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Corona is back!

Entspannung auf den Redaktionen. Ukraine bekommt Konkurrenz.

Bislang fiel es nur Einzelnen auf, so der unermüdlichen Corona-Kreische Marc Brupbacher. Aber inzwischen erreicht es auch Qualitätsorgane wie «watson»: die Pandemie ist zurück. Die Seuche. Wenn sie uns schon das letzte Mal nicht alle ins Grab brachte, dann vielleicht diesmal?

Himmel, hilf. Nein, falsch, in solchen Zeiten ist es höchste Zeit für den Ratschlag des Fachmanns. Fast wäre man verleitet zu sagen, dass unsere Leichen noch leben. Aber das wäre natürlich unfair gegenüber einem der grossen Kriegsgewinnler bei Corona, Part I. Da schob sich nämlich in der Schweiz ein vorher völlig unbekannter Forscher plötzlich in die Pole Position und überstrahlte seine vielen Mitbewerber mit unermüdlichen Medienauftritten.

Wie ein Virus setzte er sich auf jedes Mikrophon, jede Kameralinse, infizierte unzählige Wortbeiträge. Mit dem Abklingen der Pandemie wurde es auch deutlich ruhiger um ihn. Aber dank der neuen Variation des Virus können wir aufatmen (natürlich nur hinter einer Mundmaske): Marcel Salathé is back!

Wir fragen uns natürlich: und wo ist Emma Hodcroft, die mit den Waffen einer Frau kämpfte und auch zum Inventar gehörte? Was ist mit Christian Althaus, der damals den Wettbewerb «wer sagt die meisten Toten voraus?» haushoch gewann? Nun, sie werden sich sicherlich noch melden.

Aber zurzeit gehört die Bühne Salathé:

Er gibt sich nun aber geläutert, was Zukunftsprognosen betrifft: «Die einzige Aussage, die ich mit grosser Sicherheit wage zu machen, ist, dass wir vom Coronavirus noch viel Neues erwarten dürfen.» Um zu einer solch luziden Erkenntnis zu kommen, muss man natürlich studiert haben und Professor an der ETH sein.

Leider bedeutet das, dass er für das Interview nicht allzu viel hergibt: «Aber ob das in absehbarer Zeit passiert, in zehn oder hundert Jahren, das lässt sich unmöglich sagen … Es ist noch früh, darüber gesicherte Aussagen zu treffen … Das kann man nicht abschätzen – es gibt zu viele unbekannte Faktoren.» Blöd auch, man spürt den Frust des Interviewers. Der steigt fast ins Unermessliche bei der Antwort auf die Frage, ob sich der Epidemiologe denn nun wieder impfen – vornehm «boostern» lasse: «Ich werde dieses Jahr wahrscheinlich darauf verzichten. Ich impfte mich bereits dreimal gegen das Coronavirus und fing mir insgesamt schon drei natürliche Infektionen ein.»

Das ist natürlich alles bedenklich frei von Endzeitstimmung. Aber bevor der Interviewer das Gespräch frustriert abbricht, hat Salathé noch ein Zückerchen parat, eine technologische Entwicklung, «die mir allerdings Bauchschmerzen bereitet.»

«Erzählen Sie», japst der Interviewer begeistert.

«Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber wir unterschätzen, wie einfach es in zehn oder zwanzig Jahren sein wird, neue und gefährliche Erreger im Labor heranzuzüchten.»

​Immerhin, ein Teufel ist da, wunderbar. Dann noch leicht Kritisches im Rückblick: «Es ist kein Geheimnis, dass die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Behörden nicht optimal verlief.»

Ds ist nun sehr vornehm ausgedrückt; die Task Force des Bundesrats verselbständigte sich und meinte, öffentlich allen haftungsfreie Ratschläge erteilen zu dürfen, sie wurde zum Ego-Booster für die beteiligten Wissenschaftler, die endlich auch mal einen Platz an der Sonne der öffentlichen Aufmerksamkeit erobern wollten.

Bei so viel Bescheidenheit gönnt die «Aargauer Zeitung», von wo «watson» das Interview übernommen hat, dem Wissenschaftler noch einen staatsmännischen Abgang: «Es ist schliesslich meine Pflicht als Wissenschafter und Bürger, mich mit meinem Wissen einzubringen.»

