IP: `tschuldigung

Inhalt richtig, blöde Sprüche falsch. Muss man mal hinkriegen.

Der Finanzblog «Inside Paradeplatz» hat sich das Geschäftsmodell von ElleXX vorgeknöpft.Und dort angepriesene Geldanlagemöglichkeiten völlig zu recht kritisiert. Daraufhin forderte die Mitbetreiberin Patrizia Laeri mit Hilfe der nicht gerade erfolgsverwöhnten Anwältin Rena Zulauf die sofortige Löschung des Beitrags. Sicherheitshalber vor zwei Gerichten gleichzeitig, was dann die fast übliche Doppelklatsche ergab: Anträge abgeschmettert.

Auf ihr zugestellte Fragen hatte die ehemalige Journalistin Laeri nicht zu antworten geruht, also lautete das Fazit der von ihr angepriesenen Fonds: «elleXX Gender Equality Basket» verbindet gnadenlos schlechte Performance mit üppigen Gebühren. Die in ihm enthaltenen Unternehmen sollen frauenfreundlich sein. Sind sie aber nicht besonders.

Allerdings konnte es der Autor Beni Frenkel nicht lassen, den Artikel mit sexistischen Sprüchen aus der unteren Schublade zu garnieren. Damit schaffte er es, dass Laeri das eigentliche Thema und Problem aus der Debatte bugsieren konnte und sich darauf stürzen, dass sie hier als Frau übel angemacht worden sei.

Ihre merkwürdigen Geschäftspraktiken waren auch auf ZACKBUM Thema einer kleinen Artikelserie. Auch hier verzichtete sie darauf, auf höflich gestellte Fragen zu antworten; inhaltlich fand sie keinen Anlass, rechtlich vorzugehen.

Nun muss sich IP für diese Schlötterlinge ein paar Tage lang auf seiner Homepage entschuldigen:

Damit nicht genug, 2500 Franken fliessen, und oberpeinlich ist, dass auch eine banale Wirtschaftszahl im Artikel falsch war.

Aber sämtliche ebenfalls geforderten Löschungen der inhaltlichen Kritik am von ElleXX angepriesenen Produkt wurden gerichtlich abgeschmettert und bleiben im Artikel. Nur interessiert das keinen mehr.

Leider ist das bei Frenkel kein Einzelfall. Sei jüngster Flop, die Zuschauerzahl bei «Blick TV» mit 25 anzugeben, führte rasch zur völligen Löschung des Artikels. Es ist bedauerlich, wenn gute und wichtige Kritik an solchen Anfängerfehlern scheitert.

Die Welt der «Weltwoche»

Welches Weltbild vermittelt das Blatt? Eines. Seines.

Als Opener ergreift ein gewisser R.K. das Wort und konstatiert: «Die Schweiz verwildert». Wie das? Nun R.K. sticht es in die Nase: «Es riecht nach Willkür und Diktatur in den Berner Wandelgängen.»

Ein wenig Bildungsbürgertum lässt R.K. auch noch auf den Leser regnen, indem er ein Zitat von Napoleon kreativ abwandelt: «Der Weg ist kurz vom moralisch Erhabenen zum politisch Lächerlichen.» Wie verwildert die Schweiz, wer riecht nach Willkür und Diktatur? Nebensächlich, der politische Gegner natürlich. Aber am Schluss entlässt uns der Chefredaktor, Herausgeber, Verleger und Besitzer mit einem Hoffnungsstrahl: «Je grösser der Unsinn, desto kräftiger meldet sich die Vernunft zurück.» Also ER.

Da sind wir beruhigt und denken: «much ado about nothing

Als Nächster wittert Kurt Pelda Unheil: «Terrorist unterrichtet Schweizer Kinder». Das ist natürlich ein starkes Stück, auch wenn man der Wahrheit zuliebe sagen muss, dass dieser Titel den Gedanken der Resozialisierung nach einer verbüssten Strafe nicht gerade unterstützt.

Der Bundeshaus-Redaktor Hubert Mooser nimmt sich als Nächstes die üblichen Verdächtigen vor: Gerhard Pfister, Thierry Burkart plus natürlich Fabian Molina. Der fragt sich inzwischen sicher, was er denn falsch gemacht hat, wenn er einmal nicht in der WeWo drankommt. Auch hier muss vor Verwilderung gewarnt werden, das übernimmt der neutrale Banker Thomas Matter: «Man ist offensichtlich gewillt, den Rechtsstaat auszuhebeln und den Banken den Todesstoss zu versetzen.»

Da möchte man im  Sinne von R.K. rufen: «Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch.» Ist zwar nicht von Napoleon, aber auch gut.

Erfrischung mit einer Uralt-Story

So kann’s nicht weitergehen, also darf Bond-Fan Peter Wälty ein taufrisches und ungemein aktuelles Thema als Coverstory abhandeln: Ursula Andress, Honey Ryder, «Dr. No». Ganz alte Leser erinnern sich an das erste Bond-Abenteuer von 1962. Ist nun 60 Jahre her; eine runde Jahreszahl, mehr Anlass braucht’s nicht, um Andress sozusagen fast port mortem zur «Ikone der Frauenbewegung» umzuschreiben. Was zwar ihrer Rolle im Film diametral widerspricht, aber he, dieses Bikini, diese Figur, dieses Gesicht.

Zurück zu ernsten Themen. Thomas Fasbender «ordnet Putins Rede an der Moskauer Militärparade ein». Das ist der gleiche Autor, der den Gewaltsflop einer Titelgeschichte über den unverstandenen Putin verbrach, als der gerade in die Ukraine einmarschieren liess. Das ist ungefähr so sinnvoll wie einen Priester Vaterfreuden einordnen zu lassen.

