Das wüsste ich aber

«Blick» ist verwirrt.

Gut, das ist nichts wirklich Neues. Aber das Blatt mit dem Regenrohr im Titel überrascht ZACKBUM mit der Mitteilung:

«Liebe Abonnentin, lieber Abonnent
Dein Blick+-Abo ist seit gestern abgelaufen. Vielleicht hast du einfach noch nicht das richtige Angebot für dich entdeckt oder es gibt andere Gründe, warum du dich dagegen entschieden hast. Wir wollen uns dringend für dich verbessern.»

Das ist löblich, und ZACKBUM hätte tatsächlich ein paar dringliche Verbesserungsvorschläge.

  1. Man sollte wildfremde Menschen nicht duzen.
  2. Das Abo ist nicht gestern ausgelaufen.
  3. Es gibt tatsächlich jede Menge Gründe, wieso wir uns nicht für eine Umwandlung des Gratis-Abos in die Bezahllösung entschieden haben. Der wichtigste: das ist doch nicht Fr. 9.90 im Monat wert.

Hinzu kommt:

Das ist der wohl blödeste Werbeslogan, seit es den «Blick» gibt. Plussen ist der Dativ Plural von Plus. Auf Niederländisch bedeutet «plussen» hin und her überlegen. Rod Kommunikation hat für sicherlich unverschämt viel Geld ein richtig faules Werbeei gelegt:

Wer hat Lust auf etwas Werbergequatsche? Ist unsinnig, aber unterhaltsam:

«Ausgangslage: Blick erweitert das Angebot um Blick+ …Aufgabe: Blick+ mit einer grossen Lancierungskampagne als das Medium für exklusive Inhalte bekannt machen. Lösung: Wir bringen Blick+ nicht nur in die Köpfe der Menschen, sondern machen es gleichzeitig zu einem festen Bestandteil ihres Vokabulars. Und zwar, indem wir aus dem «+» ganz einfach ein Verb machen

Ganz einfach. Oder gänzlich einfältig. Oder einfach ganz blöd. Aber Rod hat sich sicherlich gedacht: wer sich so eine Plakatkampagne aufs Auge drücken lässt, dem kann man alles verkaufen:

Wird hier geplusst? Ich plus mir die Kabine? Oder ich blicke auf ein paar Kufen? ZACKBUM findet: plussen oder plustern, was ist der Unterschied zu minussen? Zehn Prozent Minus bei den Lesern. Wo ist da das Plus?

Nur mal ’ne Frage

Das müsste sich wohl überprüfen lassen.

Es ist sicherlich nicht ungefährlich, als Reporter im Gazastreifen unterwegs zu sein. Aber Kriegsreporter war noch nie ein Job für Weicheier. Sondern für testosterongesteuerte Haudegen.

Wie sagte der weltberühmte Kriegsfotograf Robert Capa: «Wenn deine Bilder nicht gut genug sind, warst du nicht nah genug dran.» Am 25. Mai 1954 trat er im damaligen Französisch-Indochina auf eine Antipersonenmine und kam dabei um.

So weit müsste ein Kriegsreporter im Gazastreifen nicht gehen. Aber in all dem Schlamassel und Elend (und selbstverständlich wollen wir die Ursachen nicht vergessen) gibt es eine Meldung, die eine banale Frage auslöst.

Die Hamas-Gesundheitsbehörde behauptet, dass in der Al-Schifa-Klinik mit 600 Patienten und 1500 Vertriebenen entsetzliche Zustände herrschten, keine Behandlung der Patienten mehr möglich sei. Der WHO-Chef schreibt: «Die Welt kann nicht stillschweigend zusehen, wie Spitäler, die eigentlich sichere Zufluchtsorte sein sollten, sich in Schauplätze des Todes, der Verwüstung und der Verzweiflung verwandeln.»

Augenzeugen berichten, dass direkt vor dem Spital Kämpfe stattfänden. Die israelische Armee behauptet, dass die Hamas unter der Klinik eine Kommandozentrale habe und auch andere medizinische Einrichtungen sowie Ambulanzen für militärische Zwecke missbrauche.

Ein leitender Arzt des Spitals bestritt das gegenüber BBC, der Chefchirurg Marian Abu Saada behauptet: «Wir haben medizinisches Personal, wir haben Patienten und Vertriebene. Nichts anderes.»

Sollte die Hamas medizinische Einrichtungen für militärische Zwecke missbrauchen, wäre das ein widerliches Kriegsverbrechen. Sollte die israelische Armee Spitäler bombardieren und angreifen, die nur Spitäler sind, wäre das ein widerliches Kriegsverbrechen.

Die einfache Frage: was stimmt? Wenn die Hamas Spitäler so missbraucht, sollte das nachweisbar sein; eine Kommandozentrale kann man nicht einfach als Operationssaal tarnen. Da Israel diese Behauptung als Begründung für seine Handlungen erhebt, wäre es gut, wenn es das belegen könnte.

Das wäre die Aufgabe eines möglichst unabhängigen Reporters mit genügend Erfahrung, dass er nicht auf fabrizierte Beweise hereinfallen würde.

Die noch einfachere Frage: wieso geschieht das nicht?

Plötzlich sensibel

Das Zürcher «Theater am Neumarkt» sagt ein Stück ab.

2016 waren die Theatermacher überhaupt nicht sensibel. Da verkündeten sie eine hirnlose Provokation des «Zentrums für politische Schönheit», dem das Neumarkt Gastrecht eingeräumt hatte: Ein «extra für diesen Anlass eingeflogener Voodoo-Priester», der vor einiger Zeit schon für den tödlichen Autounfall des österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider «verantwortlich zeichnete», werde Roger Köppel verfluchen, was das Publikum auch vorher schon auf der unter der Ägide des Theaters am Neumarkt aufgeschalteten Website tun durfte. Der Ankündigungstext fuhr fort: «Wir bitten die Bevölkerung, sich in weiten Kreisen an der Deportation des Köppels (ein gemeingefährlicher Straftäter) zu beteiligen.»

