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Tagi: besorgniserregend

Wir schauen einem Zerfall in atemberaubendem Tempo zu.

Entweder ist Tamedia völlig führer(innen)los und jede(r) macht, was er will. Oder die hier schon beklagte Anhäufung von Tiefpunkten ist Absicht und Ausdruck der Gestaltungskraft der neuen Führung unter Raphaela Birrer.

Es scheint ein wahrer Wettbewerb entbrannt zu sein, wer das Niveau schneller und kräftiger senken kann. Vorne dabei ist immer Philipp Loser, begleitet von Andreas Tobler und anderen Schreibpfeifen.

Nun meinte ZACKBUM, Aleksandra Hiltmann, eine der Rädelsführerinnen des famosen Klagebriefs von 78 erregten Tamedia-Mitarbeiterinnen, sei nach genügend Schamfrist entsorgt worden, also gefeuert. Aber offensichtlich kommt sie durch eine Hintertüre wieder rein und schreibt:

Steile These, barer Unsinn. Die überwiegende Mehrheit der «Leute mit Migrationshintergrund» macht darum kein spezielles Gewese, und kommt «in der Öffentlichkeit» genauso wie der lupenreine Schweizer rüber.

Was dann folgt, in Zusammenarbeit mit Nicole Philipp, ist ein ellenlanger Artikel, der zwar in der «Republik» erscheinen könnte, aber in jeder journalistischen Ausbildungsstätte als ungenügend, umprofessionell, einseitig, langfädig und als unerquicklicher Thesenjournalismus zurückgewiesen würde.

Denn um die steile These am Anfang zu belegen, folgt zunächst eine Lobhudelei der Plattform «Baba News». Kaum hat es sich hier ausgehudelt, kommt ein einziger Wissenschaftler vom völlig unparteiischen «Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft» (FÖG) zu Wort, der wunschgemäss die steile These bestätigt.

Das steuert dann auf den Höhepunkt des Flachsinns zu: «(Der Wissenschaftler, Red.) Udris wie auch Chefredaktorin Muharti (von «Baba News») wissen: der Diskurs über Migration, Zuwanderung und bestimmte Bevölkerungsgruppen in der Schweiz hat Folgen.»

Sagen wir so: eine Redaktion, in der der zuständige Redaktor, der Tageschef, der Blattmacher, der Ressortleiter und wohl auch die Chefredaktorin einen solchen Nullsatz in einem Nulltext stehen lässt, hat jeden Anspruch auf Qualität aufgegeben.

Eine Redaktion, die die Autoren nicht darauf hinweist, dass der Artikel sich ja schreiend selbst widerspricht, indem es offenbar sogar eigene Plattformen für «Leute mit Migrationshintergrund» gibt, die allerdings im Fall von «Baba News» nur schlappe 20’000 Follower auf Facebook haben, was wiederum bedeutet, dass das Bedürfnis nach solchen einseitigen Geschichten sehr überschaubar ist, eine solche Redaktion, die das Machwerk nicht zur Überarbeitung zurückweist und um Kürzung um 75 Prozent bittet, ist verloren.

Ins Bild passt, dass auch Tagi-Redaktor Beat Metzler weiter sein Steckenpferd reiten darf: «Der M-Wort-Streit erreicht die Universität Zürich».

Was ist von einem Redaktor zu halten, der sich selbst so charakterisiert: «Metzler begann seine journalistische Tätigkeit als ahnungsloser freier Mitarbeiter bei verschiedenen Zürcher Lokalzeitungen.» Er behauptet zwar, seine Ahnungslosigkeit dann abgelegt zu haben. Schriftlich widerspricht er sich allerdings selbst. In absurd korrektem Gender-Speak fährt er fort: «Auch Historikerinnen sind sich nicht einig, wie man mit rassistischen Häuserbeschriftungen umgehen soll.»

Dann berichtet Metzler über eine Podiumsdiskussion, bei der es immer noch um die beiden Häusernamen «Zum Mohrenkopf» und «Zum Mohrentanz» ging. Stehenlassen, abkratzen, überdecken, «kontextualisieren»? Hier und bei der Frage, was das Wort «Mohr» eigentlich bedeute, muss Metzler doch tatsächlich das M-Wort (nicht zu verwechseln mit dem N-Wort!) in die Tasten hauen. Das muss ihm ausgesprochen schwer gefallen sein, dem Armen.

