Nz, nz, nz: das N-Wort

Der Sprachwahnsinn kennt keine Grenzen mehr.

Es war einmal der Oberbürgermeister von Tübingen. Ein Grüner, erfolgreich, populär, beliebt, wiedergewählt, obwohl die Partei zunehmend Mühe mit ihm hatte und ihn sogar mit einem Parteiausschlussverfahren belästigte.

Nun hat dieser Boris Palmer per sofort seinen Parteiaustritt erklärt und angekündigt, er wolle eine Auszeit nehmen und sich zudem professionelle Hilfe suchen. Warum denn das? Nun, im Wesentlichen hatte Palmer doch tatsächlich – in entsprechenden Zusammenhängen – ein Wort verwendet, dass das grosse deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» niemals nicht mehr in den Mund nehmen würde, geschweige denn drucken.

Denn, auch ZACKBUM-Leser müssen da durch, was Palmer unverfroren in den Mund nahm und sogar aussprach, ist ein Wort, mit dem «eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben» wird, flötet der «Spiegel».

Das Wort ist so schlimm, dass auch Tamedia ins Stammeln gerät: «Wie auf einem im Internet veröffentlichten Video zu sehen ist, stellte eine Gruppe von Demonstranten Palmer am Freitag vor der Universität und warf ihm vor, das N-Wort zu verwenden. Ein Schwarzer fragt in der Aufnahme den Politiker, ob er ihm das ins Gesicht sagen wolle. Palmer wiederholt daraufhin das N-Wort, indem er einen bereits angefangenen Satz wiederholt.»

So, nun wiederholt wiederholt wiederholt ZACKBUM dieses «N-Wort», das kein Anhänger von faschistischer Sprachreinigung jemals mehr in den Mund nehmen kann:

Neger. Neger. Neger. Neger.

Die überlebenden ZACKBUM-Leser sollen zur Erbauung damit unterhalten werden, dass es mit dem Wort «Neger» sogar eines der längsten Palindrome der deutschen Sprache gibt:

«Ein Neger mit Gazelle zagt im Regen nie.»

Für Sprachidioten: ein Palindrom ist ein Satz, der vorwärts und rückwärts gelesen werden kann und den gleichen Inhalt hat …

In diesem Zusammenhang hat Palmer das Wort vielleicht nicht verwendet, er wurde dennoch mit «Nazi raus»-Rufen traktiert. Was allerdings das Wort Neger mit Nazi zu tun hat (ausser, dass beide mit N anfangen), das erschliesst sich nur völlig verwirrten Geistern, die nicht einmal merken, dass ihr Bedürfnis nach Sprachreinigung zutiefst faschistisch ist.

Was Palmer auch noch passierte: der grosse grüne Heuchler Rezzo Schlauch gab öffentlich bekannt: «Ich habe ihm meine persönliche und meine politische Loyalität und Unterstützung sowie meine juristische Vertretung aufgekündigt.» Denn Palmer hatte genervt nachgelegt: «Das ist nichts anderes als der Judenstern. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi. Denkt darüber nach.»

Das tat Schlauch allerdings nicht. Wer ist das? Der damalige Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Schlauch benutzte 2002 dienstlich erworbene Flugmeilen für private Zwecke. Zuvor hatte er seinen Kollegen Cem Özdemir für das gleiche Vergehen kritisiert. Nach einem Vertuschungsversuch in eigener Sache wechselte Schlauch in die Wirtschaft. Als Beirat eines der grössten AKW-Betreiber Deutschlands, als windiger Geschäftemacher oder als Honorarkonsul für Albanien.

Verständlich, dass Palmer das nicht mehr im Kopf aushält, dass ein solcher Heuchler und Opportunist wie Schlauch ihn öffentlich kritisiert, der «Spiegel» das dann auch noch genüsslich zitiert (ohne auf die üble Vergangenheit von Schlauch einzugehen), und ihm niemand seiner Parteigenossen öffentlich zur Unterstützung eilt.

Was ist schlimmer? Neger sagen, oder als grüner Fraktionsvorsitzender Flugmeilen sammeln, sie privat verwenden, einen Parteikollegen wegen des gleichen Vergehens öffentlich zusammenstauchen und dann versuchen, das eigene Fehlverhalten zu vertuschen?

Offenbar für viele Grüne und andere Verpeilte ist die Verwendung des Worts Neger viel schlimmer.

 

Wichtiges und Unwichtiges

Qualität, für die man gerne zahlt …

Tamedia sei «mehr als die nächste Schlagzeile», behauptet der Medienkonzern forsch. Er haut sogar noch mehr auf die Kacke: «Als stärkstes Redaktionsnetzwerk der Schweiz gestalten wir die Themen und Debatten des Landes mit

Soll man es betrauern oder sich darüber freuen, dass das schon längst nicht mehr der Fall ist? Oder trauen Sie Raphaela Birrer zu, die «Themen und Debatten des Landes» mitzugestalten? Ach, nicht so auf die Frau spielen? Gut, dann schauen wir uns doch mal die gestalterische Kraft am 1. Mai an. Vielleicht könnte man dazu in Abwandlung eines alten Arbeiterslogans sagen: Es stehen alle Schlagzeilen still, wenn dein starker Arm es will.

Greifen wir also «mehr als die nächste Schlagzeile» heraus. «Sexismus am Arbeitsplatz – hier werden Männer zu Unterstützern», eine wunderbare Schlagzeile, die aber, horribile dictu, nicht auf die Tamedia-Redaktion selbst angewendet wird. Obwohl, will man dem Protestschreiben von 78 erregten Tamedia-Mitarbeiterinnen glauben, die das dringend nötig hätte. Aber so viel Mehr wäre dann doch zu viel des Guten.

