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Erregte Tamedia-Frauen

War da mal was? Vor genau einem Jahr? Als der Bauchnabel noch das Zentrum der Welt war.

Manchmal reicht schon ein Jahr Distanz, um die Bedeutungslosigkeit, ja Lächerlichkeit einer Aktion in aller Hässlichkeit zu enthüllen. Wir erinnern uns kurz: Vor einem Jahr lancierten 78 Tamedia-Frauen einen Protestbrief, in dem sie sich über demotivierende, sexistische, diskriminierende, unerträgliche Zustände auf den Redaktionen von Tamedia beschwerten.

Eigentlich war das Schreiben für den internen Gebrauch gedacht gewesen. Aber die beiden Rädelsführerinnen kamen auf die grossartige Idee, es via Jolanda Spiess-Hegglin in die Öffentlichkeit zu transportieren. Obwohl die meisten Unterzeichner gar nicht um Erlaubnis gefragt worden waren. Es gab Schauerliches zu beklagen: Frauen würden «ausgebremst, zurechtgewiesen oder eingeschüchtert».

Ergänzt war der Protestbrief mit einem Ultimatum, dass bis zum 1. Mai 2021 aber ganz radikal was passieren müsse. Und einer Latte von über 60 anonymisierten Beispielen, wie unmenschlich es bei Tamedia zu und herginge. Die Müsterchen waren damals schon lachhaft, sie sind es heute noch:

«Als jemand das Thema Gendersternchen vorschlug, hiess es erst, es sei schon genug «Klamauk» zum Thema gemacht worden. Das richtete sich nicht per se gegen eine Frau, aber gegen die Art des gendergerechten, integrierenden Schreibens.»

«Bei einem Text, der ausschliesslich von der Perspektive junger Frauen handelte, sagte der ältere Vorgesetzte: «Es ist falsch, was du schreibst.»

«An Sitzungen wiederholen Männer oft die Ideen, die in den ersten 5 Minuten von Frauen des Meetings vorgebracht wurden. Die Männer ergänzen die Idee nicht, sondern sagen einfach dasselbe, ohne zu erwähnen, dass die Idee von Kollegin xy stammt.»

«Aber ihr seid doch mitgemeint, wenn man das generische Maskulinum benutzt.» – «Nein, ich fühle mich nicht mitgemeint. Du weisst nicht, wie ich mich fühle.» – «Ihr seid mitgemeint. Das ist historisch so.»

«Es wird uns Journalistinnen nicht zugetraut, entsprechend unseres journalistischen Instinkts und unserer Expertise Themen zu erkennen und journalistisch umzusetzen.»

«In einer Blattkritik wurde der Einstieg eines Textes über den historischen Frauenstreik kritisiert: «Wir sollten ob unserer Begeisterung nicht unser Urteilsvermögen aufgeben.»»

«Ich: «Verdienen Männer hier denn mehr als Frauen, wie ist es so mit der Lohngleichheit?» Antwort, schreiend: «Du musst den Vertrag ja nicht unterschreiben.»»

Was geschah dann? Die (männliche) Führungsriege warf sich in den Staub. Heuchelte Betroffenheit, sah ein Problem, der Oberchefredaktor entschuldigte sich schon mal präventiv für alle Untaten, obwohl keine einzige bewiesen wurde.

Nach diesem mutigen Aufschrei verstummten die Tamedia-Frauen allerdings. Vor allem, wenn man ihnen höflich Fragen stellte.

Was bleibt, ausser viel Schall?

Inzwischen, ein Jahr später, ist die damalige Aufregung Tamedia nicht mal mehr eine einzige Zeile wert …

Damals sollte das stattfinden, was bei Vorwürfen dieser Art Brauch ist: eine Untersuchung, brutalstmöglich. Dazu wurde zuerst, haben wir gelacht, eine der Mitunterzeichnerinnen ausgeguckt. Nachdem es der Führungsriege nach langem Nachdenken auffiel, dass das vielleicht keine gute Idee sei, wurde eine externe Firma mit der Abklärung der anonymen Vorwürfe beauftragt.

Und seither klärt die ab und klärt ab. Und klärt ab. Nachfragen nach allfälligen Ergebnissen, so nach einem Jahr, werden von der Medienstelle vom Tisch gewischt. Die Tamedia-Frauen arbeiten seither klaglos weiter, obwohl nicht bekannt ist, dass sich an diesen frauenverachtenden Umständen etwas geändert hätte.