Dann versucht sich Hansrudolf Kamer, ehemaliger Auslandchef der NZZ, der gerne dort Chefredaktor geworden wäre, im Abklingbecken für pensionierte Weltendeuter an der Frage: «Ukraine: was will Amerika?» Darauf antwortet er im besten NZZ-Stil: einerseits, andererseits, aber dann doch wieder nicht, falls, wobei.

Klare Kante lassen dann Christoph Mörgeli und Beat Gygi nicht vermissen: «Grüner Alptraum. Der «Klimaplan» der Schweizer Umweltschützer ist linksextrem und diktatorisch. Eine Umsetzung wäre eine Katastrophe für Wohlstand, Markt und Gesellschaft.»

Schreckensbleich donnern die Autoren: «Die Grüne Partei verachtet alles, was mit wirtschaftlich-schöpferischem Antrieb zu tun hat und will vor allem Genügsamkeit.» Also vielleicht das, was zwei festangestellte Redaktoren mit Pensionskasse, Ferienanspruch und freier Themenwahl innerhalb des Rahmens, der von R.K. vorgegeben wird, auch nicht wirklich ausleben.

Nachdem sich Oskar Lafontaine mit Karacho von der mitgegründeten Partei «Die Linke» losgesagt und sie damit in die Bedeutungslosigkeit zurückgestossen hat, verfügt er über Freizeit. Da hat’s dann Platz für regelmässige Beiträge in der WeWo, zu seinem Lieblingsfeind Joe Biden. Der ist allerdings mit 79 ein Jahr älter als der Saarländer und immerhin Präsident der USA, während sich Lafontaine in seiner Politkarriere konsequent von oben nach unten vorgearbeitet hat.

Wackelkontakt mit der Realität

Dann verlässt die WeWo mit einem Bericht von Tom Kummer den Bereich der Ernsthaftigkeit, auch wenn sie mit dem Obertitel «Basierend auf wahren Begebenheiten» sozusagen in der Packungsbeilage darauf hinweist, dass die Begebenheiten weder wahr, noch eine Basis sein müssen, sondern auch der Fantasie des Fake-Autors entsprungen sein könnten. Nichts gegen Resozialisierung, aber gibt es nicht genügend reale Storys in der Welt?

Eine Lobhudelei auf den Faschismus-Freund Le Corbusier, das «Genie des vereinfachten Stils», nimmt auch nur sehr partiell Kontakt mit der Realität auf.

Aber anschliessend betreten wir mit «Literatur und Kunst» die Hallen des erhabenen Feuilletons. Natürlich ist hier der Autor Partei, weil er dort ab und an publiziert. Daher verkneifen wir uns sowohl Lob wie Tadel (wobei es nix zu tadeln gäbe, wie wir in aller Objektivität feststellen müssen).

Gegen hinten wird’s dann etwas dünn

Mit «Leben heute» plämpelt das Blatt dann so langsam aus. Alles erlaubt, nur braucht’s im begrenzten Raum der guten Laune, die R.K. unermüdlich verströmen will, wirklich Promiklatsch mit André Häfliger? Premiere des Zirkus Knie; gibt es ein Thema, das noch verstaubter, verschnarchter ist? Ein Stelldichein gut gelagerter B- und C-Promis? Oder wer hat denn schon mal von «Schoscho Rufener» samt «Ehefrau Nadine Borter» gehört? Und muss man nicht sagen: wer sich in dieser Gesellschaft blicken lässt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren?

Aber, wir kommen zum Fazit. Vorangestellt sei, dass R.K. der einzige uns bekannte Chefredaktor ist, der sich in seinem eigenen Blatt von mir kritisieren lässt. Wenn nun also ein Lob kommt, dann hat das nichts mit Bewahrung eines Publikationsplatzes zu tun.

Die WeWo ist, trotz angeblich unbändig guter Laune des Chefs, häufig kreischig, alarmistisch, läutet unablässig Totenglöcklein, befürchtet Schlimmes und Schlimmstes, warnt, mahnt, lebt weiterhin den Reflex aus: gegen den Strom. Wenn alle dafür sind, sind wir dagegen. Und umgekehrt. Worum geht’s? Keine grosse Ahnung, aber gewaltig starke Meinung.

Positiv hingegen ist, dass kein anderes Organ in der Schweiz auf dermassen knappem Raum so viel Anregung enthält. Durchaus auch Aufregung. Jedes Mal, wenn man gähnt und denkt: oh je, wenn der Name Molina auftaucht, kann man gleich weiterblättern, überrascht einen die Zeitschrift mit einem schön quer in der Landschaft stehenden und originellen Ansatz.

Die Feinde haben’s leicht

R.K. macht es seinen Feinden, und die sind zahlreich, manchmal zu leicht, indem er so vorhersehbar ist, dass man eine Replik eigentlich schon schreiben kann, bevor er zum Griffel greift. Und bei aller Kritikfähigkeit bräuchte es schon ein Flächenbombardement mit russischen Überschallwaffen, um ihn aus einer einmal bezogenen Position wieder rauszukriegen.

Die WeWo ist weiterhin, und ergänzt durch ein einsam grosses Feuilleton, ein bunter Strauss. Manche Blumen sind verwelkt, andere stinken. Aber wieder andere duften, verschönern und bereichern. Dagegen ist das meiste andere, was in Schweizer Medien erscheint, vor allem in denen der grossen Medienclans, welkes Gemüse, Brei, selbst gequirlte oder gleich per copy/paste übernommene dünne Suppe.

Die WeWo ist dann die Worcestershiresauce des Schweizer Journalismus. Der verblichene VEB Exzellent Dresden bot sie als Worcestersauce pikant und als Worcestershiresauce «lieblich würzig» an. Diesem Vorbild eifert Köppels Magazin erfolgreich nach.

Falsches Pathos

Ganz schlimm wird es, wenn sich minderbemittelte Schreibkräfte um Pathos bemühen.

