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Schwarzweiss-TV

«10 vor 10» gibt rechtsradikalen Feministinnen eine Plattform.

Ganze 5 Minuten warf «10 vor 10» auf, um Schweizer Mitglieder der Gruppe «Némésis» zu porträtieren. Sie kämpfen «gegen sexuelle Belästigung von Einwanderern». Die seien nicht ausschliesslich, aber doch überwiegend für solche Belästigungen vor allem im Ausgang verantwortlich, berichtet eine «Sarah» vor laufender Kamera.

Es wird zwar eine kritische Stimme dagegengeschnitten, aber auch Saida Keller-Messahli bestätigt das verquere Frauenbild von muslimischen Männern.

Am Schluss des Berichts wird versöhnlich angemerkt, dass solche «Gegenbewegungen» immerhin eine «Debatte anstossen» würden.

Der SoBli veröffentlichte daraufhin am Sonntag eine Recherche, die den rechtsradikalen Hintergrund diverser Aktivistinnen, darunter auch «Sarah», ausleuchtet. Vor allem weist der SoBli darauf hin, dass es sich hier um einen Ableger der gleichnamigen Gruppierung aus Frankreich handelt. Dort nimmt die Gründerin von «Némésis» kein Blatt vor den Mund: «Wir müssen die weissen Männer erbittert verteidigen.»

In ihren Auftritten in den sozialen Medien gibt sich «Sarah» als militante Rechtsradikale zu erkennen, hat ihre dort geposteten Fotos allerdings entschärft. So habe sie ein Foto gelöscht, weiss der SoBli, «von einem gemeinsamen Abend mit drei Freunden. Einer von ihnen trägt einen Pullover mit dem SS-Totenkopf, das Truppenzeichen von einer besonders berüchtigten Division von Hitlers Schutzstaffel.» Einer kriminellen Verbrecherorganisation, die an vorderster Front für die Judenvernichtung zuständig war.

Dazu habe «Sarah» geschrieben: «Zusammen mit den Legenden.» Das alles macht die Anliegen der jungen Frauen nicht von vornherein verächtlich. Es ist auch durchaus richtig, einen Bericht über ihre Aktivitäten im Schweizer Nachrichtenmagazin zu bringen. Ziemlich schräg wird es allerdings, wenn diese Hintergründe nur ungenügend oder gar überhaupt nicht ausgeleuchtet wurden.

Man überliess es einer Islamforscherin und einer Genderprofessorin, sozusagen die wissenschaftliche Einordnung zu liefern. Damit meinte SRF, der Ausgewogenheit Genüge getan zu haben.

Wie aber SoBli nachwies, fehlte es dem Bericht dramatisch an Hintergrundrecherche; so fehlte auch jede Frage an die interviewte Aktivistin, was es denn mit ihren Verbindungen in die rechtsradikale Szene auf sich habe.

Das ist ziemlich peinlich für SRF, das mit insgesamt 3000 Mitarbeitern eigentlich Manns (und Fraus) genug sein sollte, um einen so langen Bericht in seinem Nachrichtenmagazin sorgfältig vorzubereiten. Aber es kann ja mal passieren, dass etwas durch die Lappen geht. Oder dass die ideologische Brille –Feminismus ist gut, mit welcher Konnotation auch immer – dunkle Flecken hat.

Aber es wäre wohl das Allermindeste, auf einen Recherchebericht des SoBli zu reagieren. Aber die jüngsten Medienmitteilungen von SRF beschäftigen sich nur mit Ankündigungen in eigener Sache und Jubelmeldungen.

Qualitätskontrolle, das ist eines der Schlagwörter, mit denen sich sogenannte Qualitätsmedien vom schlechten Rest abgrenzen wollen. Allerdings wird nur allzu selten die Qualität auch kontrolliert. Und wenn, ist das Ergebnis von vornherein klar: alles super, alles wunderbar, alles hohe Qualität.

Früher war TV in Schwarzweiss, und die Welt war bunt. Heute ist TV farbig, bildet aber eine schwarzweisse Welt ab.

Hilfe, mein Papagei onaniert IV

Hier sammeln wir bescheuerte, nachplappernde und ewig die gleiche Leier wiederholende Duftmarken aus Schweizer Medien. Subjektiv, aber völlig unparteiisch.

Journalisten interessieren sich eigentlich nur für eins – andere Journalisten. Und sich selbst. Erst dann kommt alles andere. Berichterstattung, die Welt, Reportage, Kommentar, Recherche.