Philipp Ruch, der Kopf hinter dem «Zentrum für politische Schönheit», machte im Herbst davor bereits Schlagzeilen, als er in der Strassenzeitung «Surprise» zum Mord am SVP-Nationalrat und Besitzer der «Weltwoche» aufrief: «Tötet Roger Köppel!» Obwohl das damals nicht nur vom Zürcher «Tages-Anzeiger» wohlwollend als Ausdruck künstlerischer Freiheit bewertet wurde – es handle sich doch nur um einen «Theatermord» –, entschuldigte sich der Herausgeberverein von «Surprise» anschliessend: «Wir haben die Wirkungen und Interpretationen dieses Gastbeitrags eindeutig unterschätzt», seine Publikation sein «ein Fehler» gewesen.

Davon unbeeindruckt, ergriff das Theater am Neumarkt unerschrocken die Gelegenheit, einem drittklassigen Schlingensief-Adepten erneut die Plattform für angeblich künstlerischen Nonsens zu geben.

Das kostet das Neumarkt kurzfristig 50’000 Franken Subventionen. Inzwischen fliessen aber wieder die Steuergelder ungehemmt. Nicht so wie beim Schauspielhaus, das satte 38 Millionen Franken bekommt. Aber ein paar Hunderttausend läppern sich schon.

Wie überhaupt die Theaterszene Zürich flächendeckend künstlich mit Steuergeldern beatmet wird. Theater Rigiblick, Theater Stadelhofen, Theater Purpur, selbst das «Zirkusquartier Zürich» bekommen Hunderttausende reingesteckt. Die erwähnten alleine über 1,5 Millionen. Jährlich.

Nun hat das Theater am Neumarkt beschlossen, eine Eigenproduktion im letzten Moment abzusagen. Ihr vielversprechender Titel: «bullet zen. ein Abend über dopamin, terror und meditation». Die Story hätte sicher rasenden Zuspruch gefunden: «das stück ging aus von einer wahren geschichte, in der in mexiko ein schweizerischer zen-mönch von einem drogenkartell entführt und mehrere wochen in geiselhaft gefoltert wurde.»

Am 4. November wäre Premiere gewesen. Wäre, denn einen Tag vorher blies das Theater das Theater ab. Das Stück hätte bis am 14. Dezember gespielt werden sollen. Eintritt kostet bis zu 45 Franken, da läppern sich die Ausfälle. Aber macht ja nix, wenn der Steuerzahler sowohl einen besetzten wie auch einen leeren Theaterstuhl subventioniert.

Nun wird so ein Stück ja nicht einfach einen Tag vor der Premiere auf die Bühne gewuchtet. Da wird inszeniert, geprobt, die Direktion ist natürlich eng in alles eingebunden. Dann gibt es noch Hauptproben, also jede Menge Möglichkeiten, Korrekturen anzubringen, wenn etwas nicht passen sollte.

Aber doch nicht am Neumarkt. Da kam man zum Schluss, salbadert der Pressesprecher, dass die Umsetzung künstlerischen und ethischen Ansprüchen nicht genüge.

Mal langsam. So wurde der Kracher angekündigt: «ein mexikanisch-schweizerisches regieteam bringt die auf wahren begebenheiten basierende geschichte auf die bühne und befragt das potenzial der buddhistischen lehre im kontext von gewalt und unterdrückung. kann sie antworten auf die krisengeschüttelte gegenwart liefern? in der nicht enden wollenden spirale aus dopamin, terror und meditation entsteht eine sinnliche parabel für eine welt am abgrund

Nun ist die «sinnliche Parabel» selbst in den Abgrund gefallen. Es ist eigentlich die Aufgabe einer Theaterdirektion, Stücke auf die Bühne zu bringen. Selbst bei einem Schwachsinn wie dem Köppel-Angriff hatte die Direktion keine Probleme damit gehabt. Das war allerdings ein Gastspiel, ohne Probe, mit nur rudimentären Kenntnissen, welche Schmiere hier aufgeführt würde. Diese Stück aber wurde von Anfang an eng begleitet.

Um dann im letzten Moment gekübelt zu werden. Normalerweise würde nach so einem Flop die Direktion Asche aufs Haupt streuen und auf offener Bühne Selbstmord begehen, beziehungsweise mit dem Ausdruck des Bedauerns zurücktreten.

Das werden aber Tine Milz, Julia Reichert und Hayat Erdogan nicht mal in Erwägung ziehen. Zu verlockend sind die Futtertröge des Zürcher Subventionstheater, wo man auch Kohle kriegt, wenn man nicht mal ein Theaterstück auf die Bühne stellen kann.

Daraus könnte man eigentlich ein Lustspiel machen, eine Komödie, eine Parabel über die Unfähigkeit eines Künstlerkollektivs. Vielleicht interaktiv unter Einbezug des Publikums. Am Premiereabend hätte man eine lustige Diskussionsrunde anbieten können. Oder überhaupt etwas leisten. Aber doch nicht am Schnarchtheater Neumarkt.

Alter Schnee bis in die Wohnungen

Ist es schon Zeit für den Winterschlaf?

Ja, sagt die «SonntagsZeitung». Wer angesichts der Welt- und  Nachrichtenlage so ein Cover wagt, schafft es offenbar selbst in einer Verrichtungsbox, dem gesunden Büroschlaf zu frönen.

Aber für etwas Leserverarsche reicht es immer. So schreibt Arthur Rutishauser in seinem Editorial: «Wenn in London, so wie gestern, Hunderttausende für einen Waffenstillstand in Gaza demonstrieren, dann geschieht das nicht im luftleeren Raum.» Wie wahr, allerdings geschah das für Tamedia im nachrichtenlosen Raum.

Daneben steht ein leicht nach eingeschlafenen Füssen riechender Artikel über «Das Netzwerk der Hamas in der Schweiz». Die meisten «News» hier haben einen höheren Wiedererkennungswert. Aber he, immer wieder gut, das Gleiche zu lesen.

