hätten können, wie die Staatsanwaltschaft schreibt, wertet diese «eher als Fahrlässigkeit» und nicht als vorsätzliche Handlung.»

In welcher Welt leben wir eigentlich?

Natürlich hatte zuvor schon die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus den Sketch «verurteilt». Stadträtin Corine Mauch gab auch ihren Senf dazu; die Zünfter sollten sich nicht mehr so sinnlos besaufen. Nein, sie sollten sich mit Rassismus und Antisemitismus auseinandersetzen. Dass der Sketch auch noch antisemitisch gewesen sei, das behauptete aber nicht einmal der Tagi.

Was lernt der mündige und zahlende Leser einer Qualitätszeitung daraus?

1. Nimm dir für einen privaten Anlass in geschlossener Gesellschaft niemals einen nicht vertrauenswürdigen Kameramann.
2. Sei auf der Hut, dass du dich auch in deiner Privatsphäre völlig politisch korrekt verhältst. Wenn du ausrutschst, in den Morast fällst und dadurch ein schwarzes Gesicht bekommst, sofort abwischen.
3. Haben die Tagi-Redakteure wirklich nichts Besseres zu tun, als das leise Verwehen einer aufgeblasenen Furz-News auf 5528 A zu berichten?
4. Auch hier würde Oliver Zihlmann sagen: «Der Skandal, der keiner wurde

Tourette-Syndrom?

Eine Heilung ist leider nicht möglich, auch nicht bei Tamedia.

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Ein Tourette-Syndrom ist der unwiderstehliche Drang, Geräusche von sich zu geben, nicht zu selten auch unanständige Wörter.

So etwas Ähnliches diagnostiziert der Tamedia-Datenmensch Marc Brupbacher bei der Schweizer Bevölkerung. Immerhin, die gute Nachricht ist: wir sterben nicht mehr alle an der Pandemie, was Brupbacher eine Weile lang ernsthaft befürchtete, vor allem auch, weil für ihn die Schweizer Regierung krachend versagt hatte («jetzt sind sie komplett übergeschnappt»).

Aber inzwischen muss er an einem anderen Knochen nagen und verbellt fassungslos die Resultate der grossen Meinungsumfrage von «20 Minuten» und Tamedia. Wem das Thema bekannt vorkommt: oh ja, das wurde schon länglich und breitlich abgehandelt, «20 Minuten» verstieg sich zum unnachahmlichen Titel «Die Mehrheit der Schweizer sagt weiterhin M***kopf, Zi*** oder Asyl***». Plus postfaschistischem Erklärkasten «20 Minuten verwendet diese Begriffe nicht mehr».

Aber das Thema ist noch nicht leergesaugt in der Restenverwertungsanstalt «Tages-Anzeiger». Als Ausdruck des unbedingten Willens zu Qualität beklagt Brupbacher nun noch: «Umfrage zu Rassismus: Mehrheit der Schweizer Männer findet Blackfacing unproblematisch».

Männer sind Schweine, aber das wussten wir schon: «Schweizer Männer befürworten dies sogar mit einer Mehrheit von 51 Prozent (Frauen: 36 Prozent).» Noch schlimmer: «Aber selbst bei Linken hat jede vierte Person kein Problem mit Blackfacing

Was weder Brupbacher, noch die anderen Tamedia-Mitarbeiter auf dem Kriegspfad mit der deutschen Sprache verstehen wollen: weder das Wort Mohrenkopf, noch der Zigeuner und auch nicht das Schwarzanmalen des Gesichts sind per se rassistisch konnotiert. Das sind Kopfgeburten verpeilter Intellektueller. «Eine schwarze Frau», das ist nicht per Definition rassistisch. Es kann, in entsprechendem Kontext, rassistisch sein. «Eine Person of Colour mit Gebärmutter» ist nicht per Definition nicht-rassistisch. Aber bescheuert.

