Corona: Das Weisse Rauschen

Mal Hand aufs Herz: Haben Sie noch den Überblick? Was erlaubt ist, verboten, was kommt?

  • «Fallzahlen um 98 Prozent gesenkt: wie haben die Portugiesen das geschafft?» Das verrät uns der «Blick».
  • «Gastrosuisse will seine Gästedaten direkt an den Staat liefern.» Das weiss nau.ch.
  • «Basel: Hunderte tanzen im Bahnhof zu Hymne gegen die Corona-Massnahmen», beobachtete «20 Minuten».
  • «Die Schweiz als riesiges Wartezimmer – wie die Corona-Impfung vom grossen Versprechen zur Hängepartie wurde.» (NZZ, hinter Bezahlschranke).
  • «Verbreiteter Irrtum: Wie man sich auch auf einer Restaurant-Terrasse mit Corona anstecken kann.» (CH Media, hinter Bezahlschranke)

Der Selbsttest: Wissen Sie aus dem Stand, was Sie heute mit und was ohne Maske tun dürfen? Kommt der Impfpass mit Privilegien? Gewinnt die Schweiz den Kampf gegen die Pandemie, oder steht’s immer noch unentschieden? Wollen wir mal wieder über die volkswirtschaftlichen Schäden reden?

Ist nun alles gut mit dem Impfen? Werden wir den Sommer geniessen können? Wird es im Herbst dann wieder die übliche Welle geben? Was kehrt wieder zur alten Normalität zurück, was nicht?

Geben Sie’s zu, ich gestehe es auch: Nach weit über einem Jahr Corona, Corona, Corona verschmilzt alles zu einem weissen Rauschen. Leistungsdichtespektrum, so nennt man das in der Physik. Es sind keine einzelnen Töne mehr zu unterscheiden.

Absicht oder Zufall oder Inkompetenz?

Wird diese Granulierung, diese Homogenisierung, dieser Brei absichtlich hergestellt? Absichtlich im Sinn von: mit planhaften Hintergedanken? Soll ausprobiert werden, wie schnell und wie lange sich grössere Teile der Bevölkerung zu Untertanen-Schafen machen lassen? Mit welchen Trigger-Begriffen man Abweichendes, Ausbrechendes, den Status quo Gefärdendes stigmatisieren und diskriminieren kann?

Fällt es niemandem wirklich auf, auf welch kläglichem Niveau der öffentliche Debatte wir schon angelangt sind? Da verwendet der letzte lebende Grossschriftsteller der Schweiz das Wort Auschwitz, um seinen vorangehenden, bedenkenswerten, aber für die aktuelle Wisch-und-Weg-Leserschaft viel zu langen und komplexen Gedankengang wenigstens für mehr als eine Minute im Diskurs zu halten.

Und was passiert Adolf Muschg? Das ist ihm gelungen, aber kein Mensch interessiert sich wirklich für seine Kritik am Blasendenken, daran, dass der Rassismus- oder Sexismus-Kritiker so häufig mit den gleichen faschistoiden Methoden bekämpft, was er eigentlich verabscheut. Und dieser Widerspruch ihm überhaupt nicht auffällt.

Wenn selbst das nicht mehr möglich ist, von ganz wenigen, löblichen Ausnahmen abgesehen, alle einmal blub sagen, Auschwitz, zweimal blub sagen Cancel Culture, dreimal blub sagen: geht gar nicht.

Auschwitz ist plakativ

Auschwitz; notfalls hilft Google, damit kann man etwas anfangen. Auf die zeitgemässe Art: indem man sich fürchterlich erregt. Da kreischt doch ein selbstvergessener Geschichtsprofessor ungehemmt rein: «Herr Muschg sollte sich in Grund und Boden schämen.» Mensch und Meinung, deckungsgleich? Schämen, bereuen, büssen, entschuldigen, bringt das die Debatte einen Millimeter weiter?

Wer debattiert überhaupt noch? Spontane und vorbereitete Demonstrationen gegen die Corona-Massnahmen? Da fragt die Journaille bang: Gibt es wieder ein Krawall-Wochenende? Und reibt sich schon die Hände. Journalisten schwärmen aus und bieten Chaoten aus dem Schwarzen Block an, dass sie sie berühmt machen können, wenn die einen Einsatzplan mit Uhrzeit rüberwachsen lassen. Denn dann ist der Reporter zufällig vor Ort, hat das exklusiv, die Chaoten kommen in die Medien, alle sind zufrieden.

Schon dieser Artikel reicht aus, um auf die Watchlist zu kommen. Die Watchlist von potenziell zu Verschwörungstheorien neigenden Menschen. Denn jede Theorie gegen die maskendumpfe, das Gehirn stilllegende, ein Leichentuch über die Gesellschaft werfende Staatspolitik ist ­– Verschwörungstheorie. Verschwörungsanhänger sind bekanntlich im besten Fall harm- und bedeutungslos, im schlimmsten brandgefährlich.

Man wird ihrer nur Herr, wenn man sie vom Diskurs auschliesst. Meinungen, und damit gleiche Menschen, zum unerwünschten Ausländer erklärt. Weg damit. Und das mit der Beschallung mit weissem Rauschen ergänzt, damit die Welt in Fraktale zerfällt. In endlose, unendliche Knäuel. Schön anzuschauen, aber selbstreferenziell nur sich selbst enthaltend.

Genau wie diese Blasenbewohner. Die zu Zeiten der Aufklärung von Denis Diderot und so vielen anderen aus den Salons gelacht worden wären. Aber heute bestimmen sie die modernen Salons, die Pöbelplattformen, die Monopolmedien. Und weil sie wenigstens erahnen, dass ihre geistigen Fähigkeiten höchstens dazu reichen, schillernde Blasen zu blasen, wollen sie keinerlei Widerworte zulassen. Weil das dann die Stecknadeln wären.

1 Antwort
  1. Tim Meier
    Tim Meier sagte:

    Bundesverfassung, Art 10.2: Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.

    Von irgendwelchen «Privilegien» mit Impfpass steht da nix.

    Wenn man den Mainstream überfliegt, tauchen immer wieder neue, «gefährliche» Mutanten auf. Populismus ist besonders heikel im Pandemiefall, siehe Brasilien, neuerdings Indien. Biden hat innert 100 Tagen ein Impfprogramm auf die Beine gestellt, das sich gewaschen hat. Natürlich from Scratch, da ja seitens Trump keine Vorarbeit geleistet worden sein soll. Salopp zusammengefasst: diesen Informationsbrei kann man getrost in die Tonne treten.

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