Interessanter ist hingegen eine Untersuchung von Rico Bandle, wohin der woke Wahnsinn mit «Black Live matter» und dem Narrativ der «Dekolonialisierung» an diversen Unis geführt hat. Nämlich zu wissenschaftlichem Unsinn, zu einseitigen Veranstaltungen, zu Freudenbekundungen über das Massaker an Israelis, zu Thesen wie der, dass Israel absichtlich Wildschweine aussetze, um Palästinensern zu schaden.

Sonst nicht viel Nennenswertes, ausser vielleicht ein Artikel, der Christof Münger gar nicht gefallen wird: «Jünger wird er nicht», schreibt da Peter Burghardt über den senil werdenden US-Präsidenten Joe Biden. Blöd halt, wenn der Schweizer Auslandchef fast nur Mitarbeiter der «Süddeutschen Zeitung» hat …

Aber etwas Platz für Primitiv-Holzerei ist immer. Denn die von Tamedia gehätschelte Ständeratskandidatin ist bezüglich Wohnsitz etwas in die Bredouille geraten. Da hilft doch immer ein «die schon ein wenig, die anderen aber auch»:

Der «Fokus» widmet ein PR-Interview der umtriebigen Chefin von Visionapartements, die für Manager & Co. Businessbleiben anbietet.

Dann eine lecker-schlüpfrige Doppelseite über den «Schweizer Bauernkalender», wo sich Männlein wie Weiblein recht unbekleidet in aufreizenden Posen darbieten. Strenger Sexismusverdacht!

Auch die Wirtschaft wartet mit brandheissen News auf: «Banken verlangen, dass René Benko Geld nachschiesst». Na gehns, na schans, öis leiwand, wie da der Österreicher sagt. Und wirklich wahr, die Grafik zur Veranschaulichung des Benko-Imperiums, die sollte nicht wieder und wieder abgestaubt und ins Blatt gehoben werden.

Auch mit einer ungeheuerlichen News wartet der ewige Geldonkel Martin Spiller, ehemaliger Chef der SoZ, in dieser Ausgabe auf: «Geld attraktiv anlegen ist nicht ganz gefahrlos». Ja potztausend, wenn das all die Anleger gewusst hätten, die ihr Geld attraktiv anlegen wollen.

Ebenfalls mit einem Problem, das nun nicht gerade vor Neuheit platzt, wartet «Leben & Kultur» auf. Sagen wir mal so: was soll denn das mit Leben oder mit Kultur zu tun haben? «Ich fühle mich weder als Mann noch als Frau». Denn «Nemo ist zurück» und zudem «nonbinär». Das ist sein Problem, mit dem er uns eigentlich durchaus in Ruhe lassen könnte. Dass er sich von einer Romanfigur von Jules Verne aber den Künstlernamen geklaut hat, das sollte man ihm nicht durchgehen lassen. Denn Kapitän Nemo war nun eindeutig nonnonbinär.

Wenn alles nichts hilft, das Blatt trotz aller notbinären, äh nonbinären Meldungen einfach nicht voll werden will, dann gibt es nur ein Allheilmittel. Genau, den neuen Trend: «Wieso manche junge Menschen bewusst offline leben». Aber verflixt, der Bund will einfach nicht aufhören, was tun? In allerletzter Verzweiflung halt ein Interview mit dem Historiker Thomas Maissen. Das Motto der Ausgabe ist wirklich: Winterschlaf für jedermann, leicht gemacht.

Aber das Elend ist immer noch nicht zu Ende. nun kommt noch der «zurzeit wichtigste Interiortrend». Wahnsinn, worin besteht denn der? Im «schön gedeckten Tisch». Aber hallo: «geknotete Servietten» (nicht zu verwechseln mit Serviettenknödeln), «gerippte Gläser» (nein, nicht vergrippte Gläser), «Riesenboom im Keramikbusiness» (es wird mehr Geschirr verkauft) und dann der Brüller: «Tischdecken ist zum grossen neuen Hobby geworden». Ach was, endlich die Abkehr vom mit Pappdeckeln und Einweggeschirr auf mit Papierbahn gedecktem Tisch.

Aber aufgepasst, lieber Leser, erhebe das ermattete Haupt vom Hobbytisch: «Sind wir gerade in einer Corona-Welle?» Wo ist Marc Brupbacher, wenn man ihn mal braucht? Denn Felix Straumann ist dem Thema nicht gewachsen: «Wie stark das Virus zirkuliert, bleibt unklar». Dafür braucht es anderthalb Seiten, inklusive Riesen-Aufmacherfoto einer sich schneuzenden Frau.

Dann aber, endlich, ein Artikel der Selbstkritik: «Warum wir manche Dinge nicht wissen wollen». Zum Beispiel: dass die gesamte Crew der «SonntagsZeitung» ein lähmend langweiliges Schnarchblatt gemacht hat.

Was auch für den Reise-Abschluss gilt. Hier wird ein Fotoband vorgestellt. Gähn. Über ein Coffeetable Book, das die schönsten Reisedestinationen abbildet. Schnarch. Von James Bond. Da ist man eher geschüttelt als gerührt. Nun gebe es «Schnappschüsse dieser Abenteuertrips endlich gebündelt als Bildband». Das nennt man mal Wirkung, wenn  der Verlag der Redaktion ein Gratisexemplar zuschickt. Wobei der Rezensent Stefan Fischer nicht mal in der Lage ist, den korrekten Preis zu recherchieren. «Ca. 135 Fr.», schreibt er vage. Es kostet bei Amazon haargenau 120 €. Aber hallo, vielleicht wird auch schon am Strom oder am Internet bei Tamedia gespart.

Tröstlich: während des Winterschlafs werden die Körper- und Geistesfunktionen eh runtergefahren.

Selektive Wahrnehmung

Die Qualitätsmedien im weiteren Niedergang.

«Hunderttausende bei propalästinensischer Grosskundgebung in London», berichtet die deutsche «Tagesschau». «Festnahmen in London: 300’000 Menschen bei Pro-Palästina-Demo», berichtet das ZDF. «Hunderttausende Menschen auf propalästinensischer Demonstration», berichtet «Zeit online».

Immerhin: «300’000 Menschen in London bei pro-palästinensischer Demo», berichtet «20 Minuten». Ebenso «watson».