Unbedingt berichtenswert ist auch das hier: «Eine fatale Karikatur bringt den «Guardian» in Schwierigkeiten». Hinter der Schlagzeile: in der englischen Zeitung war eine Karikatur erschienen, der ein antisemitischer Gehalt vorgeworfen wurde. Der «Guardian» nahm sie vom Netz und entschuldigte sich. Also ist hinter der Schlagzeile einfach heisse Luft.

Ein chinesischer Schachweltmeister, eine missglückte italienische Tourismus-Werbung, ein «Chili-Esser schrammt haarscharf am Tod vorbei», und das in San Francisco, der «Beobachter» wisse, wie es dazu kam, dass eine Frau «zwei Schafe im Badezimmer hielt». Auch hier gähnt hinter den Schlagzeilen das Nichts.

Das schnarcht schon in der Schlagzeile bei der Abteilung «International». «Flucht und Vertreibung der Palästinenser», natürlich von der «Süddeutschen Zeitung» einkopiert, in Wien suche Afghanistan einen neuen Helden, meint die SZ, kopiert dann das stärkste Redaktionsnetzwerk der Schweiz. Ach, und «60 Minuten mit Obama»; kalter Kaffee, lauwarm serviert.

Wollen wir noch die Kolumnen oder gar die «Kultur» anschauen? Lieber nicht, richtig. Aber he, es war doch der 1. Mai, normalerweise der News-Retter an einem schlappen Feiertag. «Wir berichten live (mit Video)», trompetet das Redaktionsnetzwerk. Tatsächlich, ganze drei Redaktoren werden freigelassen, verlassen ihre Verrichtungsboxen und setzen sich heldenhaft Tränengas und anderen Widrigkeiten aus. Als Lohn der Angst bringen sie Nachrichten wie diese mit: «Plötzlich stürzen sich fünf zivil gekleidete Beamte einer speziellen Eingreiftruppe auf einen Mann und verhaften ihn, sie werden unterstützt durch den Wasserwerfer. Ein Polizist ist bei der Aktion mutmasslich verletzt worden.»

Dazu passend ein Foto, wie uniformierte Beamte einen Mann verhaften. Aber in der Hektik kann das ja passieren. Auch die deutsche Sprache leidet unter dem Kriegsgeschehen am Zürcher Helvetiaplatz: «Die eingekesselten auf dem Kanzleiareal». Dafür hat Tamedia einen hübschen Ausdruck für linksautonome Chaoten, für gewaltbereite Mitglieder des Schwarzen Blocks gefunden, der wirklich ingeniös ist und eine echte Alternative zu «Demonstrierende» darstellt: «Aktivisten». Das hört sich schnüggelig an und lässt sich allgemein anwenden.

Klimaaktivisten statt Klimakleber. Religionsaktivisten statt islamistische Fundamentalisten. Sprachaktivisten statt Genderwahnsinnige. Sauberaktivisten statt faschistische Sprachreiniger. Nur: gibt es denn nicht auch Aktivistinnen? Ist «Aktivist» nicht Ausdruck der männerbeherrschten Unterdrückungssprache? Hallo? DER Aktivist? Was hat sich Tamedia dabei nur gedacht? Die einzig korrekte Form dieses Ausdrucks wäre «Aktivierende». Kann doch nicht so schwer sein.

Mal ernsthaft, liebe Mitglieder des angeblich stärksten Redaktionsnetzwerks der Schweiz: ihr erwartet wirklich, dass das Publikum dafür auch noch zahlt? Betrachtet ihr das als Arbeitsplatzsicherung – oder wollt ihr euch selbst wegschreiben? Oder von der SZ wegschreiben lassen? Oder soll das eine Satire auf ein ernsthaftes Qualitätsmedium sein? Oder ist das subversiver Widerstand gegen das Aushungern durch Pietro Supino? Gegen eine unfähige Redaktionsleitung? Gegen überforderte Ressortleiter(innen)?

Wie auch immer, den Leser packt das Grauen und er wird vergrault …

Hau drauf am 1. Mai

In Bern gab es einen Saubannerzug, der von der Reithalle aus startete. Vorbereitung zum 1. Mai.

Als Vorlauf für den 1. Mai kam es in der Nacht auf Sonntag zu «einem unbewilligten Umzug durch die Innenstadt», flötet der «Blick». Im Umzug wurden «Fenster eingeschlagen, Wände versprayt» und Einsatzfahrzeuge und Gebäude mit Wurfgegenständen und Feuerwerkskörpern angegriffen. Ach ja, und eine Polizistin sowie ein Polizist wurden verletzt. Die Medien tänzeln darum herum, wer das wohl war.

Auch «nau.ch» berichtet, dass «Einsatzkräfte in Bern mit Wurfgegenständen und Feuerwerkskörpern angegriffen» wurden. Auch das Haus Tamedia vermeldet, dass «Demonstrierende» in der Lorraine «ein Bild der Zerstörung» hinterlassen hätten. Das berichtet auch der News-Ticker SDA, SRF weiss um eine «unruhige Nacht». Nur: wer waren denn die «Demonstrierenden», was verbirgt sich hinter dieser gendergerechten, aber grammatikalisch falschen Verwendung des Partizips Präsens?

Eines ist klar: Wären es Rechtsradikale, SVP-Anhänger, «Freiheitstrychler» oder überhaupt «Vertreter der rechtskonservativen Szene» gewesen, hätte man das Hilfswort «Demonstrierende» nicht verwendet.