«Man mag verzweifeln ob Wladimir Putin und der Grausamkeit der Welt. Man muss aber nicht. Hoffnung gibt es auch in dieser dunklen Stunde der Menschheit.»

Philipp Loser, der Superstar der schräg-dunklen Formulierungen.

Daniel Schneebeli spricht auch bei Tamedia ein wahres Wort in eigener Sache gelassen aus: «So verlangt die SVP zum Beispiel Sprachkenntnisse, die auch ein grosser Teil der Schweizerinnen und Schweizer nicht erfüllen.» Daher sollte man die Beherrschung der deutschen Sprache, an der auch gestandene Journalisten scheitern, bei Einbürgerungen nicht zur Voraussetzung machen. Denn Ausländer «sorgen hier für Wohlstand, sind vielen Schweizerinnen und Schweizern zu Freunden geworden. Mit ihnen wollen wir keine Spielchen treiben.»

Also, Spielen mit Ausländern verboten, meint Sprachkenner Schneebeli.

Auch «Blick»-Oberchefredaktor und Busfahrer Christian Dorer weiss, wie man in die Harfe greift. Soll der Staat helfen? Schliesslich sei genug Flüssiges vorhanden, bei den Kantonen und dem Bund: «Dieses Geld könnten sie für Inflationshilfe einsetzen – gezielt für jene, die es brauchen. Alle anderen sollten sich bewusst werden: Freiheit, Demokratie und Frieden haben ihren Preis. Und der wird gerade etwas höher.»

Wer es braucht, muss den Preis für Freiheit, Demokratie und Frieden nicht zahlen, weil der gestiegen ist. Also tanken für den Frieden. Heizen für die Freiheit. Kochen für die Demokratie. Gezielt geholfen oder reich genug, um diese Preise selbst zahlen zu können.

Pascal Tischhauser, stellvertretender «Blick»-Politikchef, verliert sich hingegen in eher dunklem Geraune: «Wie ernst es der Schweiz mit eigenen Sanktionen ist, zeigt sich erst dann, wenn – hoffentlich nie mehr – wieder ein Staat einen anderen überfällt. Dann aber kann sich die Regierung kein Zaudern mehr erlauben.»

Also, der Ernst zeige sich dann, wenn wieder ein Staat einen anderen überfällt. Was aber nie mehr geschehen sollte. Womit es dann nicht ernst wäre. Auf jeden Fall dürfte dann nicht gezaudert werden. Oder so, oder ganz anders.

Auch Patrik Müller, der Oberchefredaktor bei CH Media, versucht sich am hohen C: «Dank Bidens Brillanz gibt es berechtigte Hoffnung, dass die Ukraine gewinnen wird – und mit ihr die Freiheit und Demokratie.»

Denn: «Historiker vergleichen Joe Biden bereits mit Harry Truman, dem US-Präsidenten von 1945 bis 1953, der die Friedensordnung nach dem Zweiten Weltkrieg massgeblich prägte

Alt, senil und vertrottelt? Gar nicht, schwärmt Müller: «Es zeigt sich nun, wie wertvoll jahrzehntelange Führungserfahrung und auch ein hohes Lebensalter in Krisen von epochaler Dimension sein können.»

Da passt natürlich ein Hinweis auf die persönliche Krise Bidens mit der Ukraine weniger ins Heldeneopos. Dass der vor ein paar Jahren ultimativ verlangte, dass ein ukrainischer Staatsanwalt («that son of a bitch») umgehend gefeuert werde – weil der krummen Geschäften seines Sohnes Hunter Biden auf den Spuren war. Der drogenabhängige und sexsüchtige Tunichtgut hat zu allem Übel vertrottelt sein Laptop zum Reparieren gegeben – und vergessen, abzuholen. Worauf nun genüsslich der kompromittierende Inhalt an die Öffentlichkeit verklickert wird.

Ob dagegen ein genauso korrupter «US-Präsident Trump ein Horrorszenario» wäre, wie Müller meint?

In der NZZ tritt Ulrich Speck in grosse Fussstapfen. Er darf stellvertretend für Eric Gujer dessen Lieblingsgefäss «Der andere Blick» bespielen. Daher bemüht sich Speck um den richtig georgelten, staatsmännischen Ton: «Die SPD muss sich daher fragen lassen, inwieweit sie sich unwillentlich zum Handlanger des Machterhalts eines autokratischen Regimes hat machen lassen, das jetzt mit einem Angriffs- und Eroberungskrieg die europäische Friedensordnung attackiert.»

Ja, das muss sich die SPD fragen lassen, wird aber nicht antworten. Dabei sind die Folgen besorgniserregend: «Diese Erbschaft macht es der SPD äusserst schwer, heute als zentrale Regierungspartei eine neue Russlandpolitik auf die Beine zu stellen. Doch nur wenn die Fehler der Vergangenheit eingesehen werden, können die richtigen Lehren daraus gezogen werden – was wiederum nötig ist, um der Führungsverantwortung der Partei, die den Kanzler stellt, gerecht zu werden. Inmitten einer internationalen Krise, in der es auf Deutschland ankommt wie selten zuvor

Aus Fehlern lernen, Führungsverantwortung, internationale Krise, auf Deutschland kommt es an wie selten. Keine Worthülse, die Speck auslässt, um seinen Kommentar so ernsthaft wie gleichzeitig lächerlich ausklingen zulassen.

Bei pathetisch Geschwurbeltem darf natürlich der Champion aller Klassen des sprachlich Geholperten und inhaltlich Verstolperten nicht fehlen. Genau, Daniel Binswanger liefert das Absackerchen heute.