Allerdings verschwendet auch er viel zu viel seiner wenigen Energie auf diese absurden Sprachtänze. Denn wer «M-Wort-Streit» in einen Titel schreibt, ist bekloppt. Eine Redaktion, die das durchlässt, ist verloren. Oder sagten wir das schon? Wer behauptet, das seien «rassistische Häuserbeschriftungen», nimmt völlig einseitig und unwissenschaftlich Partei, unjournalistischer geht’s nicht mehr. Wer von «Historikerinnen» schreibt, führt die Lachnummer auf, dass es hier offenbar keinen Streit unter Historikern gibt.

Auch das müsste alleine aus diesen Gründen in jeder Journalistenschule als abschreckendes Beispiel an die Wand genagelt und mit Karacho zurückgewiesen werden.

Es scheint aber so, als ob sich Tamedia immer mehr aus solchen Abfalleimern bedienen wollte. Um das dann hinter der Bezahlschranke den fluchenden Lesern zu servieren. ZACKBUM fragte sich bislang, ob es Zufall oder Absicht sei, möglichst viele Leser vergraulen zu wollen. Inzwischen sind wir uns sicher: es muss Absicht sein.

 

Neues von der Inquisition

Das Sanctum Oficium der katholischen Kirche ist abgeschafft. Das erledigen heute andere.

Roger Waters (79) ist Mitgründer der Supergroup Pink Floyd. Und ein kantiger Geist, der nicht nur deutliche politische Ansichten hat, sondern die auch äussert. Selbst die NZZ sah sich schon bemüssigt, ihn deswegen anzupinkeln:

«Achtung, Roger Waters ist wieder unterwegs. … breitbeinig und zielbewusst in alle möglichen Fettnäpfe … Plattform für diesen Wüterich … sein aufgeblasener Idealismus und seine Besserwisserei lassen ihn oft als Ritter von hässlicher Gestalt erscheinen.»

Das sieht auch der Münchner Oberbürgermeister (oder der «Stadtpräsident», wenn man dem Tagi glauben will) so. Der möchte nämlich ein Waters-Konzert im Olympiapark absagen. Der Betreiber soll doch bitteschön prüfen, «ob dieses Konzert tatsächlich stattfinden muss».

Kein Konzert muss stattfinden, das ist soweit richtig. Wieso sollte dieses nicht stattfinden? Anscheinend, weil Waters Mitglied bei der Boykott-Bewegung BDS ist. Das steht für «Boycott, Divestment and Sanctions» und ist gegen die israelische Besatzung- und Ausbeutungspolitik gerichtet. Diesem losen Zusammenschluss gehören auch antisemitische Gruppierungen an.

Nun kann man sich seine Gesellschaft nicht immer aussuchen, so ist auch Orbáns Partei im Europaparlament brüderlich in der christlich-sozialen Fraktion aufgehoben, der auch die CDU angehört. Zusammen mit anderen weit, weit rechts stehenden Parteien. Dann soll Waters noch Sätze gesagt haben wie: «Der Zionismus ist ein hässlicher Fleck, der sanft von uns entfernt werden muss.» Wobei immer versucht wird, Kritik am Zionismus, die durchaus berechtigt ist, als Kritik am Judentum oder an Israel zu denunzieren und sie damit als antisemitisch abzuqualifizieren. Wobei Antizionismus und Antisemitismus keinesfalls das Gleiche ist.

Auch zur Ukraine hat Waters seine Ansichten, in einem offenen Brief an die aus der «Vogue» bekannte Gattin des ukrainischen Präsidenten erinnerte er sie daran, dass Selenskij seine Wahlversprechen nicht gehalten habe. Er endete mit dem nachdenklichen Satz:

«Wenn ich falsch liege, helfen Sie mir bitte, zu verstehen, wie

Solche Nachdenklichkeit ist die Sache der modernen Medien nicht. So echot Beat Metzler von Tamedia die Boykottversuche des Münchner «Stadtpräsidenten» und findet natürlich nach kurzer Suche auch Organisationen in der Schweiz, die den Auftritt von Waters im Zürcher Hallenstadion verhindern wollen.

So zitiert er den Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebundes: «Wenn Roger Waters seine Konzerte für die Verbreitung hetzerischer Botschaften nützt, sind auch die Veranstalter mitverantwortlich.»

Ins gleiche Horn stösst auch «Stephanie Graetz, Geschäftsleiterin der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus». Laut ihr «müsste die Hallenstadion AG Roger Waters eine klare Bedingung stellen: «Ohne Distanzierung von den problematischen Aussagen gibt es keinen Auftritt.» Nun gelte es, das Konzert zu beobachten. Falls sich Waters auf der Bühne rassistisch oder antisemitisch äussert, kündigt Graetz rechtliche Folgen an.»