Sichtbar wurde nur, dass immer häufiger absurden Themen wie Gendersprache, korrekte inkludierende Verwendung der Sprache und ähnlichem Pipifax ganze Mehrseiter gewidmet wurden, die auch in der Retrospektive für Lachsalven sorgen würden, könnte sich jemand noch daran erinnern, mit welchem Bierernst hier die Wichtigkeit eines richtig gesetzten Sternchen beschworen wurde.

Zeitenweise schien es so, dass für Tamedia-Mitarbeiter kein anderes Thema so wichtig sei wie der Kampf gegen die männerdominierte Sprache. Aber der Zeitgeist ist gnadenlos; gelegentlich durchgeführte Umfragen belegten, was sowieso klar war: dem Publikum, dem Leser gehen solche Sprachturnereien schwer an einem gewissen Körperteil vorbei – wenn sie ihm nicht ganz kräftig auf den Sack gehen. Das gilt auch für Leserinnen.

Letzte Kämpfer sind noch am Gerät

Also bemühen sich Kämpfer für eine inkludierende Sprache heute noch, mit Knacklauten, Binnen-I und ähnlichem Schwachsinn ihre Solidarität mit dem unterdrückten Geschlecht auszudrücken. Allerdings fand niemand von diesen Bewegten eine Lösung fürs Problem, dass die Welt bekanntlich neuerdings nicht mehr nur aus Männlein oder Weiblein besteht. Sondern aus einem ganzen Zoo von über 150 verschiedenen sexuellen Orientierungen. Womit nur die gemeint sind, die sich eindeutig zuordnen können, es gibt auch noch das Heer der Non-Binären, die selbst die Definition, ein schwarzer Transvestit mit Migrationshintergrund und aus der Sklaverei stammender Diskriminierung zu sein, als zu einengend empfinden würden.

Aber wenn der Krieg in der Ukraine etwas Gutes hat: all diese selbstverliebte, auf den eigenen Bauchnabel fixierte, krampfhaft nach Möglichkeiten des Leidens suchende Jammerlitanei ist verstummt. Welch eine Wohltat innerhalb von so viel Schrecklichem.

Muppet Show Tamedia

Will der Coninx-Clan noch ernstgenommen werden?

Alle Nostalgiker, die die wundersame Welt der Muppets vermissten, haben einen Realersatz gefunden. «Applaus, Applaus», würde Kermit fuchtelnd fordern, Bühne auf für die Karikaturen eines seriösen Bezahl-Journalismus.

Zunächst gibt es da mal die Recherchier-Truppe, die eins ums andere Mal versucht, aus gestohlenen Geschäftsunterlagen Profit zu schlagen. Mit grossem Trara werden «Leaks» und «Papers» verkündet. Immer geht es um Blutgelder, Diktatoren, weltweite, schmutzige Geldströme.

Bis der Skandal jämmerlich verröchelt. Weil halt nix dran ist. Nebenbei entstehen Kollateralschäden – wie das Schicksal des Geschäftsmanns Jean-Claude Bastos. Beschuldigt, ruiniert, fertiggemacht. Dass am Schluss nichts, aber überhaupt nichts an den Anschuldigungen dran war – was soll’s, die nächsten Papers warten.

Inzwischen jammert sogar Tamedia selber über einen «Skandal, der keiner wurde». Dabei war der Name «Pandora Papers» doch grossartig. Dumm gelaufen.

Sexismus an den Pranger gestellt

Dann sammeln zwei Rädelsführerinnen Unterschriften für einen internen Appell, in dem Männer auf Redaktionen als Sexistenschweine denunziert werden. Es herrschten demotivierende, unerträgliche Arbeitsbedingungen.

78 Frauen unterzeichnen, angehängt ist eine lächerliche Liste von anonymisierten Behauptungen zu Übergriffen. Adressiert ist das Schreiben an die Geschäftsleitung des Hauses. Zeitgleich wird es aber via Jolanda Spiess-Hegglin an die Öffentlichkeit gespült. Die sich ihrerseits darüber beklagt, von Tamedia fertiggemacht zu werden.

Keine der 78 Anklägerinnen ist in der Lage, auf Anfragen zu reagieren; die Untersuchung der Vorwürfe soll zuerst durch eine Mitunterzeichnerin erfolgen, dann extern. Seither ist Grabesruhe zum Thema.

Ach nein, die (männliche) Führungscrew verspricht, dass 40 Prozent Frauenanteil auf allen Hierarchiestufen das Ziel sei. Qualifikation durch Geschlecht; darauf verlassen einige Mitarbeiter mit Pimmel das Haus, weil sie keine Karrierechancen mehr sehen.

Und Frauen mit einem ganz dünnen Rucksack wie Kerstin Hasse erklimmen eine neugeschaffene Position als Chefredakorin für Luft und Laune.

Immer mehr Texte – auch gerne mal über Katzen – werden von der «Süddeutschen Zeitung» übernommen – und auch gerne in den Sand gesetzt.

Der schmatzende Skandal

Ein leitender Redaktor namens Marc Brupbacher beschimpft Bundesräte und Regierende in den übelsten Tönen, kündigt wieder und wieder den Untergang an, sieht den Zusammenbruch des Gesundheitssystems glasklar voraus. Das letzte Mal Mitte Dezember, dann verstummt er verbittert (oder hat endlich einen Maulkorb gekriegt). Um wiederaufzuerstehen mit der Meldung, dass er seine Kinder in Deutschland impfen liess. Die Ärmsten.

Der ehemalige Leiter des ehemaligen Wissen-Bundes schimpft über schmatzende Mitreisende im ÖV. Mein Gott, Walter. Assistiert wird er dabei von einem willfährigen Wirtschaftsredaktor, der sich darüber echauffiert, dass Mitreisende doch tatsächlich «Kaffee in kleinen Schlückchen» zu sich nehmen. Anstatt ihn brandheiss runterzustürzen.

Schliesslich setzt ein produzierender Sesselfurzer zur Kollegenschelte an und pinkelt eine Reportage des ausgezeichneten Journalisten Kurt Pelda an. Nicht, dass er daran inhaltlich etwas aussetzen könnte. Aber die ganze Richtung passt ihm nicht, skrupellose Menschenschlepper im Mittelmeer, wahre Massenmörder, dürften keinesfalls «verteufelt» werden. Da zeige sich bei Pelda, ja bei der Schweiz, der ganzen EU, eine «Geschichtsvergessenheit», doziert Hobbyhistoriker Jörg Dietziker.

Während dieses Drehbuch einer grandiosen Muppet Show aufgeführt wird, schaut die Führungscrew stumm und tatenlos zu. Nicht ganz, sie hat sich präventiv bei den erregten Tamedia-Frauen entschuldigt, Betroffenheit geheuchelt und Besserung gelobt. Obwohl bis heute kein einziger Vorwurf belegt oder bewiesen wäre, die extra dafür zuständige interne Beschwerdestelle keine einzige Klage bearbeiten musste.

Intern spielen inzwischen viele Waldorf und Statler, haben sich auf den Balkon zurückgezogen und motzen intern gelegentlich rein. Aber schön leise, denn nach der Sparrunde ist vor der Sparrunde.

Bei Ringier drüben schafft es CEO und Mitbesitzer Marc Walder im Solo, Glaubwürdigkeit und Vertrauen zu verspielen, indem er ungeniert («das sollte aber unter uns bleiben») verkündet, dass er selbstverständlich weltweit Direktiven ausgibt, wie Themen zu behandeln seien.

Bei Tamedia, so viel alter 68er-Geist muss noch sein, ist’s die Leistung des ganzen Kollektivs.

Es ist aber gar nicht komisch

Unterschiede zur Muppet Show: die war gratis anzuschauen. Die war auch entschieden lustiger. Und so menschlich die Puppen auch wirkten: es war nur ein Spiel. In den Häusern der Medienclans Coninx-Supino und Ringier-Walder ist es aber blutiger Ernst.

Die Frage bleibt: weil die Leser in Scharen davonlaufen, müssen diese Trümmelshows wirklich mit einer Milliarde Steuergelder subventioniert werden? Wenn das Schauspielhaus den «Zerbrochenen Krug» aufführt, wäre das entschieden billiger – und ebenfalls komischer.

Schliesslich ist doch die einzige Frage, die in all diesem Gehampel wirklich interessiert: Kriegt Kermit nun seine Miss Piggy oder nicht?