Er kümmert sich auch mal wieder um die grossen Linien, also um die Ukraine, Atomkrieg und das Schreiben von deutschen Intellektuellen an Kanzler Scholz, das bislang von mehr als 230’000 Bürgern (darunter auch der Autor dieser Zeilen) unterschrieben wurde. Obwohl:  Der Brief «strotzt nur so von absurden Verkürzungen und Einseitigkeiten». Zum Beispiel? «Die Forderung, den Atomkrieg zu vermeiden, wird weiss Gott niemand infrage stellen. Doch daraus für die Ukrainer eine Art Verpflichtung zur Kapitulation abzuleiten, ist argumentativ absurd und moralisch beschämend.»

Auch für Binswanger gilt leider, dass der Dreisprung «lesen, verstehen, kommentieren» nur selten gelingt. Aber immerhin, Jürgen Habermas findet Gnade vor dem strengen Auge des Kritikasters Binswanger: «Habermas benennt das «Dilemma», mit dem der Westen umgehen muss, sehr adäquat.» Ein Dilemma adäquat benennen? Vielleicht sollte es Binswanger mit weniger Fremdwörtern versuchen.

Aber immerhin, am Ende seiner endlosen 10’000 Anschläge gibt er dann klar den adäquaten Tarif durch: «Verhandlungen werden erst zielführend sein, wenn auch für Russland die Kosten zu hoch werden. Deshalb sind Lieferungen von schweren Waffen an die Ukraine das dringende Gebot der Stunde. Alles andere ist zu riskant.»

Lieber einen Atomkrieg riskieren als Appeasement. Was für ein verantwortungsloser Schwätzer.

Sauglattismus

Es ist mal wieder Zeit für eine Fotoromanza!

Eigentlich schafft es nur der «Tages-Anzeiger», sich selbst auf der Frontseite mit einem riesigen, riesig-schlechten Cartoon jeden Hauch von Seriosität zu nehmen. Bravo.

Das setzt sich dann auf der Kommentarseite fort. Kalten Arsches (Pardon) fordert hier der mutige Redaktor, dass man ein Zeichen setzen soll. Solidarität üben. Leider ist diese Aktion nicht kriegsentscheidend. Aber ein frostiger Beitrag dazu.

Der «Blick» hingegen melkt wirklich alles aus der Null-Story des Besuchs einer politischen Null in der Ukraine. Blöd auch, dass es nicht mal zu dem üblichen Handshake-Foto gereicht hat, sondern das Blatt sich mit einer Fotomontage auf der Front behelfen muss. So viel Kooperation hätte man von Irène Kälin schon erwarten dürfen. Aber eben, man kann’s – oder man kann’s nicht.

Eher verhalten berichtet CH Media über das Kriegsreisli unserer Nationalrats-Präsidentin. Man beachte den deutlich ranzigen Gesichtsausdruck der Umstehenden, die sich offenbar nichts sehnlicher wünschen, als dass diese Frau aus der Schweiz endlich mal das Wort wieder loslässt.

Lobenswert ist hingegen, dass sich die vielen Kopfblätter von CH Media durchaus auch dem Lokalen verschrieben haben. Auch wenn die Prominenz der linken Prominenz vielleicht nicht für jeden erkennbar ist.

In einer Welt für sich lebt wieder einmal die NZZ, und dafür gebührt ihr grosses Lob. Natürlich beherrscht auch ihre Frontseite der Gaslieferungsstopp. Aber daneben und mit Bild widmet sich die alte Tante einem Thema, das allen anderen schwer an einem gewissen Körperteil vorbeigeht. ZACKBUM ist entzückt.

Dazu gehört auch ein üppig fotografierter Bericht über den Anteil, den Kosaken im Kampf gegen Russland leisten. Auch dafür hat kein einziges anderes Organ den Nerv. Aber die NZZ kann noch einen drauflegen:

Das ist sowohl inhaltlich wie thematisch sehr konträr zum Mainstream und verdient deswegen höchstes Lob.

Hilfe, mein Papagei onaniert: Faule Eier

In der zeitlichen Distanz wirkt die Ostersonntags-Presse noch abgestandener.

Ostern ist medial gesehen blöd. Drei Feiertage, ausgerechnet am Samstag muss für die Sonntagspresse gearbeitet werden, los ist meist auch nicht viel. Man kann es sich nun ganz einfach machen wie die «Berner Zeitung/ Der Bund», die im Rahmen der Sparmassnahmen zur Qualitätsverbesserung im Hause Tamedia über Ostern einfach Artikel rezykliert.

So verzweifelt ist die Sonntagspresse noch nicht, aber fast.

Der SoBli probiert’s mit der ältesten Nummer überhaupt. Wenn nix los ist, mach eine Umfrage. Und ein Quiz. Da kann nix schiefgehen:

Gegen den erhöhten Gähn-Faktor dann noch ein Interview mit dem aalglatten Grünen-Chef Balthasar Glättli. Der lässt sonst keine Gelegenheit aus, in die Medien zu kommen, hier hätte er sicher lieber gekniffen. Denn seine Grünen sind rechte Militärköpfe geworden und wollen unbedingt in die NATO. Was ist denn mit dem grünen Pazifismus, will der SoBli wissen. Glättli gerät auch beim schriftlich geführten Interview ins Eiern: «Mich erstaunt die NATO-Positionierung sehr.» Schliesslich stünde in der Wahlplattform «das Gegenteil». Nämlich «stärkeres Engagement der Schweiz für die Friedensförderung in der Uno und der OSZE statt in der NATO-Partnership for Peace».

Da fragt der SoBli frech, ob diese Postion nicht überdacht werden müsse. Worauf Glättli 15 Zeilen Geschwurbel ablässt, um die Frage in Watte zu packen und zu entsorgen. Jämmerlich gut.

Aber die ersten zehn Seiten des Blatts sind mit dem Thema Ukraine abgefüllt, man meint den Seufzer der Erleichterung zu hören. Nun Platz für das «Oster-Lexikon», eine taufrische, originelle, neue Idee.