Nun zu den Qualitätsmedien. Tamedia: nichts. NZZ: nichts. CH Media: nichts. «Blick»: nichts. Das Blatt mit dem Regenrohr im Titel macht noch weniger als nichts:

Der Schriftstellerdarsteller hat extra ein noch grimmigeres Foto anfertigen lassen, das nun schwer steigerbar ist.

So grimmig das Antlitz, so grimmig die Worte. Zum Schutz des Lesers sind sie immerhin hinter einer Bezahlschranke verborgen. Aber ZACKBUM kennt keine Furcht: «… unerträgliche, unannehmbare Entwicklung … Was sie zu einer Schande macht … Antisemitismus ist kein Randphänomen … Der Hass auf Juden bietet sich als Lösung an … werden instrumentalisiert zu reinen Stellvertretern eines feindlichen Systems … In den marxistischen Klassikern ist Antisemitismus eine Konstante … üblichen Täter-Opfer-Umkehr … », es ist verblüffend, wie Lukas Bärfuss eine hohle Worthülse auf die andere stapelt, ohne dass es ihm auffällt.

Aber seine Spezialität ist ja das Dunkle, Unverständliche: «Der Begriff «Schulmedizin» ist gang und gäbe und wird nicht nur von Impfgegnern und Homöopathen verwendet, obwohl seine antisemitischen Konnotationen hinlänglich untersucht sind.» Hä? Die Einleitung, um plötzlich gegen Esoterisches, gegen Rudolf Steiner vom Leder zu ziehen: «Die esoterische Praxis kann nicht von der Ideologie getrennt werden. Wer obskure, antisemitisch grundierte Ideen in der Landwirtschaft, in der Kosmetik oder bei der Erziehung seiner Kinder gutheisst, wird sie in der Politik nicht von vornherein zurückweisen.» Hä?

Noch schräger wird es, wenn die Karikatur eines Schriftstellers sich mit der Sprache beschäftigt, die er konsequent misshandelt, missbraucht, quält: «Die deutsche Sprache ist versetzt mit Begriffen, die sich gegen jüdische Menschen richten. «Mauscheln» und «schachern» gehören dazu. Auch hier braucht es Aufklärung – und sie muss stetig, nachhaltig und unaufhörlich sein.»

Vielleicht sollte sich Bärfuss mal mit dem Begriff Etymologie vertraut machen, aber das ist für einen so grimmig dreinschauenden Menschen wohl auch schon irgendwie antisemitisch.

Hat der Büchner-Preisträger eigentlich auch Lösungsvorschläge? Aber ja, einen sehr praktikablen sogar:

«In einer Demokratie hat niemand das Recht, auf den Staat, auf die Wirtschaft, auf die Institutionen zu warten. Das Einschreiten gegen Judenhass ist Bürgerpflicht. Wer Antisemitismus sieht oder hört, muss einschreiten, laut werden, Solidarität zeigen – und zwar jetzt, hier, immer.»

Einschreiten, laut werden, Solidarität zeigen. Da ist ZACKBUM aber mal gespannt, wie das geht, wie das von Bärfuss selbst praktiziert wird. Wer ihn beim Einschreiten, Lautwerden oder Solidaritätzeigen beobachtet, bitte sofort an ZACKBUM melden.

«Blick» hilft

Trübes Wetter, trüber Sonntag, da geht die lachende Sonne auf.

Es gibt einzelne Schlagzeilen, die dermassen bescheuert sind, dass fröhliches Gelächter beim Lesen aufbrandet. Aber gleich ein Dreierschlag? Das kann nur «Blick+»:

Nichts für empfindliche Gemüter, wenn man so den linken mit dem mittleren Artikel vergleicht. Aber he, es gibt eine gute Nachricht: lesen kann das Zeugs nur, wer zuerst Kohle abdrückt. Und wer will das schon.

Ganz für sich (und gratis, wer die Werbung vorher aushält) steht hingegen dieser launige Beitrag:

Das sind die Fragen, die die Menschheit bewegen und die der Leser schon immer mal beantwortet haben wollte.

Nun gilt: Autofans, aufgepasst:

Das ist ein Rekord, den die Menschheit unbedingt braucht. Allerdings löst die Story eine eher bösartige Assoziation aus: könnte das eine Metapher für den «Blick» sein?

Aber dann, da lacht der Leser begeistert auf, während dieser Artikel bei all den Euro-Turbos in der Chefetage des Hauses Ringier sicherlich Stirnrunzeln auslösen wird:

Echt jetzt? Eine lobende Erwägung von Orbán im «Blick»? Und eine harsche Kritik an der EU? Unerhört.

Als Absackerchen noch ein «Leserreporter» zum Thema «wie blöd kann man eigentlich sein?»:

ZACKBUM hat sich ein Chaos bislang irgendwie anders vorgestellt.

Münger wallt

Und Münger würde Biden wählen.

Nun können Katzen nicht einkaufen, und Christof Münger kann in den USA nicht wählen. Aber Katzen können nur miauen oder schnurren, der Auslandchef von Tamedia muss gelegentlich ein Lebenszeichen von sich geben, da ja die eigentliche Auslandberichterstattung fast vollständig von der «Süddeutschen Zeitung» in München erledigt wird. Mit klar deutscher Perspektive.

Nun fürchtet Münger, dass es für den amtierenden Präsidenten Joe Biden bei den nächsten Wahlen in einem Jahr eng werden könnte. Das erfüllt ihn mit ähnlichen Gefühlen wie sie wohl auch eine Katze erlebt, wenn die Büchse leer ist.

Nun passiert es Präsidenten eher selten, dass sie nur eine Amtszeit ausüben können. Als erster verlor John Adams die Wiederwahl gegen Thomas Jefferson. Gerald Ford wurde sogar nie gewählt, weil er nur für den zurückgetretenen Richard Nixon nachgerückt war. Schliesslich verloren auch Jimmy Carter und George W. H. Bush. Und Donald Trump, obwohl der das bis heute nicht wahrhaben will.