Da sind wir mal gespannt, wie der anschwellende Bocksgesang der von medialer Aufmerksamkeit längere Zeit depravierten Wissenschaftler sich zukünftig gestalten wird. Unsere sichere Prognose: mit so zurückhaltenden Worten gibt es da bald keinen Blumentopf mehr zu gewinnen. Alarmschreie, Todesgekreische, wilde Forderungen nach Zwang, Maskenschutz, Impfen, Separieren müssen her. Die Warnungen vor einem zusammenbrechenden Gesundheitssystem, überlasteten Notfallstationen, über Kämpfe um Atemgeräte müssen endlich wieder kommen. Wann wagt es der Erste, über Leichenberge vor den Spitälern zu fantasieren?

Diesmal kann man einfach in den Fundus vom letzten Mal greifen, das ist doch nicht so schwierig.

 

Ex-Press XLVII : Blubber-Blasen

Blüten aus dem Mediensumpf.

Diesmal widmen wir uns, Überraschung, herausragend blöden Meldungen und Aussagen. Nein, diesmal fangen wir nicht mit «watson», sondern mit dem «Blick» an.

Der hat es geschafft, den Alt-Milliardär Hansjörg Wyss zu einem Videochat zu bewegen. Früher wäre das unter Sozialdienst für ältere Mitbürger durchgegangen, heute heisst das «Phantom-Milliardär bricht sein Schweigen».

Was bricht das Phantom so? Nun, die üblichen Anekdoten aus dem Leben eines Milliardärs:

«Zugegeben: Wir sind auch etwas verwöhnt und haben die Möglichkeit, mit meinem Flieger gefahrlos beispielsweise nach Kalifornien zu fliegen.»

Das ist schön für ihn, was hält er denn so von der Schweizer Corona-Politik und der SVP? «Da fehlt es an Intelligenz.» Gut hingegen, dass Wyss aushelfen kann, zum Beispiel mit seiner intelligenten Meinung zur EU: «Der Bundesrat hätte niemals die Verhandlungen abbrechen sollen. Das kann ich nicht verstehen, so etwas macht man doch nicht.»

Und wenn man es macht, was passiert dann? «Wir werden wie Pakistan behandelt werden.» Die Schweiz, das Pakistan Europas, furchtbar. Aber nochmals zur dummen SVP: «Diese Partei ist eine grosse Gefahr für die Schweiz und hat nicht erkannt, dass wir in einer international vernetzten Welt leben. Der SVP ist es am wichtigsten, dass die Schweizer Fahnen in jedem Dörfchen wehen.»

Gut, lassen wir Wyss mit seinem Flieger problemlos wegfliegen. Hat der «Blick» noch mehr zu bieten? Aber sicher, da wäre ja noch der Niederländer Jan-Egbert Sturm. Denn «nur wenige kennen und verstehen die Weltwirtschaft so gut wie» der Leiter der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich. Ausserdem ist er «seit Februar 2021 Vizepräsident der Corona-Task-Force des Bundes».

Was für eine Erkenntnis dieser Koryphäe der Weltwirtschaft, kann man nicht oft genug wiederholen:

«Es kann schon noch einige Monate dauern, bis die Lieferengpässe beseitigt sind.»

Wer über den Weltwirtschaftsversteher schmunzelt, tut Sturm aber Unrecht. Denn das stimmt, und daher unterscheidet sich diese Aussage von all seinen Konjunkturprognosen für die Schweiz. Mit denen liegt er nämlich nicht mal im 50 zu 50 Schnitt. Sondern haut prinzipiell daneben. Daher trägt sein Institut in Fachkreisen auch den Übernamen DOF.

Doch, einer geht noch. Die «Blick»-Knutschkugel Alain Berset hat herausgefunden, dass wir in einer «unkonventionellen Krise» stecken. Wahnsinn, aber daher braucht es auch unkonventionelle Massnahmen wie das Spritzengeld von 50 Franken. Aber gut, wenn das den Kantonen nicht passt, dann kann man’s auch lassen. Deswegen hat der «Blick» seinen Liebling nicht weniger lieb.