«10 vor 10» am «Tag der Frau» war ein Paradebeispiel dafür. Intro, dann schaut die Moderatorin ernst und gefasst in die Kamera. Die wichtigste Meldung des Tages: ein Brief von 78 Redaktorinnen bei Tamedia sorge «für Betroffenheit». Die Moderatorin schaut sehr betroffen und kündigt an, dass das auch der Schwerpunkt dieser Sendung sei. Dazu gibt’s noch einen Bericht über die Umsetzung des  Verhüllungsverbots und über die Comic-Verfilmung «Wonder Woman».

Diesmal zeigt der Papagei nur in eine Richtung.

Also sozusagen von Kopf bis Fuss auf Frau eingestellt. Aber die Fokus-Meldung ist natürlich der Protest von 78 Tamedianerinnen gegen unerträgliche Zustände in den Redaktionen. Fürchterlich chauvinistische Männersprüche werden zitiert und anklagend eingeblendet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt konnte man garantiert in der Schweiz einen erhöhten Wasserverbrauch konstatieren. Pinkelpause für alle Zuschauer (ja, auch Zuschauerinnen), denen dieses Thema so etwas an allen Körperteilen vorbeigeht. Aber dafür sind Journalisten natürlich zu betriebsblind.

Auf der Welt ist nichts Wichtigeres passiert an diesem Tag

Wenn ganze 78 von ihnen ein Protestschreiben verfassen, dann müsste schon Joe Biden gerade im Weissen Haus zusammengebrochen und mit dem Kopf knapp neben dem roten Knopf aufgeschlagen sein, um dieses welterschütternde Ereignis von Platz eins zu verdrängen. Nach diesem Intro dürfen sich die zwei Urheberinnen wichtig in zwei Sessel setzen. Salome Müller und Aleksandra Hiltmann, beide unauffällige Arbeiterinnen in der Machohöhle des «Tages-Anzeigers», beschweren sich über fehlenden Anstand und Respekt (Hiltmann), Müller will nicht glauben, dass die Untervertretung von Frauen in Chefpositionen nur damit erklärbar sei, dass die Männer eben besser als Frauen seien.

Dann, muss sein, kommt der Fachmann zu Wort, natürlich die Fachfrau in diesem Fall. Die Gelegenheit für die Co-Präsidentin des «Branchenverbands «Medienfrauen Schweiz» kundzutun, dass diese Zustände leider nicht nur auf Tamedia beschränkt seien. Das hört sich natürlich sehr gewichtig an. Solange man nicht weiss, dass dieser Verband einfach ein Zusammenschluss von rund 60 Mitgliedern ist, die sich selbst vermarkten möchten: «

Anpreisung in Frauensprache, wo Sie oder du Hans was Heidi ist?

Nächste Events nach Frauenkalender? Oder endet 2020 nie?

Natürlich bekommt auch der Oberchefredaktor bei Tamedia Gelegenheit, sich der Frage zu stellen, was denn da falsch laufe. Arthur Rutishauser äussert seine Betroffenheit und verkündet, dass er eine Unterzeichnerin damit beauftragt habe, den Vorwürfen auf den Grund zu gehen. Da er das mit ernster Stimme sagt, lacht sich zumindest hörbar keiner kaputt. Eine Mitunterzeichnerin soll überprüfen, ob das von ihr Unterzeichnete auch stimmt? Grossartig.

Schonungslose Recherche, auch im eigenen Haus.

Natürlich ist sich «10 vor 10» bewusst, dass es selbst auch ein Medienunternehmen ist. Und da könnte es doch vielleicht, unter Umständen sein, dass auch in den TV-Studios blanker Chauvinismus, Sexismus, Frauenunterdrückung Urständ feiert. Wie beleuchtet man das am besten? Richtig, die Moderatorin interviewt ihre höchste Chefin, die TV-Direktorin Natalie Wappler. Die das Thema für dermassen brennend wichtig hält, dass sie dafür doch nicht ihr Homeoffice verlässt.

Ausserdem ist sich Wappler bei einem ganz, ganz sicher: mit kritischen Fragen wird sie hier niemals belästigt. Untergebene interviewt Chefin, so einen Unsinn kann sich auch nur das Schweizer Farbfernsehen leisten.

Nachdem auch Wappler, damit mit Rutishauser völlig einig, ihre «Betroffenheit» zum Ausdruck gebracht hat, beendet «10 vor 10» diese für 99 Prozent der Zuschauer lähmend langweiligen zehn Minuten zum Thema: Journalisten sprechen über sich selbst, interviewen sich selbst und thematisieren sich selbst.