Die Umfrage hat auch zum groben Unwillen von Brupbacher ergeben, dass das Tragen von Dreadlocks von «weissen Personen» oder das Verkleiden an Fasnacht als «indigene Person» – Schreck lass nach – «von sämtlichen Subgruppen – mit teils grossen Mehrheiten – als unproblematisch bewertet» werde.

So geht das nicht, als muss eine Autoritätsperson den rassistischen und diskriminierenden Schweizern die Knöpfe reintun. Das wäre dann der «Kolonialhistoriker Bernhard C. Schär». Diese Koryphäe, sozusagen der Marko Kovic der Geschichte, ist zurzeit «Lehrbeauftragter der Fernuniversität Schweiz», wie man Wikipedia entnehmen kann. Mit diesem Leistungsausweis bewaffnet, zieht Schär gleich mal vom Leder: «Indigene Gesellschaften sind Überlebende von Genoziden und andauernder rassistischer Gewalt ausgesetzt. Wer sich zum Spass als Opfer von Massengewalt verkleidet, entwürdigt die Betroffenen.»

Nehmt das, Ihr Fasnachtsspassvögel (hoppla, ob das die Vögel entwürdigt?), fertig lustig mit dem Indianerkostüm, Cowboy könnte aber noch gehen, Schwarzer geht sowieso nicht, nicht mal, wenn man sich als Nelson Mandela verkleidet.

Aber wieso, um Herrgöttinnen willen, ähm, um Fraugöttin, finden so viele Blackfacing nicht widerlich? Auch da weiss der Professor Unrat: «Die Ursache für die breite Akzeptanz von Blackfacing ortet Schär in einem Mangel an historisch-politischer Bildung, den er generell nicht als selbstverschuldetes Unwissen kritisieren möchte, sondern die Bildungsinstitutionen in die Pflicht nimmt

Also, dumm geboren, aber nicht selber schuld, Schär möchte offensichtlich mehr Lehraufträge an «Bildungsinstitutionen» ergattern.

Nun schreitet Brupbacher unerschrocken zur Frage der Fragen:

«Sind wir ein Volk von Rassisten

Angesichts dieser erschreckenden Resultate erwartet der Leser (und die Leserin, auch die LeserInnen) ein klares Ja aus professoralem Mund. Nun ja: «Dies sei eine schwierige Frage, so Schär. Wer in der Schweiz aufgewachsen sei und nur eine einseitige, eurozentristische Bildung erhalten habe, könne sich wohl tatsächlich naiv das Gesicht schwarz anmalen ohne bewusste rassistische Absichten.»

Aber bevor wir Rassisten uns nun erleichtert zurücklehnen, fährt der Wissenschaftler fort: «Er oder sie nimmt damit aber am überindividuellen, historisch über Jahrhunderte gewachsenen, strukturellen Rassismus der schweizerischen Gesellschaft teil.»

Clever. Denn selbst Schär ist nicht so blöd, dass er als «Professor sagt, alle Schweizer sind Rassisten» zitiert werden möchte. Daher nimmt er die Allerheilmittelbegriffe «historisch gewachsen, strukturell» zu Hilfe, an denen man dann halt «teilnehme». Oder in einem Wort: Rassisten, allesamt!

Neben den historisch gewachsenen Strukturen, wer ist eigentlich schuld an so viel Rassismus? Da ist der Forscher unerbittlich mit einem klaren Urteil zur Hand: «Für den Historiker hängt es von den politischen Rechten ab, wie sich der Umgang mit Blackfacing und anderen problematischen Handlungen in Zukunft entwickeln wird.»

Also, ihr «Rechte», nehmt das: «Die Rechten müssen sich entscheiden, ob sie Europa weiter amerikanisieren wollen, indem sie Minderheiten als Bedrohung für deren Freiheit darstellen und die Demokratie damit beschädigen wollen.»