Nun wird aber fast überall so getan, als wisse man nichts Genaues, wer denn hinter dieser Randale stecken könnte. Besoffene Jugendliche? Marodierende mit Migrationshintergrund? Aliens gar?

Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause spricht zwar von «gezielten und brutalen Angriffen auf die Polizei» und von einer blinden Zerstörungswut. Allerdings, das wurde von vielen Medien gerne aufgenommen, wollte die Polizei keine Angaben machen, welche Gruppierung hinter dieser Schneise der Zerstörung stecke.

Dabei hätte die regelmässige Lektüre des Portals «Barrikade» völlig genügt. Denn dort vermeldet ein «Communiqué» launig: «Unter dem Motto «Tour de Milidance – uns die Nächte» zogen über 500 Personen durch Bern. Der Umzug war sehr stimmungsvoll.» Schuld an Eintrübungen der Stimmung und Ausrastern hatte natürlich die Polizei: «Dabei gefährdete der übereifrige und unkontrollierte Einsatz der Polizei die Teilnehmenden der Demonstration massiv. … Die brachiale Polizeigewalt setzte auch bei der Demonstration eine Eskalationsspirale in Gang.»

So kann man das also auch sehen. Was waren denn eigentlich die Ziele der Chaoten?

«Wir wollen eine Stadt, wo Feminizide und patriarchale Gewalt endlich gestoppt wird. Lasst uns zusammenstehen – solidarisch und widerständig.»

Vielleicht mag es ja Berner geben, die wollen, dass solche Randale von Linksautonomen endlich gestoppt wird in ihrer Stadt. Dazu würde allerdings auch gehören, dass einige Mainstream-Medien hier nicht um die Identifizierung der Verursacher dieser Ausschreitungen herumtänzeln.

Vielleicht will «Barrikade» auch gleich die deutsche Rechtschreibung abschaffen, denn der Duden kennt das Wort «Feminizide» nicht. Aber «der Femizid» ist vielleicht zu männlich konnotiert, wobei Fremdwörter bekanntlich Glücksache sind …

Es gibt da ein kleines Detail, das bei all diesen wohlwollenden Beschreibungen gerne vergessen geht. Eingeschlagene Schaufensterscheiben zahlen die Lokalbetreiber selber. Auch die Reinigung von Schmierereien oder die Reparatur von Sachbeschädigungen fällt auf den Mieter – oder Besitzer – zurück. Selbst wenn es Verhaftungen gibt, was allzu selten der Fall ist, wird niemand wegen der blossen Teilnahme an einem Zug von Randalierern finanziell zur Verantwortung gezogen.

Richtig gut ist auch die Reaktion der SP-Rednerin am 1. Mai in Zürich. Die fordert dies und das und alles und Blabla, natürlich auch Solidarität und Blüblü. Als die Nationalrätin Tamara Funiciello aber gefragt wird, was sie denn zu den Sachbeschädigungen und der Randale zu sagen habe, meint sie verkniffen: «Ich möchte darüber reden, was uns wichtig ist.» Dazu gehört offensichtlich nicht, sich von der sinnlosen Gewalt und den Angriffen auf Polizisten zu distanzieren.

Geradezu brüllend komisch ist, dass auf «Barrikade» inzwischen ein sehr kritischer Beitrag zu dieser Randale in Bern erschienen ist:

«Die Tour de Milidance war ein absoluter Reinfall – das wissen wir alle, inklusive den Menschen, die auf dieser Plattform das Communiqué veröffentlicht und darin einmal mehr völlig unreflektiert Militanz um Militanz willen nicht nur legitimiert, sondern gefeiert haben.» So weit möchte Funiciello offensichtlich nicht gehen. Mindestens so lustig ist auch, dass das Thema «Randale am 1. Mai» beim «Blick» abends völlig von der Webseite verschwunden ist.

Wie jedes Jahr kommt es während und nach den 1.-Mai-Umzügen zu Sachbeschädigungen und Muskelspielen des Schwarzen Blocks, während die Polizei das ihr Mögliche tut, die Chaoten unter Kontrolle zu halten.

Es kann natürlich sein, dass im heutigen ausgehungerten Journalismus in den Verrichtungsboxen in den Newsrooms die Existenz der Plattform «Barrikade» nicht bekannt ist. Das ist bedauerlich, denn dem Organ kann man auch in der «Agenda» die möglichen nächsten Randale-Züge entnehmen. «Wut zum Widerstand» in Zürich, «revolutionärer 1. Mai!» in Bern, Randale in Basel, das hört sich doch vielversprechend an.

Dabei haben doch zumindest die Mitarbeiter der in einer tiefen Krise steckenden «Republik» die Existenz von «Barrikade» schon schmerzlich zur Kenntnis nehmen müssen. Die Plattform veröffentlichte nämlich eine kritische «Republik»-Reportage über die Gewerkschaft Unia. Die war dann, trotz erheblichem Aufwand, dort nicht erschienen. Sie sei nicht ganz fertig geworden, behauptete die «Republik». Sie passte nicht ins ideologische Raster, das wäre wohl die bessere Erklärung. So wie bei der Berichterstattung über die angekündigte Randale von Linksautonomen in Bern.

Wie das den Behörden und den Medien entgehen kann, ist völlig unverständlich. Ausser, sie sind auf einem Auge blind.

 

Linkes Fuck, gutes Fuck

N-Wort? Niemals. SVP und Fuck? Kein Problem.