Dann folgen weitere Artikel, so über den «Drang nach Süden», die mehr oder minder streng nach eingeschlafenen Füssen in roten Wandersocken riechen. Die Präsidentschaftskandidaten Marie Le Pen wird schnell zur «gefährlichsten Frau Europas» ernannt, womit sie offenbar vor Figuren wie von der Leyen oder Lagarde läge.

Einen weiteren Höhepunkt erreicht der SoBli mit diesem Interview:

Merke, wer eine solche Null-Aussage als Titelquote verbraten muss, will damit sagen: lies mich nicht, weiterblättern.

So landet man dann hier:

Ei, ei, ei, was für Fragen. «Was wird an Ostern gefeiertZACKBUM treibt seine Leser an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und serviert folgende Antwortmöglichkeiten (nein, die sind original, bevor jemand Satire sagt):

– Ende des Winters
– Auferstehung von Jesus
– Geburt von Jesus
– Beginn des Frühlings

Wir sind verwirrt, denn wir vermissen die richtige Antwort: Die Eier des Osterhasen.

Und was macht das Blatt für die halbgebildeten Stände? Da hat leider das Geld für eine Meinungsumfrage nicht gereicht, also muss man so fahren:

Dann würde «watson» von einem Sozialporno sprechen, denn unter dem erschütternden Titel «Meine Füsse bluten» wird über Fluchten aus der Ukraine berichtet. Ach, nein, so geht’s im Gastgewerbe zu und her, «Betroffene berichten». Dann frönt die SoZ ihrer Unsitte, Artikel mit Riesenfotos aufzublasen, die allerdings so inhaltsleer wie der Bericht selbst sind:

Das nächste Mal spürt man die Tamedia-Sparmassnahmen im «Fokus»-Bund. Der besteht aus heisser Luft und dem gesprochenen Wort. Wenn Bundesrätin Sommaruga interviewt wird, dann weiss man, dass die Redaktion schon am Samstag dringend Ostereier verstecken wollte und es ihr dabei egal ist, ob sich der Leser durch Watte arbeiten muss.

Man beachte auch bei diesem Interview das Verhältnis Fotos – Text. Eins zu eins, würden wir sagen. Etwas Farbe ins Ostergrau bringt einzig Michèle Binswanger, die sich an ein Interview mit Alice Schwarzer traut. Die grosse alte Dame der deutschen Frauenbewegung ist bekanntlich in feministischen Kreisen in der Schweiz untendurch, weil sie es doch wagte, den Vollkörperschleier nicht als Ausdruck des Selbstbestimmungsrecht emanzipierter islamischer Frauen zu sehen (wie Frauenversteher Daniel Binswanger), sondern als Käfig, als Gefängnis, weswegen Schwarzer natürlich für das Burka-Verbot war. Nun nimm sie die «Transsexualität» unter die Lupe und erklärt sie für «in Wahrheit rückschrittlich». Wie immer mit intelligenten Argumenten. Aber das wird ihr hierzulande nix nützen.

 

Die NZZaS hingegen hat ein echtes Generationsproblem. Woran merkt man das?

Richtig, wenn ein Blatt ein Jugendfoto des 78-jährigen Mick Jagger (das ist so ein Überlebender der «Rolling Stones», das ist so eine Band, die vor vielen Jahren ihr letztes Album rausbrachte) riesig aufs Cover nimmt, dann bedeutet das, dass die U-50 eher schwach in der Redaktion vertreten sind. Denn die sagen mehrheitlich: Mick who? Natürlich ist es ein biologisches Wunder, dass der immer noch ohne Krückstock über die Bühne hupft und auch Keith Richards, der nun seit vielen Jahren so alt aussieht, wie er niemals werden kann, hält sich noch an seiner Gitarre fest. Ansonsten stirbt aber ein Mitglied nach dem anderen weg.

Anlass des Riesenfotos ist, dass es dem Kulturchef doch tatsächlich gelungen ist, ein Interview mit Jagger zu ergattern. Das ist natürlich toll für einen Fan, aber ausser, dass sich Peer Teuwsen darüber wundert, dass Jagger den Begriff «Tautologie» kennt, ist’s nun ungefähr so originell wie «I can’t get no satisfaction» .

Und sonst? Ukraine, Ukraine, Vincenz, Vincenz, schliesslich The Man:

So sah Jagger vielleicht vor der Erfindung der Farbfotografie aus, heute eher so:

 

 

 

 

 

Trost findet Jagger höchstens hier:

Saufen und rauchen hat Keith Richards übrigens aufgegeben.

Hilfe, mein Papagei onaniert: Altpapier

Die «Berner Zeitung/ Der Bund» probiert ein neues Rezykliermodell.

Eines ist bei Tamedia klar: wenn gespart wird, Redaktionen zusammengelegt werden, es dadurch bedauerlicherweise zu Kündigungen kommt, dann bewirkt all das nur, dass die Qualität steigt.

Die schöne Nebenwirkung ist, dass der Coninx-Clan sich über einen Supersondergewinn von über 800 Millionen Franken freuen kann. Für die Kunden der Produkte ist’s allerdings weniger profitabel. In Bern wird gerade vorgeführt, was so eine Steigerung der Qualität durch Fusion konkret bedeutet. Für das «Classic-Jahresabo» sind satte 539 Franken fällig.

Dafür gibt’s dann sicherlich wenigstens täglich frische News. Könnte man meinen. Nun ist aber Ostern gewesen. Selbst ZACKBUM hat die Gelegenheit genützt, drei Tage Pause einzulegen. Als mildernde Umstände können wir anführen, dass wir eine One-Man-Show sind. Und gratis.

Die «Berner Zeitung/Der Bund» bietet allerdings seinen Lesern dieses starke Stück:

Nomen est omen. Ein Artikel über Rezyklieren. Eine hübsche Lokalreportage: «Spätnachts, wenn alle schlafen, zieht ein Mann in Burgdorf seine Runden: Hansruedi Herrmann ist auf der Jagd nach Getränkedosen.» Das hiess natürlich für Cornelia Leuenberger (Text) und Beat Mathys (Fotos), zu nachtschlafener Zeit ihrem Beruf nachzugehen. Herausragend, so etwas will man im Lokalteil lesen.