Nun ist der denkende Leser doch einen Moment verwirrt. Ist jemand, der Blackfacing lustig findet oder gerne als Indianer verkleidet an die Fasnacht geht, nun

a) ein Rassist
b) ein Rechter
c) ein rechter Rassist
d) ein linker Rassist
e) jemand, der eine Minderheit als Bedrohung für die Freiheit darstellt

Oder aber jemand, der rechts oder links sein kann, auf jeden Fall ein Rassist ist und eine Minderheit als Bedrohung darstellt und damit die Demokratie beschädigen will. Wozu offensichtlich die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung ohne Weiteres bereit wäre.

Höchste Zeit, dass Brupbacher, im Verein mit einem irrlichternden Professor, einiges richtigstellt, darüber hinaus diagnostiziert, warnt und Entscheidungen einfordert.

ZACKBUM möchte sich gerne so entscheiden: bitte, Marc Brupbacher, kehren Sie zu Corona zurück. Das war entschieden lustiger.

 

Darf man über Zünfter lachen?

Wieso denn nicht. Genau wie über den Tagi.

Für Aussenstehende sind die Zürcher Zünfter und ihre Tradition, auf Pferden um einen Holzstoss zu reiten, auf dem zuoberst eine weisse (!) Figur steht, eher unverständlich.

Bevor das geschieht, treffen sie sich zu exklusiven Veranstaltungen, bei denen der Zutritt wichtiger ist als das Gebotene. Das ist meist auf bescheidenem Niveau, insbesondere die Show-Einlagen. Man ist unter sich, der Alkohol fliesst, es wird gelallt und gelacht.

Nun hat der «Tages-Anzeiger» Abgründe ans Tageslicht gezerrt: «Ein schwarz angemalter mit einem Knochen in der Hand reisst an einem Zunftball Witze auf der Bühne. Dies zeigt ein Video einer geschlossenen Veranstaltung vor dem Sechseläuten.» Dabei ist das Blatt so erregt, dass es sogar die deutsche Rechtschreibung über Bord wirft. Denn es ist Furchtbares passiert:

«Blackfacing am Sechseläuten: Zünfter lachen in geleaktem Video über Minderheiten». ZACKBUM bittet sein Publikum, nun weder über den Tagi, noch über die Zünfter zu lachen. Denn beides sind Minderheiten. Als ginge es um den Ablauf einer hochwichtigen Versammlung, hebt der Tagi grossspurig an:

«Dieser Zeitung liegen Bilder, Videos wie auch der Ablaufplan der Veranstaltung vor. Ebenso ist der Abend aus Gesprächen mit anwesenden Leuten teilweise rekonstruierbar. »

Nun wird’s ganz schlimm; empfindsame Leser werden gebeten, hier abzubrechen: «In der zweiten Hälfte des dreiviertelstündigen Showblocks betritt ein Mann die Bühne, dessen Gesicht schwarz angemalt ist. Er trägt eine schwarze Kraushaarperücke, einen Bastrock und hält einen grossen Knochen in den Händen.»

Falls jemandem die Widerwärtigkeit dieses Auftritts nicht klar sein sollte: «Das wird in der Fachsprache Blackfacing genannt. Die Kritik daran: Privilegierte Personen machen sich über eine Gruppe lustig, die in der Gesellschaft Diskriminierung erfahren hat.»

Gnadenlos fährt der Tagi in seiner Rekonstruktion fort: «Neben dem Geschminkten stehen ein als Frau verkleideter Mann mit blonder Perücke sowie eine Frau ganz in Schwarz und mit Federschmuck. Während des Gesprächs steckt sich der schwarz angemalte Mann den Knochen zwischen die Beine. Lacher im Publikum.»