Von Adrian Venetz
Die «Weltwoche» kann sich gewiss nicht rühmen, stets eine seriöse Berichterstattung zu beherzigen. Was sich das Blatt mitunter an Polemik erlaubt, ist oft an der Grenze des Zumutbaren. Und so galt es auch, einem jüngst publizierten Artikel von Christoph Mörgeli mit grosser Skepsis zu begegnen. Die Rede war da vom «Bounce Cypher 2023»: Unter dem Dach des Schweizer Fernsehens können Rapper (oder Rapper:innen, wie das SRF sie gendergerecht bezeichnet) zeigen, was sie drauf haben. Mörgeli verweist in seinem Artikel auf einen YouTube-Beitrag des SRF, in dem eine Rap-Gruppe folgende Punchline zum Besten gibt:
«Schtande für die Gegend wie e Barbara Gysi, Sanggalle zeig Haltig und fuck uf d Esther Friedli!»
Das kann unmöglich der Wahrheit entsprechen, denkt sich der kritische Leser. Doch bei genauerem Hinsehen und Hinhören bestätigt sich genau dies: Das Schweizer Fernsehen organisiert einen Anlass, an dem eine Ständeratskandidatin und amtierende Nationalrätin der SVP mit den Worten «Fuck uf d Esther Friedli» diffamiert wird.
Ist das ein Skandal? Nein, ist es nicht. Die grassierende Empörungskultur hat genügend Groupies, die jeden Mist aufgabeln. Man muss nicht jeden Schwachsinn zur Staatskrise erklären. Der Skandal erwächst erst aus dem Vergleich der Berichterstattung in Schweizer Medien zu ähnlich gelagerten Ereignissen. Wie beispielsweise der Fall des Zürcher Zunftballs: Rund um diese private und infantile Vorführung einiger Zünftler schrieben sich die Journalisten die Finger wund. Tänzelten gemeinsam mit Politikern auf Zehenspitzen um das «N-Wort» herum, empörten sich masslos über Themen wie Blackfacing und Rassismus. Und jeder, der wegen einer solchen Vorführung nicht stante pede auf den Barrikaden steht, ist natürlich ein Nazi. Doch wenn eine SVP-Nationalrätin, der – im Gegensatz zu Gestalten wie Glarner und Konsorten – nun wahrlich nicht vorgeworfen werden kann, dass sie regelmässig unter die Gürtelline schlägt, in einem SRF-Beitrag zum «Fuck»-Objekt degradiert wird, biegt sich im Schweizer Blätterwald kaum ein Ästchen. Das sagt so einiges aus über den Zustand und die Gesinnung in Schweizer Medienhäusern.

Betriebsunterbruch

Nach 2462 veröffentlichten Beiträgen macht ZACKBUM etwas Ungewöhnliches:

Sendepause.

Aber nicht zu früh gefreut: am 10. Mai 2023 sind wir in alter und neuer Frische wieder da.

Vielleicht gibt es auch aus dem fernen Ausland das eine oder andere im Schweizer Mediensumpf (danke für den Ausdruck, Christof Moser) zu kommentieren. Aber im Allgemeinen wird Ruhe herrschen.

À bientôt. Hasta luego. Do skoroy vstrechi. Uf Widerluege. Bis bald.

Bärenstark, oder?

Schon blöd, wenn der Druck wieder funktioniert, aber die Redaktion …

Sagt mal, liebe kompetente NZZaS-Journalisten, ist das Euer Ernst? Oder habt Ihr spielerisch mit dem «SonntagsBlick» einfach die Front getauscht?

Ausser dem Regenrohr im Logo, dem gewagten Kugel-Insert oben rechts, diese Front hätte sich doch auch bei NZZaS gut gemacht. Und Bärenumarmen sowie eine aufgeplusterte Geschichte über gestiegene Flugpreise hätte bestens auf den Boulevard gepasst.

Gut, anschliessend kommt im SoBli ein Editorial von Gieri Cavelty, da lässt’s dann wirklich schwer nach.

Aber auch auf Seite 2 beweist die NZZaS, dass die Debatte damals, ob die alte Tante überhaupt Fotos braucht, und erst noch in Farbe, durchaus ihre Berechtigung hatte:

Vier Betende vor dem Bundesgericht, welche Platzverschwendung.

Wunderbar auch diese Duftnote:

Aber immerhin, es gibt einige (wenige) Stücke, die versöhnen. Zum Beispiel die Hinrichtung des neusten Machwerks des PR-Genies Benjamin von Stuckrad-Barre. Der machte schon aus seiner Drogensucht einen öffentlichen Auftritt, nun will er Ersatz generieren für die üppigen Honorare, die er über Jahre hinweg für kleine Leistung für den Springer-Verlag erbrachte.

Mit «Noch wach?» schafft er es, und das ist nicht einfach, sogar Lukas Bärfuss zu unterbieten, gewinnt aber sprachlich den Nahkampf mit der/die/das Kim. Die Rezension in der NZZaS beginnt völlig richtig: «Eigentlich ist es falsch, diesen Text zu schreiben. Weil man damit einem Mann die Aufmerksamkeit gibt, nach der er giert.»

Um dann in einer fulminanten Hinrichtung zu enden:

««Noch wach?» ist aber trotzdem kein #MeToo-Roman. Er gibt nur vor, einer zu sein: Stuckrad-Barre kritisiert ein Machtsystem, von dem er selbst über Jahre profitiert hat. Jetzt eignet er sich die von Frauen hart erkämpften Errungenschaften an, die unter #MeToo zusammengefasst werden, und macht daraus Marketing für sich selbst. Sein Roman ist nicht literarisch interessant, sondern als Symptom für den grassierenden Zwang zur Selbstdarstellung. Wie sehr die Lust, sein Ego über die Sache zu stellen, dem Journalismus schadet, immerhin das transportiert er.»