Wir gehen nun an die Spitze – des Alphabets

Nein, liebe «watson»-Fans, wir gehen nun alphabetisch vor, und obwohl der Wanner-Clan hinten im Alphabet steht, die «Aargauer Zeitung» ist ganz vorne und ganz nah:

Wie steht es denn nun mit den Räben, und was hat ein Kohl-Bauer damit zu schaffen? Im Artikel selbst entfaltet sich hier eine sozusagen jede Krume umdrehende Reportage. Denn der Kohl-Bauer baut die Kohl-Art Räben an. Hätten wir nicht gewusst. Und wie eine Nachfrage beim Präsidenten des Bauernverbandes ergibt: «Der Räbenertrag ist sehr gut und vergleichbar mit dem letzten Jahr.» Also alles kein Problem:

«Wer noch Räben brauche, solle sich also bei ihm melden, fügt er an.»

Auch weitere knallharte Recherchen, so bei der Migros Aare, fördern keine Räben-Knappheit zu Tage. Wieso um Himmels willen gibt es dann in Niederlenz keinen «Räbeliechtliumzug»? Damit müsste doch dieser Artikel enden, um jede Menge Journalistenpreise abzuräumen. Aber: «Die Schule Niederlenz war aufgrund der Herbstferien nicht für Nachfragen erreichbar.»

Hatte so gut angefangen …

Hat denn CH Media noch weitere Höhepunkte zu bieten? Schlägt das dem Fass die Krone ins Gesicht, den Boden aus und überhaupt?

Geht so? Ach, aber schliesslich hat CH Media ja noch seine Geheimwaffe, die publizistische Leiter nach unten:

Nein, das hat nichts mit Jolanda Spiess-Hegglin zu tun. Nein, das ist auch soweit inhaltlich korrekt, was zwar bei Pascal Hollenstein erstaunt, aber vorkommen kann. Das Problem ist nur: die Story ist alt. Uralt. Steinzeitalt. Wurde überall schon gespielt. Gähn. Schnarch. Aber wenn man im Impressum gleich unterhalb von Gottvater Wanner steht, traut sich halt keiner, auf solche Details aufmerksam zu machen.

Hat Hollenstein das hier nach 40 Tagen erblickt?

Gut, ZACKBUM gibt zu, «watson» böte auch heute wieder jede Menge Spass und Tollerei. Aber manchmal muss man stark und streng sein, nein sagen können.

Wir greifen nun nicht tiefer, sondern höher

Deshalb nicht ein Griff ins Klo, sondern nach oben. Genau, da kann es nur the one and only geben:

«Doch es wäre fast», auch Eric Gujer leidet etwas unter dem Problem, dass fast ein Wunder nötig wäre, damit sich jemand traut, an seiner Titelgebung leichte Kritik anzubringen. Das gilt natürlich auch für Texte seiner Göttergattin, selbst wenn die gemeinsame Hotelaufenthalte beschreiben.

Einfach zum Mitschreiben: wenn etwas fast wäre, dann ist es nicht, wird es nicht, denn Wunder gibt es immer wieder, wie der Schlager weiss, aber fast sind sie eben nicht zu haben. Und wieso «doch» hier überleiten soll, ob es als Adverb, Konjunktion oder gar Partikel gebraucht wird, da fehlt Heuer dann schon schmerzlich.

Aber, wer gelegentlich zweifeln sollte, ob die NZZ nicht weiterhin das Sprachrohr des Grosskapitals, der Finanzhäuser, des Bürgertums, der Kapitalisten sei, hier wird er beruhigt:

Es menschelt aber auch immer wieder in der NZZ:

Wir wollen diesen Dreisprung aber versöhnlich ausklingen lassen. Alleine dieses Angebot, und das ist nur ein Ausschnitt, zwei weitere Dreistöcker folgen noch, dann Videos und weitere Empfehlungen, also alleine dieses Angebot eines Augenblicks enthält mehr Stoff als in CH Media, Tamedia und «Blick» in einer Woche erscheint. Und nein, wir machen uns keine grossen Hoffnungen, unter Gujers Regentschaft jemals wieder in der NZZ schreiben zu dürfen.

Der Corona-Pranger von CH Media

Die AZ zeigt, wie man Leute am besten blamiert.