Biden hat zurzeit drei gröbere Probleme. Wirtschaftlich reisst er keine Bäume aus. Im Nahen Osten wird er vom israelischen Ministerpräsidenten vorgeführt, der zunächst auf seine Forderung nach einer Waffenpause (für manche Kreischen ist Biden deshalb schon ein Antisemit) pfiff. Aber vor allem sagt in Umfragen eine satte Mehrheit, der bei einer Wiederwahl 82-Jährige sei schlichtweg zu alt für das Amt. Das finden bei Trump lediglich 39 Prozent. Ob’s an seiner Haartolle liegt?

Auf jeden Fall eilt Münger nun Biden zu Hilfe. Ob das den Umschwung bringen wird? Zunächst holt der Auslandchef ohne Ausland weit in die Geschichte aus: «Amerika hat Erfahrung mit gebrechlichen Präsidenten: Abraham Lincoln war depressiv, Franklin D. Roosevelt im Rollstuhl, und bei Ronald Reagan setzte gegen Ende seiner Amtszeit mutmasslich Alzheimer ein.»

Dennoch seien das alles Heroen gewesen, lobt Münger und sieht dafür vor allem bei Reagan über hässliche Flecken (Iran-Contragate) hinweg. Und nun sei es an Biden, mal wieder den freien Westen vor üblen Gesellen zu bewahren: «Als Verteidiger der Demokratie möchte der 46. US-Präsident in die Geschichte eingehen, als einer, der sich gegen die Kräfte des Chaos, des Terrors und der Diktatur gewehrt hat. In dieses Bild passen seine beiden Frontbesuche in Kiew und Tel Aviv, riskante und für einen 80-Jährigen anstrengende Trips. Der letzte US-Präsident, der sich in einem Krieg so weit vorwagte, war Abraham Lincoln.»

Biden, Lincoln, wow.

Hingegen sein mutmasslicher Herausforderer: «Kehrt Trump ins Weisse Haus zurück, wird eine gefährlich gewordene Welt noch gefährlicher.» Helm auf; wie schon bei den letzten und vorletzten Wahlen stimmt Münger recht früh in das Gekreische von deutschsprachigen Journalisten ein, die es damals wie der «Spiegel» als vornehmsten Aufgabe ansahen, Trump «wegzuschreiben». Auf Erklärungsversuche, wieso denn eine Mehrheit der US-Stimmbürger Trump gewählt hatte, verzichteten sie weitgehend. Oder liessen Fälscher wie Relotius etwas hinschmieren, was ihren Vorurteilen Zucker gab.

Münger ist bereits auf dem Kriegspfad: «Umso wichtiger scheint, dass das Trump-Comeback verhindert wird.» Das gibt Hoffnung, dass die Berichterstattung von Tamedia über die nächsten Präsidentschaftswahlen in umsichtiger Ausgewogenheit versuchen wird, dem Leser die US-Politik näherzubringen.

Bereits heute versucht es Münger mit einem Stossgebet:

«Joe Biden bleibt der aussichtsreichste Kandidat, um Donald Trump zu verhindern, ungeachtet der miesen Umfragewerte. Hoffentlich realisieren die Amerikanerinnen und Amerikaner, dass sie am 5. November 2024 nicht nur über einen alternden Präsidenten befinden, sondern eine Weiche stellen. Dabei geht es um mehr als um Amerika

In diesem Schluss ist mal wieder alles Elend des modernen Journalismus versammelt. Münger will den US-Stimmbürgern von seiner Verrichtungsbox im Glashaus an der Werdstrasse Zürich vorschreiben, was sie zu realisieren haben. Danach folgt die Binse, dass die Wahl eines US-Präsidenten eine Weichenstellung sei. Diese Erkenntnis, ähnlich wie bei allen Wahlen, ist von umwerfender Originalität. Aber Münger kann noch einen Draufsetzen: Es geht um mehr als Amerika. Auch das ist unbezweifelbar richtig, dass die Wahl des Präsidenten des militärisch mächtigsten Landes der Welt durchaus Auswirkungen auf die übrige Welt haben wird.

Wir fassen die Sparbüchse müngerscher Gedankenflüge kurz zusammen. Biden schwächelt bei Umfragen, das liegt nicht zuletzt an seinem gebrechlichen Zustand und Alter. Aber es habe auch schon andere angeschlagene Präsidenten gegeben. Nur nicht so alte, vermeidet Münger dabei zu sagen. Aber Biden sei wie auch immer der geeignete Mann, um einen neuerlichen Präsidenten Trump als Gottseibeiuns zu verhindern. Der hat allerdings immerhin in seiner Amtszeit keinen Krieg angefangen oder massiv unterstützt, sagt Münger nicht.

ZACKBUM hat da einen Vorschlag. Wie wäre es, wenn Münger Werbung für Katzenfutter machte und an seiner Stelle eine Katze Kommentare schriebe? Deren Äusserungen könnte man mithilfe von KI problemlos übersetzen. Damit wäre allen gedient. Ausser den Herstellern von Katzenfutter.

Rechnen mit der «Republik»

Es ist nicht «alles gut». Es ist grauenhaft.

Die «Republik» hat viele Probleme. Sie hat drei gravierende Probleme.

  1. Eigentlich ist sie pleite.

  2. Sie hat einen Irrwisch als VR-Präsidenten.

  3. Steuerschummelei, Sexismus-Affäre und internes Gerangel führen in den Abgrund.

Dazu nur ein weiteres Beispiel. Der irrlichternde VR-Präsident nennt das «Klimalabor» einen Anlass zur Hoffnung. Schon der Tagi bemängelt im Interview, dass das doch eine Community-Sache sei, kein publizistisches Projekt. Hinzu kommt, dass das «Labor» seit einem Jahr im Wesentlichen an sich selbst laboriert und null nennenswerten Output hat. Dazu kommt, dass es bereits dafür einen Bettelaufruf mit der üblichen Drohung gab: 250’000 Eier her, oder wir müssen den Stecker ziehen und Leute entlassen. Aber noch schlimmer:  die Kohle kam nur zusammen, weil gegen Schluss ein unbekannter Mäzen schwer nachschüttete, so lau war das Publikumsinteresse. Wer das ist, will die transparente «Republik» erst «zu gegebener Zeit» enthüllen.