Im Rahmen der Meinungsfreiheit kann man solche inquisitorischen Ansichten äussern. Nicht erlaubt ist allerdings Unfug wie «ohne Distanzierung kein Auftritt». Wer meint diese Dame, wer sie ist? Die moderne Ausgabe der Inquisition?

Im Rahmen der journalistischen Sorgfaltspflicht und Verantwortung vermisst man allerdings die Einordnung durch Metzler, dass es wohl nicht angehen kann, die Absage von Konzerten zu fordern, weil einem politische Aussagen des Künstlers nicht passen. Man vermisst die Einordnung, dass solche Forderungen bei Auftritten von linken Künstlern niemals erhoben werden, die beispielsweise die Maduro-Diktatur in Venezuela oder das post-castristische Regime auf Kuba unterstützen, die beide zur Verelendung der Bevölkerung geführt haben.

Auch nicht von den Gegnern dieser Regimes. Es ist beelendend, dass diese Form von inquisitorischem Rigorismus unkommentiert publiziert wird. Immerhin bekommt Waters im Artikel das Schlusswort:

«Vor den Konzerten seiner aktuellen Tour lässt er folgende Warnung einblenden: «Wenn du einer dieser ‹Ich mag Pink Floyd, aber ich kann Rogers Politik nicht leiden›-Typen bist, dann könntest du gut daran tun, dich jetzt sofort an die Bar zu verpissen.»»

Was bei all diesen Schreihälsen mit bombenfesten Wissen, was gut ist und was böse, schlichtweg fehlt: die Teilnahme an einem Konzert, bei dem ein Künstler Rastalocken trägt, als Weisser schwarze Musik spielt, mit geballter Faust linke Solidarität einfordert oder sich kritisch gegenüber Israels Besatzungspolitik äussert, ist freiwillig.

Wem das nicht nicht passt, kann sich problemlos zu einem persönlichen Boykott entscheiden. Oder er kann mit einem Protestschild vor dem Eingang aufmarschieren. Aber es allen verbieten wollen? Genau das wollte auch die Inquisition. Bis sie endlich abgeschafft wurde. Nur um in neuer Gestalt als Wiedergänger im aufgeklärten 21. Jahrhundert gespenstisch diesen alten Mief zu verbreiten.

 

Oh Mohr, du Mohr, du

Beim Tagi gibt’s keine Kontrollen mehr.

Das Abkratzen von Inschriften gehört zum guten Brauch der Sieger. Namen, die vorher in hohen Ehren standen, sind plötzlich in Ungnade gefallen. Weg mit ihnen.

Eine besonders absurde Variante findet gerade in Zürich statt. Das Wort des Anstosses ist «Mohr». Es gab schon ein Riesengebrüll, als sich ein Zuckerbäcker weigerte, das seit Jahrzehnten in seinem Betrieb hergestellte Naschwerk umzubenennen. Denn das hiess und heisst «Mohrenkopf». Furchtbar.

Weniger resistent erweisen sich uralte Inschriften an Zürcher Häusern. Da die Stadt keine wichtigeren Probleme hat, wurde beschlossen, diese schändlichen Begriffe abzukratzen. Nein, nicht ganz, die zivilisierte Nummer ist heutzutage, sie abzudecken. Damit keine empfindliche, vermutlich schwarze Seele Schaden nimmt.

Ein Mohr, der tanzt? Geht gar nicht.

Aber auch hier ist der Mohr resistent, vielleicht gar resilient. Denn gegen dieses Abdecken, was eine Baubewilligung braucht (aber keinen IQ-Test voraussetzt), seien Rekurse eingereicht worden, behauptete Stadtpräsidentin Corine Mauch. Aber das stimme gar nicht, musste sich nun das Stadtpräsidium korrigieren.

Der Tagi schreibt dazu: «Am letzten Mittwoch debattierte der Zürcher Gemeinderat über die von der Stadt geplante Abdeckung von zwei Häusernamen im Niederdorf, die das rassistische Wort «Mohr» enthalten».

Autor Beat Metzler räumt in seiner Selbstdarstellung freimütig ein: «Metzler begann seine journalistische Tätigkeit als ahnungsloser freier Mitarbeiter bei verschiedenen Zürcher Lokalzeitungen.» So weit, so ehrlich. Dann fährt er aber fort: durch die Arbeit im «Hintergrund» des Tagi habe sich «die Ahnungslosigkeit ein wenig gelegt».

