Werte, Werte, Werte

Tut man. Tut man nicht. Ist so. Kann auch ganz anders sein.

In stürmischen Zeiten wandeln sich die Werte. Der im Theatersaal des Volkshauses stattfindende Prozess gegen den gefallenen Bankerstar Pierin Vincenz musste noch dislozieren, wenn am Abend der «Schwanensee» von einer russischen Ballett-Truppe gegeben wurde.

Wäre wenige Wochen später undenkbar; schon die Präsenz der russischen Sopranistin Anna Netrebko im Zürcher Opernhaus wird als unerträglich empfunden.

Wodka, Blini, Kaviar, russisches Neujahr, beliebte Gaumen- und Festfreuden. Geschäfte mit Russland machen? Aber gerne, solange der Rubel rollt. Arbeiten für russische Unternehmen in der Schweiz? Warum nicht. Roter Teppich für Oligarchen? Unbedingt, was die alleine in einem Restaurant liegenlassen, sagenhaft. In Hotels waren sie nicht allzu gerne gesehen. Zwar ausgabenfreudige Gäste, aber mit oder ohne Alkoholeinfluss war das Verhalten nicht immer mitteleuropäischen Standards entsprechend.

St. Moritz, Genf, Gstaad, undenkbar in der Saison, dass nicht reiche Russen geschmacklose Pelzmäntel zur Schau stellen. Schliesslich Schweizer Geldhäuser. Die Betreuung von UHNWI, der obersten Klasse von Privatkunden, konnte zwar schwer auf die Leber gehen, aber da flogen dann nur so die Dutzenden von Millionen. Mit entsprechenden Kick-backs, Fees, Verwaltungsgebühren, Anlageanstrengungen.

Urlaub in Russland? Unbedingt; St. Petersburg, Moskau, selbst Chabarowsk, transsibirische Eisenbahn, muss man erlebt haben. Zudem völkerverbindende Beziehungen zwischen Schweizern und Russen; wer Blondgefärbtes mag, wieso nicht.

Ging alles, entsprach problemlos unseren Werten. Das rote Reich des Bösen, der russische Bär als Feindbild, die Militärmaschine als Angstmacher, ach was. Sicher, ein lupenreiner Demokrat ist Präsident Putin nicht, aber schliesslich war ja Russland noch nie wirklich eine Demokratie. Andere Länder, andere Sitten, muss man tolerieren. Solange der Rubel rollt.

Und jetzt? Umwertung aller Werte. Wie kann man nur. Bolschoi-Ballett? Pfui. Russische Sänger? Igitt. Russische Sportler? Sollen zu Hause bleiben. Behinderte russische Sportler? Sollen behindert zu Hause bleiben. Wodka, Kaviar, Blinis: Sollen auch in Russland bleiben. Geschäfte machen? Niemals, mit diesem Verbrecher. Für russische Firmen in der Schweiz arbeiten? Selber schuld, wenn man dann auf der Strasse steht.

So wetterwendisch sind  solche Werte.

Spielen mit nuklearem Feuer

Was ist gefährlicher als ein sowjetisches AKW?

Noch gefährlicher ist ein von russischen Truppen angegriffenes AKW. Die Ukraine war der Schauplatz der grössten Reaktorkatastrophe Europas. 1986 explodierte der Reaktor in Block vier von Tschernobyl und eine radioaktive Wolke breitete sich aus.

In der Nacht zum 4. März zeigen Videoaufnahmen den Beschuss des AKW Saporischschja in der Ukraine. Er soll durch russische Truppen erfolgt sein, die Bilder zeigen, wie auf dem Gelände ein Feuer ausbricht.

Schon damals wurde die «Havarie» zuerst heruntergespielt, dann scheibchenweise eingestanden. Auch heute heisst es beruhigend, dass keinerlei erhöhte Radioaktivität gemessen worden sei.

Wenn es aber tatsächlich so ist, dass russische Truppen um und auf dem Gelände eines AKW herumballern, dann ist das ein direkter Angriff auf unschuldige Menschen. Diesmal nicht nur in der Ukraine, sondern in ganz Europa. Denn falls es zu einem radioaktiven Fall-out kommen sollte, hängt es lediglich von der Windrichtung ab, ob es die Ukraine, Russland, andere Anrainerstaaten oder andere Teile von Europa erwischt.