Ähnliches könnte man allerdings über den Kulturchef der NZZaS sagen. Peer Teuwsen interviewt nämlich John Irving. Denn kann man kennen, muss man aber nicht. Einen Anlass fürs Interview gibt’s auch nicht, und so plaudert es sich halt dahin. Ach doch, Irving hat mal wieder einen ellenlangen (mehr als 1000 Seiten!) Familienroman geschrieben. Das ist aber noch lange kein Grund, ihm solche Fragen zu stellen:

«Was ist Familie eigentlich?
Familie ist die plötzliche Erkenntnis, jemanden mehr zu lieben als sich selbst.
Garp sagt: «Lachen ist meine Religion.»
Meine auch.
Ihre einzige?
Ja, Lachen ist meine einzige Religion.»

Nun muss ZACKBUM sowohl loben wie tadeln: «Die geschmierte Gewalt. Österreichs Medien erhielten im letzten Jahr von den öffentlichen Stellen Inserate im Wert von gesamthaft über 200 Millionen Euro.»

Es kann natürlich reiner Zufall sein, dass Beitrag und Thema verblüffende Ähnlichkeit mit diesem Stück haben: «Tamedias tiefes Schweigen». Das erschien am 17. April hier. Auch mehr in den Bereich Tadel gehört die Frage, wieso die NZZaS zwei Seiten für österreichische Zustände aufwendet, aber kein Wort über spiegelgleiche Verhältnisse in Deutschland und durchaus auch staatliche Jornalistenschmiere in der Schweiz verschwendet. Weil da peiplicherweise auch NZZ-Journalisten auftauchen?

Auch darüber hat ZACKBUM schon berichtet, aber vielleicht passte der NZZaS die eigentliche Quelle der Schweizer Untersuchung nicht, denn das war der «Nebelspalter».

Grossartig ist hingegen, das wollen wir gerne einräumen, eine Verteidigung von Lukas Bärfuss durch Manfred Papst. Also glücklicherweise keine Verteidigung dessen letzten Machwerks. Aber dessen Verwendung des Sprichworts «nach der Decke strecken». Unter Zuhilfenahme des Röhrich (für Sprachbanausen: «Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten», gehört in jeden besseren Haushalt) weist Papst nach, dass damit nicht die Zimmer-, sondern die Bettdecke gemeint ist. Das nutzt Papst, um seinem Kollegen von der NZZ eine reinzuhauen, der sich über das Sprachbild von Bärfuss, einer müsse sich nach der Decke strecken, wolle er keine kalten Füsse bekommen, lustig machte. Was, wir gestehen’s, auch von ZACKBUM geteilt wurde.

Aber: mit Verweis auf GoetheWer sich nicht nach der Decke streckt / dem bleiben die Füsse unbedeckt») klärt Papst auf, dass damit eben gemeint ist, dass eine kleine Decke zur Folge haben kann, dass die Füsse kalt bleiben. Die NZZaS als Bildungsanstalt, aber hallo.

 

 

Wumms: Markus Brotschi

Nicht nur Frauen senken das Niveau von Tamedia.

Brotschi ist ein alter Hase des Journalismus, «er arbeitet seit 1994 als Journalist und Redaktor» und sei Bundeshausredaktor mit «Schwerpunkt Sozial- und Gesundheitspolitik».

Es kann also sein, dass er sich etwas ausserhalb seiner Kernkompetenzen bewegt. Das ist aber noch lange keine Entschuldigung für diesen Kommentar in Tamedia:

«Ein Scheitern der Übernahme der CS durch die UBS wollte die unheilige Allianz der Nein-Sager im Parlament nicht … Richtig ist, dass der Bundesrat selbst nun keine Zweifel an der Rechtskraft seiner Beschlüsse aufkommen lässt. Ein Scheitern des CS-Deals, weil gut die Hälfte des Nationalrats Nein stimmte und trotzdem Ja meinte, wäre fatal und grotesk.»

Mit Verlaub, Herr Bundeshausredaktor: das ist gerüttelter Unsinn. «Unheilige Allianz»? Was soll dieser demagogische Kampfbegriff? Natürlich will und muss der Bundesrat behaupten, dass seine überhastete und fragwürdige Entscheidung, insgesamt 259 Milliarden Franken ins Feuer zu stellen, ohne Alternativen richtig geprüft zu haben, rechtskräftig sei. Was ja nicht bedeutet, dass das auch stimmt …

«Nein stimmte und Ja meinte»? Woher will Brotschi das wissen? Kann er in die Köpfe der Nationalräte schauen? Oder will er behaupten, dass unsere Parlamentarier das Gegenteil von dem abstimmen, was sie eigentlich wollen? Also unzurechnungsfähig sind?

Ein Scheitern wäre «fatal und grotesk»? Wenn es daran läge, dass es rechtswidrig wäre? Trotz Rechtswidrigkeit müsste es dennoch durchgezogen werden, sich an Rechtsstaatlichkeit halten, wäre «fatal und grotesk»? Weiss dieser Mann überhaupt, was er schreibt? Oder meint er auch das Gegenteil davon? Das wäre zu hoffen, denn dass der Leiter der Bundehausredaktion von Tamedia ein Antidemokrat ist, der schon mal die Zwangsimpfung ohne Rechtsgrundlage forderte, ist schlimm genug.

Staats-Journalisten

Unabhängigkeit ist vermietbar.

Die Journalisten der Mainstream-Medien werden nicht müde zu betonen, dass sie völlig unabhängig ihrer Tätigkeit nachgehen. Dabei kennten sie weder Kaiser noch Gott. Die Meinung ihrer Besitzer oder Verleger sei ihnen völlig egal, auch die Geldtöpfe der Bürokratie der Berner Bundesstellen liessen sie völlig kalt. Und keinesfalls dürfe man SRF als Staatsfunk bezeichnen.