Das täuscht. Denn das Wort «Mohr» war nicht rassistisch, als diese Inschriften angebracht wurden. Es ist’s auch heute nicht. Ein Blick in jedes beliebige etymologische Nachschlagewerk belehrt:

Mohr bezeichnete zunächst einen «Bewohner Mauretaniens (Marokkos), Äthiopiens», dann auch einen Menschen mit dunkler Hautfarbe, und ist eine Entlehnung aus lateinisch Maurus, «Bewohner der nordafrikanischen Provinz Mauretanien, Maure, Nordwestafrikaner».

Die Mohren oder Mauren waren in Spanien bis zur Reconquista leuchtende Vorbilder an Zivilisation, Toleranz und Aufklärung. Wer auf Spanisch «moros y cristianos» verspeist, ist keinesfalls ein Kannibale, sondern futtert (schwarze) Bohnen mit (weissem) Reis.

Irrtum eins all dieser Sprachreiniger ist, dass man durch das Ausmerzen angeblich rassistischer Begriffe Rassismus bekämpfe. Irrtum zwei ist, historische Begriffe aus dem Zusammenhang zu reissen. In früheren Zeiten waren die Bezeichnungen Weib oder Dirne für ehrbare Damen reserviert. Wer also aus einem zeitgenössischen Stück das Wort Weib entfernen oder ersetzen will, ist schlichtweg ein Dummkopf.

Gleich ihm ist ein Dummkopf, wer alte Hausinschriften verbergen will. Irrtum drei besteht darin, dass nicht das Wort selbst, sondern sein Gebrauch rassistisch sein kann. Man kann Mohr als respektvolle Bezeichnung verwenden, Schwarzer hingegen als abwertende Bezeichnung. Ein Weisser kann jemand sein, der über seine Hautfarbe beschrieben wird. Oder aber, der Begriff wird für einen arroganten postkolonialen Europäer gebraucht, der sich durch seine Herkunft dunkelhäutigen Menschen überlegen fühlt.

Dennoch bleibt ein Weisser ein Weisser. Ein Schwarzer bleibt schwarz, ein Afroamerikaner bleibt’s ebenso. Wer an die Hautfarbe rassistische Vorurteile knüpft, dem ist es völlig egal, wie die bezeichnet wird. Aber Ahnungslose wie Metzler fallen immer wieder auf Narrative rein und fühlen sich auf der richtigen Seite der Sprachpolizei. Ohne zu merken, wie bar jedes Wissens das ist. Man könnte sich darüber schwarzärgern, wenn das in einer politisch korrekten, blutleeren Sprache erlaubt wäre.

«Rassistische Häusernamen»

Woran man merkt, wenn eine Redaktion den Kontakt zur Realität verliert.

Beat Metzler ist Redaktor im Lokalteil des «Tages-Anzeiger». Er hat ein Stück abgeliefert, das man einrahmen und als Menetekel an die Wand hängen sollte. Zur Erinnerung für künftige Generationen, zu welchen Blüten des Wahnsinns die Sprachreinigung getrieben wurde.

Gleichzeitig legt diese Stück Zeugnis dafür ab, dass bei Tamedia jegliche Kontrollmechmanismen – Qualität, Sprache, Duktus, Inhalt – ausser Kraft gesetzt werden, wenn es um Sprachphobien geht.

Statt dem Redaktor diesen Schund um die Ohren zu hauen und ihn zur Überarbeitung ins Home Office zu schicken, wird der zahlende Leser damit belästigt.

Wir zitieren nur die Einleitung dieses Stücks Sprachverluderung:

«Ihre Zeit schien schon abgelaufen. Doch nun dürfen sie bleiben, auf unbestimmte Dauer – die Inschriften im Zürcher Niederdorf, die das rassistische Wort «Mohr» (in diesem Text fortan «M-Wort») enthalten

Echt jetzt, M-Wort?

Auslöser dieses Unsinns ist das «Kollektiv Vo da». Bei ihm paaren sich bruchstückhafte historische Kenntnisse mit beinharter Haltung und Gesinnungsterror: «Aber man kann nicht beides haben: eine antirassistische Stadt und rassistische Zeichen an den Häusern.»

Man kann nicht beides haben: alle Tassen im Schrank und das M-Wort. Dummheit ist zwar unbesiegbar, aber wir geben nicht so schnell auf.

