Werdstrasse: Fatale Fanale

Jetzt darf auch schon die vierte Garnitur ran. David Sarasin gibt den Demonstranten Saures.

Die wichtigste Eigenschaft eines Journalisten? Von nichts eine Ahnung, zu allem eine Meinung haben. Hier haben wir ein weiteres, idealtypisches Beispiel. David Sarasin ist Redaktor bei «Zürich Stadtleben» im «Tages-Anzeiger».

Also bestens qualifiziert, um vor «Fatalen Signalen aus Rapperswil» zu warnen. Ja was haben die St. Galler da schon wieder angestellt? Schlimmes. Es fand eine Demonstration statt. Früher mal eines der Grundrechte von Bürgern in einer Demokratie. Aber es war eine Manifestation von über 4000 «Massnahmen-Kritikern».

Nein, es war ein «Exzess der Demonstrierenden mitten in der Pandemie», fasst sich der Nixverstan an den Kopf. Oh, fand eine Orgie im sonst doch eher sittlich gefestigten Rapperswil statt? Allerdings, aber es kommt noch schlimmer.

Denn die Demonstration «war gesetzeswidrig». Verboten. Zudem fast maskenfrei. Also hätte die Polizei doch einschreiten sollen. Aber was tat sich stattdessen? Es ist geradezu peinlich, das berichten zu müssen. Sie liess sich abknutschen:

«Exemplarisch das Bild eines am Rande stehenden Polizisten, der von einer Massnahmengegnerin umarmt und mit einer Rose beschenkt wird. Er lächelt und rückt seine Maske zurecht, die wegen der spontanen Liebesbekundung verrutscht.»

Symbiose von Demonstranten und Polizei?

Ja was sind das denn für Zustände, erregt sich Sarasin zu Recht. Keine Knüppel, kein Tränengas, keine Gummigeschosse, nicht einmal Wasserwerfer. Das macht Sarasin natürlich misstrauisch:  «Wie kommt diese, ja, Symbiose von Massnahmenkritikern und Polizei zustande?» Man kann ihm vielleicht zugute halten, dass er nicht so genau weiss, was eine Symbiose ist, Fremdwörter sind immer so eine Sache.

Die St. Galler Polizei behaupte, man habe zwischen dem Schaden einer Auflösung und dem Schaden der Demonstration abwägen müssen. Aber abwägen, das ist Sarasins Sache nicht.

Schreibtischtäter Sarasin

Er ist eindeutig für dreinschlagen, niederknüppeln, auseinandertreiben, denn:

«Das Signal, das St. Gallen damit in die Schweiz sendet, ist aus drei Gründen verheerend.»

Hui.

Wenn sich viele Menschen ohne Maske versammelten, dann würde das toleriert. Dann habe die Polizei «virologische Argumente zu wenig gewichtet». Sagt Virologe Sarasin. Aber er kann noch besser: für alle, «die in Spitälern arbeiten oder behandelt werden», nun kommt der Journalisten-Modalverb-Trick, «dürfte ein solcher Menschenauflauf wie Hohn klingen».

Ein Menschenauflauf klingt wie Hohn? Nun, wer ungeordnete Gedanken rausbläst, hat natürlich auch mit der Sprache seine liebe Mühe. Was hätte denn die Polizei einem hohnklingenden Menschenauflauf entgegensetzen sollen?

«Eine Durchsetzung des Verbots hätte ein wichtiges Signal ausgesendet.»

Statt eines fatalen Signals. Und welches genau? «Ein Signal der Solidarität mit all jenen, die hart mit der Pandemie zu kämpfen haben.» Behauptet der harte Kämpfer Sarasin.

Ein weiterer Dummschwätzer. Kann er irgendwie belegen, dass von solchen Demonstrationen «fatale Signale» ausgingen? Liestal, Schaffhausen, Altdorf. Haben wir seither gehört, dass im Anschluss dort die Intensivstationen der Spitäler unter dem Andrang Erkrankter zusammenbrachen? Weil eben «virologische Argumente» fehlten? Weil auch diese Demonstrationen laut Sarasin hätten zusammengeknüppelt werden sollen?

Vielleicht sollte Sarasin mal etwas in Schulung bei Bruno Hug gehen, dem Betreiber von «linth24.ch» – in Rapperswil. Wie es der unglückliche Zufall so will, erschien gleichzeitig ein Interview mit ihm auf persoenlich.com. Das war werthaltig, deshalb gratis zu lesen. Während das Geschwätz von Sarasin nur gegen Bezahlung erhältlich wäre.

Hug zeigt, was sinnvolle Antworten eines Berichterstatters sind. Demo nicht erlaubt?

«Es ist nicht meine Aufgabe, über Recht oder Unrecht einer Demo zu urteilen.

Offenbar hat die Polizei nicht eingegriffen, um keine Eskalation heranzuführen. Ich fand diese Strategie klug.» Kaum Masken? «Ich bin weder das BAG, noch vertrete ich den Staat. Was ich jedoch sehe, ist, dass seit schönes Wetter ist und die Terrassen offen sind, die Masken quer durchs Land im Rückzug sind und die Leute überall frei herumsitzen.»