Auch in Friedenszeiten tragen AKW, die mit sowjetischer Technologie gebaut wurden, nicht gerade zum ruhigen Schlaf bei. In Saporischschja haben sich seit Inbetriebnahme im Jahre 1984 diverse Zwischenfälle ereignet. Inklusive Tschernobyl gibt es fünf AKW in der Ukraine. Die Energieversorgung des Landes hängt weitgehend davon ab. Daher sind diese Stromproduzenten ein strategisches Ziel ersten Ranges für jede Invasion.

Immer vorausgesetzt, die Medienberichte treffen zu, ist es Ausdruck höchster Verantwortungslosigkeit, sich bei solch sensiblen Bauwerken nicht auf eine Verhandlungslösung zu konzentrieren, sondern sie offenbar mit Gewalt in Besitz zu nehmen.

Den Beobachtern im Westen, in der Schweiz, bleibt da nur ohnmächtiges Zuschauen.

Das Vokabular  wird rezykliert

Wer meint, die Vergangenheit sei tot: sie ist nicht mal vergangen.

Mit Abscheu blickt der moderne, aufgeklärte Zeitgenossen auf die Medienlandschaft zurück, die den Ersten Weltkrieg mit herbeischrieb und anschliessend mit Hurra-Patriotismus befeuerte.

Einige Begriffe wie Patriotismus, Feld der Ehre, Defätist, Volksverräter oder Vaterlandsverräter sind etwas aus der Mode gekommen. Der Hitler-Faschismus ergänzte zudem das Wörterbuch des Unmenschen um einige Begriffe, die bis heute dermassen angebräunt sind, dass es niemand wagt, von einem Endsieg oder einem totalen Krieg zu schwafeln.

Aber es bleiben noch genügend Möglichkeiten, die damaligen Dümmlichkeiten in die Jetztzeit zu transportieren.

Wie in jeder Schwarzweiss-Szenerie braucht es einen Helden. Also eigentlich viele Helden, überstrahlt von einem Superhelden. Dafür ist der ehemalige Komiker und Schauspieler Wolodymyr Selenskyj prädestiniert. Politische Unerfahrenheit, ohne Programm gewählt worden, Abhängigkeit vom Oligarchen Ihor Kolomojskyj; Briefkastenfirma auf einer Steueroase – was soll’s.

Held gegen Schurke, das ewige Narrativ

Nun ist Selenskyj der Held, der tapfere Widerstandskämpfer, von Putin unterschätzt, der im telegenen militärgrünen Shirt auftretende Anführer, der weiss, wie man knackige One-Liner präsentiert. So sagte er aufs Angebot, ihn sicher ausser Landes zu transportieren, dass er keine Mitfahrgelegenheit brauche, sondern Waffen.

Dagegen wirkt natürlich der humorlose, wenig charismatische, herrische und zu Monologen neigende Präsident Putin wie der geborene Verlierer.

Einen Helden, einen Schurken hat das Stück. Aber das Publikum darf natürlich nicht einfach stumm im Saal das Geschehen auf der Weltbühne verfolgen. Es ist zum aktiven Eingreifen aufgefordert. Wie das? Nun, die englische Verteidigungsministerin empfiehlt zum Beispiel, sich bewaffnet dem Widerstand gegen die Invasion anzuschliessen. Ist zwar illegal und gefährlich, aber ein Beispiel dafür, was zu Zeiten des Ersten Weltkriegs noch nicht so im Schwang war: ein Zeichen setzen.

Zeichen setzen ist ganz wichtig geworden.

Noch besser ist nur, andere dazu aufzufordern. Das ist das Geschäft der Politiker.

Neben dem unablässigen Zeichensetzen und dem unverbrüchlich Solidarischsein ist ein gnadenloser Boykott von allem Russischen gefordert. Sportler? Ausschliessen. Künstler? Boykottieren. Lebensmittel? Nicht mehr kaufen. Russische Literatur, Kunst, Musik? Nur dann erlaubt, wenn sie putin-kritisch ist.

Drittes Ingredienz in diesem Gebräu: klare Kante gegen Putin-Versteher. Die sind noch schlimmer als zuvor die Corona-Leugner. Gar nicht beachten. Ausgrenzen. Verachten. Differenzierung und Verständnis und Analyse, das war gestern. Heute ist Bekenntnis gefragt. Klare Verurteilung. Distanzierung. Beschreibung von Abscheu, bedingungslose Verurteilung.