Nur: Will man es auch immer wieder lesen?

«Über die Ostertage publizieren wir Texte der letzten Monate nochmals, die zu reden gaben. Dieser Artikel erschien erstmals am 13. Februar 2022.»

ZACKBUM muss darauf hinweisen: Das ist keine Realsatire. Also schon, aber nicht von uns erfunden.

Selbst einer fusionierten Lokalredaktion sei’s gegönnt, über Ostern lieber im Stau zu stehen als zu arbeiten. Und die ewigen Ostereier-Artikel können tatsächlich auf genau diese gehen. Aber mal im Ernst: ein rezyklierter Artikel über Rezycling? Echt jetzt? Weil der «zu reden» gab? Wird das zur neuen Spar-Mode? Wieso nicht den Artikel über den Beginn der russischen Invasion in der Ukraine wiederholen? Der gab auch zu reden. Oder die schönsten Sportberichte über längst vergangene Wettbewerbe?

Auf dem Weg nach unten sieht der Journalismus offenbar keine Stoppschilder. Wir raten einzig von der Wiederholung eines Gefässes ab. Ernsthaft, auch wenn darüber wohl sehr viel geredet wird. Aber die schönsten Wetterberichte der vergangenen Monate, da sollte man die Finger von einer Wiederholung lassen.

Hingegen, man muss solche Sparmassnahmen zu Ende denken, wieso nicht diesen hier: «Heute bekommen Sie die Ausgabe vom 17. Januar 2021 zum zweiten Mal überreicht. Sie hat uns besonders gut gefallen, und geben Sie’s zu: Sie haben den Inhalt doch längst vergessen. Dafür gibt’s dann aber morgen eine nur teilweise rezyklierte Neuausgabe dieser Zeitung.»

Beleidigte Leberwurst

Das Kunsthaus hat schon wieder Mist gebaut. Zumindest laut Tamedia.

«Christoph Heim war zehn Jahre lang Ressortleiter Kultur bei der BaZ.» So die inzwischen obligatorische Selbstauslobung am Schluss eines Artikels. Das prädestiniert ihn natürlich dazu, dem Kunsthaus mal wieder die Kappe zu waschen: «Eine Kandidatur nach Gutsherrenart», ätzt Heim in einem Kommentar. Wir hoffen für ihn, dass er eine dunkle Ahnung hat, was Gutsherrschaft war und wie sie sich von heutigen Zuständen unterscheidet.

Was ist passiert? «In einem dürren Communiqué teilte die Zürcher Kunstgesellschaft am Gründonnerstag mit, dass Philipp Hildebrand Nachfolger von Walter Kielholz und Anne Keller Dubach an der Spitze der Zürcher Kunstgesellschaft werden soll.» Dagegen stellt Heim die dürre Bemerkung:

«So geht das nicht

Warum denn nicht? Nun, es gebe «kein Wettstreit der Kandidaten», und ausserdem bezweifelt Heim die Befähigung von Hildebrand. Seine verflossene und aktuelle Gattin hätten zwar beide was mit Kunst zu tun, räumt Heim ein, als ob das etwas mit der Qualifikation von Hildebrand zu tun hätte. Zudem sei er im Stiftungsrat des British Museum.

Das kommt aber ganz schlecht bei Heim an: «Es gibt wahrscheinlich kein Museum, das sich abweisender gegenüber Restitutionsbegehren zeigt als das British Museum.» Und was hat das mit Hildebrand und dem Kunsthaus Zürich zu tun? Dumme Frage:

«Bei der Zürcher Sammlung Bührle geht es bekanntlich darum, die Provenienzen der Bilder nochmals zu prüfen und jene Bilder, bei denen es sich nachweisen lässt, dass es sich um Nazi-verfolgungsbedingten Entzug handelt, möglichst rasch ihren Eigentümern zurückzugeben

Schon der Banker Walter Kielholz war für Heim als Präsident der Zürcher Kunstgesellschaft nicht über jeden Zweifel erhaben: «Auch wenn der Manager sich gern im hellen Licht des Erweiterungsbaus des Kunsthauses zeigt, er steht auch im Schatten des Bührle-Debakels, das sich zu einem eigentlichen Imagedesaster für das Kunsthaus auswuchs.»

Vielleicht sollte man hier der Gerechtigkeit halber anmerken, dass es mehr ein Mediendebakel war, heubeigeschrieben von Tamedia und der «Republik». Bis heute liess sich kein einziger Vorwurf bezüglich ausgestellter Raubkunst erhärten, sämtliche Provenienzforschungen waren schon vor der Eröffnung der Ausstellung öffentlich einsehbar, von der Möglichkeit von Nachfragen bei der die Sammlung verwaltenden Stiftung wurde abgesehen. Das alles ist sattsam bekannt und abgehandelt. Genau wie der skandalisierte Leihvertrag mit dem Kunsthaus. Da wurde Ungeheuerliches hineingeheimnisst, als er veröffentlicht wird, erstarb die Kritik schlagartig: es gab nix zu meckern.

Nun also Hildebrand. Immerhin erwähnt Heim, dass es sich hierbei nur um einen Vorschlag des Vorstands der Kunsthausgesellschaft handelt, über den die 24’000 Mitglieder abzustimmen haben. Was doch eigentlich ziemlich demokratisch ist. Aber Heims Problem ist ein ganz anderes. Er ist beleidigte Leberwurst. Warum? Hier verrät er’s:

«Die Öffentlichkeit will wissen, warum jemand kandidiert und was ihn zur neuen Aufgabe befähigt. Vor diesem Hintergrund ist das dürre Communiqué der Kunstgesellschaft ein No-go und Philipp Hildebrands Nein auf eine Interviewanfrage dieser Zeitung eine Geringschätzung der Öffentlichkeit.»