Geht’s noch schlimmer? Oh ja, Lukas Hässig von «Inside Paradeplatz» hat sich die Mühe gemacht, den Jahresabschluss 22- 23 unter die Lupe zu nehmen. Die Lektüre seiner Ergebnisse braucht starke Nerven. Denn das Organ der Demokratieretter hat nicht nur interne und inhaltliche Probleme. Sondern vor allem finanzielle. Es wird immer klarer, wieso der Kurzzeit-VRP Roger de Weck so schnell Reissaus nahm. Der hat die Zahlen gesehen, nachgeschlagen, welche Verantwortlichkeiten auf einen VRP im Falle einer Konkursverschleppung zukommen können – und sagte sich: nix wie weg.

Mit freundlicher Erlaubnis übernimmt ZACKBUM die erschütternde Abrechnung von Hässig.

Als letztes Vorwort: seit dem Beginn am 14. 1. 2018 hat die «Republik» bis zum 11. 11. 2023 haargenau 7400 Stücke (Artikel kann man das meiste nicht nennen) veröffentlicht. Dafür 30 Millionen in den Sand gesetzt. Das sind rund 4000 Franken pro Stück. In den allermeisten Fällen rausgeschmissenes Geld. Aber im Einzelnen:

Grün-urbane „Republik“ ist mit 2,2 Millionen überschuldet

„Project R Genossenschaft“ als Finanziererin des Zürcher Online-Magazins hat seit 2018 über 30 Millionen in Sand gesetzt.

Von Lukas Hässig*

Die „Republik“ will die Demokratie retten. Ohne guten Journalismus keine Zukunft, so der Anspruch des Zürcher Online-Mediums, das damit 29’000 zahlende Leser anzieht.

Tendenz sinkend. Jetzt zeigt der soeben erschienene Jahresabschluss 2022-23, dass mit dieser Anzahl zahlender Kunden die Rechnung nicht aufgeht.

Hinten und vorne nicht.

Per 30. Juni hat die „Project R Genossenschaft“, deren Hauptziel die „Trägerschaft“ der Republik AG und damit deren „Republik“-Mediums ist, ein negatives Eigenkapital.

Und zwar in der Höhe von 85’000 Franken.

Die Genossenschaft ist die alles entscheidende juristische Person für das Überleben und die Zukunft des Magazins.

Bei diesem sieht die Lage noch düsterer aus. Die „Republik AG“, die Herausgeberin des Online-Mediums, wies per Mitte 2023 ein Eigenkapital von minus 2,2 Millionen Franken aus.

Dies nach einem Nettoverlust im zurückliegenden Geschäftsjahr von 1,5 Millionen.

Das negative Kapital hat in der Buchhaltungs- und Konkurssprache einen Namen: Überschuldung.

Die Guthaben decken die Schulden nicht mehr. Das eigene Kapital, das die Differenz zwischen den beiden Grössen ausmacht, mehr als aufgezehrt.

Damit müssten die „Republikaner“ gemäss Gesetzt schnurstraks zum Richter rennen. Dass sie das nicht tun, hängt mit möglichen Ausnahmen zusammen.

Da Gläubiger der Republik AG im Betrag von CHF 2’411’434 Rangrücktritt erklärt haben, hat der Verwaltungsrat von der Benachrichtigung des Richters abgesehen“, so die Revisorin.

Es handelt sich um die Zürcher BDO. Diese hat schon die Kulturstätte Kosmos revidiert, die keine 300 Meter Luftlinie vom Sitz der Republik entfernt liegt.

Die Kosmos AG krachte vor 12 Monaten zusammen: Konkurs mit Finanzloch in zweistelliger Millionenhöhe.

Der Kino- und Gastro-Tempel, wie die Republik ein grün-urbanes Vorzeigeprojekt und finanziert von den teils gleichen Grossinvestoren, war seit Jahren ein hoffnungsloser Fall.

So hoffnungslos wie jener der Republik?

Deren finanzieller Einbruch geht gleich wie jener beim Kosmos seit Jahren vonstatten.

Im Geschäftsjahr 2022-23 erlitt die fürs Geld entscheidende „Project R Genossenschaft“ einen Verlust vor Minderheiten von 6,8 Millionen.

Löhne für die rund 50 Leute an Bord summierten sich auf 5,7 Millionen, hinzu kamen 700’000 für die selbst entwickelte Informatik, 300’000 für Werbung, 200’000 Miete.

Abos von den Lesern deckten umgekehrt gerade mal Miet- und IT-Aufwände: knapp 900’000 Franken.

Hinzu kamen als Zuflüsse Spenden von rund 300’000. Nach „Erlösminderungen“ strömten der Genossenschaft 1,1 Millionen in die Kasse.

Eine Schere, die nicht hätte weiter aufgehen können. Die Spuren dieses kompletten Missmanagements zeigen sich in „Eigenkapitalnachweis“ der Project R Genossenschaft.

Dort wird klar, dass die „Project R Genossenschaft“ seit der Lancierung am 14.1.2018 des „Republik“-Online-Magazins mit 3 täglichen Artikel, von dem jeder 10 Mal so lang ist wie eine NZZ-Story, ein Fass ohne Boden ist.

Per Mitte 2023, also dem Zeitpunkt des jüngsten Jahres-Abschlusses, wies die Genossenschaft ein „Konsolidiertes Eigenkapial“ von 30 Millionen aus.

Davon zog sie ab: für 2022-23 erzieltes „Konzernergebnis“ von minus 6,9 Millionen, einen „Ergebnisvortrag“, sprich die in den Vorjahren aufgelaufenen Verluste, von 23,7 Millionen.

Das führte dann zusammen mit weiteren Positionen im Kapitalnachweis zu den erwähnten 85’000 Franken Minuskapital.

Dank der Berücksichtigung einer Position namens „Anteil Minderheiten“ resultierte schliesslich doch noch ein positives Eigenkapital von 1,2 Millionen.