Jeder, der ein nachdenkliches Wort wagt, weder billigen, noch verurteilen, sondern verstehen will: Putins Helfershelfer, Fünfte Kolonne, Moskau einfach, wieder mal.

Gibt es heute mehr Dummheit als vor 100 Jahren?

Schwappt das unendliche Meer der Dummheit heutzutage höher als vor 100 Jahren? Es könnte einem so vorkommen, aber das ist auch eine Fehlanalyse. Der Meerespegel ist wohl immer noch gleichhoch wie damals. Nur schwappt einem dieser Schlamm in die eigene Wohnung, ergiesst sich aus allen elektronischen und digitalen Medien, quillt aus dem Bildschirm des Computers oder des Smartphones. Verstärkt sich, gischtet auf in den Echokammern der sozialen Medien.

Wenn man sieht, liest, hört, bekommt man häufig das dringende Bedürfnis, sich länger unter die Dusche zu stellen.

Wenn die Vergangenheit nicht mal vergangen ist, wiederholt sie sich dann auch? Erst gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gab es Atomwaffen. Sie wurden eingesetzt. Das stimmt nicht fürchterlich optimistisch heute.

Wumms: Gerhard Schröder

Für den deutschen Ex-Kanzler kommt’s knüppeldick.

Zurzeit ist es keine gute Idee, in irgendeiner Form Beziehungen zu Russland zu haben. Gerhard Schröder ist seit seiner Zeit als Kanzler mit Wladimir Putin in einer Art Männerfreundschaft verbunden. Seither läuft ihm sein Satz nach, dass es sich bei Präsident Putin um einen «lupenreinen Demokraten» handle.

Ex-Kanzler als Wachsfigur, von der alles abperlt.

Für diese unverbrüchliche Unterstützung wurde Schröder belohnt. Diverse Verwaltungsratsposten in russischen Staatsfirmen, darunter Nord Stream 1 und Nord Stream 2. Die zweite Firma mit Sitz in Zug scheint pleite zu sein.

In Deutschland wird Schröder zunehmend geprügelt; seine Partei empfindet ihn als Belastung. Seit 2006 ist Schröder zudem für das Verlagshaus Ringier als Berater tätig. Noch vor Kurzem sah Ringier keinen Anlass, daran etwas zu ändern. Aber nun hat’s bum gemacht; knapper kann eine Medienmitteilung nicht ausfallen:

Sistieren ist ein interessantes Verb. Es bedeutet unterbrechen, einstellen oder auch aufheben. Also ist die Tätigkeit Schröders bis auf Weiteres eingestellt. Oder aufgehoben. Oder beendet. Oder unterbrochen. Oder was auch immer. Es gibt auf jeden Fall nur sehr wenige Augenzeugen, die Schröder jemals in dem ihm zur Verfügung stehenden Büro an der Dufourstrasse in Zürich gesehen haben wollen.

Nun laufen ihm anscheinend auch noch seine Mitarbeiter in Deutschland davon. Auch das noch. Und die Frage, ob seine Haarfarbe echt ist oder nicht, die darf weiterhin nicht gestellt werden.

Wo ist denn der Krieg?

Kein Voyeurismus, aber: wo bleibt die Kriegsberichterstattung?

Seit es so etwas wie Newsproduzenten gibt, gibt es die Kriegsberichterstattung. Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, Vietnamkrieg, Irakkrieg. Immer tauchen an der Front die harten Kerle (und auch harte Frauen) auf, die es für wichtig genug halten, über Kampfhandlungen zu berichten, um dafür ihr Leben zu riskieren.

So nach der Macho-Devise von Robert Capa: Wenn das Bild nicht gut ist, warst du nicht nahe genug dran. Er starb 1954, als er in damals Französisch-Indochina auf eine Mine trat.

Moderne Kriegsführung ist immer mehr psychologische Kriegsführung. Moderne Kriegsführung findet medial statt. Alle Beteiligten bemühen sich, nicht nur die Lufthoheit über dem Schlachtfeld zu erringen, sondern auch in den Medien, in der Berichterstattung. So erfanden die USA den Begriff des «embedded Journalist». Das soll es schon seit den Feldzügen von Alexander dem Grossen gegeben haben. Also Minnesänger des Krieges, dazu angestellt, das Loblied auf den Feldherrn zu verbreiten.