Vor einigen Tagen lagen in den Briefkästen von Merenschwand (AG) seltsame Flyer. «So schützen wir uns», wurde da empfohlen, und zwar mit «Humor», «Lebensfreude» usw. Und vor dem Bundeshaus und den Medien sollte mindestens 5 Kilometer Abstand gewahrt werden. Eine betroffene Merenschwanderin schaltete natürlich sofort die Gemeinde ein und diese verständigte logischerweise gleich die Regionalpolizei. Alles in allem: Eine hübsche Dorfposse.

Leider informierte die Meerenschwanderin auch gleich die Aargauer Zeitung. Schliesslich sei der Flyer «nicht ungefährlich». Was tat der diensthabende Redaktor? Er setzte sich an den Rechner und bastelte sich einen Text. Eins und eins gibt zwei, wird er sich gedacht haben, und schrieb: «Wer den Flyer in die Merenschwander Briefkästen verteilt hat, ist bisher unbekannt. Aufgrund des Inhalts liegt allerdings der Verdacht nahe, dass die umstrittene Coronakritikerin XY dahinter stecken könnte.»

Die Coronakritikerin wird im Artikel dreimal mit vollem Namen genannt. Der Redaktor verzichtete auf eine Anfrage bei ihr. Bei «Coronakritikerinnen» muss der Journalistenkodex anscheinend nicht angewandt werden.

Ist ja nur eine Coronakritikerin

Auch die Pressestelle von CH Media hat mit der Blossstellung kein Problem. Sie schreibt: «Das Verteilen von anonymen Flyern in Briefkästen ist sicher nicht illegal (…) Deshalb ist eine Anhörung von Frau X in diesem Fall nicht zwingend. Zudem schreiben wir im Artikel lediglich, der Verdacht liege nahe, dass Frau X die Urheberin sein könnte – dies aufgrund ihres bisherigen Verhaltens und ihres Wohnorts in Merenschwand.»

Solche Aussagen sind eigentlich noch gefährlicher als das Verteilen dämlicher Flyer. Die Dorfposse geht aber weiter. Ein paar Minuten nach der Antwort der Medienstelle, schreibt die Beschuldigte eine E-Mail an die Aargauer Zeitung: «Ich habe diese(n) Flyer, von denen (sic!) Sie in ihrem Bericht schreiben, nicht verteilt.»

«Der Rest bleibt»

Auf die Frage hin, ob jetzt endlich der Name der «Coronakritikerin» aus dem Artikel entfernt wird, schreibt die Pressestelle zurück: «Der erwähnte Paragraph wurde angefügt. Der Rest bleibt.»

Das ist eigentlich nicht mehr zu toppen. Die Aargauer Zeitung beschuldigt eine Frau einer Tat und nennt sie beim vollen Namen. Die Frau beschwert sich natürlich bei der Redaktion. Und diese ändert nichts am Text, sondern fügt im Text lediglich ihre Beschwerde an – natürlich mit allen Rechtschreibefehlern.

Ein schönes Beispiel, wie man von A bis Z alles falsch machen kann.

Alpamare auf dem Mond

Wie sich Medien mangels Fachkompetenz einseifen lassen.

186 Seiten stark ist das Jahrbuch Qualität der Medien 2020. Es liest sich so, wie Fachbücher halt geschrieben werden. Ein bisschen Leidenschaft flammt bei den Autoren nur dann auf, wenn sie über die Hörigkeit der Schweizer Journalisten gegenüber den Virologen herziehen:

(…) Gesamthaft aber erfolgte der Umgang mit Zahlen zu wenig einordnend und zu wenig kritisch-distanziert. (S.10) Der Wissenschaftsjournalismus ist unverzichtbar für die Vermittlung wissenschaftlichen Wissens in der Gesellschaft, aber auch für seine kritische Einordnung. (S.19) Insgesamt betrachtet zeigen Pendler- und Boulevardmedien Ansätze eines «nackten», das heisst unkritischen und kaum einordnenden Vermeldens von Zahlen. (S. 48)

Die vielen Zeitungen von CH Media zählen natürlich nicht zu den Pendler- und Boulevardmedien. Es sind Qualitätszeitungen. Sechs Nasen zählt das Impressum für das Ressort «Leben & Wissen» auf

Dr. Rainer Kayser ist studierter Physiker und Astronom. Er lebt im beschaulichen Husum an der Nordsee. Zu den Kunden des freien Wissenschaftsjournalisten zählen unter anderem die «Zeit» und der «Tagesspiegel». Im «Badener Tagblatt» schreibt er wahrscheinlich seltener. Die AZ hat einen Wissenschaftstext bei ihm gekauft, obwohl das Impressum der Aargauerzeitung eigentlich sechs Nasen für das Ressort «Leben & Wissen» aufzählen kann.