So geht die Mär. Nun hat der «Nebelspalter» mit einer verdienstvollen Anfrage herausgefunden, dass sich Aushängeschilde wie Urs Gredig, Arthur Honegger oder Florian Inhauser gerne von Bundesdepartementen bezahlen lassen, um Anlässe zu moderieren. SRF-Redaktor Rafael von Matt führte sogar eigentliche Medientrainings durch. Allerdings ohne seine Vorgesetzten darüber zu informieren, weil er wusste, dass die das abgelehnt hätten.

Über 200’000 Franken bezahlte die Bundesverwaltung in den zwei letzten Jahren an willige Journalisten. Nicht nur vom Staatsfernsehen. Die Liste ist ellenlang. Darin figurieren Marguerita Meyer oder Marie-José Kolly von der «Republik», Florian Keller von der «WoZ». Die Hand aufhielten auch Rico Bandle von der SoZ oder Christof Münger vom «Tages-Anzeiger». Sabine von Fischer, Andreas Ernst und Barnaby Skinner von der NZZ taten es ihnen gleich.

Meistens handelt es sich um Beträge zwischen 500 und 2000 Franken für die Moderation eines Staatsanlasses. Richtig fett sahnte Christian Zeier von «Reflekt» als Redaktionsmitglied von «Eine Welt» ab, ein Jubel-Organ des EDA. Alleine in den zwei Jahren 2020 und 2021 bekam er satte 75’755 Franken reingeschoben. «Reflekt» verkauft sich übrigens als «unabhängiger, investigativer Qualitätsjournalismus», beklagt die Staatsnähe anderer Organe und will selbst völlig transparent sein. Allerdings gibt der redaktionelle Leiter und Co-Geschäftsleiter Zeier seinen kleinen Nebenerwerb nicht an.

Auf Anfrage verteidigt er sich: «Ich sehe keinen Widerspruch zwischen dem unabhängigen, investigativen Qualitätsjournalismus von Reflekt und den fachspezifischen Artikeln zur Entwicklungszusammenarbeit, die ich für «Eine Welt» geschrieben habe. Es gab in diesem Zusammenhang nie einen Interessenskonflikt und meine Arbeit für «Eine Welt» war und ist allgemein bekannt.»

Natürlich handelt es sich bei den meisten Staatszahlungen um ein kleines Zubrot, wobei die völlig staatsunabhängigen Journalisten schon auch mal 4000 oder 12’473 Franken für Moderationen verdienen. Oder für Redaktionsarbeiten 8’250, oder über 11’000 für das Verfassen mehrerer Beiträge.

Kann man diese Journalisten deswegen als gekauft bezeichnen? Nein. Aber als gemietet. Obwohl das «nur» Zusatzeinkünfte zu ihren üppigen Gehältern sind: es ist doch völlig klar, dass der Empfänger Beisshemmungen gegenüber seinem Auftraggeber hat. Der grösstenteils das EDI oder das EDA ist.

Kritisch die Unabhängigkeit bei anderen hinterfragen, so tun, als gehe es dem Medienschaffenden nur und ausschliesslich um die möglichst wirklichkeitsnahe Erforschung und Darstellung von Berichtenswertem.

Welche eine Heuchelei. Wieder einmal, und deshalb überhaupt nicht überraschend. Hier bekommt der alte Begriff Schreibnutte eine ganz neue Bedeutung.

Endspiel der Demokratie

Wenn die Volksvertretung übergangen wird.

Das Parlament beschliesst, die Regierung führt aus. So sollte es sein. Die Regierung beschliesst, das Parlament hat nichts zu sagen. So ist’s neuerdings in der Schweiz.

Es ist ein Skandal. Ein Sündenfall. Etwas Unerhörtes. Aber kaum einer regt sich gebührend auf. Der Bundesrat hat unter Anwendung der wackeligen Rechtsgrundlage «Notrecht» insgesamt 259 Milliarden Franken ins Risiko gestellt.

Der Bundesrat hat hektisch, übereilt, überfordert die Credit Suisse an die UBS verscherbelt. Ohne Alternativen wirklich zu prüfen. Es war beschämend, zwei inkompetente Bundesräte, einen desinteressierten Nationalbankpräsidenten, eine nichtssagende Figur der Bankenaufsicht FINMA und das Paar Plisch und Plum von der CS am 19. März auf der Bühne zu sehen.

Sprechpuppen, dominiert von Colm Kelleher, dem übermächtigen VR-Präsidenten der UBS. Er herrscht über eine Bank, deren Bilanzsumme doppelt so gross ist wie das BIP der Schweiz, die Summe aller in einem Jahr hergestellten Werte. Nirgendwo anders auf der Welt steht ein solch riesiger Dinosaurier in einem Land. Dass es vor der Finanzkrise eins zwei noch grössere gab, spendet keinen Trost.

Die beiden Bundesräte, alle sieben Bundeszwerge, hätten dem UBS-Boss auch gleich die goldenen Schlüssel der Schweiz überreichen können. Von jetzt an muss jede Sitzung der Landesregierung mit den bangen Fragen beginnen: Wie geht es der UBS heute? Wie ist das werte Befinden von Kelleher? Ist seine Laune gut, der Stuhlgang befriedigend, der Nachschub von irischem Whiskey sichergestellt?

Allerdings kann eine überforderte Finanzministerin, teuer, aber parteiisch beraten von einer Anwaltskanzlei, die gleichzeitig die Interessen der UBS vertritt, einen Fehlentscheid treffen. Glücklicherweise gibt es in einer Demokratie Korrekturmöglichkeiten.