Im Irakkrieg gelang es den USA so, das Bild des Kriegsgeschehens weitgehend zu bestimmen. Journalisten bekamen exklusive Zugriffsrechte auf Militäroperationen. Das ging soweit, dass sich bei einer nächtlichen Anlandung die Soldaten darüber beschwerten, dass ihre Nachtsichtgeräte ausser Gefecht gesetzt wurden – Blitzlichtgewitter.

Der Nachteil für die Journalisten ist natürlich, dass sie Partei werden. Embedded heisst, dass sie eingebettet in das sind, was sie zeigen sollen. Was sie sehen dürfen. Worüber sie zu berichten haben. Nicht mehr so wie der Joker in Kubricks gewaltigem Antikriegsfilm «Full Metal Jacket».

«Born to kill» und Peace-Zeichen …

Aber in der Ukraine ist es nochmals anders. Es gibt keine nennenswerte Frontberichterstattung. Kaum Darstellungen oder Videos von Kampfhandlungen, von den offenbar vorhandenen Fronten. Lediglich ab und an eine Explosion in weiter Ferne, ein Feuerball, Fotos von zerstörten Gebäuden, Fahrzeugen.

Nur so als Frage: warum?

Der Deutsche im Krieg

Zurückschiessen kann er zurzeit nicht wirklich. Ausser mit Worten.

Aus dieser trüben Quelle bezieht Tamedia einen grossen Teil seiner Berichterstattung, vor allem aus dem Ausland:

Der Leiter der Wirtschaftsredaktion der «Süddeutschen Zeitung» will keine Gefangenen machen:

Raus mit den Russen, sonst rollen deren Panzer bis zum Sieg; äh, also über die nächste Grenze.

SWIFT ist ein internationales Zahlungssystem, über das mehr als 11’000 Banken weltweit Geldtransfers abwickeln. Die «Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication» ist eine privatrechtlich organisierte Genossenschaft mit Sitz in Belgien.

Sollte Russland von diesem reinen Hilfsmittel zur Standardisierung ausgeschlossen werden, wären humanitärer, persönlicher und geschäftlicher Zahlungsverkehr nach Russland erschwert. So könnte Russland sich darauf berufen, geschuldete Zahlungen an westliche Firmen leider zurzeit nicht ausführen zu können.

Reiche Oligarchen, Mitglieder des Regimes hingegen hätten keinerlei Probleme, weiterhin auf anderen Wegen ihren Finanzhaushalt zu regulieren. Also eine schlecht durchdachte Forderung, die die Falschen träfe und keinen einzigen russischen Panzer stilllegen würde.

Glücklicherweise gibt es bislang – und ausserhalb von Tamedia – in der Schweiz nicht diesen markigen Kasernenhofton, den sowohl liberale wie konsverative deutsche Zeitungen inzwischen wieder anschlagen:

Auch die FAZ prügelt auf den deutschen Ex-Kanzler ein, der Deutschland immerhin aus dem Irak-Desaster heraushielt.

 

Der Kalte Krieg ist zurück

Wer nach 1990 geboren ist, erinnert sich nicht mehr an «Moskau einfach».

Bis zum Zusammenbruch des Ostblocks, der Auflösung der UdSSR gab es in der Schweiz jede Menge kalter Krieger. Die befürchteten bei allem, was links war, dass hier Moskaus Fünfte Kolonne am Werk sei, die aus der Schweiz am liebsten eine weitere sozialistische Sowjetrepublik machen wollte.

Ein in Ungnade gefallener Jungjournalist recherchierte erst vor Kurzem nach, bis zu welchem Wahnsinn private Überwachung, das Anlegen von ganzen Karteien von unsicheren Kantonisten geführt hatte. Immer in der Angst, dass tatsächlich eine Invasion der Roten Armee erfolgen könnte. Vorbereitet von Willi Wühlers, vor denen das grossartige «Zivilverteidigungsbüchlein» in bewegenden Worten warnte.

CH Media machte schon einen neuen ersten Versuch und stellte eine Liste von «Putin-Verstehern» zusammen:

Früher hätte man die hier erwähnten Personen ausgeschnitten und auf Karteikarten geklebt. Im digitalen Zeitalter geht das viel einfacher. Sie dürfen sich schon mal auf feig-anonyme, aber geharnischte Reaktionen von Schweizer Putin-Hassern gefasst machen. Denn der Kalte Krieg ist zurück und lässt Gehirnzellen einfrieren. Schon bald wird wieder der Ruf erschallen: «Moskau einfach

 

 

Donezk oder Kosovo

Furchtbar gegen völlig richtig und verständlich. Ein Hinweis auf Doppelmoral.