Es geht im Artikel um eine eiligst einberufene Pressekonferenz der Nasa. Die klamme US-Bundesbehörde ist auf ziemlich verlorenem Posten. Wer heutzutage ins All will, braucht die behäbige Behörde immer seltener. Private Unternehmen organisieren Transportflüge billiger, schneller und zuverlässiger.

Kann man bald auf dem Mond baden?

Wer Kaysers Text in der Ausgabe vom Dienstag liest, muss davon ausgehen, dass auf dem Mond ein Swimmingpool entdeckt wurde: «Definitiver Nachweis: Es gibt Wasser auf dem Mond», schreibt er im Titel. Und im Untertitel, der den Titel in der Regel etwas abfedert, wird es noch bunter: «(…) fast doppelt so viel wie bisher vermutet»

Also, sogar ein 25-Meter-Schwimmbecken? Andere Medien sind etwas vorsichtiger:

«Moon May Hold Frozen Water in More Places Than Suspected» (Bloomberg); «NASA Says If Found Water Molecules On The Moon’s Surface»; «The moon may contain more water than previously believed»

Man sollte generell immer etwas kritisch eingestimmt sein, wenn die Nasa jubelt. Und einordnen, ja, das sollte man auch. Der «Spiegel» hat das richtig gemacht und die Wasserfunde präzise eingeordnet: «Viel ist es nicht – als habe man eine 0,33-Liter-Getränkedose auf einem Fußballfeld verteilt.» Eine Meisterleistung war das zwar nicht, die Nasa selbst teilte das mit. Es ist schon seltsam, dass die Behörde vorsichtiger mit ihren Daten umgeht als der Journalist. Die Nasa selbst schreibt:

As a comparison, the Sahara desert has 100 times the amount of water than what SOFIA detected in the lunar soil.

Für die deutschsprachigen Leser: Der Mond ist auch nach den jüngsten Entdeckungen hundert Mal trockener als die Sahara. Diese Einordnung steht natürlich auch nicht im Kayser-Text. Nix mit Alpamare auf dem Mond. Aber wenn jetzt ein Aargauer Leserinnen und Leser feuchte Träume wegen Rainer Kasyer bekommen; meinetwegen.

Die Medienstelle von CH Media findet den Text trotzdem okay. Andere Medien hätten ähnlich getitelt wie ihr Autor. Das macht es auch nicht besser.

 

 

Älteste Redaktorin der Schweiz ist tot

Leny Wyss-Steinmann (104) ist vor wenigen Tagen friedlich verstorben.

Die in Buchs bei Aarau aufgewachsene ehemalige AZ-Redaktorin verantwortete 1940 die Beilage «Die Welt der Frau» der damaligen «Neuen Aargauer Zeitung».

1916, also zwei Jahre vor Ausbruch der Spanischen Grippe, kommt Helena Steinmann in Aarau zur Welt. Zwei Jahre später hilft ihre Mutter Rosa Steinmann im Kampf gegen die grassierende Spanische Grippe als Freiwillige. Sie pflegt kranke Soldaten und begibt sich dadurch selber in Gefahr. Doch Mutter wie auch Tochter kommen davon, im Gegensatz zu etwa 25000 meist jungen Soldaten, , die allein in der Schweiz an jenem Grippevirus sterben.

Eigenheim für 30000 Franken

Die schon seit früher Kindheit «Leny» genannte Tochter wächst zusammen mit ihrem Bruder Erwin, heute 97-jährig, in Buchs bei Aarau auf. Vater Robert arbeitet fast sein ganzes Berufsleben als Kondukteur bei den SBB. Er trat dem Unternehmen 1908 bei, sechs Jahre nach der grossen Bahnenfusion. 1930 baut die junge Familie trotz kargem Lohn ein Eigenheim an der Jakob-Bächli-Strasse. Man ist so sparsam, dass man die 4500 Franken für die 900 Quadratmeter Land bar bezahlen kann. Der Quadratmeterpreis beträgt 1930 lediglich 5 Franken, das heute noch stehende Zweifamilienhaus kostete 30’000 Franken.