Revisorin BDO redet die Lage nicht schön. In ihrem Testat der Republi AG, also der Herausgeberin des Medien-Erzeugnisses mit dem hohen Anspruch der Demokratie-Retterin, hält sie fest:

Wir machen darauf aufmerksam, dass die Republik AG im Sinne von Art. 725b OR überschuldet ist.“

Laut „Bericht“ zur „Project R Genossenschaft“, alles nachzulesen im 89 Seiten starken Jahresbericht, besteht für die BDO eine „wesentliche Unsicherheit der Fähigkeit des Konzerns zur Fortführung“.

Dass das ganze „Republik“-Konstrukt überhaupt noch am Leben ist, hängt mit den Haupt-Gläubigern zusammen.

Die haben mittels sogenanntem „Rangrücktritt“ erklärt, dass sie im Fall eines Konkurses sich ganz hinten in die Schlange der Gläubiger einreihen.

Insgesamt geht es um 2,4 Millionen, welche die „netten“ Geldgeber auf diese Weise praktisch à fonds perdu den „Republikaner“ für deren Rettung des Schweizer Journalismus bereitstellen.

Retter der „Republik“ in Not soll jetzt der langjährige Chef der Eidgenössischen Finanzkontrolle sein, Michel Huissoud.

Der versteht viel von Zahlen. Aber offenbar wenig von Journalismus. Jedenfall schwadronierte Huissoud in seinem ersten grossen Interview gestern im Tages-Anzeiger von 100’000 Abos.

Statt mit harten Schnitten das Unternehmen radikal auf gesunde Beine zu stellen, sendet der frische Kapitän in seiner Auftakt-Vorstellung das Signal aus, noch viel stärker als bisher auf die Ausgabetube zu drücken.

Huissoud im Wonderland. Auf Fragen per SMS reagierte der Mann auf der Brücke der „Republik“ nicht.

*Mit freundlicher Genehmigung.

Samthandschuhe für Girod

Der aalglatte Grüne kneift nun bei «South Pole».

«Nachhaltigkeit ist meine Leidenschaft», tönt Balthasar Glättli, der glücklose, aber wirbelige Präsident der Grünen. Er will trotz Wahlschlappe mit einem Bundesratskandidaten antreten. Es dauerte dann ein Weilchen, bis sich jemand fand, der sich verheizen lässt.

Immer wieder Schlagzeilen macht die Verbandelung der Grünen mit «South Pole». Der Händler mit Klimazertifikaten steht immer wieder in der Kritik. Geheimverträge mit Ölriesen wie Shell oder Chevron, gleichzeitig verdient die Zürcher Firma Millionen mit Klimaschutz. Nun ist auch das Vorzeigeprojekt, die weltgrösste CO2-Kompensation in Simbabwe, explodiert.

Schon länger wurde «South Pole» vorgeworfen, eigentlich wertlose CO2-Zertifikate zu verkaufen. Zunächst zeigte sich der Grüne Bastien GirodHead of Clima Solutions») noch kämpferisch und verteidigte seinen Brötchengeber. Dann ging er auf Tauchstation. Sein Motto: «Klimaschutz. Soziale Gerechtigkeit. Kreislaufwirtschaft. Gleichstellung. Naturschutz. Grundrechte. Es ist Zeit für Lösungen.»

«South Pole» wird aber immer mehr zum Problem.

Nun musste der Gründer und Chef Renat Heuberger seinen Posten als CEO abgeben; Rücktritt. Desaster. Der richtige Zeitpunkt für Girod. Er habe Informationen, «welche kürzlich publik wurden, sorgfältig geprüft» und sich dann entschieden, seinen Job bei «South Pole zu beenden». Wieso eigentlich, nachdem er noch vor seiner Tauchstation die Firma tapfer verteidigt hatte und zu der Unzahl von Vorwürfen nur Ausweichendes oder nichts gesagt hatte.

Noch im Juli hatte der «Tages-Anzeiger» Girod Gelegenheit gegeben, sich weiss, bzw. grün zu waschen, indem er tapfer pseudokritische Fragen abwetterte. Duftmarke: «Warum gibt es Geheimverträge mit Ölmultis?» Antwort Girod: «Es geht nicht um Geheimhaltung, es ist in der Wirtschaft gang und gäbe, dass Geschäftsbeziehungen und Verträge vertraulich sind.» Glatt wie ein Aal wandte sich Girod aus allen Fragen heraus.

Schliesslich: «Ich bin bewusst in die Privatwirtschaft gewechselt, um an sehr guten – wenn auch nicht perfekten – Lösungen zu arbeiten.»

Sagen wir so: der bewusste Entscheid hatte überhaupt nichts mit dem Salär eines oberen Managers in der Teppichetage des Multimillionenkonzerns zu tun. Aber die beiden Interviewer waren mit der festen Absicht angetreten, Girod so pfleglich wie nur irgend möglich zu behandeln. Allerdings verdient dort ein Direktor locker bis zu 175’000 Franken im Jahr.

Noch 2021 lobhudelte Mathias Morgenthaler diesen Renat Heuberger und freute sich mit ihm darüber dass sogar das Fürstenhaus von Liechtenstein seinen grünen Daumen entdeckt hatte und mit 25 Millionen in den Laden eingestiegen war. Dafür kriegte der Fürscht dann schlappe 10 Prozent. Logisch, dass man da so lange wie möglich an Bord bleiben will.

Denn merke: als Grüner läuft man nicht rot an.

Die «Republik» ist verloren

Denn wenn der VR-Präsident so ein Interview gibt, dann gilt: rette sich, wer kann.

Michel Huissoud arbeitete in seinem vorherigen Leben in der Eidgenössischen Finanzkontrolle. Man muss sagen: trotz ihm sind die Finanzen einigermassen im Lot. Denn der Mann hat ein seltsames Verhältnis zur Realität.