2008 proklamierte Kosovo seine Unabhängigkeit von Serbien. Dabei hatte eine UNO-Resolution die territoriale Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien garantiert, deren Rechtsnachfolgerin Serbien ist.

In der jungen Geschichte des Landes gab es Pogrome gegen Minderheiten, verwandelte sich der Kosovo immer mehr in einen Gangsterstaat. Dennoch ist die damalige Aussenministerin Micheline Calmy-Rey bis heute stolz darauf, dass die Schweiz eine helfende Rolle bei dieser mehr als fragwürdigen Abspaltung gespielt hatte.

Nur durch den Einsatz internationaler Friedenstruppen konnten mehrfach grössere Massaker verhindert werden.

Kosovo ist bis heute von vielen Staaten nicht anerkannt. Aber 14 Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung kräht eigentlich kein Hahn mehr danach.

Russlands Präsident Putin anerkannte unlängst die Unabhängigkeit der Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine und sicherte ihnen militärische Unterstützung zu. Obwohl im Austausch der Rückgabe der atomaren Bewaffnung der Ukraine an Russland die territoriale Integrität des Landes anerkannt wurde.

Das wird unisono, vehement und völlig einseitig als Beginn einer Invasion der Ukraine verurteilt. Als Kriegserkärung, als Wiederaufleben des Kalten Krieges; der eiserne Vorhang senke sich über Europa, im Kreml sitze ein rücksichtsloser Machtmensch, Kriegstreiber, ja ein «Wahnsinniger», wie sogenannte Schweizer Qualitätsmedien vermelden.

ZACKBUM hat keine Ahnung, aus welchen Gründen sich diese beiden Provinzen der Ukraine für unabhängig erklärt haben. Wir wären aber neugierig, das erklärt zu bekommen. Aber weder «Russia Today», noch die freien westlichen Medien scheinen daran interessiert zu sein, ihrer Berichterstatterpflicht nachzugehen.

Im Fall von RT ist’s einfach: das ist ein selbsterklärter Staatssender, im Dienste der russischen Regierung. Im Fall von CH Media, Tamedia, Ringier oder NZZ ist’s schwerer zu verstehen …

Doppelte «Fuckability»

Was SoZ und NZZaS können, ist für SoBli und «Das Magazin» kein Problem.

Wir erinnern uns: die bescheidene journalistische Kraft Rafaela Roth servierte den NZZaS-Lesern auf einer Doppelseite ein Interview, das mit der gleichen Person (und weitgehend identischem Inhalt) drei Monate zuvor in der SoZ erschienen war. Das reihte sich würdig in ihre jüngsten Flops ein, wie ein Jubelartikel über eine angeblich hervorragende Medienanwältin, die aber dummerweise einen Prozess nach dem anderen verliert.

Das können wir doch auch, sagten sich «Das Magazin» von Tamedia und vom SoBli. In der korrekten Reihenfolge:

Trotz allen Versuchen, die Macho-Männer bei Tamedia zu zähmen, hier interviewt nun eine Frau eine Mode-Erscheinung aus Oxford, die mit ein paar scharfen Begriffen umhüllt gähnende Langeweile verbreitet.

Geradezu zurückhaltend der Titel beim SoBli:

«Kein Recht auf Sex», titelt das Boulevardblatt schüchtern, und illustriert das Interview mit einem Porträt der «Philosophin», während «Das Magazin» lüsterne Fotoinszenierungen zum Interview stellte.

Nun könnte man noch meinen, die Frau habe dermassen Interessantes zu erzählen, dass sich ein Doppelschlag lohnt, dass die Dublette halt Unerhörtes zu Tage fördert.

Nun ja: «Natürlich ist Sex sehr privat und intim, aber er kann gleichzeitig auch politisch sein.» Oder: «Aber wo und wie wir aufgewachsen sind sowie unser Umfeld beeinflussen, wen wir attraktiv finden.»