Handelsdiplom an der alten Kanti

Leny durchläuft ohne Mühe die Bezirksschule und macht das Handelsdiplom an der alten Kantonsschule Aarau. Das war damals für das weibliche Geschlecht eine grosse Ausnahme. Dann folgt der Master, wie man das heute bezeichnen würde, als Hauswirtschafterin. In den 1930er Jahren hiess das noch Hausbeamtin. Dank diesen vielschichtigen Kenntnissen kommt sie zu einem für jene Zeit höchst ungewöhnlichen Job: Redaktorin bei der «Neuen Aargauer Zeitung». Die wöchentliche Beilage nennt sich «Die Welt der Frau». Dabei sind nicht nur Kochrezepte und Haushaltipps die Inhalte. Im Gegenteil: Oft schneidet Leny Steinmann kontroverse Themen an: «In jede Schulpflege eine Mutter», «Debatte über das Frauenstimmrecht», «Reicht unsere Kraft als Frauen aus?», sowie «Die Frauenrechtlerin hat das Wort». Die Artikel zeigen, wie kämpferisch und selbstbewusst Leny Steinmann schon damals agierte.

Die Artikel lesen sich heute noch flüssig und spannend. Steht am Anfang im Impressum noch Frl. Leny Steinmann, heisst es später: Verantwortlich für die Seite: L. Steinmann. Das ist darum bemerkenswert, weil so das Geschlecht der Autorin nicht mehr erkennbar ist. Der Grund ist nicht mehr klar. Der eine oder andere bissige Kommentar gab’s sicher, etwa: «Auf so ein Frauenzimmer haben wir gerade erst gewartet» oder «das geht auch nur, weil alle Männer im Aktivdienst sind». Leny Wyss-Steinmann, wie die Redaktorin seit ihrer Heirat 1942 heisst, weiss lediglich noch, dass sie weit und breit die einzige Frau auf der Redaktion war. Weil sie wenige Wochen vor ihrem Tod noch ihren 104. Geburtstag feierte, war sie wohl die älteste noch lebende Redaktorin – zumindest in der Schweiz.

Die Liebe in Höngg gefunden

Dass Leny die Redaktorenstelle kündigte, hatte nichts mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun. Bei einem Nebenjob in einem Restaurant in Zürich-Höngg lernte sie den jungen, attraktiven Maschineningenieur Franz Wyss aus Winterthur kennen. Die Liebe schlug sofort ein und 1942 wurde geheiratet.

Weil Peter – so wurde er umgänglich genannt – Wyss einen guten Job hatte und später die Betriebsleitung der Aluminiumwerke in Chippis im Wallis übernehmen konnte, zügelte man nach Sierre. Ganze 73 Jahre sollte Leny Wyss, wie sie nun hiess, in dieser Wohnung bleiben.

2014 näher zur Tochter

Zurück in den Journalismus war für Leny keine Option. Das damals übliche Familienmodell und eine überschaubare Medienlandschaft im Wallis waren Gründe dafür. Zudem war es damals so, dass es beim Staat und bei grösseren Firmen sogar verboten war, dass Ehefrauen einen eigenen Verdienst hatten. Diese Regeln galten bis etwa 1975.

Das Interesse für die Politik, die Kunst und Literatur blieb aber stets im Mittelpunkt. Nach dem Tod des Ehemanns vor 20 Jahren lebte Leny Wyss noch bis 2014 in Sierre. Erst vor sechs Jahren, als ein Augenleiden immer schlimmer wurde, zog sie nach Zürich ins Blindenwohnheim Mühlehalde, keinen Kilometer vom Wohnort ihrer Tochter Christine entfernt. Weil das Lesen immer mühsamer wurde, hörte Leny Wyss viel Radio. Besonders angetan hatte es ihr neben Hörbüchern das Echo der Zeit. Diese Sendung gibt es seit 1945. Schon fünf Jahre vorher war Leny Wyss bei der Aargauer Zeitung tätig. Jetzt ist ihre Stimme für immer verstummt.