Denn eigentlich ist es so, dass die Regierung dazu da ist, vom Parlament beschlossene Gesetze und Richtlinien auszuführen. Walten besondere Umstände, gibt es die Möglichkeit, dass die Regierung vorprellt, handelt, um dann im Nachhinein die Zustimmung des Parlaments zu erbitten. Handelt die Regierung klug und nachvollziehbar, ist das eine reine Formsache.

Da der Bundesrat weder klug, noch nachvollziehbar handelte, verweigerte das Parlament seine Zustimmung zu den getroffenen Vereinbarungen. Das ist sehr peinlich für die Regierung; im Normalfall müsste sie nach einer solchen Ohrfeige zurücktreten. Nun werden in der Schweiz die Bundesräte einzeln gewählt und bilden eine Kollegialregierung. Also müsste die verantwortliche Finanzministerin Karin Keller-Sutter zurücktreten.

Das hat sie offenbar nicht einmal in Erwägung gezogen. Aber noch schlimmer: sie und die Landesregierung haben vor der Parlamentsdebatte erklärt, dass eine Zustimmung im Nachhinein erwünscht, eine Ablehnung bedauerlich – aber völlig wirkungslos sei.

Hier muss der Staatsbürger einen Moment innehalten, rot anlaufen und vor Wut fast explodieren. Wozu haben wir ein Parlament als oberste Entscheidungsinstanz – wenn es schlichtweg keine Rolle spielt, ob es ja oder nein sagt?

Es war ein demokratisches Trauerspiel, als eine Bundesrätin wie eine Sprechpuppe ihre unbefriedigenden Argumente vortrug, wieso der Beschluss richtig gewesen sei und – natürlich – alternativlos. KKS zeigte keinerlei Bereitschaft, dem Parlament in irgendeiner Form entgegenzukommen. Das war die pure Arroganz der Macht, das deutliche Signal: ihr könnt machen, was ihr wollt, ist mir doch egal.

Nachher zu sagen, dass der Bundesrat dieses «Signal» sehr ernst nehme, ist an Heuchelei kaum zu überbieten. Wir nehmen das sehr ernst, aber gleichzeitig pfeifen wir drauf.

Das Parlament selbst hat sich allerdings auch nicht mit Ruhm und Ehre bekleckert. Der sinnvolle Vorstoss, die verbleibenden vier Übersaurier in beherrschbare Einzelteile zu zerlegen, wurde von der SP in der vorberatenden Kommission versenkt – er hatte in der SVP den falschen Absender.

Nach dem Nein zum Multimilliardendeal gab es kurzzeitig eine Debatte, ob der Bundesrat dennoch die gemachten Zusagen honorieren dürfe und die entsprechenden Vereinbarungen unterzeichnen. Hilflose Versuche, dem Parlament doch noch zu seinem Recht zu verhelfen.

Von der Mainstream-Presse wurde das Nein der Volksvertreter teilweise scharf kritisiert. Das bringe nichts, sei Zwängerei, verunsichere die Märkte, schade dem neuen Übersaurier UBS plus CS. Als hofften sie immer noch auf zusätzliche Steuermillionen, beeilten sich die Medien, vor dem Bundesrat einen Kotau zu machen.

Der Besitzer und Verleger von CH Media (die auch das St. Galler «Tagblatt» herausgibt) orgelte: «Für die Rettung der CS hätte Karin Keller-Sutter statt einer Ohrfeige Standing Ovations verdient». Stattdessen beklagt Peter Wanner ein «unheilvolles Signal», «Selbstprofilierung» sei wichtiger gewesen als «die Übernahme von Verantwortung». Wanner hatte schon verantwortungsvoll eine Flugverbotszone über der Ukraine gefordert und den Einsatz von NATO-Truppen angeregt.

Es ist ein Zeichen von Dysfunktionalität der Medien, wenn der Besitzer mit über 10’000 Anschlägen seine unqualifizierte Meinung in seinen Quasi-Monopolblättern ausgiessen darf – und natürlich traut sich niemand, ihm zu widersprechen, Arbeitsplatzsicherung.

Inzwischen wurden auch die letzten juristischen Zweifel an der Legitimität des Notrecht-Entscheids niedergebügelt, der Bundesrat und seine Helfershelfer wissen die Macht des Faktischen hinter sich. Allerdings hat die Eidgenossenschaft noch eine ganze Latte von Schadensersatz- und Staatshaftungsklagen vor sich, denn klaglos lassen sich keine internationalen Grossinvestoren einfach mal 16 Milliarden Franken auf null abschreiben. Ob das rechtens war, ist zumindest sehr umstritten.

Darauf machten aber zuerst englische Medien aufmerksam, die Schweizer Presse hatte diesen Aspekt, dass das zusätzliche Kernkapital einfach per Federstrich für wertlos erklärt worden war, schlichtweg übersehen.

Es ist offenkundig, dass eine Teilverstaatlichung der CS plus eine unbegrenzte Liquiditätsgarantie durch die Nationalbank, wie sie nicht nur der Überbanker Oswald Grübel forderte, also eine Rettung à la UBS 2009, die beste Lösung gewesen wäre. Begleitet von einer Auswechslung des unfähigen Managements, einer Zerlegung und anschliessendem Börsengang.

Natürlich wäre das möglich gewesen, denn der Niedergang der CS zeichnete sich ja nicht erst wenige Tage vor der fatalen Medienkonferenz am 19. März ab. Selbst notfallmässig eine bessere Führungscrew zu installieren, das wäre bei diesen amtierenden Pfeifen ein Leichtes gewesen. Natürlich kann und soll weder der Bundesrat, noch die SNB eine Privatbank führen. Aber er hätte sie aus der Bredouille führen können.