Das, wie der ganze Rest, ist nun von einer dermassen banalen Beliebigkeit und einer Philosophin unwürdigen Flachsinns, dass man ihr nur gratulieren kann, den Ausdruck «Fuckability» erfunden zu haben. Der haut halt rein und macht es offenbar für Journalisten unmöglich, dahinter gähnende Leere zu erkennen.

Das Ende einer Task Force

Durchatmen, auflockern. Und sich darüber freuen, dass eine Vernichtungsmaschine verschwindet.

Der Wunsch war verständlich. Der Bundesrat ist umzingelt von Kommissionen und Stäben. Jedes Departement hütet zudem eifersüchtig seine Lufthoheit über was auch immer.

Also beschloss der Bundesrat in seiner Weisheit, sich diskret, still, aber effizient von einer eigenen Task Force beraten zu lassen. Sozusagen die Institution einer «second opinion». Gute Idee, grauenhaftes Resultat.

Anstatt diskret zu beraten und öffentliche Auftritte mit dem BAG abzusprechen, wurde die Task Force to the Bundesrat eine Plattform für Egoshooter. Wissenschaftler wollten sich auch mal im Licht der Medien und der Öffentlichkeit sonnen. Umso kreischiger, desto erfolgreicher.

Es begann ein Wettbewerb im Überbieten mit Horrorzahlen. Sagt da einer 20’000 Tote in den nächsten Monaten? Ich biete 50’000. Um sogleich mit 100’000 überboten zu werden.

Der Bundesrat? Zu langsam, zu zögerlich, fahrlässig, unverantwortlich. Er sollte, müsste, hätte schon längst, ist aufgefordert. So machte sich die Task Force zur Kontrollinstanz und gab eigene Pressekonferenzen, begierig aufgenommen von den Medien, wo man hoheitsvoll jüngste Entscheidungen der Landesregierung selten begrüsste, häufig kritisierte.

Bis es dem Bundesrat Alain Berset den Nuggi raushaute und er klarstellte, dass Wissenschaftler zwar wichtig seien, die Verantwortung für Entscheidungen bleibe aber immer noch bei der Politik, bzw. bei den Regierenden.

Dann seilten sich immer mehr Wissenschaftler ab. Entweder, weil sie genügend öffentlichen Wind in die Segel ihrer Karriere gepustet hatten. Oder weil sie einsahen, dass kein Blumentopf mehr zu gewinnen sei. Rücksichtslos hatten sie dabei dem Vertrauen in die Wissenschaft einen schweren Schaden zugefügt.

Nun wird die Task Force endlich aufgelöst. Nicht Ende April, wie vorgesehen, sondern schon Ende März. Höchstwahrscheinlich dürfte ihre letzte krachende Fehlprognose über die Auswirkungen der neusten Corona-Mutation ihr Ende beschleunigt zu haben.

Denn die Task Force faselte von bis zu 10’000 Hospitalisierungen wöchentlich wegen Omikron, dazu 300 Patienten auf der Intensivstation zusätzlich. Völlig realitätsfremd.

Es bleiben aber noch genügend Kommissionen, über deren Existenzberechtigung man sich auch Gedanken machen sollte. Da wäre die Eidgenössische Kommission für Pandemievorbereitung und -bewältigung (EKP). Genau für solche Seuchenzüge gemacht. Aber vom BAG mit Missachtung gestraft. Kein Bedarf, man melde sich mal, sagte das BAG auf Anfrage der EKP. Der Anruf kam dann nie.

Oder die Eidgenössische Kommission für Impffragen (Ekif). Die machte gewaltig Wind und versuchte tapfer, der Task Force die Stirn zu bieten. Insgesamt tummeln sich rund 12 Kommissionen, Stäbe, Krisenstäbe und andere Anballungen  im Themenbereich Seuchen. Wobei jeder Verein eifersüchtig darüber wacht, dass er ja nicht in seinem Wirkungsbereich beschnitten wird.

Dazu der übliche Beamtendreisprung: Sind wir dafür zuständig? Wenn ja, welche gesetzlichen Grundlage gibt es dafür? Und schliesslich: keine Entscheidung ist immer die beste Entscheidung im Beamtentreiben.

Denn sie birgt nie das Risiko, falsch zu sein. Und Verantwortlichkeit durch Unterlassen, die beiden Worte sind im Beamtenbiotop völlig unbekannt.

Also eine Task Force weniger, es bleiben noch genügend übrig, in denen man kräftig aufräumen sollte.