Der Mann verkündet ernsthaft, dass er gerne 100’000 Abonnenten für die «Republik» gewinnen möchte. ZACKBUM möchte das auch haben, was der geraucht hat. Denn die Realität sieht so aus:

Und die Entwicklung so:

Wie man angesichts dieser Zahlen von 100’000 Abonnenten auch nur fantasieren kann, ist schlichtweg unbegreiflich. Aber nicht nur das. Der Fall des wegen angeblichen sexuellen Übergriffen fristlos gefeuerten Mitarbeiters ist für Huissoud abgeschlossen. Dabei hat er nicht mal richtig angefangen. Bis heute sind nicht alle Denunziantinnen namentlich bekannt, bis heute hatte der Beschuldigte keine Gelegenheit, sich dagegen zu wehren oder auch nur zu erklären, obwohl ihm das von ebendiesem Huissod zugesichert worden war.

Offenbar auch einer, der nach der Devise lebt: was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an. Aber auch bei anderen Zahlen zeigt der Zahlenmensch viel Fantasie. Der Tagi traut sich die Feststellung: «Nicht beigelegt sind die Finanzprobleme der «Republik», denn in dieser Hinsicht sieht es ganz und gar nicht gut aus.»

Antwort: «Doch, es ist alles gut.»

Tagi, leicht fassungslos: «Alles gut? Im heute erscheinenden Geschäftsbericht meldet die «Republik» ein Defizit von 1,6 Millionen Franken – statt der budgetierten 1 Million. Auch die Abozahlen waren im letzten Geschäftsjahr rückläufig

Darauf Huissoud flapsig: «Wir zahlen den Preis unseres Irrtums.» Was sagt er dazu, dass sein Organ eigentlich Ende dieses Jahres 33’000 Abos verkauft haben wollte? «Das müssen wir jetzt anschauen.» Was fällt ihm sonst noch dazu ein, dass die «Republik» bei etwas über 28’000 Abos rumkrebst, Anfang nächstes Jahr wie immer rund 12’000 Zahler ihr Abo erneuern müssen? Wie will er diese Zahlen wenigstens stabilisieren? «Indem wir die Erneuerungsrate steigern und wachsen.»

Da stösst der Tagi ein spitzes «Wie?» aus. Na, einfach: «Mit Überzeugung – und indem wir zeigen, dass die «Republik» notwendig ist.» So macht man das, ihr Pfeifen von den übrigen Medien, kann doch nicht so schwer sein.

Dazu gebe es ja das «Klimalabor», das vielleicht vor der Klimakatastrophe, wenn die Sonne explodiert, noch in die Gänge kommen wird. Und man werde alle Kandidaten bei den letzten Wahlen anschreiben. Womit? «Wie die Politik machen wollten – ohne die «Republik» zu lesen.» Auch da muss der Tagi prusten: «Warum sollte es für einen SVP-Nationalrat relevant sein, was ein linkes Nischenprodukt wie die «Republik» über ihn schreibt

Anschliessend dürfen sich auch die Leser den Bauch halten vor lachen: «Weil es Parallelen zwischen der «Republik» und der Eidgenössischen Finanzkontrolle gibt, was die Unabhängigkeit und die Kritik der Macht anbelangt.»

Aber dann gefrieren die Lachtränen, denn immerhin der VRP des Magazins wird gefragt, wie er das politische Profil beschreiben würde: «Das weiss ich nicht.» Steuerprobleme? Ach ja, da laufen noch die Untersuchungen. Die Prüfgesellschaft bezweifelt Mal für Mal die Chancen der Fortführung des Unternehmens? «Das ist noch nicht gravierend. Es ist ein Hinweis, keine Einschränkung, da wir Massnahmen aufgezeigt haben, mit denen wir die Wende schaffen können

So nach der Devise: Arzt zum Patienten: bist dann mal tot. Patient: Ach, das sehe ich nicht so eng.

Und wie soll er nun überleben? Ach, mit 100’000 Abonnenten. Und wo sollen die herkommen? «Es gibt ja auch noch andere Kantone als Zürich. Und Süddeutschland könnte auch noch ein Markt für die «Republik» sein.»

Also Expansion dorthin, fragt der Tagi. «Das wäre denkbar. Ich habe noch keine Zeit gehabt, eine Strategie auszuarbeiten.» Was für ein Traumtänzer. Der Zahlenmensch, der es auch mit einfachen Zahlen nicht so hat, wie ein Korrigendum am Schluss des Interviews beweist:

«In einer ersten Fassung dieses Interviews hiess es in einer Antwort von Michel Huissoud, die Republik habe im Frühling zehn Kündigung ausgesprochen. Diese Aussage, die autorisiert wurde, ist gemäss Geschäftsführung der Republik nicht korrekt: Im Frühjahr 2023 seien acht Kündigungen ausgesprochen, von denen zwei kurze Zeit später aufgrund anderer Personalverschiebungen zurückgenommen werden konnten, schreibt die Republik-Geschäftsführung. Die Antwort von Michel Huissoud wurde deshalb nachträglich korrigiert.»

Der Mann weiss nicht, wie viele Mitarbeiter rausgeschmissen wurden. Er hat keine Ahnung, wie die «Republik» positioniert ist. Er will 100’000 Abonnenten, weiss aber nicht, wo die herkommen sollen. Vielleicht aus Deutschland, ist doch alles viel grösser dort als in der Schweiz. Der Sexismus-Skandal ist für ihn abgeschlossen, obwohl sich der VR mit jeder neuen Mitteilung tiefer in den Sumpf ritt und reitet.

Bei dieser Affäre sind mehr Fragen offen als beantwortet. Wer hat die Geschäftsleitung mit «See only» zur Untätigkeit verdammt? Von wem wurde sie nach eigner Aussage fehlberaten? Wieso sind die Denunziantinnen bis heute weder der «Republik», noch dem Angeschuldigten bekannt? Wieso wurde der ohne die versprochenen Anhörung fristlos gefeuert? Wer muss für all die Fehler und die toxische Betriebskultur Verantwortung übernehmen?

Nur so als kleine Auswahl.

Aber die wichtigste Frage ist: wenn der VR die Strategie eines Unternehmens bestimmen soll, wer hat angesichts solcher Traumtänzereien noch Hoffnung, dass die «Republik» mit diesem VR überlebt?