Das hätte Hildebrand besser wissen müssen: Wer keine Zeit oder Lust hat, sich von Heim interviewen oder gar grillen zu lassen, der hat’s bei ihm verscherzt. Da fordert der beleidigte Journalist im Namen der Öffentlichkeit Satisfaktion. Ach, so geht das auch nicht.

 

Mario Stäuble in Erklärungsnot

Der Co-Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» ist peinlich.

Seine Fähigkeit zur Qualitätskontrolle ist seit dem Fall Kevin Brühlmann stark zu bezweifeln. Seine Bedeutung als zurückgestufter Mit-Chefredaktor war noch nie beeindruckend.

Nun will Stäuble «In eigener Sache» der Leserschaft erklären, wieso in der Berichterstattung des Tagi zum Blutbad von Wallisellen der Name des Entführungsopfers vom Blatt als Scoop zuerst veröffentlicht wurde, um dann gestrichen zu werden. Der ganze Artikel wurde durch die verkniffene Ankündigung ersetzt:

Anschliessend erschien der Artikel wieder, allerdings abgewandelt:

Während die übrigen Medien, inklusive SDA oder NZZ, ungehemmt den Namen von Christoph Berger, Impfchef der Schweiz, nannten. Das möchte Stäuble nun erklären: «Warum wir den Namen des Entführten nennen». Damit verwirrt der elegante Schreiber allerdings, denn die Leserschaft ist ja wenn schon irritiert, wieso er genannt wurde, dann gestrichen, dann wieder genannt, während die Konkurrenz keine solchen Tänze aufführen musste.

Item, man habe bereits am Donnerstagabend den Namen des Opfers gekannt. Daraufhin trat die «erweiterte Chefredaktion zusammen, um unter Beteiligung unseres Hausanwalts die medienethischen und medienrechtlichen Aspekte des Falls zu diskutieren.» Darauf folgt das übliche Geeier. Abwägung, politische Dimension, sicherheitspolitische Fragen, also «sahen und sehen uns gegenüber unserer Leserschaft dazu verpflichtet».

So nebenbei erwähnt Stäuble, dass der Sprecher von Berger bei Kontaktnahme durch die Redaktion klargestellt hatte, «dass Herr Berger keine Berichterstattung über seine Person wünsche». Nun sollte eine «erweiterte Chefredaktion» nebst juristischer Verstärkung wissen, dass das Opfer eines Gewaltverbrechens das Recht hat, seine Namensnennung zu untersagen.

Also könnte es einen kompetenten Co-Chefredaktor nicht gross erstaunen, dass Berger dann zum Mittel der Superprovisorischen griff, als sich der Tagi nicht an diese Forderung hielt. Da Berger offenbar zu diesem Zeitpunkt nur vom Tagi kontaktiert worden war, ereilte auch nur den der Blitz des Verbots der Namensnennung. Nachdem sich dann, angesichts der übrigen Medien, Berger zu einer kurzen öffentlichen Stellungnahme veranlasst sah, fiel dann das superprovisorische Verbot.

Was also Stäuble eigentlich dem Leser erklären sollte: wir haben’s versemmelt. Wir haben den Namen rausgegrübelt, den Betroffenen damit konfrontiert. Soweit noch gut. Wenn der aber sagt, dass er seinen Namen nicht in den Medien lesen will, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Ihn vom Gegenteil überzeugen – oder das akzeptieren. Für Überzeugungsarbeit bräuchte es aber eine gewisse Eloquenz oder auch psychologische Fähigkeiten, was Stäuble offenbar abgeht. Also verstand man sich zur Fehlentscheidung: Opfer will nicht, Namen nennen wir trotzdem.

Was lernt der Leser daraus? Das Blatt wird von kompetenten journalistischen Hirschen gebastelt …

 

 

Wumms: Aline Wanner

Diesen Namen trägt der Niedergang der Medienkritik in der NZZaS.

Im Wechsel mit Felix E. Müller macht die Leiterin von NZZ Folio bewusst, dass es sich beim Bedauern über die Einstellung der NZZ-Medienseite mitsamt Entlassung des langgedienten Redaktors um keinen Phantomschmerz handelt.

Immerhin: die Kolumne ist kurz. Viel mehr Positives lässt sich aber nicht dazu sagen. Zu den Lieblingsbeschäftigungen von Wanner gehört, die Konkurrenz niederzumachen. Also Ringier, CH Media und Tamedia im Turnus.

Aktuell ist mal wieder Tamedia dran: «Der «Tages-Anzeiger» etwa veröffentlichte in einem eigenartigen Eifer diese Woche eine neue Art von Korrigendum: Der dazugehörende Artikel, heisst es darin, basiere auf Informationen, «die wir im Nachhinein als zu wenig erhärtet erachten»

Hat Bundesrat Cassis ein temporäres Exportverbot für Waffen vorgeschlagen oder nicht? Da ist sich Tamedia unsicher geworden und macht das transparent – dafür lässt man den Artikel online. Findet Wanner überhaupt nicht gut. Artikel kommentarlos zu löschen oder zu verändern, dass findet sie auch nicht gut. Was wäre dann besser? Das weiss die Besserwisserin auch nicht.

Vielleicht könnte sie ja die von ihr beklagte mangelnde Fehlerkultur auf sich selbst anwenden; wäre doch mal was Neues. So schrieb Wanner vor ziemlich genau einem Jahr zur Fusion von «Berner Zeitung» und «Der Bund» launig: «Nun werden womöglich – wie in Basel und Zürich – Idealisten mit Nischenprodukten ihr Glück in Bern versuchen. Die Erfolgsaussichten kennen wir ja.»