Bevor wir hier uns alle in Grund und Boden schämen, bricht ZACKBUM die Darstellung dieser Schaustellung ab. Wir können natürlich dem ausser sich geratenden Tagi-Redaktor Corsin Zander nur zustimmen: «Wenn Zünfter rassistische und homophobe Scherze reissen, lässt sich das nicht als Entgleisung im privaten Raum abtun

Keinesfalls, denn: «Das ist mehr als bloss ein misslungener Scherz. Damit schaden sie Zürich – das Sechseläuten hat noch immer eine Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus.» Die Zünfter schaden Zürich, schlimm. Aber eigentlich tut das der Tagi, der sich nicht entblödet, sich über ein ihm zugespieltes (nicht etwa «geleaktes») Video furchtbar aufzuregen.

Über die Qualität dieser Scherze lässt sich sicherlich diskutieren. Über die moralinsaure, verkniffene, denunziatorische Schreibe vom Tagi sicher nicht. Zünfter verkleiden sich, machen sich lächerlich, bedienen Stereotype, weigern sich, den Korrektheitsdiktaten von Tagischreibern zu entsprechen: bravo.

Merke: wer Blackfacing macht, ist nicht wirklich lustig. Wer sich darüber erregt, ist wirklich lächerlich.

 

Weiss auf schwarz

Es darf gelacht werden. Wohin Antirassismus-Wahnsinn führt.

Der Mohrenkopf ist gegessen. Was solche aufwallende Erregung über angeblich ganz fürchterliche Manifestationen von Rassismus immer an sich haben: sie schäumen hoch wie dieses Schaumgebäck, und schluck, weg sind sie.

Höchste Zeit, aus gegebenem Anlass mal wieder an einige Höhepunkte (ich weiss, es gibt ein Meer mehr) solcher Anfälle zu erinnern. Obwohl die rassistische Verwicklung der Schweiz in Sklavenhandel und ideologischer Rechtfertigung dieses schlimmen Tuns noch nicht restlos aufgearbeitet ist. Aber auch da hat der Virus (welcher Rasse gehört der eigentlich an, wenn er maskulin ist, werden dadurch nicht weibliche Viren diskriminiert?) für Entspannung gesorgt. Aber Vorhang auf beim Panoptikum.

Prinzessin Tiana küsst Frosch. Na und?

Wer so reagiert, outet sich schon ganz am Anfang als unreflektierter Rassist. Dieser Disney-Film wurde nicht zuletzt nur mässig als neue Form des Blackfacing beschimpft, weil man vorsichtshalber Oprah Winfrey gebeten hatte, eine kleine Sprechrolle zu übernehmen. Und wenn Oprah damit dem Werk ihren Segen gibt, na gut. Da kann man nur noch hoffen, dass der Frosch kein Rassist ist.

Als Disney dann allerdings mit Pocahontas und Mulan weiter Inklusion und Diversität vorantreiben wollte, wurde der Konzern aber schwer beschimpft. Kulturimperialismus, unerlaubte Aneignung anderer Sitten und Gebräuche, Andersartige immer aus weisser Sicht, furchtbar.

Pfui, pfui, pfui. Dafür sollte sich der Globus heute noch schämen.

Uns fehlen die Worte, aber dieses Verhalten von Globi ist ja leider kein Einzelfall aus dunklen Zeiten:

Auch Asterix war Rassist. Leider.

Denn sonst hätte der Gallier eine solche Darstellung des Ausgucks auf dem Piratenschiff niemals akzeptiert.


Der Weisse am Steuer, der Hund aufmerksam, der Neger grinst.

Auch dieses düstere Struppi-Kapitel der belgischen Kolonialgeschichte ist noch nicht restlos aufgearbeitet.

Wer sieht hier die Anspielungen nicht?

Nichts harmloser (und hirnloser) als die Schlümpfe? Vorsicht, hier werden Kinderseelen ganz subtil rassistisch beschallt. Denn es ist doch offenkundig, wieso die Schlümpfe, mit einer Ausnahme, diese weissen Kappen tragen. Groschen noch nicht gefallen? Ku-Klux-Klan, Himmels willen. Erschwerend kommt noch hinzu: Werden die Schlümpfe krank, färben sie sich immer dunkler. Das ist doch unbestreitbar: damit wird dunkle Hautfarbe als Zeichen von Kranksein missbraucht.