Die einzig gute Nachricht: dieser Akt der gutgemeinten Barbarei ist in die ferne Zukunft verschoben.

 

 

5:1 für die Zürichsee-Zeitung

Zwei Redaktoren, ein Thema. Vor dem Tamedia-Streichkonzert wird gewetteifert.

Vor der grossen Entlassungswelle bei der Tamedia-Gruppe ab Juni 2021 (Zackbum berichtete) geben die Regional-Redaktionen nochmals alles, um die interne Konkurrenz auszustechen. Aktuelles Beispiel: Die geplante Sanierung der Pfauenbühne in Zürich. An die Medienkonferenz von vergangener Woche kam vom «Tagi» Beat Metzler, die Zürichsee-Zeitung beorderte Michel Wenzler. Aus dem gleichen Verlag also zwei Journalisten, die dann jeweils im Regionalteil berichten. Genau ein Fall also, der bald nicht mehr vorkommen soll im Hause Tamedia. Zum Thema Sparen sagte kürzlich Nicole Bänninger zu zackbum.ch nämlich: «Dies bedingt eine noch engere redaktionsübergreifende Zusammenarbeit».

Was ist denn gut an den Artikeln, was nicht? Wer war wo besser?

Speziell an beiden Artikel ist, dass das gleiche Foto von Thomas Egli, eine Totale des Saals, verwendet wurde. In der Zürichsee-Zeitung (ZSZ) wurde das Bild aber noch so aufgehellt, dass es schon fast unwirklich erscheint. Journalistisch heikel, ästhetisch aber topp. 1:0 für die ZSZ.

Lustig: beide Artikel haben fast den gleichen Titel. Zufall oder ein Spass der Abschlussredaktoren? «Der 94 Jahre alte Saal soll weg» beim Tages-Anzeiger (TA) vs. «Und der Saal soll doch weg». Auch hier geht der Punkt an die ZSZ. Denn ihr Titel nimmt noch Bezug auf den Befehl des Stadtzürcher Gemeinderats an den Stadtrat, verschiedene Sanierungsszenarien aufzuzeigen. 2:0 für die ZSZ.

Auch beim Gesamteindruck geht der Punkt an die SZS. Ein 5-spaltiges Bild über dem Text wirkt besser als ein Vierspalter neben einem Einspalt-Text. Zudem arbeitet die ZSZ mit einem lesefreundlichen Kasten, wo die Gegner auf einen Blick zu Wort kommen. 3:0 für die ZSZ.

Die beiden Texte sind solide, mit einigermassen spannenden Einstiegen. Doch wie im Tagesjournalismus üblich werden Aussagen aus der Medienmitteilung eins zu eins übernommen. «Die Haustechnik befindet sich in einem schlechten Zustand», schreibt Metzler. Differenzierter ist da Wenzler. «Dass etwas getan werden muss, ist weitgehend unbestritten». Weil die ZSZ dem Thema bedeutend mehr Platz einräumt, geht auch dieser Punkt an die ZSZ. Es steht schon 4:0.

Wirklich lieblos sind die Zwischentitel gesetzt, zumindest beim Tagi. Im ganzen Text ein einziger und erst noch bieder mit «Kosten: 115 Millionen Franken». Die Zürichsee-Zeitung kontert mit «Freie Sicht auf die Schuhe». Das gefällt besser. 5:0.

Beat Metzler brachte das Kunststück fertig, praktisch bei jedem Zitat das Verb «sagte» zu benutzen. Dazu gehen die Meinungen auseinander. Die einen finden, immer das gleiche Verb sei langweilig, die anderen sind überzeugt, dass genau das den Text lesbarer mache. Ein Trostpunkt für den Tagi also: 5:1.

Das klare Endresultat: 5 zu 1 für die ZSZ in Wädenswil gegen das Mutterhaus an der Werdstrasse in Zürich.

Beat Metzler hat sein Heimspiel (Redaktionsitz in Zürich, wie der Pfauen) versemmelt. Michel Wenzler, hergereist aus der ZSZ-Redaktion in Wädenswil, hat gekämpft für die angeschlagene ZSZ und in der Blattkritik mit 5:1 gewonnen. Angeschlagen ist die ZSZ darum, weil bei grossen Sparrunden immer zuerst in Aussenstationen der Hebel angesetzt wird.

Sicher ist: So eine Übung mit zwei Journalisten aus dem gleichen Verlag wird es ab Frühling 2021 nicht mehr geben. Und das ist gar nicht mal so schlecht, auch wenn die Vielfalt verloren gehen wird.