Stattdessen liess sich der Bundesrat unter Druck setzen und vorführen. Die UBS ist prächtig ausgestattet, mit Liquidität überschüttet und mit einem 9-Milliarden-Risikopolster beschützt.

Aber das ist nicht mal der wirkliche Skandal. Der besteht in einer Beschädigung der Schweizer Demokratie, wie sie ohne Beispiel ist. Wer das Parlament entmündigt, seine Entscheidungskompetenz aushebelt, vergreift sich an den Grundlagen unseres politischen Systems. Es kann übergesetzliche Notstände geben. Dieser war keiner. Es wurde eine Drohkulisse aufgebaut, von der niemand weiss, ob eine schwere Störung des internationalen Finanzgefüges stattgefunden hätte.

Der Bundesrat hat sich mit einer Macht ausgestattet, die ihm nicht zusteht. Empowerment auf ganz spezielle Art. Wer das tut, wer das gutheisst, ist nicht verantwortungsbewusst. Sondern ein Antidemokrat. Nichts rechtfertigt eine solche Beschädigung unserer politischen Institutionen. Es ist ein Sündenfall. Und nicht der erste. Wie viel weitere verträgt die Schweizer Demokratie noch?

«Republik»: Der Sumpf

Der ehemalige Chefredaktor Christof Moser beschimpft den VR.

Auch der Misserfolg hat Väter. Bei der «Republik» sind das vor allem die beiden Gründer Christof Moser und Constantin Seibt. Seibt mäandert sich seit der Gründung mit ellenlangen Texten durch das Magazin, die immer weniger Leser finden, aber immerhin kürzer als das halbe Buch über Google sind. Wenn auch nicht weniger langweilig. Über sich selbst wuchs er in ellenlangen Newslettern hinaus, in denen mit immer neuen Sprachgirlanden eingestanden werden musste, dass die «Republik» ihre Finanzen nie im Griff hatte. Einmal drohte sie sogar mit Selbstmord, um an neue Kohle ranzukommen.

Wie viele Abonnenten es brauche, um welches Budget zu finanzieren, selbst an dieser einfachen Berechnung scheitert das Organ bis heute. Seibt ist dabei der Strippenzieher und Guerillakämpfer, der sich gerne als einfachen «Reporter» bezeichnet. Clever trat er blitzschnell aus dem VR zurück, als ein möglicher Steuerbeschiss von fast einer Million Franken ruchbar wurde. Da könnte es ja Haftungsfragen geben.

Christof Moser übernahm von Anfang an die Chefredaktion und verteidige mit Zähnen und Klauen (und viel Geld für Anwälte) jede Fehlleistung der «Republik», die ums Verrecken niemals freiwillig eine Korrektur oder gar eine Entschuldigung publizieren wollte. Aber musste.

Zwischen den beiden soll es dann zu einem Diadochenkampf gekommen sein, den Seibt gewann, Ende 2021 wurde Moser vom Posten des Chefredaktors hinausgetragen. Seither bekleidet er die nicht näher definierte Position einer «Stabsstelle Chefredaktion». Aus dem fernen Berlin. Von dort aus schimpfte er schon vor Monaten über üble Intriganten-, Vettern- und Misswirtschaft auf der «Republik».

Lustigerweise auf Englisch keifte er: «Es geht sehr schnell und man sieht sich plötzlich mit einer Anhäufung von Inkompetenz, Mobbing und Fehlentscheidungen konfrontiert, die einen sabotieren. Und sie hindern dich daran, erfolgreich weiterzuarbeiten.»

Sein Ratschlag:

«Achten Sie darauf, was hinter ihrem Rücken in den strategischen Gremien passiert.»

Damit war offensichtlich auch der VR gemeint. Seine damalige Prognose: «Ist das (schlechtes Management, Red.) passiert, setzt sich die Abwärtsspirale fort und das Unternehmen bricht langsam aber sicher zusammen. Warum? Denn schlechtes Management lässt sich nur durch noch mehr schlechtes Management rechtfertigen. Es geht weiter und weiter und weiter. Und wird niemals aufhören. Bis der Schaden angerichtet ist.» Und die Verwirrten im Sumpf steckenbleiben und nicht herausfinden.

Aktuell legt Moser nach: «Erinnerst du dich an mein Posting über «the swamp», diese tödliche Mischung aus Inkompetenz, Mobbing und Fehlentscheidungen? Jeder, der in den letzten 16 Monaten den falschen Kurs des Vorstands (und der Unterstützer im Hintergrund) kritisierte, wurde diffamiert. Nun liess sich der Sumpf nicht mehr verbergen. Und den Preis zahlen wie immer die Mitarbeiter. Das ist traurig.»

Und was sagt die «Republik» zu dieser vernichtenden Attacke ihres Mitgründers und Mitarbeiters in einer Stabsstelle? Das sei dann im Fall nicht ihre Meinung.

Das ruft nach einer Wortschöpfung: Republipeinlich. Konfliktscheue, inkompetente Geldvernichter. Mit dem eigenen Bauchnabel beschäftigt und mit sonst nichts. Zurzeit im Nahkampfmodus, wer fliegt und wer bleiben darf. Eines ist dabei sonnenklar: transparent wird der Prozess nicht ablaufen, nicht die Schlechtesten und Überflüssigsten werden gehen müssen, nicht die Besseren und Brauchbaren werden bleiben. Sondern hier wird ganz human, solidarisch und gutmenschlich gemobbt, intrigiert und gemeuchelt.