Damit spielt sie beispielsweise auf die krachend gescheiterte «TagesWoche» in Basel an. Wird ja in Bern wohl auch nix, meint Wanner. Am 13. März dieses Jahres sieht das schon ganz anders aus:

Genau, die Rede ist vom neuen Nischenprodukt «Hauptstadt» aus Bern, das man natürlich so oder so sehen kann: «Es gibt ein Bedürfnis nach zuverlässigen, liebevollen, überraschenden Informationen aus der Nähe. Im besten Fall entsteht so ein nachhaltiges Geschäftsmodell.»

Allerdings dient ihr die kleine Lobeshymne nur dazu, auf die unliebsame Konkurrenz Tamedia einzudreschen: «Die TX Group gab diese Woche übrigens einen beachtlichen Gewinn für das vergangene Jahr bekannt. Aber kleine, schlanke Unternehmen sind bekanntlich oft ­innovativer als träge Kolosse mit fragwürdiger Betriebskultur.»

Wir warten immer noch sehnlich darauf, dass sich die unerbittliche Kritikern mal zu ihrem eigenen Laden äussert. Wenn man ohne grosse Eigenleistungen jeden Monat sein Gehalt bekommt, als Frau sowieso unkaputtbar ist, könnte man sich doch auch mal eine Analyse des Kolosses NZZ-Gruppe trauen. Statt sich ohne Korrektur selbst zu widersprechen …

Was hält Wanner zum Beispiel vom Führungsstil des Chefs Eric Gujer? Wir sind gespannt.

 

 

 

 

Wumms: Magdalena Martullo-Blocher

Krieg der Worte: da werden keine Gefangenen gemacht.

Die WoZ hat aufgedeckt, zwei Recherchierspürnasen von Tamedia höselen hinterher: Die Chefin der Ems-Chemie habe im «Kasernenhofton» die Anordnung erteilt, in der Kommunikation das Wort «Krieg» zu vermeiden und stattdessen vom «Ukraine-Konflikt» zu sprechen. Ein entsprechendes Mail habe sie Mitte März verschickt, «nur wenige Tage nach der Bombardierung einer Geburtsklinik in Mariupol durch russische Truppen, die Bilder von dieser Gräueltat gingen um die Welt».

Die WoZ richtet: «In der Ukraine tobt also kein brutaler Krieg, begonnen durch den russischen Präsidenten Putin – es hat sich ein Konflikt entsponnen.» Worum geht es Martullo-Blocher? Na, logo: «ums Geschäft.» Dabei zähle «jeder einzelne Franken», da Martullo-Blocher auch gesagt habe, «wir überlassen unsere Firmen nicht dem russischen Staat». Obwohl zurzeit die Nachfrage völlig zusammengebrochen sei, wäre sie bereit, die Produktion in russischen EMS-Fabriken sofort wieder hochzufahren, sollte sich das ändern. Zudem habe Russland gedroht, widrigenfalls solche Firmen zu verstaatlichen.

Diese Anordnung sei «zum Schutz unserer Mitarbeiter erfolgt», wird die Verteidigung der Chefin der EMS-Chemie zitiert. Es würden bei einer Verstaalichung nicht nur Angestellte ihren Arbeitsplatz verlieren, sondern es stehen bekanntlich bis zu 15 Jahre Gefängnis auf Aussagen, dass es sich in der Ukraine um einen Krieg handle. Aber was kümmert das alles die Vertreter der reinen und heiligen Moral in der Schweiz.

Die WoZ legt noch einen drauf:

«Im Interview mit dem «Tages-Anzeiger» sagt sie, die Ukraine gelte als eines der korruptesten Länder, deshalb würde sie dort nicht investieren. Eine Behauptung, die aus Moskau seit Jahren zu hören ist. Tatsächlich ist die Ukraine in allen Korruptionsranglisten besser platziert als Russland. Dann mahnt sie, auch Putin müsse einen Erfolg vorweisen können, damit es zum Frieden komme. Ist das noch neutral oder schon Komplizenschaft?»

Fein in eine Frage verkleidet die Beschuldigung, Martullo-Blocher sei Putins Komplizin, nur weil sie etwas völlig Richtiges sagt. Zudem ist es tatsächlich richtig, dass die Ukraine beispielsweise in der Korruptionsrangliste von Transparency International besser abschneidet als Russland. Allerdings steht die korrupte Oligarchen-Republik auf Platz 117; Russland folgt auf Platz 129. Also weit, weit hinten im Feld von insgesamt 179 untersuchten Ländern. Da ist es eigentlich egal, auf welchen hinteren Plätzen man sich genau befindet.

Aber Martullo-Blocher. Erfolgreich. Steuert die EMS-Chemie bislang sicher durch alle Stürme. Dazu noch SVP-Nationalrätin und vor allem Tochter des Gottseibeiuns aus Herrliberg.

Will ihre Mitarbeiter und ihre Investitionen in Russland schützen. Das findet auch Tamedia nicht gut: «Warum auch Ems-Beschäftigte, die keinen Kontakt mit Russland haben, nicht von «Krieg» sprechen dürfen, diese Frage liess das Unternehmen unbeantwortet.» Vielleicht, weil auch solche Beschäftigte mal in Kontakt kommen könnten? Aber solche Überlegungen stehen natürlich den Scharfrichtern im Wege.

In den USA gibt es aus Weltkriegszeiten den «Tradig with the Enemy Act». 1917 erlassen, wird er heute noch angewendet. Auf Kuba. Das könnte sich doch die Schweiz als Vorbild nehmen. Zumindest die Schweiz, von der Tamedia- und WoZ-Redaktoren träumen, die nicht Gefahr laufen, in Russland zu 15 Jahren Knast verknackt zu werden. Und denen es weder ums Geschäft, noch ums Geld geht. Vorausgesetzt, der Lohn kommt pünktlich aufs Konto.