Unerhört: das soll ein japanischer Cyborg sein?

Scarlett Johannson in «Ghost in a Shell». Etwas merkwürdig geschminkt, denkt da vielleicht der rücksichtslose Rassist, denn das sei doch eindeutig «modernes Blackfacing», erregten sich japanische Schauspieler. Blackfacing? Nun, so hiess der absurde Brauch, in «weissen» Clubs oder Bars, in denen in den USA keine Schwarzen auftreten durften, sie mit weissen Darstellern zu substituieren, die einfach schwarz angemalt wurden.

Wäre heute auch nicht mehr möglich: Orson Welles als Othello.

Nun gefiel es William Shakespeare (weiss, Mann), ein unsterbliches Theaterstück über den Mohren von Venedig zu schreiben. Dessen reales Vorbild war nun mal schwarz, also schminkten sich Schauspieler auch schwarz für die Rolle. Darunter auch mein absoluter Liebling Orson Welles, die herausragende Verkörperung der übergrossen Shakespeare-Figuren. Zudem war der Film ja noch schwarzweiss. Nein, mit einem solchen Kalauer käme heute weder er noch ich durch. Deshalb sind wir natürlich entrüstet.

Beschränkt sich diese beschränkte Suche nach Anzeichen von Rassismus nur auf Bilder und Filme? Aber nein. Es gibt einen aktuelle Anlass auf literarischem Gebiet. Also gut, literarisch wäre dann noch die Frage. Auf jeden Fall hat sich in den Niederlanden (und das wird überschwappen), ein Streit entwickelt, wer denn eigentlich dazu legitimiert ist, das Gedicht «The Hill we Climb» zu übersetzen. Für Kulturbanausen: Das trug Amanda Gorman bei der Inaugurationsfeier für Joe Biden vor.

Schwarz, jung, fantastisch gekleidet, klare Aussprache.

Ich würde ja sagen: jeder ist legitimiert, der es im Kopf aushält, sich mit diesem spätpubertären, aufgeblasenen Geraune zu befassen, bei dem man eine ganz grosse Portion Gesinnung drüberstreichen muss, will man es als Lyrik bezeichnen. Aber natürlich – der Leser ahnt es schon – geht die Debatte darum, ob jeder, der dazu qualifiziert ist, übersetzen darf. Auch ein Mann? Ein weisser Mann? Ein schwuler, weisser Mann? Oder ein schwarzer? Nicht besser eine schwarze Frau? Aber bitte nicht zu alt? Und überhaupt, schwarz ist doch nicht gleich schwarz, sollte es nicht jemand mit dem gleichen ethnischen Hintergrund sein? Wieso überhaupt? Na, sonst könnte es doch passieren, dass fürchterliche Dinge wie Kulturimperialismus, Aneignung, lyrisches Blackfacing, neuerliche Diskriminierung passieren könnten.

Aha. Wer dagegen einwendet, dass es keine schwarze oder weisse Mathematik gibt. Nur richtige oder falsche. Keine schwarze oder weisse Küche. Nur gelungene oder missratene. Keine schwarze oder weisse Lyrik. Nur solche, die dem Anspruch Hölderlins genügt: «Was bleibet aber, stiften die Dichter». Und solche wie die von Gorman, die dem nicht genügt: in jeder Hinsicht disqualifiziert. Schämen und ab in den Sensibilisierungskurs.

All das dürfte ich als älterer, weisser, privilegierter, dazu auch noch Bildung diskriminierend ausspielender Mann gar nicht sagen. Wobei ich noch errötend gestehen muss, dass ich zu allem zu heterosexuell bin, mich weder vegan, noch vegetarisch ernähre, ein Auto besitze (Diesel!), und mein E-Chopper reisst es da auch nicht mehr raus.