Was meinen die Rapperswiler? Das weiss ich nicht, weil ich nicht vor Ort war.

So war das mal im Journalismus. Als der noch Journalismus war, und kein Meinungsgekeife von unqualifizierten, mit Vorurteilen belasteten Journalisten, die null Bedürfnis haben, die Wirklichkeit abzubilden. Sondern nur, den armen Lesern ihre Meinung aufs Auge zu drücken. Kein Wunder, dass das immer mehr Leser nicht mögen.

Ein sicherlich vergeblicher Ratschlag an Sarasin: Wenigstens andeuten, dass man eine Ahnung hat, worüber man schreibt, das hilft ungemein. Wenn man über eine grössere Demonstration schreibt, würde eine kurze Erwähnung, wofür und wogegen die Teilnehmer auf die Strasse gehen, unglaublich die Autorität des Schreibers stärken.

Schlimme Meinungen aus dem Hause Tamedia.

 

 

7 Kommentare
  1. .Victor Brunner
    .Victor Brunner sagte:

    Artikel Sarasin:
    «Eine Durchsetzung des Verbots hätte ein wichtiges Signal ausgesendet. Ein Signal der Solidarität mit all jenen, die hart mit der Pandemie zu kämpfen haben».
    Die einfache Welt des Herrn Sarasin, wenn frau/mann keine Stellung bezieht ist er/sie solidarisch mit den Menschen die von der Pandemie hart getroffen sind. Solidarität aus dem Bürosessel. Differenzieren ist nicht sein Ding. Die Demo war richtig, die Maskenverweigerung falsch.

    Im Zusammenhang mit Corona werden viele Entscheidungen getroffen die jeder Logik entbehren. Sich draussen aufhalten ist besser als drinnen, sich mit Leuten treffen ist besser als verkümmern, seine Meinung kundzutun ist dringender denn je. Aber Sarasin aus der Wellnessoase möchte natürlich die Deutungshoheit, dabei gäbe es im TA einiges zu korrigieren, z:B über die «Irreführende Zahlen» zu den Corona-Schnelltests, auch im TA mangels journalistischer Kompetenz sträflich den Lesern vermittelt. Das ist TA, wir schreiben was das Zeugs hält, Artikel sollten «im Kern richtig» sein, in vielen Fällen nicht einmal im Kern!

    Antworten
  2. Benedikt Kracke
    Benedikt Kracke sagte:

    Das ist doch einfach nur ein weiterer Kindersoldat der Tamedia. Diese Schreiberlinge sind ein sichtbarer Grund für die zunehmende Belanglosigeit der MSM, das Management aber ist der unsichtbare Hauptgrund.

    Antworten
  3. Simon Ronner
    Simon Ronner sagte:

    Fehlt noch der andere Sarasin, der Philipp aus dem Elfenbeinturm UZH. Analog den Themen früherer Gastkommentare hätte er die Demonstranten als strunzdumm diffamiert, was halt eben eine so traurige wie unhaltbare Folge der «viel zu tiefen Gymnasialquote» in der Schweiz sei.

    Über David Sarasin lesen wir auf «hellozurich.ch»:

    «Seine Themen-Bandbreite umfasst die lokale Kleinkunst, Gastronomie oder das korrekte Verhalten am Pissoir.»

    Der passt zum «Tagi»! Ich habe Mitleid mit Leuten, die für einen solchen Schwachsinn Geld ausgeben.

    Antworten
  4. Hans von Atzigen
    Hans von Atzigen sagte:

    Die grossen Etablierten Medien werden laufend nur noch dümmlicher bis nerviger.
    Das wird vor allem für die jüngeren Semester zum, von diesen, schwer erkennbaren Problem.
    Die älteren Semester verfügen noch aus vergangener Zeit über Vergleichswerte.
    Für die jungen und für die Gesellschaft allgemein, wird das zunehmend zum verkannten Problem.
    Die Foren spiegeln dieses Problem, teilweise rapide sinkender Allgemeinbildungsstand.
    Nicht soooo verwunderlich, wenn die tonangebende Medienwelt zunehmend auf Verblödungs-Kurs fahren, schulmeister, zurechtweisen,difamieren, denunzieren usw. folgt im Nachgang schrittweise der breite gesellschaftliche Verblödungskurs mit allen Begleiterscheinungen. DAS verspricht nichts Gutes für die Zukunft.
    Es braucht nicht, wie teilweise gefordert eine „Regulierung’ ‹ der Meinungsfreiheit.
    Die uneingeschränkte Meinungsfreiheit ist das Beste „Werkzeug” (natürlicher Korrekturmechanismus) gegen Extremes und Entgleisungen.
    Wir brauchen wieder, Qualitative (=breites sachliches Meinungsspektrum) erheblich bessere Medien.

    Antworten
  5. Beat Reichen
    Beat Reichen sagte:

    Warum gibt es noch Leute, die für den Tagi Geld ausgeben? Ist das als Spende für Schreiberlinge mit Intellektuellen Defiziten zu verstehen? Kann man das Tagi Abo als wohltätige Zuwendung von den Steuern abziehen?

    Antworten

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar zu Rolf Karrer Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert