Tag der Albernheit

Heraus zum, erkämpft das Menschenrecht, alle Räder stehen still. 1. Mai. Und?

Heute Abend wird man Genaueres wissen. Wie ist der Internationale Kampftag der Arbeiterklasse über die Bühne gegangen? Auch hier muss sich die Arbeiterbewegung von vielen liebgewonnenen Traditionen trennen.

Grosse Manifestation mit anschliessendem 1.-Mai-Redner? Nein, leider verboten. Der schwarze Block tänzelt um die Polizei herum, bis er dann furchtbar eins in die Fresse kriegt? Wurde schon vor Jahren abgestellt.

Und dann in Zürich das grosse Volksfest auf dem Kasernen-Areal? Wo zu überteuerten Preisen schlechtes, aber authentisches Essen und Trinken aus aller Welt feilgeboten wurde? Fällt aus.

Genauso wie die Weltrevolution. Auch daran ist ein Virus schuld, der ist sogar stärker als die Arbeiterbewegung. Die aber sowieso schon sehr geschwächt ist. Mangels Arbeitern.

Aber vielleicht wäre der 1. Mai Anlass, mal über den Zustand der Freiheitsrechte nachzudenken. Also genau das zu tun, was die Schweizer Journaille wieder flächendeckend verweigert.

Wie geht’s unseren grundlegenden Freiheitsrechten?

Denn Versammlungs- und Demonstrationsrecht gehört zu unseren Grundfreiheiten. Genau wie Bewegungsfreiheit und Gewerbefreiheit. Genau wie das Recht, unzensiert seine Meinung so öffentlich wie möglich äussern zu können. Genauso wie das Recht, über fundamentale, uns alle betreffende neue Vorschriften abzustimmen.

Genauso wie das Recht, dass der, der die Zeche zahlen wird, über ihre Herstellung ernsthaft mitreden darf. Das wäre der Idealfall – in einer Demokratie der mündigen Staatsbürger.

Im «Tages-Anzeiger» regt sich einer darüber auf, dass die GV der Credit Suisse nur virtuell stattgefunden habe, keine Fragen, keine Diskussion möglich war. Die normalerweise persönlich anwesenden Aktionäre verkörperten zwar nur einen minimen Prozentsatz der Aktienstimmen, das schon. Aber es sei dennoch ein Akt der Aktionärsdemokratie, ein Minimum an freier Aussprache, der Zwang der Führungsclique, hier zuhören zu müssen. Und daher sei es sehr bedauerlich, dass das nicht stattfinden konnte.

Diskussionslos über Widersprüche hinwegschreiben

Nun muss ein Kopfzeitungsblatt, der eine Teil eines Duopols, das die ganze Deutschweiz mit Tageszeitungen versorgt, nicht unbedingt in sich selbst widerspruchsfrei sein. Aber zumindest die Fähigkeit, bei diesen Aussagen einen schreienden Widerspruch zur übrigen Blattlinie zu sehen, die sollte doch vorhanden sein.

Denn die übrige Blattlinie ist, dass solche realen demokratischen Wortmeldungen aufs schärfste verurteilt werden. Wenn sich in Rapperswil und anderswo Staatsbürger zum Protest versammeln, dann fordert Tamedia, dass das mit Polizeigewalt aufgelöst werden müsse. Das nicht zu tun, sende ein ganz fatales Signal aus.

In dem Kommentar über die GV der CS wird auch wirkungsloser Protest als unverzichtbares Element einer funktionierenden demokratischen Mitbestimmung gelobt. Nun ist die Credit Suisse – glücklicherweise – nicht die Schweiz. Sollten ihr allerdings die Folgen ihrer eigenen Unfähigkeit über den Kopf wachsen, dann ist sie too big to fail. Das bedeutet, dass der Steuerzahler zur Kasse kommt. Ungefragt. Sicher kein befriedigender Zustand.

Nun betreffen die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie tatsächlich die ganze Schweiz. Und hier sprechen wir bereits nicht mehr im Konjunktiv. Es ist bislang, viele Aspekte auf der Seite lassend, ein wirtschaftlicher Schaden von über 150 Milliarden Franken entstanden. Man kann über die genaue Höhe diskutieren, aber nicht über den Fakt.

Man kann über das Verhältnis zwischen Geld und Leben diskutieren, aber nicht darüber, dass dieser Schaden wieder aufgeräumt werden muss. Ebenfalls von den Steuerzahlern, von wem denn sonst.

Tötet das Virus die Demokratie?

Also ist nicht genügend Anlass, auch mit untauglichen Mitteln darauf hinzuweisen, dass angesichts solcher Beträge – von allen weiteren Auswirkungen ganz zu schweigen – eine aktivere Mitbestimmung derjenigen, die diese Suppe auslöffeln müssen, dringend geboten wäre?

Aber diese Meinung liest man in der am Staatstropf hängenden Mainstreampresse nicht. Es wird nur die Verantwortungslosigkeit des unerlaubten Zusammenkommens von Demonstranten scharf kritisiert. Es wird nur – völlig belegfrei – behauptet, dass das eine ernsthafte Gefährdung der Gesundheit nicht nur der Teilnehmer, sondern von allen an diesem Ort darstelle.

Und heute wird eigentlich nur darauf gewartet, ob irgend wer aus welchem Grund auch immer Anlass dafür geben wird, dass die Polizei durchgreifen müsse. Was schon im Vorherein mit Applaus bedacht wird. Wie ärmlich ist das denn?

2 Kommentare
  1. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Die Weltrevolution fällt aus.
    Die Ökonomische Teil der Sozialistischen Weltrevolution ist bereits krachend gescheitert.
    Dafür feiert der gesellschaftliche Weltbild-Teil, täglich neue Ergüsse.
    Das ganze innzwischen vermixt mit einem in weiten Teilen degenerierten sog. Kapitalismus. Zu allem Übel machen sich auch noch absolutistische Untugenden aus dunkler Voraufklärungszeit breit.
    So einiges an Medien sind zu modernen Kanzeln mutiert, aus denen von oben herab Tod-Teufel und „Rettung” verkündet wird.
    Ob sich dessen so viele bewusst sind?
    Da steht nicht mehr und nicht weniger, als die aus der Aufklärung hervorgegangene Zivilisation auf dem Spiel.

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  2. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Passt: Bankenbashing ist ok, Staatsbashing nicht. Wer am Staatstropf, der muss zwingend Hofberichterstattung betreiben.
    Da wäre noch Einsparpotential vorhanden: Abdrucken der Pressemitteilungen reicht völlig aus, die «Einordnungen» dienen nur zur Verstärkung dieser Mitteilungen ohne wirklichen Mehrwert. Sicher schon bald – wenn nicht schon geschehen – wird ein Algorithmus von Google aus Pressemitteilungen Zeitungsartikel generieren. Signiert mit Fake-Namen.

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